Fire Emblem: Shadow Dragon - Test, Taktik & Strategie, NDS

Fire Emblem: Shadow Dragon
19.12.2008, Jörg Luibl

Test: Fire Emblem: Shadow Dragon

Im Februar erschien Fire Emblem zum ersten Mal für Wii: Das Spiel überzeugte mit komplexer Rundentaktik, nutzte allerdings weder die besondere Steuerung noch gab es eine Online-Unterstützung oder eine verbesserte Kulisse. Unterm Strich spielte es sich exakt so wie auf dem GameCube anno 2005. Das sympathische, aber altbackene Epos sicherte sich aufgrund seiner Spielmechanik eine Wertung von 75%. Kurz vor Weihnachten präsentiert derselbe Entwickler das erste Fire Emblem für DS. Ist diese zweite Premiere auch die bessere?

Shiida und Marth - hier in der japanischen Version. Fire Emblem für DS beruht auf dem ersten NES-Teil der Serie aus dem Jahr 1990, der nie in Europa erschien.
Shiida ist tot. Das tut weh. Ein lang gezogenes "Miisssst!" zischt durch die Redaktion. Es war mein Fehler - ich wollte zu viel, zu schnell. Die Pegasus-Reiterin ist vom Himmel gestürzt, als sie in die Reichweite der Bogenschützen kam.

Der Tod ist immer und überall

Ich hab sie zu weit nach vorne fliegen lassen und die Wege der Feinde unterschätzt. Vielleicht hätte ich sie besser flankieren sollen? Oder ganz zurückhalten? Sie hat mich in zahlreichen Schlachten begleitet, hat mit ihren Lanzenangriffen für Unheil gesorgt und meine Truppe aus der Luft unterstützt. Jetzt ist sie tot. Und zwar permanent. Wiederbelebungszauber gibt es nicht. Ich könnte auch einfach weiter spielen, denn in meiner Armee warten noch fünfzehn andere Helden. Aber sie muss leben. Also starte ich neu. Zum vierten Mal...

Wer seit Jahren Fire Emblem spielt, der hat ein besonderes Verhältnis zum Tod entwickelt. In der Welt von Altea schwebt er über jedem Zug, wartet auf unbedachte Manöver und schlägt dann gnadenlos zu. Man achtet und fürchtet diesen Moment. Und genau das sorgt für Nervenkitzel und Spannung. Genau das liebe ich. Der Schmerz des Verlustes ist hier ein starker, denn da verschwindet kein anonymer Soldat, keine seelenlose Nummer, sondern ein Charakter, den man kannte und über mehrere Kapitel entwickelte. In jedem 08/15-Strategiespiel schmeißt man Kanonenfutter an die Front, hier kämpft man mit Freunden.

Wie in allen Fire Emblems verschwinden die Grenzen zwischen Rundenstrategie und Rollenspiel sehr schnell. Man zieht seine Diebe, Krieger, Berserker, Rittmeister, Jäger, Heiler, Magier und Schwertmeister über edel gezeichnete, aber nur leicht animierte Karten, um feindliche Truppen von einfachen Piraten bis hin zu Drachen zu besiegen oder Burgen zu erobern. Man knackt Schlösser, gewinnt Gold, nutzt Heiltränke und die Magie, die jemanden teleportiert oder in Flammen aufgehen lässt. 

Rundentaktik für Experten. Ihr zieht eure Helden auf großen Karten, im Kampf wirkt sich ein Schere-Stein-Papier-Prinzip aus.


Das harte Strategie-Rollenspiel

Natürlich beherrscht die Taktik im Gelände den Großteil der Spielerfahrung, die angenehm an das kühle Grübeln im Schach erinnert. Aber Helden-Management, Charakter-Aufstiege und die Story erinnern an epische Abenteuer - und genau das ist der Unterschied zu Spielen wie Advance Wars aus gleichem Hause.

Dieses Strategierollenspiel kennt man schon vom GBA, vom GameCube und Wii. Und dazu gehört auch der Schwierigkeitsgrad, der einen manchmal zu Trial&Error zwingt - das, was MegaMan für Arcade-Zocker ist Fire Emblem für Rundentaktiker. Die Entwickler beugen dieser abschreckenden Wirkung für Einsteiger mittlerweile vor, indem sie auf DS z.B. erstmals Speicherpunkte auf Karten anbieten - dafür ein großer Dank, denn so manche Schlacht dauert eine Stunde; wenn man dann alles noch mal angehen muss, kann aus Trial&Error-Lust schnell Frust werden. Insofern ist die DS-Variante eine angenehmere, ohne ihre Wurzeln zu verraten.

