Moto GP 08 - Test, Rennspiel, 360, PlayStation3, Wii, PSP, PlayStation2, PC

Moto GP 08
24.04.2009, Michael Krosta

Test: Moto GP 08

Auf der 360, PS3 und dem PC ging Capcom im letzten Jahr zum ersten Mal mit Moto GP an den Start, während sich PS2-Besitzer bereits 2007 auf die Sättel schwingen durften, nachdem zuvor immer Namco für die jährliche Zweirad-Raserei gesorgt hat. Jetzt feiert die Serie auch auf Wii ihre überfällige Premiere und funktioniert die Remote zum Gaszug um. Werden hier Biker-Träume wahr?

Man nehme das technische und inhaltliche Gerüst der PS2-Version von Moto GP 08 (ab 9,28€ bei kaufen) und würze das Ganze mit den Steuerungsmöglichkeiten der Wii-Konsole. Voilà: Fertig ist die Nintendo-Premiere der wohl berühmtesten Motorrad-Rennserie. Aber da wir mittlerweile das Jahr 2009 schreiben und eine "08" im Namen nicht mehr so ganz aktuell wirken würde, wird

In Qatar erwartet euch das einzige Nachtrennen der Saison.
das Anhängsel einfach gestrichen, obwohl eigentlich auch hier die letztjährige Saison im Mittelpunkt steht. Überhaupt darf man sich zu Recht fragen, warum die Wii-Umsetzung so viel mehr Zeit in Anspruch genommen hat.

Alte und neue Generation

Etwa wegen der Steuerung? Immerhin bietet man einige Alternativen an: Wer nur mit der Remote an den Start gehen will, nimmt sie einfach quer zur Hand und lenkt die Zweiräder durch das Neigen des Controllers. Das hat man schon in anderen Rennspielen so gesehen, wobei ich mich auch hier nicht mit dieser Handhabung anfreunden kann, weil sie mir einfach zu ungenau ist. Zum Glück darf man auch auf zwei eher klassische Varianten der Nunchuk / Remote-Kombination zurückgreifen, bei denen die Bewegungssensoren höchstens beim manuellen Schalten zum Einsatz kommen. Allerdings haben beide ihre Tücken, weil man die Knöpfe nicht frei belegen kann. Es ist arg krampfig, wenn man mit dem C-Knopf am Nunchuk beschleunigen und mit dem darunter liegenden Z-Knopf die Vorderbremse betätigen muss, während die Hinterradbremse auf dem Trigger der Remote liegt. Warum kann ich gerade das Gasgeben nicht alternativ auf die wesentlich handlicheren A- und / oder B-Knöpfe der Remote legen? Gleichzeitig bringen die Knöpfe der Wii-Controller einen weiteren Nachteil mit sich, von denen die Pendants für PS3 und Xbox 360 verschont bleiben: Sie funktionieren nicht analog! Dabei ist es besonders bei einem Motorrad wichtig, behutsam mit Gas und Bremse umzugehen, was mit den bisher beschriebenen Optionen unmöglich ist. Abhilfe schafft eine vierte Steuerungsalternative, bei der man die Remote quer in eine Hand nimmt und durch Drehbewegungen den Gaszug eines Motorrads imitiert, während man mit dem Analogstick des Nunchuks lenkt. Insgesamt glaubt man hier zunächst, die Maschine sehr viel gefühlvoller kontrollieren zu können, doch mangelt es dieser Variante leider an Präzision, so dass man nie weiß, wie stark man die Remote für Vollgas und zum Verringern der Geschwindigkeit drehen muss. Zudem wird es relativ schnell krampfig, gleichzeitig auch noch den

Am intensivsten kommen die Fahrten in der Cockpitansicht rüber.
B-Knopf zum Bremsen benutzen zu müssen. So löblich der Ansatz auch sein mag, die Bewegungssensoren der Wii-Controller sinnvoll zu integrieren, geht er leider nicht ganz auf...

