Onechanbara: Bikini Samurai Squad - Test, Action-Adventure, 360

Onechanbara: Bikini Samurai Squad
02.04.2009, Mathias Oertel

Test: Onechanbara: Bikini Samurai Squad

Es gibt Spiele, die sind einfach nur im Wertungs-Abfalleimer schön anzuschauen. Vor kurzem wanderte z.B. State Shift in den virtuellen Rundordner. Und wenn ich mir die Gesichter aller Kollegen anschaue, gehört Onechanbara - Bikini Samurai Squad gleich daneben. Aber es hat doch Babes in Bikinis. Und Katanas. Und Zombies. Und noch mehr Zombies. Und noch viel mehr Zombies. Und Babes. In Bikinis. Mit Schwertern.

Diese Frage beschäftigte mich seit dem ersten Einlegen von Onechanbara - Bikini Samurai Squad (OBBS). Die Linie zwischen diesen Bereichen hat in etwa die Größe des Gazastreifens. Und es ist ähnlich gefährlich, sich als Wertungs-Tourist in diesem Umfeld zu bewegen.

Trash oder Müll?

Zu viele Stolpersteine, versteckte Minen und sogar der eine oder andere Raktenbeschuss liegen auf dem Weg zu einer guten Wertung und auch zu einer guten Wertungsargumentation. Stolpersteine, die man mit einem grundsätzlichen bösen Charakter auch schamlos ausnutzen könnte, um dieses Spiel in negative Wertungsgefilde zu drücken.

Bikini-Babes, die mit ihren Schwertern die Welt vor einer Zombie-Invasion retten müssen? Schaut euch das Video an!
Das beginnt bereits bei der erzählerischen Grundvoraussetzung: Zwei Geschwister, die mit dem Fluch des Blutes gestraft sind, müssen die Welt vor Zombies retten. Punkt. So einfach kann es sein. Wie? Das reicht nicht? Dann gehen Sie bitte weiter... Es gibt hier nichts zu sehen.

Wem diese Geschichte nicht reicht, wird auch nicht an der einfachen Steuerung Gefallen finden, die euch durch größtenteils kleine und sehr lineare Abschnitte lotst, um einer überschaubaren Auswahl an wieder auferstandenen Untoten die Ehre zu erweisen und sie in einer pompösen knallroten Pixelfontäne und unter Abtrennung zahlreicher Körperteile ihrer letzten Ruhe zuzuführen.

Doch selbst hart gesottenen Dynasty Warriors-Fans ist OBBS nicht uneingeschränkt ans Herz zu legen. Denn wo die Koei-Kämpfer mit historischem Hintergrund, aufwändigen Zwischensequenzen oder einem halbwegs intelligenten Charakteraufstiegssystem begeistern, hat der Trash-Fan hier weitaus weniger Freuden. Hintergrund? Gibt's nicht. Dafür gibt's ja Zombies. Und Blut. Und Schwerter.

Anhänger von Hochglanz-Unterhaltung würden sagen: Unnötiger Hack&Slay-Dreck. Trash-Fans sagen: Ambitionierte und unkomplizierte Action, die entfernt an die zahlreichen Warriors-Titel aus dem Hause Koei erinnert.

Gehirn aus und gut...

Zwischensequenzen? Vorhanden. Technisch wirken diese zwar etwas grob aufgelöst und dadurch veraltet, aber dies wird mit merkwürdigen Kamerafahrten und der abstrusen Story wettgemacht, die sich beharrlich weigert, irgendetwas von der Vorgeschichte der Halbschwesterm Aya und Saki preiszugeben. Geschweige denn, was die Special-Force-Agentin (?) Annna (ja, mit drei 'n') mit ihnen zu tun hat. Über die untergeordneten Story-Abschnitte, in denen die japanische Sprachausgabe durch starre Comic-Figuren und Texte wie aus einem PSone- oder DS-Titel ergänzt wird, hüllen wir den Mantel des Schweigens.

Charakteraufstiegssystem? Ebenfalls vorhanden. Und ganz passabel umgesetzt. Vier Eigenschaftswerte können gesteigert werden, insofern man genügend Monster geplättet hat. Und es gibt sogar ein Mini-Inventar, in dem rudimentär benötigte Gegenstände gut versteckt (und vom Tutorial nicht erwähnt) ausgewählt und eingesetzt werden können.

Vor allem die Fragmente von Statuen gewinnen im Laufe des Schnetzel-Abenteuers an Bedeutung. Denn der eingangs erwähnte Fluch des Blutes, mit dem die Halbschwestern gestraft sind, sorgt dafür, dass die zwei bei dem von ihnen angerichteten Zombie-Blutbad immer wütender werden, je blutbesudelter sie werden. Und im Gegensatz zu ihren Klingen, die sie in bestimmten Abständen von dem dort angesammelten Blut reinigen müssen, damit sie weiter scharf drauflos

Technisch, erzählerisch und inhaltlich kann man Onechanbara geflissentlich ignorieren. Dennoch werden Trash-Fans an dem herrlich überzogenen Schnetzel-Abenteuer Freude haben.
schnippeln können, gibt es abgesehen von gelegentlich auftauchenden Marien-Statuen sowie den Fragmenten keine Möglichkeit, die Wut zu zügeln. Das hat jedoch auch einen Vorteil: Wird die Blutanzeige bis zum Anschlag gefüllt, sieht es nicht nur so aus, als ob ihnen das Leben spendende Rot aus allen Poren trieft, sie schalten auch automatisch in den Wut-Modus.

