skate 2 - Test, Sport, 360, PlayStation3
Die Jugendkultur und ihre Sprache sind für Außenstehende meist unerklärlich. Das geht bei einfachen Dingen los (mit Grauen denke ich dabei an die morgendlichen Mitfahrer in der S-Bahn und ihre »Ey Digger, kuck dir das an Digger, sowas haste noch nie gesehen, Digger. Kuck, Digger, ey Digger, kuckst du Digger?«-Orgien,
bei denen die markerschütternde Explosion meines Kopfes nur durch eine extralaute Portion Muse verhindert werden kann) und endet bei schlimmen Synchronisierungen wie bei der Friends-Folge, in der aus dem lässig ausgewürgten »PlayStation, huh? That's whack!« von Joey Tribbiani in der deutschen Fassung ein »PlayStation, was? Das ist grell!« wird. Ja, grell. Das sagt man doch so, wenn man heute unter all den Diggen die diggste Sau sein will. Oder, Digger?Digge Libbe risgiern
Wie auch immer: Geschätzte Zuleser, ihr könnt mir vielleicht helfen. Denn ich habe so meine Schwierigkeiten mit der deutschen Version von skate 2 (ab 19,98€ bei
Ärgerlicherweise führt kein Weg an Üblomaten und Sickfreshreinclippern vorbei, denn EA vermittelt der Zwang zur teutonischen Zunge - steht die Konsole auf Englisch, gibt's Französisch als Belohnung, auch auf der sonst in dieser Hinsicht oft die Ausnahmerolle einnehmenden PS3. Schlucken wir den Ärger also runter und behalten wir den Blick auf der Straße bzw. auf der verhüllten Gestalt, die im langen Intro-Video aus dem Knast in die Freiheit geführt wird. Jup, das seid ihr. Spitzenidee, den Spieler zum Ex-Knacki zu machen, EA! Aber auch von diesem glorreichen Einfall abgesehen ist das Intro leider lange nicht so witzig wie die Krankenhausfahrt des Erstlings.
Danach geht es in den Editor, in dem man sich seinen neuen Traumtypen zusammenbastelt - bzw. Traumtypin, denn in skate 2 sind auch weibliche Skater möglich. Zumindest theoretisch, denn mit Ausnahme des Gesichts und der Frisuren teilen sich Männlein und Weiblein den über weite Teile gleichen Editor-Pool, außerdem wirken die Frauen allesamt dezent maskulin. Die Möglichkeiten der Personalisierung sind wie im Vorgänger sehr beschränkt: Ein paar Gesichter, ein paar Frisuren, einige Klamotten, etwas Gefummel am Board - das war's. Da sind wir gerade von den EA-Editoren Umfangreicheres gewohnt!Skatemädchenjunge!
Steht der Skater, wartet auch schon der Glanz und die Glorie des neuen San Vanelona. Einiges ist neu in Skateland und nicht alles davon ist gut. Fangen wir mal mit den positiven Erweiterungen an: Die im Erstling schmerzlich vermissten Liptricks und Handplants sind mittlerweile möglich und auch sehr einfach auszuführen. Falls ihr keine Lust darauf habt, euch persönlich mit dem Weg zum Ziel herumzuschlagen, könnt ihr neuerdings auch zum »Skitchen« greifen - also euch an vorbeifahrenden Autos festhalten und mitzerren lassen. Wem das immer noch nicht schnell genug geht, der kann auch einfach im Pausenmenü das Ziel der Wahl anklicken und sich direkt hinbeamen lassen - die U-Bahn des ersten Teils gehört der Vergangenheit an.
