Panzer Tactics DS - Test, Taktik & Strategie, NDS

Panzer Tactics DS
29.11.2007, Jörg Luibl

Test: Panzer Tactics DS

Wer Runde für Runde auf Nintendos Kleinem kämpfen will, kommt nicht um Advance Wars DS (AW) herum - das Team von Intelligent Systems bietet nahezu perfekte Unterhaltung für Taktiker. Allerdings gibt es noch kein Spiel, das den Zweiten Weltkrieg im Miniformat zum Schlachtfeld erklärt. Die österreichischen Entwickler von Sproing Interactive bieten euch erstmals klassische Hexfeld-Strategie zwischen Weser und Stalingrad - ein Grund zum Jubeln?

Das sieht nicht nur komplex aus, das ist es auch: Panzer Tactics serviert euch komplexe Hexfeldstrategie im Zweiten Weltkrieg.
Es gibt drei chronologisch geordnete Kampagnen, die zunächst die deutsche Offensive, dann den russischen Gegenschlag sowie die amerikanische Rückeroberung thematisieren - es wartet jeweils ein Feldzug in zwölf Etappen. Da im Zeitalter von Band of Brothers, Guido Knopp & Co mittlerweile jeder wissen dürfte, wie der Krieg abgelaufen ist, hält sich die erzählerische Spannung natürlich in Grenzen. Immerhin lernt man beim Wechsel von der Achse zu den Alliierten alle Kampfverbände kennen.

Vom Blitzkrieg bis zur Gegenoffensive

Ihr könnt also sowohl deutsche Pioniere als auch britische Gurkhas ins Feld führen; über 150 Truppentypen stehen Gewehr bei Fuß. Natürlich Runde für Runde. Natürlich zu Lande, zu Wasser und in der Luft. Natürlich mit allem authentischen Pipapo vom Luftabwehrgeschütz über Schlachtschiffe bis hin zum Fallschirmjäger. Wer sich in der Welt der Militaria wohl fühlt und sich am liebsten zwischen 1939 und 1945 austobt, wird jetzt auch auf dem DS in aller Üppigkeit fündig.

Egal ob Einspielfilme, Statistiken oder Zeichnungen: Die edle Oberfläche kann sich sehen lassen. Einleitungstexte klären euch über die historische Situation auf und vermitteln zusammen mit den originalen Namen der Einheiten, Schauplätze und Operationen sofort authentisches Flair. Nach einem ausführlichen Tutorial dürft ihr zunächst Polen und dann in der Weserübung Norwegen erobern. Hinzu kommt ein Multiplayermodus für bis zu vier Spieler. Ihr könnt euch wahlweise über WiFi, Internet als auch per Hotseat auf zehn

Elitetruppen bringen euch einige Vorteile: Der Doppelschuss lässt eure Kommandos gleich zwei mal attackieren.
Karten duellieren - die Mapauswahl ist nicht gerade üppig und für echte Online-Matches braucht jeder ein eigenes Modul. Der Hotseatmoduss ermöglicht euch zwar auch das Spielen mit einem Modul, denn der DS wird Runde für Runde gewechselt. Aber das ist in der Praxis nervig, denn man muss nach jedem Wechsel erstmal erraten, welchen Zug der Gegner gerade gemacht hat; hinzu kommen die langen Wartezeiten bei größerem Einheitenaufgebot.

Die Stärken des Spiels liegen eher im Einzelspielermodus.Was mit einfachen Blitzkriegen auf Seiten der Wehrmacht beginnt, entwickelt sich spätestens auf Seiten der Roten Armee zu großräumigen Material- und Stellungskriegen mit langen Frontlinien - mal eben in der Mittagspause Stalingrad erobern? Viel Spaß! Und erst ganz versierte Feldherren sollten sich auf Seiten der Amerikaner an der Landung in Italien versuchen. Historisch Interessierte werden sich darüber freuen, dass viele taktische Probleme und Phänomene der Zeit in den Missionen vorkommen: Von der schnellen Rohstoffsicherung über die Einkesselung bis hin zur Stützpunktsicherung an der Küste.