          

Obwohl Zauber dabei sind, muss man auf das magische Dreieck der Wii-Version verzichten: Es gibt also keine Magieformen, die wie Lanze, Axt und Schwert in einer Beziehung stehen.
Hinzu kommen sechs Schwierigkeitsgrade - Neulinge können das gesamte Abenteuer quasi auf Tutorialniveau erleben, Veteranen wählen zwischen fünf weiteren Härtegraden, die es in sich haben. Ich empfehle selbst Kennern vorerst nur den ersten oder höchstens zweiten Stern, denn die KI ist und bleibt eine gnadenlose, die gezielt schwache Einheiten wie Heiler attackiert und auch sonst clever Schere-Stein-Papier nutzt.

Advance Wars light?

Das zeichnet sie gegenüber der nachgiebigeren KI eines Age of Mythology aus. Auch dieses Fire Emblem ist knackig und fordernd. Aber auch hier gibt es alte Schwächen, die das Spiel in Sachen KI hinter Advance Wars platzieren. Vor allem die Statik der finalen Gegner, die bestimmte Positionen bewachen und sich nicht bewegen, ist irgendwann zu berechenbar. Außerdem gibt es auch hier einige unnötige Himmelfahrtskommandos einzelner Feinde, die ihren Verband verlassen und auf mich zu stürmen. Schön ist jedoch, dass es immer wieder zu Zweifronten-Kriegen auf verschachtelten Karten mit engen Zugängen oder Gebirgen kommt - hier entsteht der strategische Anspruch durch die Positionierung im Feld und die vielen Lösungsmöglichkeiten: Soll ich meine Truppe zusammen halten oder mit einem schnellen Galopp die obere Festung sichern? Aber auch hier liegt Advance Wars klar vorne, weil diese Eroberung auch noch zu einem militärisch wichtigen Rohstoffbonus führen würde, den es in Fire Emblem nicht gibt. Eine Burg bleibt ein statischer Platz mit Defensivbonus und Heilung - nicht mehr, nicht weniger.

Das Spiel wirkt zwar edel, aber ist technisch nicht auf der Höhe der Zeit und weit weg von der Pracht eines Age of Mythology für DS.
Da sich Shadow Dragon als Remake versteht, hält man sich erzählerisch an die Struktur der Vorlage aus dem Jahr 1990. Das hat einige Vorteile, aber auch Nachteile: Schön ist, dass auch Europäer endlich etwas über diesen ersten Schicksalskampf erfahren, der die Saat für all das legte, was später auf GBA, GameCube und Wii geschah. Die Fantasy zeigt sich hier allerdings im all zu klassischen und zigfach getragenen Gewand, zumal man auch den 18 Jahre alten Plot einfach recycelt hat: Junger Prinz rettet Königreich vor dem Bösen -nicht gerade einfallsreich, dennoch kann der Einstieg mit seiner Flucht unterhalten: Das Reich von Altea ist in Gefahr, denn sein König ist tot, Banditen stromern umher und ein fürchterlicher Drache könnte gar den Weltuntergang herbei führen.

Ein schnell durchschauter Ritterfilm

Man schlüpft in die Rolle des jungen Prinzen Marth (übrigens auch spielbar in Super Smash. Bros.), dessen Schwester entführt wird und der angesichts einer Invasion auch noch mit wenigen Getreuen ins Exil fliehen muss. Dort gilt es, tapfere Recken um sich zu scharen und langsam den Widerstand zu organisieren - ihr führt eine immer größer werdende Truppe von Veteranen und Verbündeten in den Kampf. Dieses militärische Ziel wird später von einem noch größeren Ziel überschattet: Nur Marth kann als königlicher Erbe das magische Schwert und das Feueremblem führen, um dem Drachen schließlich den Garaus zu machen.

Ein bisschen König Arthus, ein bisschen Herr der Ringe, aber innerhalb der Qualität der Serie doch vorhersehbar - die Story erinnert bestenfalls an gute alte Ritterfilme. Wenn man sich die Dramaturgie genauer anschaut und mit der Wii-Variante vergleicht, muss man Abstriche machen: Ab und zu reden die Charaktere zwar miteinander, man kann auch auf dem Schlachtfeld Charaktere ansprechen, aber im Vergleich zu früheren Ablegern sind Dialoge viel zu selten und es gibt weder optionale Gespräche im Lager noch einen Perspektivwechsel. Sprich: Auf DS wird alles linearer, weniger überraschend erzählt und die Begleiter gewinnen dadurch etwas weniger Tiefe.

