SimCity: Societies - Test, Taktik & Strategie, PC

SimCity: Societies
27.11.2007, Bodo Naser

Test: SimCity: Societies

In unserer Vorschau auf SimCity Societies von EA haben wir bereits enthüllt, dass das entschlackte Bauprinzip nicht so schlecht ist, wie viele dachten. Stadtplanung, Arbeitsplätze, Umweltschutz und Freizeitvergnügen - alles mit von der Partie. Im Test geht es jetzt insbesondere darum, ob das Spiel von Tilted Mill auch Langzeitqualitäten entfalten kann.

Nach dem eher konservativen Caesar IV kehrt Tilted Mill in seinem jüngsten Städtebauspiel wieder zu den alten Tugenden zurück. Die Entwickler stehen seit 

Das Sein bestimmt das Bewusstsein. Die 500 höchst unterschiedlichen Gebäude sind die einzige Möglichkeit, wie ihr in der Stadt was verändern könnt.
Kinder des Nils für innovative Ideen, bei dem die Menschen als Gesamtheit stets eine große Rolle spielen. Die gesellschaftlichen Kräfte werden bei SimCity Societies durch die sechs sozialen Energien repräsentiert, die ihr beachten müsst. Es gibt Produktivität, Autorität, Kreativität, Wohlstand, Wissen und Glauben, die grundsätzlich in einem gewissen Gleichgewicht sein sollten. Ihr könnt euch aber auch nur auf einen Wert konzentrieren, etwa um eine der virtuellen Trophäen abzustauben.

Ganzheitlicher Ansatz

Zusammen mit den Medaillen dienen sie als leicht erreichbare Spielziele, auch wenn man euch sonst kaum Vorgaben macht und stattdessen viel Freiheit lässt. Da das Prinzip stark vereinfacht wurde, sucht ihr eine Kampagne ebenso vergebens wie Szenarien. Das spricht Einsteiger natürlich besonders an, die ohne große Vorkenntnisse direkt nach dem Tutorial losbauen können. Schon nach wenigen Stunden werden sie erste Erfolge feiern, eine ansehnliche Stadt ihr Eigen nennen und vielleicht schon eine Auszeichnung bekommen. Kein anderes Städtebauspiel kommt so schnell zur Sache, auch nicht City Life, das auch schon recht simpel war.

Wie beeinflusst ihr nun die Energien, die euch im Bildschirm angezeigt werden? Antwort: Durch den Bau von Gebäuden, von denen es an die 500 verschiedene gibt. Es existieren Bürogebäude, Fabriken, Krankenhäuser, Banken, religiöse Stätten und Geschäfte. Die Gebäude werden euch nacheinander freigeschaltet, je mehr euer Konto der jeweiligen sozialen Energie wächst. Um z.B. bessere Kraftwerke bauen zu können, müsst ihr mehr Wissen erzeugen. Das bekommt ihr wiederum durch einen Buchladen, Schule oder Bibliothek. Andere verbrauchen wieder Energien wie eine Polizeiwache etwa Sicherheit, die aber wiederum die Kriminalität bekämpft.

Bauten hinklotzen

Ganz konsequent ist das alles nicht, denn Klöster erzeugen Glauben, während Kirchen ihn verbrauchen. Wo soll da denn der Unterschied sein? Andererseits sorgen die wiederum für gute Stimmung. Wer will, kann auch gleich ein Sektenzentrum errichten, das auch Ordnung erzeugt. Auch die Wohnhäuser werden anders als früher bei SimCity fertig hingestellt und entwickeln sich nicht von alleine. So lässt sich einerseits besser planen, wie viele und welche Häuser ihr bauen wollt, von denen es Containerparks, Slums, Einfamilienhäuser Wohnblocks und Villen gibt. Aber die Dynamik einer Stadtentwicklung mit ihrem Auf und Ab geht vollständig flöten, da alles bleibt, wie es einmal hingestellt wurde.