Knallharte Strategie

Das Team von Sproing serviert keine abgespeckte Pseudostrategie im Miniformat, sondern knallharte Herausforderungen für Kenner. Ihr wollt auch mal mehrere Stunden an einer über mehrere Bildschirme scrollenden Kartenfront tüfteln? Dann ist Panzer Tactics die richtige Wahl. Obwohl die Computergegner zu Beginn des Krieges noch so manche hanebüchene und unkoordinierte Angriffe fahren, steigern sie sich im Verlauf der Kampagne zu harten Gegnern. Umso erfreulicher ist es, dass man in den Menüs sehr übersichtlich die Stärken und Schwächen der beteiligten Truppen sowie Effizienzleisten findet, die die Schlagkraft einer Einheit darstellen.

      

Bei der Präsentation der Missionen bekommt ihr erste Hinweise für eure Taktik. Leider gibt es abseits der drei großen Kampagnen wenig alternative Szenarios.
Sobald es zum Kampf kommt, zählen Schere, Stein und Papier - es gibt also für jede feindliche Anfrage die passende Antwort: Ein Geschwader Jäger reibt Bomber in null Komma nichts auf, Panzerabwehrgeschütze lassen selbst Tiger straucheln, Pioniere sprengen Bunker im Vorbeigehen und die Artillerie zerpflügt alles, was sich nicht bewegt. Außerdem wirkt sich das Terrain nicht nur auf die Sicht und Marschgeschwindigkeit, sondern auch auf jede Einheit anders aus: Die Infanterie bekommt in Wäldern einen großen Bonus, so dass sie hier selbst schweren Panzern gefährlich werden kann.

Scharfe Schere

Auch das Wetter spielt eine nicht zu unterschätzende Rolle: Sobald Wolken am Himmel aufziehen, starten eure Jäger und Bomber nicht mehr - damit gewinnt die dreitägige Vorhersage auch eine taktische Rolle. Und ähnlich wie in AW muss man auch auf Treibstoff und Munition achten, denn all das ist begrenzt. Sehr schön: Einheiten gewinnen an Erfahrung und können später übernommen werden; außerdem fordert das Missionsdesign effektives Taktieren, denn wer zu viele Kerneinheiten verliert, sieht auch das Game Over.

All das führt dazu, dass man auf seine Truppen achtet und keine Kanonenfuttermentalität aufkommt. Wer zügig vorgeht und dabei sogar Nebenaufgaben meistert, wie alle Städte auf der Karte einzunehmen oder alle Bunker zu schleifen, bekommt vielleicht Bonustruppen und auf jeden Fall mehr Prestigepunkte, die man wiederum in die Rekrutierung oder Aufwertung von Einheiten investieren kann. Hat man Veteranen in einer Schlacht verloren, kann man sein Kontingent hier wieder auffrischen.

Auch Offiziere spielen eine Rolle: Diese werden den normalen Truppen zugeteilt und erhöhen je nach Rang und Fähigkeit deren Schlagkraft und Moral. Schön ist, dass sie bestimmte Angriffs- und Verteidigungsmerkmale besitzen. Dadurch kann man sie gezielt je nach Situation einsetzen: General Tschelinski versteht sich z.B. sehr gut auf das Einigeln und hat hohe Werte in den Bereichen Luft- und Bodenverteidigung. Zwar sind die Führungskräfte nicht so stark wie die Offiziere in AW, aber das hat hier einfach historische Gründe. Und zusätzlich zu den Befehlshabern gibt es hier Kommandotruppen, die ihr gezielt zur Sabotage oder für Attentate einsetzen könnt: Diese unsichtbaren Einheiten können nicht nur die Moral der Feinde in den Keller fallen lassen, sondern auch deren Sprit oder Munition vernichten oder gar einen Offizier töten.

Langweilig? Auch hier darf der D-Day nicht fehlen - inklusive Wettervorhersage. Gerade die letzte Kampagne der alliierten Gegenoffensive wird euch richtig fordern.
Die Kriegskamera

Ähnlich wie in AW schaltet die Kamera im Ernstfall in eine Schlachtperspektive: Ihr erkennt je nach Terrain Häuser, Wald oder Berge sowie zwei Gruppen, die sich beschießen. Die Soldaten werden im Vergleich zur Architektur zwar übergroß dargestellt, aber man freut sich über Details wie die Bodenspuren der Kettenfahrzeuge oder einige hübsche Explosionen. Unterm Strich sieht das deutlich besser aus als die Gefechte im spartanischeren AW. Nur akustisch kocht man auf Sparflamme: Sprachausgabe ist Fehlanzeige, die Musik nervt ähnlich schnell wie in Undercover.

