A Vampyre Story - Test, Adventure, PC

A Vampyre Story
14.11.2008, Bodo Naser

Test: A Vampyre Story

Würde ein Adventure alter Machart heute noch brillieren oder sind wir schlicht zu bequem geworden? Mit A Vampyre Story (ab 7,00€ bei kaufen) von Autumn Moon könnt ihr das überprüfen, denn die comichafte Vampirgeschichte weckt Erinnerung an die gute alte Zeit. Kommt das Blut saugende Abenteuer an einschlägige LucasArts-Klassiker wie Monkey Island heran?

Alles in A Vampyre Story verströmt den Charme besserer Tage. Damit ist nicht nur die antike Einrichtung des Schlosses im fernen Draxsylvanien gemeint, 

Mona ist zwar ein Vampir, aber so richtig indentifiziert sie sich noch nicht mit ihrem untoten Dasein. Bis sie es kapiert, dauert es lange. 
die ebenso düster wie exotisch wirkt, sondern auch das makabere Point&Click-Abenteuer selbst. Der Flair von Monkey Island begegnet einem auf Schritt und Tritt - was auch kein Wunder ist, denn schließlich stammt das Spiel von Bill Tiller. Und der war seinerzeit bekanntlich bei LucasArts, wo einst Klassiker wie Sam & Max, Indiana Jones oder Vollgas entstanden.

Wie früher

Auch in punkto Skurrilitäten kann A Vamypre Story durchaus mit den bekannten Klassikern mithalten, denn hier tragt ihr eine vorlaute Fledermaus zur Schau, versucht einen Raben zum Töpfchengehen zu bringen und tratscht schon mal im Folterkeller mit einer eisernen Jungfrau, die sich sogar als ganz nett entpuppt. Natürlich gibt es auch Neues zu entdecken, denn eine dermaßen düstere Stimmung verbreitete keines der alten LucasArts-Abenteuer. Elemente aus dem Horror-Genre findet ihr an jeder Ecke, etwa wenn Kreuze euren Erkundungsdrang bremsen. Die melancholische Protagonistin und Vampirin wider Willen ist ebenso tragisch wie komisch in ihrem Bemühen, sich so menschlich wie möglich zu verhalten. "Isch bin doch kein Vampir, mon dieu!"

Bill Tiller ist bestimmt kein Mann großer Kompromisse, wie man den Rätseln anmerkt, die ebenfalls wie früher sind. Sprich: Sie sind beinhart und keinesfalls mit den leicht zu lösenden Puzzlechen zu vergleichen, die vermeintlich moderne Adventure oftmals zieren. Bei A Vamypre Story wisst ihr oft grundsätzlich, wie etwas zu lösen ist, aber den Weg dahin kennt ihr noch nicht, und der kann ganz schön verschnörkelt sein. Ihr wisst, dass ihr den Gargoyle dazu bringen müsst, auf die Seite zu springen. Aber wie? Hier hilft der schmuddelige Rabe, der direkt über dem Steinwesen seinen Horst hat. Ihr arbeitet euch Schritt für Schritt an die Lösung ran, die sich am Ende logisch zusammenfügt.

Rätsel ohne Gnade

Nach und nach sammelt sich einiges an im stilecht designten Inventar, wo neben Dingen auch Einfälle landen. 
In der Mehrheit löst ihr Inventarrätsel, wobei das Inventar etwas anders funktioniert als bei vergleichbaren Abenteuern, da ihr nicht nur Gegenstände, sondern auch Ideen einpackt. Da die damenhafte Heldin während der gut 15 Stunden nicht alles in ihrem Sarg herumschleppen will, merkt sie sich vieles und kommt dann wieder, wenn es dran ist. Eine solche Idee könnt ihr wie eine Sache verwenden, so dass es eigentlich keinen großer Unterschied darstellt. Ihr tragt halt das fahle Abbild einer rostigen Klinge mit und wenn ihr sie am rechten Ort verwendet, verwandelt sich Mona in eine Fledermaus und fliegt zurück, um sie zu holen. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass sich Einfälle noch verändern können.

