Call of Duty: World at War - Test, Shooter, 360, PC, Wii, PlayStation2, NDS, PlayStation3

Call of Duty: World at War
13.11.2008, Paul Kautz

Test: Call of Duty: World at War

Nach dem Zweiten Weltkrieg ist vor dem Zweiten Weltkrieg: Während sich Infinity Ward mit Call of Duty 4 erfolgreich von Stalingrad und Co. verabschiedeten, bleibt Treyarch, Serienschmied Nummer Zwei, Hitlers verbrannter Erde treu. Call of Duty: World at War (ab 19,98€ bei kaufen) (WaW) verlagert das Geschehen zum Teil an frische Szenarien, bleibt dem gewohnten Spielerlebnis aber sonst in jeder Hinsicht treu.

Wer vor der World at War-Packung steht, kann den gigantischen roten Kleber nicht übersehen: »Keine Jugendfreigabe gemäß §14 JuSchG« ist eigentlich recht eindeutig. Nichtsdestotrotz ist das offensichtlich nicht genug Warnung - denn startet man das Spiel, bekommt man noch diese salbenden Worte zu Gesicht: »Call of Duty:

Im Einstieg entkommt ihr gerade noch so dem Tod - danach erwartet euch gewohntes Call of Duty-Spieldesign.
World at War enthält Gewaltdarstellungen, und historische Aufnahmen, die manchen Spielern vielleicht zu real sein könnten. Bedenken Sie dies vor dem Spielen.« - nett gemeint, aber vielleicht zu einem Zeitpunkt, zu dem man das Spiel ja bereits sowohl erworben als auch gestartet hat, etwas fehl am Platze.

Die Pflicht ruft!

Einen Vorgeschmack auf den gestörten Seelenfrieden gibt's gleich zu Beginn der ersten Mission: Euer polygonales Alter Ego, Private Miller, sitzt gefesselt in einer Hütte am Strand vom Makin-Atoll. Ein japanischer Offizier weist ihn noch in knappen Worten darauf hin, dass Schweigen kein Zeichen von Stärke ist, bevor er seinem Kameraden eine glühende Zigarette ins Auge drückt sowie einem Untergebenen die Anweisung gibt, die beiden Langnasen einen Kopf kürzer zu machen. Euer Kamerad röchelt eine Sekunde später mit aufgeschlitzter Kehle am Boden herum, der Japaner nähert sich Miller - als er auf einmal selbst stöhnend zusammenbricht! Puh, Rettung in letzter Sekunde, aber keinen Moment Verschnaufpause: Für euch gibt's sowohl Helm als auch Waffe, danach ruft einmal mehr die gute alte Pflicht.

WaW bleibt dem Aufbau der Serie treu: Ihr bekommt den Krieg aus verschiedenen Perspektiven zu sehen - in diesem Fall sind das die Augen von Private Miller sowie die seines russischen Kollegen Dimitri Petrenko. Mit Miller verbringt ihr die eine Spielhälfte in und um Japan herum, mit Petrenko geht's von Stalingrad nach Berlin. Die Missionen wechseln sich ab, außerdem wird munter in der Zeit gesprungen: Es geht im Jahre 1942 in tiefasiatischer Dunkelheit los, danach springt ihr ins Stalingrad desselben Jahres, danach 1945 in die Seelower Höhen, dann zurück zu Miller, der sich am 15. September 1944 in Peleliu tummelt, dann wieder zurück zu Petrenko, der es sich in einem Panzer gemütlich gemacht hat uswusf. Leider gibt es keine richtige Story im eigentlichen Sinne: Zwar werden alle Missionen extrem stylisch inszeniert eingeleitet, wodurch ihr nicht nur etwas historisches Wissen erntet, sondern auch darauf vorbereitet werdet, was euch bevorsteht - aber einen echten roten

In der russischen Kampagne erwartet euch ein aufregender Schleichlevel, in dem ihr Geschick am Scharfschützengewehr beweisen müsst.
Faden oder gar erzählerische Dramatik gibt es hier nicht. Insgesamt erwarten euch 13, teils ziemlich lange Missionen, die euch etwa zehn Stunden beschäftigt halten - oder etwas länger, denn vier Schwierigkeitsgrade sorgen für gehobenen Anspruch, wobei die höchste Stufe »Veteran« wie gewohnt haarsträubend schwer ist. Im Gegensatz zu früheren Spielen gibt es dieses Mal keine Tutorials oder sonstige Einweisungen - es geht direkt los!

