X-Blades - Test, Action-Adventure, 360, PlayStation3, PC

X-Blades
12.02.2009, Mathias Oertel

Test: X-Blades

Sex sells. Dieser Prämisse scheint Zuxxez mit dem Action-Mix X-Blades (ab 3,95€ bei kaufen) gerecht werden zu wollen. Die vom Design an einschlägige Anime-Kost angelehnte Hauptfigur Ayumi glänzt bereits auf dem Cover mit knappem Höschen und üppiger Oberweite. Bietet die Schatzsucherin nur optische Reize oder kann sie auch inhaltlich überzeugen?

"Ich bin nicht wirklich böse. Ich bin nur so gezeichnet!" Was Cartoon-Babe Jessica Rabbit anno 1988 als plausible Ausrede für ihr Verhalten nutzte, lässt sich auch noch 2009 für die kecke Schatzjägerin Ayumi behaupten. Was kann sie dafür, wenn die scheinbar überbordende Fantasie der Designer ihr einen G-String samt kaum verhüllendem Schutzgürtel als Hauptkleidungsstück an den wohlgeformten Polygonkörper legt und verhüllendere Kostüme erst später freigeschaltet werden?

Opfer ihrer Umwelt

Egal ob im Nah- oder Fernkampf: Ayumi weiß sich ihrer Haut effektiv und visuelle durchaus ansprechend zu erwehren.
Was soll sie dagegen machen, dass man(n) in der Anfangsphase eher damit beschäftigt ist, ihr auf die proportionierten Rundungen des verlängerten Rückgrats zu starren, anstatt die letztlich nicht minder schicke Umgebung in sich aufzusaugen?

Wie soll sie gegen ein längst vergessen geglaubtes Babe-Image und haufenweise Gegner kämpfen, wenn ihre deadoraliveig nachschwingende Oberweite manchmal wichtiger zu sein scheint, als ihre Pistolenklingen, mit denen sie beinahe wie Dante für dezimierte Feindesmassen sorgt?

Schafft man es endlich, seinen Blick von Ayumis Reizen zu lösen und schaut sich die Umgebungen der über 40 Abschnitte an, in denen man nichts anderes zu tun hat, als Gegner auf Gegner zu erledigen und deren Seelen zwecks Erwerb neuer Fähigkeiten einzusammeln, fällt einem Folgendes auf: Die Levels sind nicht unbedingt groß, aber die Engine liefert insgesamt ein sehr stimmiges Bild ab - und ist dazu noch auf allen Systemen gleichwertig. Angefangen von den ersten, leicht an Lara Crofts Ausflüge erinnernden und von Sonnenlicht durchfluteten Dschungel-Ruinen über Strände, an denen zu einem blutroten Sonnenuntergang das Wasser ans Ufer rauscht, während man in einem sauber choreografierten Klingenballett Krabben, Spinnen und sonstiges Getier seinen Zorn spüren lässt, bis hin zu düsteren Burgen.

Verheißungsvoll

Dazu muss ich allerdings auch sagen, dass sich die Entwickler die dankbare Aufgabe gestellt haben, eine Animefigur samt Umgebung zum Leben zu erwecken. Dementsprechend sind die Texturtapeten der Berge, Treppen, Säulen, Statuen und Marmorböden nicht absolut realistisch, sondern mit einem deutlichen Comichauch versehen.

Die Atmosphäre, die die häufig wunderbar aufeinander abgestimmten Einzelteile wie Gegnerdesign, Animationen, Licht- und Schattenspielerein, Zauber- und Spezialeffekte oder verhaltene Umgebungsdetails in ihrem Zusammenspiel erzeugen, hat mich seit den ersten Videos fasziniert. Und diese Grundfaszination hat auch nach dem ersten Durchspielen noch Bestand. Selbst angesichts der Tatsache, dass mich die Entwickler nach etwa der Hälfte des Spieles beinahe durch alle bereits besuchten Abschnitte zurückschleusen, bis ich auf dem Weg zum unweigerlichen Finale in ein paar noch nicht gesehene Levels geworfen werde.