     

Wichtig sind Positionen wie Häuser, Festungen, Burgen und Arsenale. Dort kann man mit Dörflern reden, die Verteidgungsboni nutzen oder Waffen kaufen.
Trotzdem ist die Story alles andere als ein Reinfall, bietet sogar einige unterhaltsame Momente und es weht immer noch angenehmer Rollenspielwind: Auf jeder Karte gibt es z.B. Häuser und Dörfer, die man selbst in der Hitze des Gefechts besuchen kann. Man trifft dort auf Bewohner, die nützliche taktische Hinweise parat haben, eine kleine Geschichte erzählen oder auf verschollene Verwandte oder Deserteure aufmerksam machen. Wer genau zuhört und auf die Namen achtet, kann diese Leute finden und in seine Armee aufnehmen - hier ist man also motiviert, die Gespräche wirklich zu verfolgen, weil sich etwas in ihnen verbergen kann.

Die wertvollen Überläufer

Aber Vorsicht, denn man muss die Augen während der Schlacht offen halten, sonst vernichtet man vorschnell potenzielle Überläufer: Es gibt z.B. Dörfler, die wegen des Geldes bei Piraten oder Söldnern angeheuert haben und zunächst als Feinde erscheinen - sie greifen sogar an. Nur, wenn man mit dem richtigen Charakter auf diese Feinde zugeht, am besten mit Marth oder einer verwandten Person, und statt der Attacke die Option "Reden" nutzt, kann man sie davon überzeugen, die Seiten zu wechseln. Auf diese Weise gewinnt man wertvolle Verbündete, die man weiter entwickeln kann.

Und der Rundenkrieg macht immer noch richtig Spaß. Ab dem vierten von über 20 Kapiteln beginnt das Abenteuer Fahrt aufzunehmen, denn erst jetzt gelangt man in den Ausrüstungsbildschirm. Vor jeder Schlacht kann man hier seine Truppe aus einem immer größer werdenden Pool an Helden zusammen stellen. Außerdem hat man hier die Übersicht über Bewaffnung, Zauber und Tränke, kann Gegenstände zwischen Charakteren tauschen, neue kaufen oder selbst schmieden. Man wählt z.B. ein normales Schwert aus, gibt ihm einen Namen und steigert gezielt bestimmte Werte wie kritische Trefferwahrscheinlichkeit oder möglicher Schaden - all das kostet natürlich verdammt viel Gold. Blöd ist nur, dass man die Waffen beim Schmied nicht reparieren kann; selbst ein verbessertes Schwert behält seine Abnutzungserscheinungen und zerfällt irgendwann.

Schwert, Axt und Lanze

Die Kampfanimationen können sich zwar sehen lassen, aber bei der Figurendarstellung wird die DS-Power nicht genutzt: Diese 3D-Figuren sehen aus wie GBA-Sprites.
Das Kampfsystem ist ebenso einfach wie komplex: Axt schlägt Lanze. Lanze schlägt Schwert. Schwert schlägt Axt. Das ist das Grundkonzept von Fire Emblem, das es so auf dem NES-Erstling noch nicht gab und das glücklicherweise in diesem Remake integriert ist. Natürlich kann man mit jedem Waffentyp Schaden anrichten und das Prinzip zur Not ignorieren. Aber wer mit einer Doppelaxt auf einen Schwertkämpfer stürmt, wird empfindliche Abzüge hinnehmen müssen. Eine Prognose zeigt an, inwiefern man Vor- oder Nachteile mit der aktiven Waffe hat, ob man vielleicht sogar doppelt zuschlagen kann oder wie wahrscheinlich ein kritischer Treffer ist - sehr komfortabel.

Man kann mit Speeren über zwei Felder attackieren, bei der richtigen Waffenwahl mit Konterangriffen glänzen oder gezielt die Erstschlagfähigkeit nutzen. Bogenschützen erhalten Pluspunkte beim Beschuss fliegender Einheiten; es gibt Panzer brechende Waffen oder solche, die am besten gegen Reiter wirken - kleine Icons informieren euch über aktuelle Fähigkeiten. Mit ein bisschen Gestöber und gezieltem Itemtausch kann man sich optimal auf jeden Gegner vorbereiten, obwohl man detaillierte Waffenbeschreibungen weder im gedruckten noch im virtuellen Handbuch findet; auch hier muss man auf die Bewohner hören, wenn man wissen will, was genau ein "Panzerbrecher" veruracht. Falls ein roter Pfeil anzeigt, dass man die ungünstige Waffe führt, kann man diese sehr komfortabel auf dem DS wechseln, indem man einfach einen Knopf drückt - das erspart umständliches Umrüsten. Überhaupt ist die Steuerung gelungen und erlaubt jederzeit den fliegenden Wechsel zwischen Stylus und Steuerkreuz.

