Destroy All Humans! - Der Weg des Furons - Test, Action-Adventure, 360, PlayStation3
Destroy All Humans schaffte es, mit einem augenzwinkernden Blick auf die Popkultur der 50er Jahre sowie den ungewöhnlichen Protagonisten den üblichen Alien-erobert-Erde-Geschichten eine neue unterhaltsame Facette hinzuzufügen. Und es sah mit seinem Offene-Welt-Szenario auf den alten Konsolen richtig gut aus. Teil 2 baute auf das gleiche Prinzip, ging aber mit der Zeit und packte Crypto in die 60er Jahre.
Es war einmal...
... ein dauergriesgrämiges zynisches Alien namens Crypto, das sich mit seinem holografischen Vorgesetzten Pox seinerzeit noch auf PS2 und Xbox unter der Federführung von Pandemic aufmachte, die Menschheit zu unterjochen.
Und mit dem nächsten Teil, der Crypto abermals in die Zeit der Hippies, freien Liebe und Woodstock schickt und bei dem das mittlerweile geschlossene Sandblast-Studio am Ruder stand, wendet der ursprünglich für Kultstatus prädestinierte Außerirdische sich wieder vom Mittelmaß ab. Die Frage ist nur: In welche Richtung?
Fans der Teile auf PS2 und Xbox wird es freuen, dass sich Crypto bei den Nachfolge-Konsolen auf die gleichen Zutaten verlässt wie früher: Offene Welten, in denen man linearen Missionen folgt, die als Ziel die Vernichtung der Menschheit haben. Auch das Potenzial, seine Umgebung in Schutt und Asche zu legen, ist nach wie vor gegeben. Dazu steht ein gewaltiges und aufrüstbares Waffenarsenal inklusive einem potenten UFO zur Verfügung und natürlich hat Crypto auch nichts von seinen PSi-Fähigkeiten eingebüßt. Sprich: Er kann immer noch die Gedanken von unschuldigen Passanten lesen, von ihren Körpern Besitz ergreifen oder sie mit Willenskraft anheben und wenn es sein muss, auch von sich schleudern.
Das Alien und die Vergangenheit
Das Problem: Wie schon bei Big Willy Unleashed verlässt man sich zu sehr auf Altbewährtes, was an sich kein Problem wäre, wenn man sich bei der Umsetzung Mühe gegeben hätte. Doch der Weg des Furons scheint ein sehr steiniger zu sein, was sich offensichtlich auch in der Entwicklungsphase gezeigt hat. Die Missionen sind nicht nur gewöhnlich, sondern auch austauschbar und werden durch ständige Wiederholungen vollkommen überstrapaziert. Zugegeben: Die ersten
cryptonischen Ausflüge waren auch nicht unbedingt ein Quell blühender Missions-Kreativität, doch das anarchische Prinzip funktionierte seinerzeit einfach - was nicht zuletzt auch am Humor lag, den Pandemic einfließen ließ und der letztlich auch die Wii-Variante trotz ähnlicher Probleme vor dem Untergang bewahren konnte.Davon ist hier nicht mehr viel zu spüren. In Ausnahmefällen hat man es zwar geschafft, durch Bezüge auf Pop-Kultur und Lebensstil der 70er ein leichtes Lächeln hervorzurufen. So etwa, wenn man sich in die Beziehung des Gesangspaares Sammy & Faire (Sonny & Cher) einmischt - doch dauerhaft ist der Humor nicht. Und so zielsicher und pointiert wie früher ebenfalls nicht. Crypto ist nur noch ein Abziehbild seines früheren mal sarkastischen, mal sardonischen Selbst.
Und dass man als Neueinsteiger in das Detroy All Humans-Universum im Wesentlichen auf sich allein gestellt ist und nicht einmal rudimentär etwas aus Cryptos irdischer Vergangenheit oder seinen Beweggründen (wieso muss er Furonen-DNA aus menschlichen Gehirnen sammeln?), ist sträflich.
Die Missionswiederholungen kann man sogar noch verschmerzen - was man von einigen anderen vollkommen misslungenen Designentscheidungen und -Inkonsequenzen nicht sagen kann. Nehmen wir z.B. das Waffenarsenal: Es ist reichhaltig und lässt sich in vielerlei Hinsicht aufrüsten. Man wird aber nur von der einen oder anderen Mission wirklich dazu gezwungen, die eine oder andere Waffe einzusetzen wie z.B. die Menschen fressende Venusfalle. Es reicht aber zumeist aus, sich sowohl am Boden als auch in der Luft auf die Standardwaffen zu konzentrieren und diese aufzurüsten. Auch hier waren die alten Destroy All Humans wesentlich durchdachter und konsequenter.
Kann man als Fan des Außerirdischen und seiner Mission über einige inhaltliche Schwächen hinwegsehen, da die allen Unkenrufen zum Trotz unkaputtbar scheinende Essenz der alten Teile immer wieder an der Oberfläche durchscheint und für Unterhaltung sorgt, schafft es die Kulisse komplett, den Spaß am Weg des Furons ohne Rückfahrschein in ein schwarzes Loch zu entsenden.