Das schlägt auch aufs Äußere eurer 3D-Metropole durch, denn auch daran ändert sich kaum was. Das ist gleich in zweierlei Sinne gemeint, denn einmal verändert sich die Stadt selbst nicht und dann wieder bleibt die Grundstimmung, wie sie ist. Es

Nicht jeder Bau passt in jede Umgebung. Manches sieht schlicht kümmerlich aus und anderes passt wieder vom Stil her nicht zusammen. 
nützt also nichts, dauernd Sicherheitsbauten zu errichten, in der vagen Hoffnung, dass sich wie bei Black & White irgendwann alles ins Böse verkehrt. Das Äußere der Stadt ist nicht dynamisch, so müsst ihr schon von vorneherein die Bauten bauen, die ihr auch sehen wollt. Grau in grau - Stacheldraht, ein Propagandaministerium und ein Gefängnis beispielsweise. Für Gruseln sorgt eine unheimliche Scheune, ohne dass sie aber eine Rolle spielen würde.

Mehr Schein als Sein

Ansonsten könnt ihr das Design eurer Stadt durchaus bestimmen, weil es verschiedene Baustile gibt. Es gibt fernöstliche, kleinstädtische, elegante und reiche Gebäude, die sich auf Wunsch auch im oft unübersichtlichen Baumenü anzeigen lassen. Die Sache hat allerdings den Haken, dass ihr dann bestimmte Einrichtungen nicht eröffnen dürft. Ein Altenzentrum passt halt nur in eine Stadt mit mongolischen Jurten, ein entsprechendes Gebäude für westliche Städte gibt es nicht. Die Fabriken sehen eben nicht schön aus und passen daher nur in die Proletarier-City. So sehen die meisten Städte eben irgendwie kunterbunt aus, wenn ihr alles ausgeglichen handhabt.

                   

So weit der innovative Ansatz des Spiels, der leider nicht vollends durchgehalten wird, denn einiges ist doch eher konservativ. Recht vertraut klingt etwa, dass jeder Bewohner einen Arbeitsplatz braucht, der möglichst auch noch in der Nähe liegen soll. Auf die sozialen Schichten müsst ihr aber bei den Jobs nicht achten, denn alle machen alles. Die Leute

Straßenbau ist eine eurer Hauptaufgaben, da die Sims sonst nicht zur Arbeit kommen. Wer eher grün denkt, baut eben Busse und U-Bahnen.
wollen natürlich auch zum Job fahren, weshalb ihr Straßen bauen solltet, was automatisch geht und bisweilen zu Schlingen führt. Das gibt jedoch Umweltverschmutzung, weshalb ihr eine Buslinie oder U-Bahn einrichten könnt. Auch hier nur Städteplanung light, denn weitere Verkehrsmittel gibt's nicht.

Strom und Jobs

Außerdem spielt die Stromversorgung eine zentrale Rolle, denn ohne Elektrizität gehen bei euch die Lichter aus. Ihr müsst euch gleich von Beginn an entscheiden, ob ihr auf Kohle, Atom oder Windkraft setzt. Wind ist umweltfreundlich, aber eben nicht so wirkungsvoll wie fossile Brennstoffe, die wiederum die Luft verpesten. Ihr müsst also viel mehr Windkraftwerke bauen, um alles zu versorgen. Sonnenkraft oder Biomasse könnt ihr erst später mit mehr Wissen nutzen. Hier zeigt sich wieder das entschlackte Prinzip, denn Stromleitungen gibt es ebenso wenig wie eine Wasserversorgung.