Leider sind die visuellen Reize auch schon das Highlight von X-Blades. Denn inhaltlich verlässt man sich auf größtenteils unspektakuläre Variationen bekannter Elemente. Es kommt nicht von ungefähr, dass sich Ayumi redaktionsintern mittlerweile einen Ruf als Dantes kleine Schwester erarbeitet hat. Denn scheinbar hat sich das Team von Gaijin vor allem Capcoms Abenteuer rund um den Dämonenjäger angeschaut und zum Vorbild genommen.

Diesen uninspirierten Kniff hat Ayumi nicht verdient. Denn obwohl die Abschnitte nicht gerade mit Umfang protzen, kann man sich dennoch in ihnen wohl fühlen.

Spielerisch bieder

Erstes Indiz sind die Angriffsmöglichkeiten: Zwar hat man Ayumi mit den Pistolenklingen auf den ersten Blick ein frisch anmutendes Waffenpaket auf den Leib geschneidert, doch da man nie gleichzeitig schießen oder die Klingen schwingen kann, bleiben die grundsätzlichen Möglichkeiten auf dem gleichen Niveau wie bei Dante.

Schafft man(n) es, seinen Blick von den offensichtlichen Reizen Ayumis wegzulenken, kann man die stimmungsvolle Kulisse in sich aufsaugen...
Die Zauber und Waffenupgrades, die Ayumi im Laufe ihres Abenteuers erlernen bzw. finden kann, können diesen Eindruck zwar etwas aufwerten und sind auf den ersten Blick spektakulär, doch da man immer wieder mit der gleichen Sequenz abgespeist wird, hat man sich schnell satt gesehen.

Mit dem Unterschied, dass Ayumi vergleichsweise wenige Kombomöglichkeiten vorweisen kann und trotz aller optischer Reize meilenweit vom Stil und Flair des Capcomschen Dämonenjägers entfernt ist.

Der Einbau verschiedener Elemente innerhalb der Zauberfähigkeiten ist ebenfalls nur auf den ersten Blick überzeugend. Denn schnell stellt sich heraus, dass Feuer-, Eis- und Blitz, Licht- und Dunkelheitszauber meist nur Variationen von entweder Projektil- oder Gebietsattacken sowie Waffenverzauberungen darstellen.

Hier hätten deutlichere Unterscheidungsmöglichkeiten Wunder gewirkt. Denn so kommt es bei den Kämpfen meist nur darauf an, den Schwachpunkt der jeweiligen (insgesamt in 30 Varianten vorhandenen) Gegnerschar bzw. des Bosses herauszufinden und dann die entsprechenden Zauber auf die vier belegbaren Hotkeys zu legen.

Die Bosskämpfe gewinnen zwar dadurch an Reiz, dass einem zusätzlich zum Obermotz eine nicht enden wollende Feindesmacht das Leben schwer macht, doch dank des größtenteils gelungenen Balancings hat man schnell das bzw. die Angriffsmuster raus und sich Strategie und Zauber zurecht gelegt.

      

Als einzig ungewöhnliche Kampfmechanik (neu kann man sie nicht nennen), ist die Wutanzeige hervorzuheben. Denn anstatt auf klassisches Mana oder Ähnliches zu setzen, um Zauber und Spezialangriffe wirken zu können, gibt es hier eben Wut. Diese sammelt sich durch erfolgreicheAngriffe und noch stärker, wenn ihr getroffen werdet. Ist genug beisammen, um den jeweiligen Zauber initiieren zu können, reicht ein simpler Tastendruck, um den Magieeinsatz zu starten.

Alternativ kann man auch auf der Stelle warten und Wut sammeln (wenn z.B. ein Gegner noch in ungefährlicher Entfernung ist). Dieses gesamte System ist einfach, intuitiv und erfüllt voll und ganz seinen Zweck, ohne von den Kämpfen oder Ayumi abzulenken.

Eine weitere Ähnlichkeit zur DMC-Serie ist die Form der "Arenakämpfe", auf die sich X-Blades zurückfallen lässt. Soll heißen: Ihr kommt in ein Gebiet, woraufhin die Ausgänge magisch verriegelt werden. Dann materialisieren sich Gegnerwellen oder

Im Kampf gegen die Bosse wie diese Technospinne gilt es, die Angriffsmuster zu erforschen und die Magieanfälligkeit herauszufinden.
Bosse, teilweise auch zerstörbare Monster-Generatoren, die ihr erledigen müsst. Daraufhin öffnen sich die Ausgänge wieder und ihr könnt in den nächsten Abschnitt gehen oder den gegenwärtigen Level auf Geheimnisse untersuchen, von denen es allerdings nicht all zu viele gibt.