Die dicht gestaffelten Aufgaben kommen zum Glück nur selten vom Hundersten in Tausendste, wie es etwa bei Runaway 2 unangenehm in Erinnerung blieb. Auch wenn Mona und Froderick oft ächzen, wird völlig Unmögliches in der Regel nicht verlangt, denn alles wird zumindest einmal angedeutet. Wenn ihr mit jemandem oder etwas sprecht, müsst ihr nur genau hinhören uns schon seid ihr des Rätsels Lösung einen Schritt näher gekommen. Auch in alten Schriften gibt es Hinweise zu entdecken. Es gilt die goldene Regel der Rätselknacker: Alles anklicken, lesen und ansprechen. Einzige Konzession an die Moderne ist die Hotspot-Anzeige, die auf Tastendruck alle Aktionsmöglichkeiten aufleuchten lässt. Da ihr viel durch die Gänge schleicht und an bekannte Orte zurückkehrt, gibt es auch eine Funktion, die Monas schwebenden Gang abkürzt.

Zu schwer?

Dem einen oder anderen wird das Niveau zu schwer sein, was nur zeigt, wie sehr sich die Zeiten geändert haben. Früher hat man sich auch länger Zeit gelassen und teils Wochen mit einem Adventure beschäftigt, was auch hier das Richtige wäre. Ist man heute noch bereit dazu? Manches Rätsel ist leider hart an der Schmerzgrenze, wie etwa die mysteriösen Hexereien im Geheimlabor, wo der Schleim in ätherisch schimmernden Strömen fließt. Da bringen einen fiese Apparaturen der Baronin an den Rand des Wahnsinns. Bisweilen steht ihr auch auf dem Schlauch, was insofern ein Problem darstellt, da A Vamypre Story keine Tipps im Spiel bietet. Einzig im bunten Handbuch sind ein paar für den Start zu finden. Später hilft unter Umständen nur eine göttliche Eingebung oder der Blick in eine Komplettlösung.

Die schrägen Hauptfiguren könnten problemlos in jedem LucasArts-Klassiker auftreten. Zum einen ist da die junge

Auf der Reise nach Paris scheut Mona keine Mühen, um ans Ziel zu kommen. Sie macht Dinge, die sie nicht für möglich hielt.
Opersängerin Mona, die von ihrem heimlichen Liebhaber Baron Shrowdy auf sein Spukschloss entführt wird. Der Vampir hält die Pariserin mit dem sexy Akzent wie in einem goldenen Käfig, was sie pausenlos an Flucht denken lässt. Dann läuft Shrowdy unvermutet in einen Holzpflock der Vampirjäger und Mona ist frei. Allerdings muss sie erst mal aus dem Schloss raus, was länger dauert als gedacht. Als ihr draußen seid, geht's grad so weiter. Die Macher haben einige Hindernisse eingebaut, bis es endlich Richtung Paris weitergeht. Doch Mona gibt nicht auf, denn sie will trotz neuer Vampirkräfte ihr altes Leben zurück. Ob sich die Zeit zurückdrehen lässt?

Vampir zum Anfassen

Was wäre Mona ohne ihren Freund Froderick, der kleinen aber wortgewandten Fledermaus, die stets auf ihrer Schulter sitzt? Er kommentiert alles mit mehr oder minder humorvollen Sprüchen, bringt Leben in die Bude und ist der heimliche Star des Abenteuers. Immer wieder muss der Sidekick die Kohlen aus dem Feuer holen, wenn Mona sich mal nicht traut. Und für ein Monster in Ausbildung macht sie das ziemlich oft. Er wagt sich auch in dunkelste Löcher vor und scheut keine Mühen, um seiner blassen Herrin zu gefallen. Heimlich ist er in Mona verliebt, was er immer wieder durchblitzen lässt. Aber wie soll ein flatternder Zwerg bei einer Bohnenstange wie Mona landen, die auch noch so eingebildet ist?