Die zwei Zeitspringer

Und diese Action bietet über weite Teil genau das, was man speziell von den ersten drei Teilen der Serie kennt: Ihr platziert Sprengladungen, rettet einen unter Beschuss stehenden Freundestrupp, vernichtet Panzer mit Bazooka-Feuer, zerstört Flak-Stellungen, haltet heranstürmende Feinde mittels stationärem MG auf oder dreht im Panzer eure Runden, um gegnerische Artillerie aufzureiben. Klingt konservativ, ist konservativ, spielt sich aber trotzdem gewohnt gut. Frisch wird das Erlebnis erst durch die wenigen ausgefallenen Missionen: So müsst ihr z.B. mal aus einem Haus fliehen, das von deutschen Feuerpanzern von außen Stück für Stück niedergefackelt wird. Oder ihr liefert euch ein aufregendes Duell mit einem weit entfernten Scharfschützen. In derselben Mission müsst ihr auch wie in dem berühmten Tschernobyl-Auftrag von CoD4 vorsichtig und bedacht auf Sniper-Tour gehen, um schlussendlich einen Drecksack von General zu erledigen - sehr aufregend!

Das Leveldesign ist immer noch so linear wie ein stramm stehender Wehrmachtssoldat: Es gibt genau einen Weg, der vom Start zum Ziel führt, und der ist durch natürliche Hindernisse in seiner Breite begrenzt. Nur selten könnt ihr euch für eine von zwei Abzweigungen entscheiden, die jedoch am selben Ziel enden - auf dem Weg da hin gibt es halt unterschiedliche Feinde zu erledigen. Ansonsten seid ihr wie gewohnt bei einer verschlossenen Tür darauf angewiesen, dass sie von der KI geöffnet wird.       

Apropos KI: Die ist über weite Teile mindestens solide, oft genug sogar toll. Besonders die Japaner sind über Überraschungsangriffe aus hohem Gras heraus oder von Bäumen herab gut, in verzweifelten Momenten rennen sie auch Bajonett voraus und »Banzaaaaaaaiiii!« auf den Lippen auf euch zu - wer sich da nicht schnell duckt

Die Japaner greifen bevorzugt aus dem Hinterhalt an und gehen selbstmörderisch in den Nahkampf.
(was eine Konterattacke startet) oder einfach die Feuertaste gedrückt hält, findet sich eine Sekunde darauf mit Messer im Bauch auf asiatischem Boden wieder. Fies auch, dass manche Gegner mit der Kraft des letzten Atemzugs noch die Pistole für einen finalen Rettungsschuss zücken - traue keinem halbtoten Kamikaze! Auch die eigenen Kameraden sind mehr als nur Hinhalter; sie kämpfen kompetent gegen den Feind, stürmen begeistert nach vorn und nehmen dem Spieler dadurch etwas Last von den gebeutelten Schultern. Allerdings kennt ihr Enthusiasmus teilweise keine Grenzen, was Probleme mit sich bringt: Viel zu oft habe ich in dunkler oder nebliger Umgebung ungewollt meine eigenen Leute unter Beschuss genommen - was sofort mit einem strengen »Das Feuern auf Kameraden wird nicht toleriert!« sowie promptem Zurückbeamen zum letzten Checkpunkt geahndet wurde. Hin und wieder kam es auch vor, dass sich Freund und Feind einfach gegenüber standen und ihre Fehde wohl mit einem Kampfstarren aus der Welt schaffen wollten. Außerdem ist einmal mehr lästig, dass die Widersacher in erster Linie auf mich feuern, statt »fair verteilt« auf alle Feinde.

Der Feind, der aus dem Gras kam

Kassiert ihr zu viele Treffer, färbt sich der Bildschirm gewohnt rot und röter, bis erwähnter letzter Checkpunkt ruft - frei speichern dürft ihr wie immer nicht. Dafür aber natürlich mächtig zurückfeuern: Das von Weltkriegs-Shootern gewohnte Arsenal ist natürlich vollzählig angetreten: Die M1 Garand macht beim Magazinwurf wie immer »Pliiiing!«, das Thompson-MG rattert mächtig, das Mosin-Nagat-Scharfschützengewehr wackelt nach wie vor bedenklich, die MP-40 bringt ebenso schnelles Verderben wie das MG-42, das schneller Feuer spuckt als alle mystischen Fabelwesen. Außerdem dürft ihr zur Mitte des Spiels am Steuer eines Panzers Platz nehmen, was zwar aufgrund des arcadigen Fahrmodells unterhaltsam ist, der Level allerdings

Der Flammenwerfer sorgt für buchstäblich heiße Action - und räumt unter Feindeshorden in Nullkommanix auf.
spätestens durch die wohl Teflon-beschichteten Adamantium-Bäume im Großen und Ganzen spaßfrei ist. Neben diesen üblichen Verdächtigen warten aber auch interessante Neuzugänge wie der mächtig fackelnde Flammenwerfer: Mit dem Teil könnt ihr zwar nur kurze Feuerstöße abgeben, da er sonst wahnsinnig schnell überhitzt, aber die haben es in sich - und die Gegner klappen nach einer solchen Behandlung übel verkohlt in sich zusammen.