Arenakämpfe

Und so kämpft man sich nach und nach bis zum Finale vor, das nach etwa acht bis zehn Stunden erreicht ist - je nachdem, wie häufig man in geeignete Level zurückkehrt, um Erfahrung in Form von aufgesammelten Seelen zu horten, um schneller die nächste Fähigkeit kaufen zu können.

Apropos kaufen: Tränke zur Heilung bzw. zum Auffüllen der Rage-Leiste kosten ebenfalls Seelen, wobei der Preis leicht überproportional von Abschnitt zu Abschnitt zunimmt. Da allerdings die Seelenausbeute auch jeweils deutlich ansteigt, sollte man im Normalfall nicht in Existenznot geraten.

Not kommt nur in der Anwendung auf, denn anstatt sich evtl. den Kauf eines Trankes auf die Hotkeys legen zu können, muss man immer umständlich den Weg über das Pausenmenü wählen. Das ist insofern bedauerlich, da die dynamischen und oft auch durch die schiere Gegnermasse fordernden und letztlich unterhaltsamen Kämpfe immer wieder unnötig unterbrochen werden und man aus dem Spielfluss gerissen wird.

Auf Rätsel und ähnliche Abwechslungen von den Kämpfen wird bis auf eine Ausnahme leider verzichtet - selbst sporadisch einfache Schalterpuzzle oder Kistenschiebereien hätten hier Wunder gewirkt. Zumindest wäre das Potenzial von X-Blades deutlich besser ausgenutzt worden. Obwohl: Wenn man sich die einzige Abweichung vom ansonsten mit eiserner Hand durchpeitschten Kampfregime anschaut, ist es vielleicht ganz gut, dass es nicht mehr Versuche dieser Art gibt. Am Anfang macht der Raum, in dem ihr mit Ayumi gefangen seid und in dem immer wieder Speere aus dem Boden schießen, einen guten Eindruck und ich hatte gehofft, dass dies nur das Vorspiel zu einer Öffnung der Spielmechanik hin zum klassischen Action-Adventure darstellt. Doch leider waren die Entwickler etwas zu überzeugt von ihrer Idee und ziehen es unnötig in die Länge - mit dem Ergebnis, dass der anfangs gut aufgebaute Spannungsbogen irgendwann verpufft und gefährlich nahe an Langeweile und Frustration entlang schrammt.

Apropos Gegnermasse: Eine Anzeige gibt euch immer einen Anhaltspunkt dafür, wie viele Feinde in der gegenwärtigen Welle bzw. im Abschnitt noch auf euch lauern und wie hoch die Energie des jeweiligen Bosses noch ist. 

Klassisches Action-Adventure?

Da die Kampfmechanik sich aber im Wesentlichen keine Blöße gibt -nur die Kollisionsabfrage bei der Zerstörung von Gegenständen in der Umgebung macht gelegentlich Probleme- konnte ich mich über die gesamte Spielzeit mit dem unkomplizierten Hack&Slay-Prinzip anfreunden.

Farbenfroh, sauber, stimmungsvoll: Die Engine liefert gute Arbeit ab, macht es sich durch die überschaubare Größe der über 40 Abschnitte aber auch leicht...
Angeheizt von stimmungsvollen, aber inhaltlich weitestgehend belanglosen CG-Filmen zur Story-Unterstützung und untermalt von einer brachialen, zumeist aus Heavy Metal-Riffs bestehenden Musik, die allerdings nur selten wirklich zum Geschehen passt, schnetzelt man sich ein um die andere Stunde durch die überschaubaren Abschnitte, bis schließlich eine der multiplen Endsequenzen durchläuft und beim ersten Durchspielen ein neuer Schwierigkeitsgrad freigeschaltet wird. Die Motivation, weitere Enden zu sehen, hält sich allerdings in Grenzen, da X-Blades beim Erstdurchmarsch alles zeigt, was es zu bieten hat und mangels alternativer Wege etc. keine Überraschungen mehr warten. So holen höchstens Trophäen- oder Gamerscore-Jäger Ayumi aus dem Schrank, um vielleicht noch den einen oder anderen Punkt einzuheimsen.