Ein zentraler Punkt des Spiels ist die Unterhaltung der Volksmassen, die für steigende Zufriedenheit sorgt. Ohne Etablissements, Sportstätten, Kinos oder Läden geht nur wenig, da die Leute nur mit Brot und Spielen motiviert sind, wobei die Versorgung mit Lebensmitteln keine Rolle spielt. Je mehr zufriedene Bürger ihr habt, desto mehr wird halt produziert und desto weniger rasten aus. Die Skala der Zufriedenheit drückt sich in roten bis grünen Gesichtern aus, die unten zu sehen sind. Ansonsten spielt der einzelne eigentlich keine große Rolle, da ihr selten jemand auf der Straße anklickt, um zu sehen wo der Schuh drückt.

Unterhaltung und Finanzen

Viele Gebäude bieten neben Jobs und Unterhaltung auch noch weitere Vorteile, wie Boni für die umstehenden Gebäude. Ein Rathaus in der Nähe beflügelt die Leute etwa, schneller zu arbeiten. So unkompliziert, wie sich der Rest des Spiels anlässt, so einfach ist auch die Handhabung der Finanzen. Ihr bekommt regelmäßig Geld aufs Konto, das die Sims in den Fabriken erwirtschaften. Auch die wohlhabenden Häuser berappen Steuern. Finanznot braucht ihr nicht zu fürchten, denn das Geld geht eigentlich nie aus. Und wenn, dann wartet ihr ein paar Tage, bis der Säckel wieder voll ist.

Auch die Wirtschaft hat kaum etwas zu bieten und weist keinerlei Dynamik auf. Zwar könnt ihr Läden, Bürotürme und Fabriken bauen, aber die dienen letztlich nur dem bloßen Zweck der Arbeitsbeschaffung. War es schon bei Tycoon City: New

Obwohl es bei den Gebäuden jede Menge Funktionen gibt, wird im eigentlichen Sinn nichts produziert. Auch ein Propagandaministerium tut nicht viel, außer besonders sicher zu sein. 
York keine große Kunst eine Ladenkette aufzuziehen, so ist es hier vollkommen entwertet. Unternehmerisches Handeln ist kaum gefragt: Ihr müsst die Geschäfte nicht mit Waren versorgen, weil es gar keinen Produktionskreislauf gibt. Die Arbeiter kommen einfach von selbst und tun eigentlich nichts. Die Kunden kommen zwar, aber sie kaufen nichts, denn es gibt ja keine Waren. Es gibt zwar Öffnungszeiten, aber die sind ohne große Bedeutung.

Handel für die Katz

Der Effekt eines Ladens besteht eigentlich nur in der sozialen Funktion, bei der die Macher recht kreativ sind. Ein Buchladen bringt mehr Bildung und ein wenig Unterhaltung. Eine Fleischerei beruhigt die arbeitenden Massen, auch wenn die Gefahr einer Lebensmittelvergiftung (!) besteht. Um so etwas haben sich Tilted Mill Gedanken gemacht, denn selbiges gilt fürs Restaurant. Eine Tankstelle verkauft natürlich keinen Sprit, sondern stellt bloß Punkte für die Produktivität her. Die Bauern stellen ihr Land den Leuten einzig zum Arbeiten zur Verfügung, es wächst dort nichts.

       

Aber das all zu simple Prinzip hat auch seine Schattenseiten, SimCity Societies ist leider keine große Herausforderung. Insbesondere altgediente Städteplaner dürften nach 

Wahrlich kein Fest für Statistiker. Diese dürftige Aufstellung ist die einzige Tabelle, auf der was über die Stadt erfahren könnt.
anfänglicher Neugier rasch die Lust verlieren, wenn sie merken, dass es ohne großen Tiefgang ist. Selbst auf dem höchsten der drei Schwierigkeitsgrade ist es keine große Kunst, die Stadt zu bauen, am Laufen zu halten und noch dazu reich zu werden. Auch das Verändern der Umgebung spielt nur eine eingeschränkte Rolle, da ihr selbst im Gebirge genug Platz für die Häuserzeilen findet. Die Auszeichnungen und Orden sind ebenfalls nicht schwer zu bekommen und so nur bloßes Beiwerk.