Der Mehrspielermodus von WaW ist zweigeteilt: Zum einen erwartet euch das »normale« Gegeneinander, zum anderen das brandneue Miteinander. Bis zu vier Spieler dürfen übers Internet, im Netzwerk, übers PSN, via Xbox Live, System Link oder (im Falle von 360 und PS3) gar am vertikal geteilten Splitscreen - Letzteres allerdings nur zu zweit.

Gemeinsam in den Krieg

Das Gegeneinander dürfte Fans der großartigen Mehrspielervariante von CoD4 sehr freuen, denn der Modus wurde ohne größere Abstriche übernommen: Bis zu 32 Spieler dürfen sich in elf Spielmodi tummeln, von denen anfangs allerdings nur drei verfügbar sind - und eines davon ist ein Training. Die höherwertigen Spielvarianten werden wie gewohnt erst mit steigendem Rang freigeschaltet, genau genommen muss so ziemlich alles erst verdient werden. Weitere Soldatenklassen, die vielen »Perks«, zusätzliche Ausrüstung, weitere Ausrüstungsslots oder die vielen, vielen Herausforderungen. Eine Besonderheit stellt der »Hardcore«-Modus dar, der nur für die ganz harten Hunde gedacht ist: Hier gibt's kaum Lebensenergie, keine Regeneration und keine Killcam - kein Wunder, dass diese Spielvariante erst ab einem hohen Level zugänglich ist.     

Jedenfalls auf Konsolen, auf dem PC könnt ihr sie von Anfang an in den Mehrspieler-Optionen aktivieren. Auch hier warten also keine Überraschungen, aber das ist gut so - der Multiplayermodus von CoD4 gehört bis heute zu den strahlenden Sternen des Genres, der von WaW kann locker mithalten, sofern man das WW2-Szenario bevorzugt -

In manchen Levels seid ihr wieder mal als Bordschütze aktiv, außerdem dürft ihr auch selbst wieder hinter das Steuer eines Panzers.
was im Falle der Multikill-Extras beispielsweise Hunde zur Folge hat, die man den Feinden auf den Hals hetzen kann. Denn es gibt auch technisch nichts zu beklagen: Keine Lags weit und breit, das Matchmaking ist vorbildlich, die Action geht wunderbar schnell ab.

Eines muss man den Jungs und Mädels von Treyarch lassen: Sie wissen, wie man Schlachtfelder inszeniert. Der Detailgrad der Levels ist beeindruckend hoch, in den dicht bewucherten Wäldern schwanken abwechslungsreiche und liebevoll gestaltete Bäume im Wind; kokelt man ein paar davon mit dem Flammenwerfer an, fackelt das Gewächs nach und nach immer weiter ab und zerfällt, während der Wind loderndes Geäst und feurige Partikel wegbläst - nicht ganz so beeindruckend wie in Far Cry 2, aber nichtsdestotrotz toll inszeniert! Speziell die Effektabteilung hat hervorragende Arbeit geleistet: Explosionen und Beleuchtung sind verteufelt gut, wenn z.B. im düsteren Wald des Startlevels unerwartet eine Leuchtrakete aufsteigt und damit das graue Szenario in ein geisterhaftes Zwielicht taucht, in dem die Schatten verrückt spielen, während von allen Seiten schreiende Asiaten auf die eigene Truppe einstürmen, dann gewinnt das in mancher Hinsicht fast schon altmodische Spiel ganz neue Qualitäten. Und das Schönste daran: Die Geschwindigkeit ist stets wunderbar hoch, auf 360 und PS3 geht die Action nie in die Knie, auf dem PC braucht's keine Über-Rechner, um den vollen Detailgrad genießen zu können - sehr schön! Nicht ganz so schön sind dagegen Einzelheiten wie z.B. der sterile Panzer-Level, der vor allem mit sehr kurzer Clipping-Distanz des Grases abschreckt - oder die Abwechslungsarmut der Gegner.

Sprich Deutsch mit mir!