Beschränkte Steuerungsvarianten

Zumindest aber hat man auch auf Wii die drei verschiedenen Fahrphysik-Modelle integriert, damit sowohl Anfänger als auch Profis auf ihre Kosten kommen. Leider werden die entsprechenden Fahrhilfen automatisch aktiviert und lassen sich nicht manuell in mehreren Stufen festlegen, wie es noch bei Moto GP 07 der Fall war. Unter der Arcade-Einstellung fährt es sich praktisch wie auf Schienen, während in den beiden folgenden Stufen der Anspruch merklich steigt. Doch selbst unter Simulationsbedingungen bleiben die Maschinen kontrollierbar - ganz im Gegensatz zum bereits erwähnten Moto GP 07, das an der PS2 ohne Fahrhilfen nahezu unspielbar war. Hier brettert man dagegen sogar unter nassen Bedingungen noch relativ komfortabel über den Asphalt und erfreut sich an der überwiegend flüssigen Darstellung, bei der die Engine nur manchmal im Regen leicht in die Knie geht.  

Für Anfänger und Profis

       

Die KI steht ebenfalls in mehreren Stufen zur Verfügung, wobei die Verfolger schon auf der mittleren Einstellung ordentlich Druck machen, aber aufgrund des recht starken Gummiband-Effekts auch gerne auf die Bremse drücken, damit man wieder aufholen und

Kleine Spielereien müssen manchmal auch sein - besonders bei der Zieldurchfahrt.
den Anschluss ans restliche Fahrerfeld finden kann. Allerdings hat man oft den Eindruck, als würden die knapp 20 KI-Piloten stur ihrer Linie verfolgen und dabei keine große Rücksicht auf das Umfeld nehmen. So kommt es gerade in Kurven oft zu unfreiwilligen Berührungen, die aufgrund der fragwürdigen Kollisionsabfrage und des nicht vorhandenen Schadensmodells aber meist glimpflich enden. Eine echte Renn-Atmosphäre will aber nicht aufkommen, was auch an den statischen Kulissen mit Bitmap-Aufstellern sowie dem fehlenden Drumherum wie Kamerafahrten durch die Startaufstellung oder Siegerehrungen zu tun hat. Während ich auf Wii meine Runden drehe, denke ich gerne an die Zeiten zurück, als sich die Moto GP-Serie noch in den Händen von Namco befand und die Rennen von lauten Tröten, fetziger Musik und Leuchtraketen begleitet wurden. All diese Elemente sucht man seit dem Entwickler- und Publisherwechsel vergebens - hier müssen Capcom und Milestone in den nächsten Jahren noch deutlich zulegen. Auch technisch ist noch viel Luft nach oben: Zwar sieht der Blur-Effekt in den durchschnittlichen und nicht speicherbaren Wiederholungen ansehnlich aus, doch fallen während des Rennens die ploppenden Texturen der gegnerischen Fahrer und deren Maschinen störend ins Auge. Auch die Motorenklänge wirken oft noch zu flach und synthetisch, so dass Moto GP auf Wii zusammen mit den leblosen Kulissen nicht unbedingt ein technisches Vorzeige-Spiel für die Nintendo-Konsole darstellt.

Gummiband-Konkurrenz

Am Umfang gibt es dagegen kaum etwas zu meckern: Mit einem Karrieremodus inklusive eigenem Fahrer, dem Bestreiten einer WM auf knapp 20 Original-Kursen, Einzel- sowie Zeitrennen und den üblichen Herausforderungen wird man einige Stunden beschäftigt sein, zumal man nicht nur in der Moto GP-Klasse, sondern auch mit 125ccm- und 250ccm-Maschinen um den Sieg kämpft. Leider ist es bei Einzelrennen im Gegensatz zu den Meisterschaften aber immer noch nicht möglich, komplette Rennwochenenden inklusive Training und Qualifying zu absolvieren. Die 50 Herausforderungen leiden außerdem nicht nur an langweiligen Belohnung in Form von Bildern, sondern auch an ständigen Wiederholungen und fallen teilweise deshalb zu einfach aus, weil das Abkürzen keine Folgen nach sich zieht. So muss man manchmal z.B. mit einer begrenzten Bremsfunktion auskommen oder eine Rundenzeit unterbieten, was aber beides kein Problem darstellt, da man statt zu bremsen einfach quer durch die Pampa fährt. Das funktioniert auch im normalen Rennbetrieb, bei dem man an