Wer vor der Wahl steht, ob man nun mit Ayumi auf PC, PS3 oder 360 in den Kampf zieht, wird hier keine aufschlussreiche Antwort finden. Ich bevorzuge zwar aus Bequemlichkeitsgründen die Konsolenversionen, doch sowohl inhaltlich als auch technisch geben sich die Versionen nichts.

Die S-Frage

Wenn überhaupt Vorteile auszumachen sind, betreffen sie die Steuerung, die auf dem Pad (das auch am PC genutzt werden kann) einfach intuitiver von der Hand geht als mit der Maus-/Tastatur-Kombination. Und natürlich benötigen die Konsolenfassungen keine Installation oder gar Aktivierung über das Internet. Im Gegenzug gibt sich X-Blades auf Rechenknechten sehr genügsam: Nicht nur, dass nach Aktivierung keine Disc mehr im Laufwerk benötigt wird, schon auf schwachen Rechnern (minimal werden 2,0 GHz, 512 MB RAM und eine Grafikkarte mit Pixelshader 2.0 benötigt) erzielt man visuell passable Ergebnisse - wobei hier die Ladezeiten deutlich nach oben gehen.   

Die Videosequenzen ruckeln gelegentlich auf allen Systemen, die Grafik ist auf allen Systemen sauber und ebenbürtig und auch die Ladezeiten sind mit marginalen Unterschieden auf PC, PS3 und 360 identisch.

Fazit

X-Blades hat mehr zu bieten als eine wohlgeformte Heldin im Anime-Stil. Die teils sehr hübschen Umgebungen zum Beispiel, die zunächst für exotische Abenteuer-Stimmung mit Comic-Flair sorgen. Und für den inhaltlichen und spielmechanischen Rest hat sich das Team von Gaijin gut angeschaut, was Capcom seinerzeit für die diversen Devil May Crys aus dem Hut gezaubert hat. Doch trotz aller Bemühungen erreicht Ayumis Kampfballett in über 40 Akten (inkl. Bosskämpfe) weder Stil noch Charme des Vorbilds. Dennoch hatte ich bis zum Finale nach etwa acht bis zehn Stunden durchaus Spaß am Monsterschnetzeln und der Suche nach dem letzten der spärlichen Geheimnisse. Und das trotz des Level-Recyclings, das nach etwa 50 Prozent des Spieles einsetzt, trotz der zwar dynamischen, aber nur leidlich passenden Heavy Metal-Musik und trotz der merkwürdig schwebenden Sprungmechanik, die zusammen mit der hin und wieder ungenauen Kollisionsabfrage zwar für Verwunderung, aber nur in seltenen Fällen für Spiel beeinflussende Mankos sorgt. Unkomplizierte, aber letztlich doch zu eintönige Unterhaltung, an die man sich trotz einer mit deutlichen Reizen ausgestatteten Hauptfigur schon bald nicht mehr erinnern wird.

Pro

  • schnelle unkomplizierte Action+ hübsche Umgebungen
  • passable Bosskämpfe
  • nette Licht- und Zaubereffekte
  • multilingual
  • gute Steuerung

Kontra

  • Umgebungs-Recycling nach etwa 50 Prozent
  • letztlich seichtes Kampfsystem
  • umständliche Trank-Handhabe
  • Gegnermassen ohne jegliche KI-Merkmale- Story? Welche Story?

Wertung

360

Abgesehen von den offensichtlichen visuellen Reizen, die nicht nur von Ayumi ausgehen sowie einer soliden Kampfmechanik hat das simple Hack&Slay nicht viel zu bieten.

PlayStation3

Ayumi verlässt sich zu sehr auf ihre visuellen Reize, um als mehr als "Dantes kleine Schwester" in die Software-Geschichte einzugehen.

PC

Sparsame Hardware-Anforderungen auf der einen Seite, passable Grafik auf der anderen und banales Gameplay dazwischen...