Tomb Raider: Underworld - Test, Action-Adventure, 360, PC, PlayStation2, NDS, Wii, PlayStation3
Positive Überraschungen auf Wii
Aber manchmal werden Spiele nicht nur lieblos, ohne die kreative Nutzung der bewegungssensitiven Möglichkeiten auf Wii übertragen, sondern auch noch inhaltlich beschnitten und technisch verschlimmbessert. Tomb Raider gehört leider in diese Kategorie. Konnte das Spiel auf 360 und PS3 noch auf befriedigendem Niveau unterhalten, rutscht sie hier in den mangelhaften Bereich ab. Dass dieses Spiel noch nicht einmal für Kids oder Neuspieler empfehlenswert ist, die erste Laraluft schnuppern wollen, liegt natürlich nicht daran, dass einige Abschnitte verkleinert, Licht- und Schatteneffekte verringert und Rätselelemente abgeschwächt wurden - damit hätte man leben können. Wieso, weshalb, warum also?
1:1-Umsetzung mit Beschneidungen
Zunächst bemerkt man unwesentliche Kleinigkeiten wie die fehlende manuelle Lichtaktivierung - die Funzel ist quasi immer an, ich kann sie nicht selbst bedienen. Lara findet auch keine Munition oder Heilpakete mehr, sondern gesundet mit der Zeit automatisch, was den ohnehin leichten Schwierigkeitsgrad theoretisch noch weiter nach unten treiben könnte - in der Praxis ist das Spiel aber aufgrund seiner Designfehler sogar unfreiwillig schwierig. Warum stirbt Lara z.B. wie eine Holzpuppe nach einem Elektroschock, wenn sie den Kraken berührt? Und was hat man sich mit dieser "Übersichtskarte" gedacht? Anstatt in einer 3D-Karte der Umgebung zu zoomen, muss man sich auf Wii mit ein paar statischen (!) Blickwinkeln in einem PDA zufrieden geben.
Zickiges Action-Adventure
Wer großes Pech hat, wird auch einem Bug begegnen, der das Weiterspielen unmöglich macht (hier im Video ) und das Laden eines vorherigen Spielstandes erzwingt: Es kann sein, dass in Thailand an einer Stelle ein Hebel fehlt - Eidos hat diesen Fehler erkannt und bietet einen Spielstand zum Download an.
Es sind weitere offensichtliche Schlampigkeiten, die stören: Lara versinkt manchmal halb in Wänden und Böden, ihre Hände verschwimmen beim schnellen Hangeln an Simsen und manchmal fällt sie unter einen Felsen, bleibt dann dort zappelnd stehen, erschossene Feinde bleiben manchmal wie angewurzelt stehen, das Motorrad rauscht halb in eine Felswand und bleibt stecken - das sieht nicht nur alles verdammt blöd aus, das sorgt auch dafür, dass das Spiel unnötig nervend wird. Man fällt nicht in einen Abgrund, weil man zu spät den Sprungknopf bedient hat, sondern weil man die Umgebung einfach nicht komfortabel genug auskundschaften kann.
Schatzsuche in Wackelworld
Je länger man sich mit Lara auf Wii herum treibt, desto mehr Unterschiede bzw. Beschneidungen fallen auf: Warum kann ich mich z.B. nicht am Kletterhaken hochziehen? Man kann zwar die Ringe beschießen und Säulen umreißen wie im Vorbild, aber man kann sich nicht an Wänden hinauf ziehen. Auch das ohnehin schwache Kampferlebnis wurde noch mal kastriert. Nicht nur, dass deutlich weniger und im Verhalten erschreckend dumme Gegner auftauchen, so dass der Anspruch gegen Null sinkt: Warum kann ich unter Wasser nicht mehr die Harpune nutzen? Warum wurde die Betäubungspistole gestrichen? Warum kann man nicht mehr aus der Kletterposition feuern? Warum wird der Adrenalinmodus nur automatisch aktiviert? Warum gibt es keinen Nahkampf mehr? Die Krux ist ja: Eine Streichung schwacher Kampfelemente hätte dem Spiel ja sogar gut getan - ich kann auf die Haie gut verzichten! Aber als Antwort hätte man wenigstens kreativen Ersatz wie eine intelligentere Schatzsuche oder bessere Rätsel im Spieldesign parat haben müssen. Aber als Ausgleich bekommt man auf Wii nichts.
Fazit
Was ist das denn für ein Umsetzungsmüll? Und kann es sein, dass die späte Veröffentlichung vor Weihnachten System hatte? Sorry, aber so schlecht wurde ich auf Wii selten unterhalten. Wenn ihr Tomb Raider: Underworld spielen wollt und die Wahl habt: Besorgt euch das Abenteuer für PC, Xbox 360 oder PlayStation 3, denn das ist mindestens zwei (!) Klassen unterhaltsamer. Aber macht einen großen Bogen um diese Wii-Version - am besten holt man sich hier Tomb Raider: Anniversary. Nach der enttäuschenden DS-Version erleidet Lara leider auch auf dem zweiten Nintendo-System einen spielerischen Absturz. Anstatt das Abenteuer kreativ und intelligent an Nunchuk und Remote anzupassen, vielleicht sogar das Spieldesign positiv zu ändern oder die Kulisse gegenüber Anniversary noch zu verschönern, serviert man eine in vielen Details kastrierte und technisch schwache Version. Die Kameraschwäche der großen Vorbilder wurde noch verstärkt, mit zahlreichen Clippingfehlern angereichert und es gibt einen schweren Schalter-Bug: Zwar tritt er nicht immer auf, aber das Weiterspielen kann unmöglich gemacht werden. Eidos hat darauf reagiert und eine Lösung in Form eines Speicherstandes parat. Aber das ist ein Unding auf Konsole! Haben wir jetzt schon PC-Verhältnisse auf Wii? Viele Entwickler haben dieses Jahr bewiesen, wie man die grafisch überlegenen Systeme Xbox 360 und PlayStation 3 mit Spielspaß auf Wii schlagen kann. Eidos demonstriert, wie man ein befriedigendes Erlebnis noch so verschlechtern und eine Ikone so ramponieren kann, dass man unterm Strich gar keinen Spaß mehr hat.
Pro
- neues Archäologie-Werkzeug
Kontra
- schwerer Schalter-Bug
- sehr nervige Kamera
- viele böse Clipping
- & Grafikfehler
- permanente Ruckler
- keine kreative Wii-Nutzung
- viel weniger Kletteranimationen
- stark beschnittene Kampfmechanik
- strunzdumme Gegner