    

Freut euch auf klassische Fantasy inklusive Magie, Drachen und Rittertum. Leider bleibt die Story von Anfang an etwas zu durchschaubar - das Remake kann erzählerisch nicht an die späteren Fire Emblems anknüpfen.
Es gibt also zig Konstellationen zum Probieren und Experimentieren. Allerdings haben es nicht alle Finessen in die DS-Version geschafft: Die Beziehungen zwischen den Charakteren spielen z.B. keine Rolle, da man keine Partnerschaften aufbauen kann - auf Wii konnte man so effiziente Duette in den Kampf schicken. Auch das bekannte Wegschubsen auf ein anderes Feld sowie das Retten leichterer Freunde ist nicht dabei. Im Kampfsystem vermisst man zudem das magische Dreieck, das auf Wii noch für mehr Vielfalt in den arkanen Duellen gesorgt hat.

Da fehlt doch was...

Dahinter verbarg sich quasi ein Schere-Stein-Papier-Prinzip, wie es auch in den konventionellen Gefechten greift. Ich verstehe nicht, warum man das gestrichen hat, zumal ja auch Magier vorkommen und mit ihrem Feuer für Verheerungen sorgen. Hier hätte man über eine Verzahnung der arkanen Kräfte auch auf dem DS noch mehr Spieltiefe anbieten können.

So bleibt das geschickte Taktieren auf konventionelle Angriffe beschränkt - da kann man immerhin weiter aus dem Vollen schöpfen: Es gibt nicht nur sechs Waffentypen, darunter Schwert, Lanze, Axt, Bogen und Stab, sondern auch diverse Waffenränge, die z.B. die Effizienz hinsichtlich Schaden oder Ausweichen beeinflussen.

Jeder Tod schmerzt: Auch auf dem DS gibt es keine Wiederbelebungszauber - wenn ein Freund stirbt, hat das permanente Konsequenzen.
Die Landschaft wirkt sich auf eure Statistiken aus: Auf See und in Wäldern bekommt man z.B. besondere Ausweichboni, so dass man immer ein Auge auf den Untergrund werfen sollte. Allerdings hat man das Prinzip der Geländetaktik nicht konsequent genug umgesetzt: Warum gibt es z.B. keine Anpassungen auf Brücken oder Abzüge im freien Gelände? Hier könnte man Fire Emblem noch weiter entwickeln. Dafür gewähren Wälder und Festungen nicht nur einen Schub an Defensivkraft, sondern auch Heilungspunkte - das macht sie zu wertvollen Landmarken, die man klug nutzen sollte. Hinzu kommen Arenen, in denen man seine Leute schneller aufwerten kann sowie Arsenale, in denen man frische Ausrüstung kaufen kann. Wenn man bedenkt, dass jede Waffe bei Gebrauch abnutzt, sind auch diese Positionen strategisch wertvoll.

Rundentaktik im Gelände

Überhaupt lohnt sich vor der Schlacht ein Studium der Karten: Es gibt oftmals mehrere Wege zu einem Ziel und man hat die Möglichkeit, seine Armee für Überraschungsmanöver aufzuteilen oder an schmalen Pässen zu positionieren, um eine Übermacht aufzuhalten - all das sorgt für sehr viel Dynamik. Wie in allen Fire Emblem-Spielen wird rasches Vorrücken allerdings gnadenlos bestraft: Wer schnell und planlos zu einem Zielpunkt vorprescht, wird herbe Verluste erleben und schnell aufgerieben.