Das Fass, der Boden, der Schlag
Auf der Packung und im Vorspann prangt groß und angeberisch "Powered by Unreal Technology". Doch was sich sowohl in den ersten fünf Minuten als auch im letzten der fünf erforschbaren Gebiete auf dem Bildschirm abspielt, lässt Zweifel daran aufkommen. Es sei denn, man meinte damit die Engine von Unreal 1. Denn mir fällt weder spontan noch nach längerem Überlegen ein Titel für PS3 oder 360 ein, der von Unreal-Technologie angetrieben wird und so fahrlässig, unzulänglich und einfach schlecht mit den zur Verfügung stehenden Tools umgeht.
Dass THQ das Studio mittlerweile dicht gemacht hat, ist nicht verwunderlich. Denn immerhin hat Sandblast es geschafft, eine bis dahin nach wie vor viel versprechende Franchise nicht nur gnadenlos ins Aus, sondern in die hintersten, dunkelsten Winkel der Softwarehölle zu manövrieren.
Ihr wollt weitere Beispiele? Gerne! Nehmen wir z.B. die Zivilbevölkerung, die aus erhöhter UFO-Sicht vollkommen ohne jegliche Animationen wie auf einem Laufband über die Bürgersteige geschoben wird. Oder die Fahrzeuge, die sich unanimiert wie auf Schienen durch die Straßen schieben - zumindest bis irgendein Fahrer einen Rappel kriegt und sich mit seinem Fahrzeug um sich selbst dreht...
Oder die vollkommen unattraktiven und mit einem absolut unpassenden und technisch unsauberen Unschärfefilter versehenen Hintergründe, der eher so aussieht, als ob jemand eine halbe Dose Nivea-Creme auf der Kameralinse verteilt hat. Oder... Oder... Oder...
Und spätestens hier hat mich nicht mehr interessiert, dass sowohl die englische als auch die deutsche Sprachausgabe zwar sauber, aber vollkommen unmotiviert klingt - als ob die Sprecher gewusst hätten, dass das, was sie vorzutragen haben, nicht einmal mehr das Prädikat "Mittelmaß" verdient. Die Musik, in den alten Teilen eine "Faust-Aufs-Auge"-Unterstützung des zerstörerischen Bildschirm-Treibens darstellte, geht in Ordnung, reißt aber wahrlich keine akustischen Bäume aus. Vielleicht liegt es daran, dass wie alles in diesem Destroy All Humans-Teil lieblos zusammengeschustert wirkt, ohne das irgendjemand einen Gedanken an den Gesamteindruck verschwendet zu haben scheint.
Gleiches gilt für die vom Hauptspiel losgelösten Mehrspielermodi, die sich nahtlos in die übrigen Mankos der schwachen Fortsetzung einer einstmals vielversprechenden Franchise einreihen.
Fazit
Ich mag Crypto. Zumindest mochte ich ihn bis zu diesem Auftritt. Denn zu was der nach wie vor sympathische Griesgram aus der letzten Ecke des Universums hier genötigt wird, geht auf keine Kuhhaut. Nicht nur, dass ihm größtenteils banale Dialoge in den einstmals scharfzüngigen Mund gelegt werden. Dem Missionsdesign ist auch noch die spielerische Seele abhanden gekommen. Sandblast war als Studio scheinbar überfordert, um den neuesten Ableger der Serie sowohl dramaturgisch als auch inhaltlich auf einen vernünftigen Weg zu bringen. Noch mehr Schwierigkeiten hatten die Macher allerdings mit der Unreal-Technologie, die den Grundstein für eine visuell opulente Zerstörungs-Orgie legen sollte. Bei dem schrecklichen Sammelsurium nahezu aller denkbaren Grafikfehler von Pop-Ups und Fade-Ins über Tearing, Ruckler, verwaschenen Hintergründen bis hin zu unanimierten Figuren, die über Bürgersteige geschoben werden, frage ich mich ernsthaft, welche Version der Engine hier zum Einsatz kommt. Und falls es tatsächlich eine andere sein sollte als die seinerzeit bei Unreal 1 eingesetzte, würde ich Epic vorschlagen zu prüfen, ob man Schadenersatzansprüche wegen Rufschädigung stellen kann. Dass solch ein Titel unbeschadet durch die Qualitätskontrolle geraten konnte, ist doppelt verwunderlich, geht dies doch gegen den derzeit aufkommenden Trend einer Qualitätsoffensive, die bei allen Publishern festzustellen ist. Sorry, THQ. Hier hat man scheinbar skrupellos eine viel versprechende Franchise gegen die Wand gefahren. Der sympathische Misanthrop aus dem All hatte Besseres verdient.
Pro
- haufenweise aufrüstbare Waffen und Fähigkeiten
- knackige Soundeffekte
- einfache Steuerung
Kontra
- lustloses Missionsdesign
- aufgestülpter Mehrspielermodus
- größtenteils nicht mehr zündender Humor
- Pop-Ups, Fade-Ins
- Ruckler, Tearing
- schwache Texturen
- unanimierte Gesichter in Zwischensequenzen
- uninspirierte Musik-Untermalung
- Sprachsamples wiederholen sich schnell
- Unreal-Technologie? Nicht wirklich...