Die KI fährt meist strikt auf der Ideallinie und reagiert kaum auf den Spieler.
manchen Schikanen das komplette Fahrerfeld überholen kann, indem man abkürzt. Wo sind die (zur Not auch optionalen) Flaggenregeln, die ein solches Verhalten bestrafen? Und wo ist das Tutorial, das Schritt für Schritt an das virtuelle Motorradfahren heran führt? Hier wird man in der Einführungsrunde gleich ins kalte Wasser geworfen und bekommt lediglich vereinzelte Tipps im Pause-Menü, während man unaufhörlich seine Runden dreht.

Alle Klassen, alle Lizenzen

Wer hauptsächlich gegen andere Spieler Rennen austragen will, wird über das Multiplayer-Angebot von Moto GP vermutlich geteilter Meinung sein: Löblich ist, dass ein Splitscreen-Modus angeboten wird, bei dem man sogar eine komplette Meisterschaft austragen darf. Wer aber zusätzlich auf spannende Überholmanöver über Nintendos Onlineservice gehofft hat, wird leider enttäuscht. Auch das Setup der Motorräder fällt eher oberflächlich aus und erlaubt lediglich die Reifenwahl sowie grobe Einstellungen an der Federung und Übersetzung. Zusätzlich darf über einen der Schieberegler auch die Kurvengeschwindigkeit angepasst werden.  

Startverbot für Online-Raser

Fazit

Mit Moto GP auf der Wii verhält es sich in etwa so, als würde Valentino Rossi alleine mit seiner Maschine an den Start gehen: Der Sieg ist mangels Konkurrenz sicher, aber wirklich anstrengen muss man sich dafür nicht. So ähnlich wird man es wohl auch bei Milestone gesehen haben, die wie so viele andere einfach die PS2-Vorlage als ihr technisches Gerüst nehmen und die Steuerung auf die Wii-Controller übertragen. Doch gerade der letzte Schritt funktionierte aufgrund der ungünstigen Knopfbelegungen ohne individuelle Anpassungsmöglichkeiten sowie einer mangelnden Präzision beim Einsatz der Bewegungssensoren eher schlecht als recht. Auch die Kulissen wirken eher trostlos und lassen zusammen mit der Ideallinien-KI mit einem Hang zum Gummiband echte Rennatmosphäre vermissen. Der große Trumpf bleibt demnach lediglich die offizielle Lizenz, der ordentliche Umfang sowie die Tatsache, das einzig halbwegs brauchbare Motorrad-Rennspiel auf der Nintendo-Konsole zu sein. Wenn man keine Auswahl hat, muss man sich manchmal mit dem zufrieden geben, was man bekommt. Das könnte im Fall von Moto GP wesentlich schlimmer, aber eben auch sehr viel besser sein. 

Pro

  • offizielle Lizenz
  • alle drei Klassen enthalten
  • drei Fahrphysik-Stufen
  • überwiegend flüssige Darstellung
  • verschiedene Witterungsbedingungen
  • Split-Screen-Rennen & Meisterschaft möglich
  • Karrieremodus
  • insgesamt recht umfangreich
  • viele Herausforderungen

Kontra

  • Steuerung nicht frei belegbar
  • unsinnige Knopfbelegungen
  • ungenaue Bewegungssteuerung
  • kein Onlinemodus
  • schwaches Tutorial
  • Textur-Ploppen bei Bikes & Fahrern
  • Gummiband-KI
  • vereinzelte KI-Rempelaussetzer
  • kein einzelnes Rennwochenende fahrbar
  • kein Strafsystem (Abkürzungen)
  • detailarme, sterile Pisten
  • z.T. fragwürdige Kollisionsabfrage

Wertung

Wii

Auf Wii fährt Moto GP außer Konkurrenz, doch mit Schwächen bei der Steuerung und Atmosphäre ist ein Podestplatz noch weit entfernt.