Völlig unverständlich ist für mich, dass man Nebenkriegsschauplätze nicht mehr freischalten kann, indem man besonders schnell und effizient ist, also gut spielt, sondern indem man seine Truppe dezimiert - richtig gehört: Manche Level öffnen sich an einem gewissen Punkt erst dann, wenn eine bestimmte Anzahl an eigenen Kämpfern auf dem Friedhof liegt! Wollte man damit die Spielbalance für Einsteiger sichern, die zu schnell Verluste erleiden? Aber wo soll dann die Motivation für Veteranen entstehen? Wer die Zusatzkapitel öffnen will, muss also innerhalb der eigenen Truppe immer weiter ausmisten. Was bieten die Zusatzkapitel als Belohnung? Man kann nur dort weitere Verbündete gewinnen, die teilweise bessere Werte haben, aber ich hätte mir gewünscht, dass man für gute Strategien auf dem Schlachtfeld und nicht für Personalabbau mit Todesfolge belohnt wird. Der Königsweg wäre ein optionaler gewesen: Wenn die eigene Truppe zu schwach besetzt ist, öffnen sich Zusatzkapitel, um die Mannschaftsstärke wieder herzustellen. Wenn die eigene Truppe stark besetzt ist, öffnen sich Zusatzkapitel, in denen man besondere Gegenstände, mehr Gold, weitere Storyzweige oder Ähnliches erhält.

Belohnung für Personalabbau?

Noch mal ein Blick auf die Figuren: Leider können sie Helden in Aktion auf dem oberen Bildschirm kaum an Details gegenüber den kleinen Einheiten auf dem unteren gewinnen - da war technisch mehr drin! Aber dafür gibt es erstmals in der Fire Emblem-Geschichte einen Multiplayer-Modus.
Aber man kann auf die Zusatzkapitel pfeifen und seine Truppe auch so entwickeln. Schade ist nur, dass man seine Kämpfer immer noch nicht manuell entwickeln kann. Sprich: Werte werden je nach Klasse automatisch erhöht, wenn Charaktere eine Erfahrungsstufe gewinnen. Möchtet ihr einen Recken besonders fördern, müsst ihr ihn also oft an die Front schicken und die finalen Hiebe setzen lassen. Das war immer so, aber hätte man nicht wenigstens beim Helden Marth einen Zugriff ermöglichen können? Natürlich hat man so den Vorteil der Effizienz, aber eben auch den Nachteil der beschränkten Einflussnahme. Der wird dadurch ausgeglichen, dass man im Laufe der Kampagne erstmals die Klassen der Verbündeten wechseln und sie somit auf einen ganz anderen (Heiler wird Magier, Geistliche wird Kriegerin) oder effizienteren (Schütze wird Scharfschütze) Weg bringen kann.

Neu: Klassen wechseln

Dieses System ist sinnvoll, wenn man ab der zehnten Stufe innerhalb seiner Kampfrichtung aufsteigt. In dem Moment des kompletten Wechsels werden allerdings auch einige Grundwerte wie Körperpunkte oder Geschicklichkeit geändert - man gewinnt also nicht nur neue Stärken, man verliert auch alte. Das ist theoretisch auch gut so, denn bei reiner Addierung könnte man sich zu schnell übermenschliche Helden bauen. Aber auch hier bleibt der Held außen vor: Marth ist und bleibt Lord, er kann seine Klasse nicht wechseln - warum nicht? Und ich habe zwar vom Aufstieg zu einer besseren, aber praktisch kaum vom totalen Klassenwechsel Gebrauch gemacht, weil er erstens nur sinnvoll ist, wenn einem z.B. Bogenschützen oder Magier fehlen, und weil er zweitens auch den Charakter des Begleiters ändert - zwar nur optisch, aber irgendwie wird aus einem alten Bekannten dann doch ein Fremder.

Apropos Kulisse: Während ein Age of Mythology im animierten Kampf selbst auf DS begeistern kann, bleibt Fire Emblem hinter den Möglichkeiten zurück. Die Duelle sehen nicht schlecht aus und vor allem das Hauen und Stechen vom Pferd aus wirkt in Bewegung durchaus elegant - die Animationen sind also okay. Aber die 3D-Figuren erinnern während der Kämpfe eher an platt gedrückte 2D-Sprites, denen es an Details mangelt und die es in viel hübscherer, reiner 2D-Version auf dem technisch schwächeren GBA gab. Da war grafisch auf dem DS mehr drin, zumal die handgezeichneten Portraits einen wesentlich besseren Eindruck vermitteln.

Hurra, endlich Multiplayer!