Ärgerlich auch der abermalige Verzicht auf die Original-Fassung: Damit sind jetzt nicht mal unbedingt die Schnitte gegenüber der internationalen Version gemeint - Call of Duty ist bis jetzt ziemlich gut ohne Blutfontänen und abtrennbare Körperteile ausgekommen, keine Ahnung, warum Treyarch auf einmal Wert darauf legt. Auch dass wir hierzulande auf Hakenkreuze verzichten müssen, ist man ja mittlerweile gewohnt. Ärgerlicher ist da schon das Wegfallen des Arcade-Modus' »Nacht der Untoten«, in dem man Nazi-Zombies 

Die Levels sind teilweise beeindruckend schön gestaltet, aber linear wie eh und je.
schnetzelt - aber auch das irgendwie leider konsequent, denn schon in CoD4 mussten hiesige Spieler auf die Arcade-Variante verzichten. Nein, ich meine den Zwang zur deutschen Sprachausgabe: Keine Frage, die meisten Synchronsprecher (u.a. die deutsche Stimme von Kiefer Sutherland als Sgt. Roebuck) machen ihre Aufgabe verdammt gut, die Qualität der Stimmen ist hoch. Aber es ist immer ärgerlich, wenn man auf die Originalsprecher verzichten muss, vor allem, wenn es sich in diesem Fall um den echten Kiefer Sutherland sowie Gary Oldman handelt. Außerdem ist das Ganze inkonsequent umgesetzt: Die Texte in allen Zwischensequenzen sind nach wie vor englische (mit deutschen Untertiteln), das selbstablaufende Intro im Hauptmenü ist ebenfalls komplett Englisch.

Eine echte Überraschung stellt der Soundtrack dar: Zwar gibt es auch hier die obligatorischen Trompeten des Krieges, allerdings auch erstaunlich viele technoide Drums, die verdammt gut zu dem doch ganz und gar nicht zu elektronischer Musik kompatiblen Szenario passen! Darüber hinaus haben die Entwickler dieses Mal auch sehr viele Chöre ausgepackt - die akustische Begleitung erinnert in dieser Hinsicht gelegentlich ein bisschen an God of War. Ungewöhnlich? Ja. Aber sehr, sehr gut.      

Fazit

Ui, schon wieder Zweiter Weltkrieg - ja, die rollenden Augen liegen serienmäßig bei. Aber okay, immerhin ist man dieses Mal ausschließlich östlich von Berlin unterwegs, ein weiteres Mal Omaha Beach hätte ich wohl nicht verkraftet. Und der Ausflug nach Japan ist zwar auch nicht neu (man denke an MoH: Pacific Assault, MoH: Rising Sun oder Battlefield 1942), fühlt sich aber nach wie vor frisch an. Mal ganz abgesehen davon, dass die Japaner als Gegner für einige Überraschungen gut sind, mit denen coole neue Spielelemente wie der großartige Flammenwerfer einher gehen. Allerdings ist nicht nur die Wahl des allgemeinen Szenarios, sondern auch das Missionsdesign sehr konservativ: Es gibt einige sehr wunderbare Ausnahmen, aber im Großen und Ganzen macht man in WaW auch nichts anderes, als in jedem anderen Weltkriegsshooter - CoD 4 war und ist in jeder Hinsicht deutlich weiter. Immerhin war Treyarch clever genug, den famosen Mehrspielermodus des Vorbilds zu übernehmen, der auch im »neuen« Gewand unverändert Spaß macht, ganz zu schweigen von der gelungenen Koop-Variante, die man sich allerdings besser nicht im krümeligen Splitscreen gönnen sollte. So bleibt ein gut designter, toll inszenierter und ordentlich krachender, aber letzten Endes doch altbackener Shooter, der nicht aus dem Schatten des großen Vierer-Bruders heraustreten kann

Pro

  • tolle Präsentation
  • brachiale Soundkulisse
  • exzellenter Mehrspielermodus
  • meist gute KI...
  • cooler Koop-Modus
  • gute deutsche Sprachausgabe
  • dichte Atmosphäre

Kontra

  • sehr konservatives Missionsdesign
  • größtenteils ausgenudeltes Szenario
  • nervender Panzerlevel
  • ...die aber gelegentliche Aussetzer hat

Wertung

360

World at War bietet klassisch-gute Call of Duty-Action, die sich allerdings etwas zu sehr auf bewährte Zutaten verlässt.

PC

World at War bietet klassisch-gute Call of Duty-Action, die sich allerdings etwas zu sehr auf bewährte Zutaten verlässt.

PlayStation3

World at War bietet klassisch-gute Call of Duty-Action, die sich allerdings etwas zu sehr auf bewährte Zutaten verlässt.