Cuboid - Test, Logik & Kreativität, PlayStation3, iPad, iPhone

Cuboid
10.02.2009, Jörg Luibl

Test: Cuboid

Manchmal will man weder schießen noch erobern, weder rasen noch hüpfen. Manchmal will man die angespannte Hektik der Hand-Auge-Koordination hinter sich lassen und das angeregte Kribbeln der Raum-Logik-Koordination spüren. Leider gibt es zu wenig Knobel- und Puzzlespiele da draußen, die das räumliche Denken ähnlich motivierend ansprechen wie z.B. der gute alte Zauberwürfel. Umso größer ist die Freude, wenn man sich im PlayStation Network umschaut und Cuboid eine Chance gibt.

Kippen und Knobeln in edler Kulisse: Wie kommt dieser Quader am besten in die blau leuchtende Mitte? 66 Levels in zwei Kampagnen gilt es zu meistern. Mehr dazu im Video!
Irgendwo brennen Feuer in Schalen, Mosaike zieren den riesigen Boden, schlanke Backsteinsäulen werfen Schatten und durch Buntglasfenster dringt Licht - man fühlt sich fast wie in einer mittelalterlichen Kathedrale. Aber das, was noch eindringlicher als die edle, aber statische 1080p-Kulisse ins Auge fällt, schwebt direkt in der Luft: Ein Spielbrett aus vielen quadratischen Marmorsteinen, in dessen Mitte ein Loch mit blauem Glühen lockt. Genau diese Stelle gilt es zu erreichen, um einen Level zu meistern - am besten mit so wenig Zügen wie möglich.

Der doppelte Würfel

Story? Gibt's nicht, aber dafür herrscht atmosphärisch ein angenehmes Myst-Flair in einem Anfänger- und einem Experten-Modus. Wichtig ist einzig und allein, dass ein kantiger Körper mit dem Kopf voraus in seinem quadratischen Ziel versinkt. Das Besondere an diesem Kubus ist seine ungewöhnliche, turmähnliche Form: Es ist kein gleichseitiger Würfel im klassischen Sinne, sondern ein rechteckiger Quader - und das macht die Sache mit dem Drehen und Wenden deutlich kniffliger, aber auch variantenreicher als mit einem Würfel.

Ihr könnt den Quader über das Steuerkreuz in alle vier Richtungen kippen. Danach kann er sich entweder aufrichten oder z.B. auf der Seite liegend rollen. Das erste Hindernis auf dem Weg zum blauen Ziel ist die begrenzte und teilweise labyrinthartige Struktur des Spielbretts: Man kann an den Seiten herunter oder in Löcher fallen, wenn der Quader mit einer Hälfte über den Rand hinaus ragt. Man muss ihn also genau so bewegen und positionieren, dass man schmale Durchgänge oder verwinkelte Passagen optimal durchlaufen kann.

Der Weg des Quaders

Getrennte Würfelfreude: Manchmal muss man den Quader teilen, um ans Ziel zu gelangen.
Und selbst wenn man das Gebiet mit dem blau glimmenden Ziel erreicht, muss man den Quader erstmal so kippen, dass man genau mit dem Kopf versinken kann - dreh ich ihn jetzt erst nach links, um mich dann zu wenden und aufzurichten? Oder muss ich etwa komplett aus dem Gebiet raus, um mich auf einer größeren Fläche zu drehen? Schon in diesen Momenten erinnert Cuboid angenehm an die Magie des Zauberwürfels. Schade ist nur, dass man die Kamera nicht drehen kann; allerdings hat die Statik des Spielbretts keine negativen Auswirkungen auf die Übersicht.

Geduld und räumliches Denken werden aber noch kreativer gefordert: Ein weiteres Hindernis besteht z.B. in brüchigen und verräterisch knarzende Holzuntergründen, die ich nur quer liegend überwinden kann, da ich aufrecht zu schwer bin und durchbrechen würde. Hinzu  kommen Schaltern, die Zugänge oder Brücken aktivieren oder deaktivieren. Davon gibt es zwei Sorten: Jene, die ich einfach nur mit einer Seite des Quaders auslösen kann und jene, die dafür das Gewicht des voll aufgerichteten Quaders verlangen. Sprich: Auch hier muss ich mich so geschickt drehen und ausrichten, dass ich optimal auf das Ziel komme - wenn jetzt noch Abgründe in der Nähe sind, wird's knifflig.