Darauf haben Fans Jahre gewartet, das fehlte auch auf Wii: Ihr könnt entweder online gegen Herausforderer antreten oder über die drahtlose Verbindung mit Freunden vor Ort zusammen spielen - wenn alle ein Modul besitzen. Man stellt eine Truppe aus bis zu fünf Kämpfern zusammen und duelliert sich auf sechs Karten inklusive Nebel des Krieges. Schön ist, dass es eine Chatfunktion gibt und dass man seine eigenen, individuell entwickelten Charaktere in die Schlacht führen kann. Außerdem hat man über das Internet Zugriff auf einen speziellen Waffenshop, um seine Helden noch besser auszurüsten oder weiter zu entwickeln. Neben dem An- und Verkauf gibt es auch die Möglichkeit, einem Freund seine erfahrenen Truppen zu leihen.

     

Fazit

Wie spät ist es? Was, schon 1:25 Uhr? Ich sitze wie ein Dreifingerfaultier auf einem Sessel und starre auf die Uhr. In meiner Hand liegt das Schicksal von Altea: Ich habe Marth und seine Truppe tapfer ins Exil geführt, habe dunkle Ritter besiegt und komme dem dämonischen Erzfeind immer näher - ja, ich werde diesen Drachen besiegen! Aber die rote DS-Lampe leuchtet und mein Körper streikt. Ich muss ins Bett. Eigentlich sind das alles Anzeichen für den nahenden Award. Vor dem Einschlafen springen allerdings kritische Schafe über kleine Feuerzäune: Das Team von Intelligent Systems geht mal wieder keine Risiken ein. Schon auf Wii hat man sich mit frischen Impulsen zurückgehalten, auf dem DS ist man jetzt sogar noch konservativer: Anstatt die Serie hinsichtlich der Spielmechanik und Story weiter zu entwickeln, hat man das erste Fire Emblem für NES aus dem Jahr 1990 umgesetzt. Gegen ein Remake ist auch gar nichts einzuwenden, obwohl die Story nicht mehr als ein Prinz-rettet-Königreich-Klischee ist. Allerdings hat man die Chance nicht genutzt, dieses Remake um Finessen zu bereichern, die sich in den letzten 18 Jahren angesammelt haben: Die komplexe Magie fehlt im Schere-Stein-Papier-Prinzip und man vermisst das Freundesystem genau so wie mehr optionale Dialoge oder erweiterte Taktiken im Gelände - man kann keine Teams bilden, keine Freunde aus der Gefahr retten. Der neue Klassenwechsel ist zwar zunächst interessant, aber sorgt nur für etwas mehr Grübelei in der Karriere. Und dass man nur dann alternative Gebiete freischaltet, wenn die eigene Truppe dezimiert ist, hat mich richtig geärgert - warum werde ich nicht für effizientes Spielen belohnt? Ein letztes kritisches Schaf setzt zum Sprung an: Obwohl das Abenteuer edel aussieht und eine klasse Benutzerführung bietet, hat man die technischen Möglichkeiten des DS nicht so genutzt wie es gerade Age of Mythologies vormacht; die Figuren sehen als Portraits gut aus, aber als 3D-Kämpfer erinnern sie an GBA-Sprites. Mit diesen Gedanken schläft jemand ein, der die Serie kennt und liebt. Einer, der trotz der Kritik auch am nächsten Tag einfach weiter spielen muss, weil sich Rundentaktik und Rollenspiel hier so unwiderstehlich bereichern. Aber kann ich diesem Spiel eine bessere Wertung als der Wii-Variante geben? Vielleicht doch ein Remake-Bonus? Als das letzte Schaf wohl behütet landet, breitet sich ein versöhnliches Grinsen aus: Erstmals geht es ja auch online zur Sache - wie lange haben Fans darauf warten müssen? Gute Nacht und viel Spaß in Altea!

Pro

  • epische, aber... + klasse Kampfsystem, aber...
  • gute Kampfanimationen, aber...
  • angenehm gnadenlose, aber...
  • hurra, erstmals Online-Multiplayer
  • edle Präsentation
  • angenehmes Rollenspielflair
  • komplexes Party-Management
  • sehr gute Steuerung
  • permanenter Tod der Freunde+ Remake des NES-Klassikers
  • Speichern während der Missionen
  • Klassenwechsel möglich

Kontra

  • - ...sehr gewöhnliche Fantasy-Story
  • ...das magische Dreieck fehlt
  • ...3D-Figuren wirken wie GBA-Sprites
  • ...manchmal zu statische KI- blödes Zusatzkapitelsystem mit Todeszwang
  • nur automatischer Charakteraufstieg
  • Held kann Klasse nicht wechseln

Wertung

NDS

Edle Rundentaktik alter Schule und zum ersten mal ein Fire Emblem mit Online-Kämpfen!