Einsteiger und Gelegenheitsspieler dürften allerdings vom Ausmaß der Karten, der etwas vertrackten Menüführung sowie der zähen Zugfolge abgeschreckt werden - AW spielt sich bei ähnlicher Komplexität einfach schneller, knackiger und aufgrund des besseren Bonus-Systems auf lange Sicht motivierender. Das liegt zum einen daran, dass die hübsch gezeichneten Truppen und Karten ihren Tribut beim Scrollen fordern. Das Hexfeldicon, das über Steuerkreuz oder Stylus bewegt werden kann, ist manchmal einfach zu langsam.

Auch das Beladen von Fliegern verlangt etwas Geduld; später übrigens auch das Umschalten auf die richtige Sicht: Da sich Boden- & Lufteinheiten ein Feld teilen, muss man erst immer auf das kleine Symbol und später darauf achten, dass man seinen Jäger nicht vergisst - hier hätte gerade bei größeren Schlachten eine automatische Erinnerung an alle nicht bewegten Truppen geholfen. Dabei gibt es durchaus Komfort: Eure Truppen besteigen an der Küste z.B. automatisch Landungsboote; das erspart das lästige Ein- & Ausladen.

Schade ist, dass es keine knackigen Missionen oder alternative Spielmodi für zwischendurch gibt. Das, was als Szenario angeboten wird, ist meist schon aus der Kampagne bekannt. Sprich: Die "Weserübung" gibt es einfach doppelt. Schade ist auch, dass man nur einmal innerhalb der Missionen speichern kann - man kann also nicht mehrere parallel spielen. Wo man sich in AW auch abseits der Kampagne in zig Varianten, auf Dutzenden Karten und unter diversen Bedingungen austoben und Punkte gewinnen kann, gibt es hier abseits des historischen Krieges einfach zu wenig Unterhaltung.

    

Fazit

Harte und weiche Ziele, Ketten und Halbketten, Sabotage, Nachschub, zig Terraintypen und Offiziersboni - Panzer Tactics ist ein El Dorado für Feldherren. Das Team von Sproing fängt auf Nintendos Kleinem erst gar nicht an zu kleckern, sondern klotzt zu Lande, zu Wasser und in der Luft inklusive Wettersystem, Geländeauswirkung und Veteranensystem. Allerdings ist die Steuerung gerade auf den übergroßen Karten etwas zu behäbig. Und irgendwie will der Funke der Begeisterung nicht so überspringen wie z.B. bei Advance Wars. Dieser konventionelle Krieg spielt sich etwas zu zäh und der Multiplayermodus ist alles andere als komfortabel: HotSeat nervt bei jedem Wechsel, ansonsten braucht jeder Spieler ein Modul für ein drahtloses Match. Trotzdem haben die Wiener für alle Solisten das Wesentliche richtig gemacht: Man freut sich über die edle Benutzeroberfläche, die raumgreifenden Operationen, die vielen Statistiken und das authentische Flair, das einem zwischen Weserübung und Stalingrad mit über 150 Truppentypen entgegen weht. Man vermisst lediglich eine klarere und schnellere Bedienung sowie interessante Gefechte abseits der drei Kampagnen. Wenn man mal zwischendurch eine knackige Mission spielen oder eine Herausforderung meistern will, bekommt man zu wenig Spielraum - hier bietet Advance Wars deutlich mehr Umfang und Abwechslung. Unterm Strich dennoch eine klare Empfehlung: Freut euch auf ein angenehm komplexes Rundentaktikspiel alter Schule, das nicht für den Mainstream entschlackt wurde!

Pro

  • edle Präsentation
  • Wetter & Gelände wirken sich aus
  • über 150 authentische Einheiten
  • raumgreifende Operationen
  • Sabotage & Attentate
  • Einheiten gewinnen Erfahrung
  • gutes Bonus/Prestigesystem
  • sanft ansteigender Schwierigkeitsgrad

Kontra

  • etwas fummelige Steuerung
  • Ruckler beim Kartenscrollen
  • nur zehn Karten im Multiplayer
  • zu wenig interessante und knackige Missionen abseits der Kampagnen- nur ein Speicherplatz pro Kampagne

Wertung

NDS

Komplexe Rundenstrategie für Feldherren alter Schule!