Blut triefende Furien

Und nur in diesem Zustand können einige der Feinde besiegt werden. Doch ein Allheilmittel ist die Wut auch nicht. So lange man weiter fleißig an der Feindeszerteilung ist und die Wut füttert, passiert nicht viel. Doch wenn man in eine Kampfpause gerät, sucht sich die Wut ein anderes Opfer - nämlich die eigene Spielfigur. Sprich: Die Lebensenergie geht rapide dem Ende entgegen und wehe dem Zombieschnetzler, der vergessen hat, hinter welcher Ecke die letzte Marienstatue steht.

Wenn man OBBS einlegt, muss man sich klar darüber sein, dass es nur zwischendurch unterhaltsam ist. Für mehr bleiben letztlich sowohl Missions- als auch Leveldesign und vor allem die Technik einiges schuldig: Und in keinem Moment wird dies deutlicher als bei den vollkommen misslungenen Motorradsequenzen, in denen man auf einer schnurgerade Straße hin und her wackelt und mit dem Schwert Klonwolfshunde oder zumindest irgendwelche dämonischen Vierbeiner zerteilt. Dröge und in diesem Fall nicht Trash, sondern tatsächlich nur Müll...

Rote Kurzweil

Beim übrigen Rest jedoch stellt sich kurzzeitig immer wieder Spaß ein. Und das liegt weniger am dezent eingesetzten Boob-Bouncing, das die vermeintlichen Vorzüge der leicht bekleideten Figuren in einem besseren Licht erscheinen lässt. Auch nicht an der Möglichkeit, die Akteure mit neuen, teilweise noch freizügigeren Kostümen zu versehen.

Die Technik im Allgemeinen trägt ebenfalls kaum dazu bei. Dass ich den Kollegen, die verächtlich "Ist ja fast auf PSone-Niveau" sagen, nur halbherzig widersprechen kann, sagt eigentlich alles aus. Deswegen schweige ich mich auch über die zickende Kamera aus und betone stattdessen, dass man auch kooperativ an einem Schirm angehen kann - online bleiben die Klingen stumpf. Wobei es jedoch insgesamt schwer werden dürfte, jemanden aufzutreiben, der ebenfalls an diesem Trash (im positiven Sinne) Gefallen findet.      

Fazit

Angesichts hoffnungslos veralteter Technik und einfachster Spielmechanik fällt es schwer, auch nur ein gutes Haar an den leicht bekleideten Untotenjägerinnen zu lassen. Und man muss wahrlich nicht lange suchen, um irgendwo irgendetwas zu finden, mit dem man  die Behauptung Lügen strafen kann, dass dies ein zeitgemäßes 360-Spiel ist. Dennoch: Die Grenze zwischen Trash und Müll mit der bemerkenswert variablen Grauzone dazwischen wird in letzter Zeit von kaum einem Titel so deutlich besetzt wie von der Bikini Samurai Squad. Die Kollegen können immer noch nicht fassen, wieso ich so viel Zeit mit den Katana schwingenden Geschwistern verbracht und dass ich tatsächlich Spaß gehabt habe. Dabei ist die Erklärung so einfach, wenngleich sehr persönlich: Ich mag Spiele wie Dynasty Warriors, in denen man weitestgehend sinnfrei Gegnerwelle auf Gegnerwelle dezimiert. Ich mag Spiele wie Illbleed, in denen der Splatter so übertrieben wird, wie es selbst Parodien auf einschlägige Filme aus den 80ern nicht schaffen könnten. Und ich mag Spiele, die mit ihrer Technik und dem, was sie inhaltlich alles falsch bzw. anders machen, dermaßen gegen den Strom schwimmen, dass aus Müll kultiger Trash werden kann - wie auch z.B. bei Earth Defence Force 2017, das ebenfalls von D3 Publisher veröffentlicht wurde.  Und kein Spiel, bei dem leicht bekleidete Damen mit ihren Schwertern oder Projektilwaffen Hunderte und Aberhunderte von Untoten zerteilen, kann ungeachtet der technischen Umsetzung wirklich schlecht sein. Man liebt es oder man hasst es. Daher ist es letztlich eigentlich vollkommen egal, was in Prozenten drunter steht. Von zehn bis ca. 70 scheint alles möglich. Ach verdammt noch mal: Da ich auf der einen Seite eigentlich keine Spiele in dieser technischen Form mehr sehen möchte, aber auf der anderen Seite merkwürdig viel morbiden Spaß mit diesem Geschwisterpaar hatte und nach wie vor habe, nehme ich jetzt einfach einen den Mittelwert, lege ein paar Prozente aus dem persönlichen Bestandsreserve drauf und spreche dennoch allen Trash-Fans eine eindeutige Kaufempfehlung aus. Und hey, alle anderen in der Redaktion hätten mit einigen zugedrückten Augen eine wohlwollende einstellige Zahl gegeben.

Pro

  • quasi ein Dynasty Warriors mit Zombies...
  • einfache Steuerung
  • passable Zwischensequenzen
  • entfacht morbid-merkwürdigen Charme

Kontra

  • - ... nur ohne historischen Hintergrund
  • madige Motorrad-Sequenzen
  • störrische Kamera
  • Dudel-Soundtrack
  • visuell altbacken
  • nur japanische Sprachausgabe
  • keine deutschen Untertitel
  • technisch aus der letzten Generation

Wertung

360

Ganz gleich mit welcher Wertung: Trash-Fans können zugreifen. Denn kein Spiel mit Babes, Schwertern und Zombies kann wirklich schlecht sein.