Kaum anspruchsvoll

Vieles im Spielverlauf bleibt letztlich undurchsichtig, auch weil auf Statistiken weitgehend verzichtet wird. Eine kurze Aufstellung der Finanzen, der Verschmutzung und Kriminalität ist da die höchste der Tabellen. Viele Fragen bleiben unbeantwortet: Was haben die Ladenöffnungszeiten für Auswirkungen? Welchen Sinn haben manche der Spezialfunktionen der Gebäude wie etwa der Spukfaktor? Wie genau funktioniert das mit den Gebäuden, die sich gegenseitig beeinflussen und die Leute produktiver machen? Wieso arbeiten Leute aus dem Armenviertel in Luxusbüros beim Anwalt?

Ebenfalls recht stiefmütterlich behandelt werden die Einwohner, die zwar in Sim-Sprache brabbelnd durch die Straßen gehen, aber am Ende doch eine gesichtslose Masse bleiben. Ihr könnt sie zwar anklicken, um etwas über sie zu erfahren, aber das ist ohne Sinn. Was nützt es zu wissen, wo der Schuh drückt, wenn ihr dann ohnehin wenig ändern könnt. Aufträge von Einzelnen wie bei Tycoon City müsst ihr nicht lösen, um vorwärts zu kommen. Zudem sind die Leute auf der Karte nicht leicht zu finden, weshalb es praktisch unmöglich ist, eine der Spezialisten wie Priester, Aktivist oder Wachmann in Aktion zu sehen.

Gesichtslose Bürger

Man könnte fast meinen, die Einwohner seien alle Deutsche, denn Aufstände sind selten. Revolution is nich! Selbst wenn ihr in der Umweltverschmutzung erstickt, die Kriminalität explodiert und alle nur in Slums hausen, kommt es erstaunlicherweise kaum zu Unruhen. Insbesondere Glaube und Kultur halten die Leute zurück. Diktatur light: Wenn es dann doch mal durchgedrehte Bürger gibt, könnt ihr sie von der Polizei im Gefängnis einsperren lassen

      

Fazit

Zunächst macht SimCity Societies richtig Laune, denn man denkt sich erfreut: Endlich mal was Neues! Endlich wagt jemand einen anderen Ansatz! Aber nach einigen problemlos gebauten Städten verfliegt der Reiz der Neuen schnell, zumal dann alles letztlich gar nicht mehr so neu ist, wie es zuvor wirkte. Leider setzt sich der Trend zur Verflachung der Wirtschafts- und Aufbausimulationen hier weiter fort, denn alles ist auf leichten Zugang, Massengeschmack und schnellen Erfolg getrimmt. Zwar gibt es innovative Ansätze, wie die sozialen Energien und man lässt euch große Freiheit beim Erstellen der Straßenzüge, da ihr eure Ziele nach Wunsch selbst verfolgen könnt. Aber letztlich seid ihr dann doch wieder nur mit dem Bauen von Wohnungen, dem Beschaffen von Arbeit und Unterhaltung beschäftigt, um alle bei Laune zu halten. Die äußerliche Veränderung der Stadt ist nur ein Schein, denn es bleibt stets alles wie es ist. Bei den komplexeren Strategiespielen alter Schule wie Civilization oder Europa Universalis erkennt man -je länger man spielt-, wie alles in einander greift. Bei SimCity Societies stellt man lediglich fest, wie wenig eigentlich dahinter steckt. Schade um die schönen Einfälle.

Pro

  • entschlackter Städtebau
  • innovative Ideen
  • soziale Energien
  • schneller Erfolg
  • einsteigerfreundlich
  • freies Spielprinzip

Kontra

  • wenig Dynamik
  • Zusammenhänge bleiben rätselhaft
  • kaum Tiefgang
  • vieles nicht durchdacht
  • Wirtschaft spielt keine Rolle
  • einzelner Sim spielt keine Rolle

Wertung

PC

Trotz innovativer Ansätze letztlich nur belangloser Städtebau light