Strategisches Kippen und Wenden

Damit nicht genug, gibt es auch Trenn- und Teleportfelder. Sprich: Es kann sein, dass ihr aus eurem Quader zwei Würfel machen müsst, um z.B. auf einen großen, aber räumlich geteilten Brett an unterschiedlichen Stellen Schalter zu bedienen, die vielleicht Zugänge freischalten. Sobald sich die Würfel wieder treffen, verschmelzen sie sofort wieder zu einem Quader -

Diverse Schalter, Brücken und Teleporter sorgen für Abwechslung.
auch das kann man geschickt ausnutzen, um schneller ans Ziel zu kommen, wenn man einen Würfel z.B. direkt davor platziert.

Nach einer bestimmten Anzahl gemeisterter Level gibt es eine Art Abschlussvariante: Hier hat man nur eine begrenzte Zahl an Zügen frei und muss auf Bonusfelder kommen, die diesen Vorrat aufstocken - erst dann hat man wieder Luft zum Drehen und Wenden. Hier gilt es also, möglichst effizient ans Ziel zu gelangen. Man kann das Spiel übrigens auch ganz entspannt angehen, komplett ohne Zeitdruck, wenn einem die Belohnungen egal sind - es gibt kein Game Over.

Statistiken & Belohnungen

Nach jedem Level wird ein neues von insg. 66 freigeschaltet. Wer ehrgeiziger ist, kann aber auch fleißig Belohnungen sammeln: In der Statistik wird gezählt, wie oft man herunter fällt und wie viele Züge man innerhalb welcher Zeit braucht. Je nachdem, wie gut man war, bekommt man entweder nur die schnöde Bestätigung, dass man einen Level geschafft hat oder bei besseren Zeiten eine Bronze-, Silber- oder Goldmedaille. Letztere gibt es dann noch in einer besonderen Ausführung, wenn man wirklich extrem schnell war. Diese Lichtgeschwindigkeiten darf man dann auch stolz auf Online-Ranglisten präsentieren; einen Multiplayer- oder Koop-Modus gibt es allerdings nicht.

         

Fazit

Vorsicht, dieses Kippen, Wenden und Drehen macht süchtig! Was zu Beginn noch einfach und belanglos erscheint, versprüht sehr schnell angenehm knifflige Reize. Vor allem das Konzept des Um-die-Ecke-Denkens hat mich immer wieder an die Faszination des guten alten Zauberwürfels erinnert. Zwar ist das Ganze mathematisch nicht ganz so komplex wie bei Rubiks Klassiker, aber auf seine eigene Art sehr fesselnd: Man muss geduldig ein, man muss räumlich denken und seine Züge dementsprechend planen. Und man kann einfach nicht aufhören, bevor man nicht das letzte Level gemeistert hat. Das hat es übrigens in sich: Ich habe nach zehn gescheiterten Versuchen eine alte Legokiste ausgeschüttet und den ganzen Kram auf einem Brett nachgebaut, um die möglichen Routen zu berechnen. Für knapp zehn Euro bekommt ihr ein überaus intelligentes und kreatives Knobel-Brettspiel in edler Kulisse. Ich hoffe, dass es da sehr schnell einen Nachfolger gibt!

Pro

  • + edle Kulissen
  • entspannte Soundkulisse+ angenehm kreativ & knifflig+ viele Schalter & Plattenfunktionen+ Anfänger- & Expertenmodus+ motivierende Zusatzmedaillen

Kontra

  • kein Online-/Multiplayer-Modus
  • keine Schauplatzwechsel

Wertung

PlayStation3

Zauberwürfel-Flair an der PlayStation 3: Angenehm kniffliges Kippen, Drehen und Wenden!