Harvest Moon DS: Mein Inselparadies - Test, Taktik & Strategie, NDS

Harvest Moon DS: Mein Inselparadies
19.12.2008, Jan Wöbbeking

Test: Harvest Moon DS: Mein Inselparadies

So warte doch, holde Maid. Ich will dir doch nur ein Geschenk überreichen. Nun nimm schon die Schokolade an! Verdammte Steuerung! Ich sehe ja ein, dass eine Beziehung gepflegt werden will, aber Zeit ist Geld. Ich muss noch die Kälber füttern und streicheln, viel zu viele Pflanzen gießen und ein paar stärkende Kräuter pflücken, damit ich nicht vorher zusammen breche.

Der Urlaub ist vorbei. Tagelang bin ich bequem vom Bett aus durch Animal Crossing gewandelt und plötzlich soll ich wieder die Hacke schwingen. Ich bin keine körperliche Arbeit mehr gewohnt, doch die aktuelle DS-Auskopplung der ewigen Landwirtschafts-Simulation Harvest Moon holt mich schneller ins Arbeitsleben zurück als mir lieb ist.

Endlich Erntezeit - nach ein paar Tagen fleißiger Feldarbeit klingeln die Kassen.
Nur acht Minuten bleiben mir, um meinen bäuerlichen Pflichten nachzugehen, damit ich möglichst schnell das Geld für einen größeren Stall, andere Gebäude und die Brücken zu geheimnisvollen neuen Inselabschnitten zusammen bekomme. Okay, ich habe hier ein Aufbauspiel vor mir. In diesem Genre muss ich meine Arbeit eben so organisieren, dass ich alles rechtzeitig über die Bühne bringe, meinen armen kleinen Manga-Bauern nicht durch zu viele angelegte Felder überfordere und trotzdem noch Zeit finde, meinem Schwarm zu imponieren. Dabei kann sie mich nicht mal leiden - und das, obwohl ich sie seit Tagen mit Schokolade überhäufe. Ich muss mir wohl ein effektiveres Geschenk einfallen lassen.

Bauer sucht Freizeit

Im Grunde ist es aber gut so, dass es in diesem Spiel von Beginn an zur Sache geht. Der Trubel ist mir bei weitem lieber als der zähe Einstieg des PSP-Ablegers »Innocent Life«, bei dem ich mir erst nach einer gefühlten Ewigkeit Tiere in den Stall stellen durfte. »Mein Inselparadies« orientiert sich stark am Vorgänger Harvest Moon DS. Wie immer schlüpfe ich in die Rolle eines Bauernjungen, um einen florierenden Landwirtschaftsbetrieb aufzubauen. Wie in der Serie üblich sind technische Errungenschaften der letzten hundert Jahre verpönt. Statt mich mit Treckern und Massentierhaltung auseinanderzusetzen, baue ich mir einen romatischen vorindustriellen Bilderbuchbauernhof auf. Ich jäte eigenhändig Unkraut, sähe, gieße und ernte allerlei saisonabhängige Feldfrüchte. Das verdiente Geld bildet den Grundstock für meine Tiere, um die ich mich ebenfalls jeden Tag kümmern muss. Neben Hühnern, Kühen und Schafen darf ihr mir auch Pferde in den Stall stellen oder Hunde anschaffen.

Diesmal starte ich meine Karriere zwar als Schiffbrüchiger auf einer verlassenen Insel, das neue Szenario wirkt sich aber kaum auf den Spielablauf aus. Statt ums Überleben zu kämpfen wie in Lost in Blue, gehe ich den üblichen Harvest-Moon-Tätigkeiten nach. Wie gehabt erwarten mich z.B. eine Mine, einen Strand zum Angeln, ein Dorf und jede Menge belangloser Smalltalk mit den übrigen Bewohnern. Einige Neuerungen gibt es trotzdem: Diesmal darf ich auch Reisfelder bestellen und Pilze züchten. Außerdem rüste ich meine Werkzeuge neuerdings mit so genannten "Kleinoden" auf, welche ich z.B. auf Festivals gewinnen kann.

Die wortkargen Dorfbewohnerinnen lassen sich am besten mit Geschenken beeindrucken. 
Die hilfreichen Steine lassen sich auch mit Hilfe der neuen Internet-Ranglisten einsacken, indem man sich etwa als bester Soja-Lieferant der Woche erweist.