                   

Natürlich trefft ihr in Draxsylvanien noch auf weitere verschrobene Gestalten, mit denen ihr euch per Multiple Choice unterhalten könnt. Obwohl ihr

Heute bleibt die Küche kalt. Bis die Katze endlich ihr geliebtes Fresschen kriegt, müsst ihr manches wiederholen.
wieder mal alles fragen müsst, sind die Gespräche in der Mehrzahl witzig und helfen euch weiter. So entpuppen sich die Ratten im Folterkeller etwa als verschlagene und gut informierte Mafiagang. Auch Baron Shrowdy ist reichlich seltsam, den ihr trotz seines Ablebens einfach nicht los werdet. In Wahrheit kämpft der zwergenhafte Blutsauger mit einem Mutterkomplex, da er als Kind von seiner Mutter herzlos behandelt wurde. Kein Wunder, dass von Kiefer sich ab und an wie ein Baby aufführt.

Sprich mit allem!

Oder die wehrhafte Katze in der Küche, die partout nur das allerbeste Fresschen haben will. Die letzte, die mit einer Katze gesprochen und eine Antwort erhalten hat, dürfte wohl Alice im Wunderland gewesen sein. Das Unterhalten geht sogar so weit, dass ihr vorsichtshalber jeden Gipskopf, jedes Tongefäß oder Müllhaufen ansprecht, was mit dem kreuzartigen Bedienelement problemlos funktioniert. Man kann ja nie wissen, ob er nicht was zu sagen hat? Womit habt ihr nicht schon alles gesprochen in diesem Spiel? Manchmal sogar mehrmals hintereinander.

Die charmante Geschichte wurde von Crimson Cow professionell lokalisiert, was man insbesondere bei den Hauptcharakteren hört. Sie besitzen echte Charakterstimmen, die unverwechselbar sind. Man denke nur an den Raben mit seiner krächzenden Stimme, die aber keinesfalls übertrieben klingt. Auch Monas französischer Akzent nervt zu keiner Zeit, auch wenn sie oft zickig wird. Ihre Stimme ist im Original sogar gewöhnungsbedürftiger, da sie dort eher in Richtung Heulboje tendiert. Weitere Highlights sind der widerspenstige Gargoyle, der Wachtmeister im Hafenviertel und die allwissende Wahrsagerin.

Auch auf Deutsch lustig

Leider verliert manch ein Typ in der Übersetzung etwas wie der sprudelnde Ozzy Osbourne, der halt auf Englisch unnachahmlich klingt. Er nuschelt was in seinen nicht vorhandenen Bart, das man nur dank der Untertitel versteht. Obwohl immer noch schräg, bleibt das auf Deutsch ein wenig auf der Strecke, was schade ist. Ihr könnt das Abenteuer aber auch im Original installieren, da die englische Fassung beiliegt. Das ist aber eigentlich nicht nötig, da beinahe alle Witze auch in der Übersetzung sitzen - unfreiwillige Komik fehlt weitgehend.

Äußerlich ist A Vampyre Story natürlich ein wenig schöner als die alten LucasArts-Kollegen, weil damals einfach die

Bisweilen sieht Draxsylvanien wie eine windschiefe und lichtscheue Ausgabe von Disneyland aus, was aber passt. 
Möglichkeiten fehlten. Die gewohnte Mischung aus animierten 3D-Figuren und 2D-Hintergründen ist aus einem Guss, da sich die Personen in die stets nächtliche Landschaft einfügen. Und die hat es in sich: Es gibt Gebäude wie im Märchenland, finstere Seen mit gefräßigen Monstern und verschneite Täler voller seltsamer Bewohner. Die Macher haben Bewegung in die Szenerie gebracht, da rieseln Schnellflocken vom Nachthimmel, Wolken ballen sich und Feuer knistern, die gespenstisches Licht und Schatten auf die Einrichtung werfen.