Bezahlte Effektheischerei
Das Aufgabenspektrum ist gleich geblieben: Nach wie vor müsst ihr mal Rails grinden, mal Tricks auf Abruf zünden, Foto- oder Video-Challenges meistern, gegen Profis antreten oder Wettbewerbe gewinnen. Besonders
Letzteres ist nach wie vor ein Geduldsspiel, denn die Mitfahrer-KI ist behämmert: Respekt ist ein Fremdwort, jeder fährt für sich allein, ohne Rücksicht auf andere - mag realistisch sein, schmälert aber den Spaß. In anderen Fällen gibt es Möglichkeiten, sich das Leben zu erleichtern: Zückt man die virtuelle Brieftasche, springen Homies zur Tat: Der eine hält einem Sicherheitsleute vom Hals, der andere befreit Rails von Anti-Skate-Klammern, der nächste legt Pools trocken. Das dafür benötigte Geld erhält man für gemeisterte Aufgaben; zusätzlich gibt's auch Sponsoren-Interesse, Klamotten, neue Kontakte und Ausrüstung fürs Brett.Jeder ist sich selbst der nächste
Skater sind ungern allein: Habt ihr drei Freunde zur Hand, könnt ihr vor einer Konsole nacheinander eure Trick-Bestleistungen überbieten oder möglichst effektvoll stürzen. Viel interessanter sind aber die Online-Modi: Wie vom Vorgänger gewohnt gibt es auch hier sehr unterhaltsame Trick- und Punktwettbewerbe, die jetzt um coole Koop-Modi ergänzt werden. Hier hat die anwesende Mannschaft (bis zu sechs Spieler) in Burnout Paradise-Tradition gruppenspezifische Aufgaben: Bestimmte Gesamtpunktzahlen erreichen (teilweise ohne zu stürzen) oder gemeinsam Tricks ausführen - interessanterweise sind Offline- und Online-Modi insofern miteinander verzahnt, als dass sich beim Internet-Spiel Geld für das lokale Game dazuverdienen lässt. Hier wie da sind die Ladezeiten ziemlich lang, aber auch ziemlich gut getarnt: Während man nämlich auf den Spielbeginn wartet, turnt einem der eigene Skater lässige Zeitlupen-Tricks vor.
Fazit
EA Black Box hat mit skate einen modernen Klassiker geschaffen, der sich mutig von den Tony Hawk-Konventionen löste und einen sehr guten eigenen Weg ging. Für den Nachfolger hatten die Entwickler allerdings wohl nur die »Was können wir sonst noch so reinpacken?«-Idee; ein Gedankengang, der schon der Konkurrenzserie mehr geschadet als genützt hat. Resultat: Das Absteigen vom Board hat seinen Sinn, steuert sich aber furchtbar - genau wie das Verschieben von Objekten. Die Grafik hat meinem Empfinden nach einen Schritt zurück gemacht, besonders die Skater selbst sehen furchtbar aus. Und die deutsche Sprachausgabe... nun, irgendjemand wird's schon cool finden. Verbesserungen im Detail wie das Beamen zu Aufgaben oder die kooperativen Mehrspielermodi sind größtenteils sinnvoll, ändern aber nichts daran, dass sich skate 2 in jeder Hinsicht wie ein Add-On anfühlt; mal ganz davon abgesehen, dass sich EA auch hier mal wieder Standard-Features (in diesem Fall: Die Effekte des Replay-Editors) extra bezahlen lässt. Es ist unterm Strich ein gutes, anspruchsvolles, herausforderndes Spiel - im Vergleich zum großartigen Vorgänger aber eine Enttäuschung.
Update: Die deutsche Fassung von skate 2 (erkennbar am Namen: »Skate 2 (DE)«) ist online nicht kompatibel zu der internationalen Version! Wie schon bei Rainbow Six: Vegas 2 Link oder Quake 4 bedeutet das im Klartext, dass ihr online nur mit Besitzern der deutschen Fassung spielen könnt. Wollt ihr mit einem Spieler der PEGI-Fassung loslegen, kommt lediglich die Meldung, dass doch bitte die skate 2-Disc einzulegen sei, entsprechende Spiele kommen nicht zustande. Unsere Testfassung betraf das nicht, deswegen ist uns das bislang nicht aufgefallen. Die neue Erkenntnis ändert auch nichts am Testergebnis, sollte aber trotzdem als Warnung an potenzielle Online-Spieler verstanden werden.
Pro
- tolle Trick-Steuerung
- glaubwürdiges Spielgefühl
- tolle Animationen
- gute Soundkulisse
- sehr große, intelligent designteStadt
- herausfordernde Missionen
- sinnvolles Hinbeamen zu Aufgaben, keine U-Bahn mehr
- spaßige Mehrspielermodi
Kontra
- missratene Fußgänger-Steuerung
- unterdurchschnittliche Grafik
- nervend-pseudocoole deutsche Sprachausgabe
- deutsche Version online inkompatibel zu internationaler
- steile Lernkurve
- problematische Kameraführung
- gelegentliche Grafikfehler und Physik-Spinnereien