Kein Kampf um's Überleben

Wenn ihr von den Ratschlägen anderer Mitspieler profitieren wollt, könnt ihr euch in einem einfachen Voice-Chat per DS-Mikrophon austauschen. Bevor es losgeht, müsst ihr euch allerdings erst einmal mit DS-typischen Freundescodes herumschlagen. Noch nerviger ist das Bezwingen der hingeschluderten Touchscreen-Steuerung, zu der es keine Alternative gibt. Die eigene Figur lässt sich zwar einfach und schnell per Stylus durch die Levels scheuchen, doch das Inventar entpuppt sich als zickige Diva. Sobald ich meine Güter nicht in genau der Reihenfolge und dem Zeitrahmen anklicke, wie es die Entwickler vorgesehen haben, entwickelt der widerspenstige Rucksack ein unerwünschtes Eigenleben. Wenn ihr eure hart erwirtschaftete Ernte nicht versehentlich neben die Versandkiste schmeißen und damit vernichten wollt, solltet ihr einen Blick auf unsere kleine Anleitung aus dem 4P-Spieletipps-Channel werfen.

Auch auf technischer Ebene wirkt das Spiel veraltet. Verglichen mit anderen DS-Titeln und dem angekündigten Rollenspiel-Mix Harvest Moon: Rune Factory wirken die Kulissen reichlich schlicht und leer. Außerdem sorgt ein ständiges leichtes Ruckeln für angestrengte Augen. Die Streichel-Minispielchen fallen um einiges fader aus als im Vorgänger. Die Tiere geben überhaupt keine Rückmeldung mehr darüber, was ihnen gefällt und was ihnen gegen den Strich geht. Statt dessen darf ich nur noch mit dem Stylus über ein ödes Standbild rubbeln - wie soll man denn so eine Beziehung zu seinen Lieblingen aufbauen?       

Liebloses Minispiel

Fazit

Schade - die Harvest-Moon-Reihe entwickelt sich seit Jahren zum fernöstlichen Gegenstück zu Sims 2 mit seinen unzähligen Add-Ons. Auch der aktuelle DS-Ableger »Mein Inselparadies« wirkt trotz neuem Szenario und dezenter Neuerungen wie dem Reis- und Pilzanbau wie ein Remake. Sicher, es gibt wieder jede Menge zu tun und wie immer entfaltet das Spiel mit seiner langen Spielzeit erfreulich viel Tiefgang. Es ist immer noch recht unterhaltsam, nach und nach den eigenen Bilderbuchbauernhof auf die Beine zu stellen. Doch für einen echten Nachfolger fehlt es einfach an Neuerungen. Die meisten Handgriffe habe ich schon abertausend mal erledigt - wozu soll ich all die Zeit ein weiteres mal investieren, wenn ich im Grunde wieder und wieder das gleiche Spiel erlebe? Zusätzlich muss ich mich mit einer umständlichen Touchscreen-Steuerung herumschlagen. Immerhin gibt es neuerdings Ranglisten-Wettbewerbe und einen einfachen Chat zum Austausch von landwirtschaftlichen Tipps. Falls der Ausflug auf die Insel eure erstes Harvest Moon ist, könnt ihr trotz der kleinen Mankos eine Menge Spaß mit dem Titel haben. Als Serienkenner solltet ihr euch den Kauf gut überlegen, denn im März 2009 kommt bereits der Serien-Ableger Rune Factory für den DS nach Deutschland. Die Mixtur aus Bauernhof-Simulation und Rollenspiel wirkt nicht nur experimentierfreudiger, sondern ist auch deutlich hübscher gezeichnet.

Pro

  • <P>+&nbsp;klassisch unterhaltsames Spielprinzip+&nbsp;großer Umfang+&nbsp;niedliches Figuren-Design+&nbsp;nette Sidequests wie Bezirzen einer Braut und Familiengründung</P>

Kontra

  • <P>
  • wirkt eher wie ein Remake als wie ein Nachfolger
  • etwas hakelige Steuerung
  • umständliche Inventar-Bedienung
  • triste Kulissen
  • todlangweilige Smalltalk-Dialoge</P>

Wertung

NDS

Nicht sonderlich innovative Neuauflage der Bauernhof-Sim mit viel Tiefgang und umständlicher Steuerung.