Aus einem Guss

Auch in punkto Filmen, auf deren geringe Qualität wir in der Vorschau hingewiesen haben, hat sich einiges getan. Die Videos wirken jetzt, dank verbesserter Auflösung und Perspektive, deutlich knackiger. So sieht das Monster im See von Warg nicht mehr ganz wie ein braunes Hui Buh aus und ihr könnt verfolgen, wie Mona den tumben Vampirjägern entkommt. Auch einige Bugs, die in der Vorschau-Version noch auffielen, wurden löblicherweise entfernt.

      

Fazit

A Vamypre Story ist ein gelungenes Adventure alter Schule, das insbesondere mit den fordernden Rätseln, seiner makaberen Atmosphäre sowie den vielen skurrilen Begegnungen punktet. Das comichafte Abenteuer nimmt seinen Titel durchaus ernst, denn es erzählt tatsächlich den Werdegang einer jungen Vampirin, die sich erst noch finden muss. Das ist meist humorvoll, etwa wenn Mona erst mal im Handbuch für angehende Blutsauger nachschlagen muss, wie das mit dem Blutsaugen überhaupt geht. Aber es werden auch ein paar Tränen verdrückt, wenn Mona ihre Andersartigkeit partout nicht akzeptieren will. So nennt sie Blut stets nur den "salzigen Merlot". Auf eurer Reise nach Paris trefft ihr viele schräge Gestalten, die euch Steine in den Weg legen, euch weiterhelfen oder einfach nur ausnützen. Die Gespräche mit Hund, Katze, Maus und Steinfigur sind derart abgefahren, dass man oft staunt und neugierig wird, was denn da noch kommen mag. Und es geht auch nach dem Schloss noch munter weiter. Ihr bekommt natürlich auch Rätsel aufgetragen, etwa wenn ihr Utensilien für den Trip nach Paris zusammen suchen sollt. Hier scheiden sich die Geister, denn nicht wenigen dürften die gnadenlosen Aufgaben zu schwer sein. Einfach was suchen, damit ist es nicht getan, da meist noch ein paar Probleme auf dem Weg auftauchen. Zum Glück sorgen die ständigen Frotzeleien zwischen Mona und ihrem flatternden Begleiter Froderick für gute Laune. Bisweilen helfen euch die Vampirfähigkeiten weiter, etwa wenn ihr euch in einen Flattermann verwandelt und wo hochfliegt. Leider lässt A Vampyre Story den Komfort moderner Abenteuer bis auf eine Hotspot-Anzeige vermissen, da die Macher an die Kraft der früheren Point&Click-Mechaniken glauben. Insbesondere Umherstreifen, Absuchen und Nachdenken werden also groß geschrieben. Wer das nicht mag oder ein Neuling ist, sollte auf das nächtliche Abenteuer verzichten. Alle andere müssen es eigentlich haben - insbesondere natürlich die Fans der LucasArts-Klassiker.

Pro

  • witziges Vampir-Adventure
  • skurrile Charaktere
  • knackige Rätsel
  • witzige Gespräche
  • Froderick bringt Leben ins Spiel
  • Vampir-Fähigkeiten
  • Ideen einpacken

Kontra

  • Rätsel bisweilen zu schwer
  • nicht immer zu durchschauen
  • Aufgaben nerven teils
  • Ideen spielen sich nicht anders
  • viel hin und her
  • Rückkehr an bekannte Orte

Wertung

PC

Ein herzerfrischendes Adventure alter Schule

Kommentare
Khorneblume

Ist das Schleichwerbung, oder ein Bot?

Obwohl, was frage ich eigentlich... wer würde Forenuser schon mit "Sie" ansprechen.

Laut Steam Foren kriegen es die Leute übrigens überwiegend immer noch nicht zum Laufen.

vor 5 Monaten