Blue Dragon Plus - Test, Taktik & Strategie, NDS

Blue Dragon Plus
08.04.2009, Jens Bischoff

Test: Blue Dragon Plus

Auf der 360 war Blue Dragon ein gutes, wenn auch sehr kindlich inszeniertes Japan-Rollenspiel. Auf dem DS wird das Abenteuer von Shu und seinen Freunden inhaltlich fortgesetzt. Spielerisch wechselt das Geschehen allerdings ins Lager der Echtzeitstrategie-Spiele. Kann die Neuausrichtung überzeugen?

Video: Blue Dragon Plus (ab 38,24€ bei kaufen) hatte im Vorfeld viel versprochen, am Ende aber nur wenig gehalten.die Welt in zwei Hälften rissen sowie unzählige Würfel zum Vorschein brachten. Einer dieser Würfel dient als Schauplatz für ein neues Abenteuer, dass Shu und seine Freunde in den Kampf gegen eine neue Bedrohung schickt. Man trifft auf viele bekannte Gesichter und erlebt einige Überraschungen, die zum Teil in prächtigen Render-Sequenzen präsentiert werden und dank geschickt eingeflochtener Rückblenden auch Neueinsteiger erzählerisch nicht im Regen stehen lassen.

Gefährliche Würfel

Blue Dragon Plus spielt ein Jahr nach den Geschehnissen, die im 360-Original erzählt werden und die 

Spielerisch hat der Titel mit seinem Vorgänger allerdings nicht mehr viel gemein. Die Spielwelt besteht aus einem Netzwerk aus Schlachtfeldern, durch die man mit mehreren Kampfverbänden Runde um Runde immer tiefer in die Würfelwelt vordringt. Nach einmaligen Story-Scharmützeln kann man entweder weiter ziehen, die Gegend nach versteckten Schätzen absuchen, weitere Kämpfe anzetteln oder einen Zug pausieren. Zwischendurch tauchen immer wieder feindliche Gruppen auf, die ebenfalls von Schlachtfeld zu Schlachtfeld ziehen und den Spieler ihrerseits in Kämpfe verstricken.

Kommt es zu einem Aufeinandertreffen, findet man sich auf einem isometrisch dargestellten Schlachtfeld wieder, auf dem es in Echtzeit zur Sache geht.

Das Bestreiten der Echtzeitkämpfe gestaltet sich unglaublich zäh und chaotisch.
Das Kampftempo ist jedoch sehr gemächlich, sämtliche Figuren bewegen sich wie in Zeitlupe und greifen automatisch in der Nähe befindliche Feinde an. Natürlich kann man bestimmte Gegner auch gezielt attackieren, zu mächtigen Spezialangriffen blasen und Einheiten zu Gruppen zusammenfassen. Allerdings hält jede Gruppe gerade mal eine Aktion lang zusammen. Anschließend muss sie wieder neu ausgewählt und formiert werden, was dank Touchscreen-Unterstützung zwar meist schnell erledigt, aber trotzdem ziemlich lästig ist.

Träges Chaos

Zudem ist das Auswählen und Anvisieren alles andere als präzise. Perspektivische Überlagerungen sorgen trotz rotierbarer Kamera immer wieder dafür, dass einzelne Gruppenmitglieder außen vor bleiben oder Ziele nicht richtig erkannt werden und sich eine gerade formierte Gruppe umgehend wieder auflöst. Darüber hinaus bestehen die Schlachtfelder aus unsichtbaren Quadraten, was an engen Stellen immer wieder dazu führt, dass sich verbündete Einheiten gegenseitig blockieren, tatenlos hin und her rochieren oder völlig hirnrissige Umwege einschlagen. Das Positionieren für eine möglichst effektive Anwendung von Schutz- oder Heilungszaubern ist in Gegnernähe der reinste Horror.          

Irgendwie beschleicht einen immer wieder das Gefühl, dass die Spielmechanik eigentlich auf klassische Rundentaktik ausgelegt war und man sich später plötzlich entschlossen hat, auf ein Echtzeitsystem umzusatteln ohne entsprechende Anpassungen vorzunehmen. Das taktische Grundgerüst ist nämlich durchaus interessant, die Umsetzung aber teils völlig indiskutabel. Das strategische Zusammenspiel unterschiedlicher Figurenklassen funktioniert eigentlich nur in der Theorie. In der Praxis versinkt vieles davon in chaotischem Geklicke und träger Routine. Der eher harmlose Schwierigkeitsgrad und die Möglichkeit jederzeit speichern zu können, führt irgendwann dazu, 

Im Kampfgetümmel die gewünschten Ziele zu treffen ist oft reine Glückssache.
dass man mit seinen kompletten Verband einfach nur noch von Gegner zu Gegner zieht und sich alle selbst heilen lässt.

Da passt was nicht

Spannung kommt lediglich bei einigen Bossfights auf, wo man elementare Schwachstellen gezielter nutzen und manchmal auch die Spielumgebung in die Kämpfe einbeziehen muss. Hin und wieder sorgen sogar kleine Ratseleinlagen für willkommene Abwechslung. Zudem warten Medaillen, Schatztruhen und optionale Sidequests auf erkundungsfreudige Abenteurer. In einer Mecha-Fabrik können später sogar Kampfroboter gefertigt und mit gefundenen Bauteilen individuell umgebaut werden. Überhaupt macht das Truppenmanagement alles andere als eine schlechte Figur: Man organisiert mehrere voneinander unabhängig agierende Kampfverbände, kümmert sich um die passende Ausrüstung, legt den Einsatz von Gegenständen und Fertigkeiten fest, die im Kampf eingesetzt werden können, und sorgt dafür, dass alle genügend Ressourcen sowie Kampferfahrung sammeln.

Natürlich kann man auch wieder auf die Kräfte von beschwörbaren Schatten setzen, über die jetzt jede Figur verfügt. Man kann sich sogar mit mehreren Schatten ausrüsten, um verschiedene Fertigkeiten miteinander zu kombinieren. Je nach Art des Schattens stehen einem dann entsprechende Offensiv- und Defensivkräfte zur Verfügung, um gegnerische Schwachstellen auszunutzen. Beschwört man zur selben Zeit wie der Gegner einen Schatten, kommt es sogar zu einem Kräftemessen, bei dem man durch flinkes Stylus-Rubbeln die Oberhand gewinnen muss, um selbst unversehrt zu bleiben und dem Feind immensen Schaden zuzufügen.

Kampf der Schatten

Wer sich an den trägen und unübersichtlichen Geplänkeln nicht allzu sehr stört, kann also durchaus Spaß in der leider sehr sterilen Würfelwelt von Blue Dragon Plus haben. Ambitionierte Hobbygeneräle werden sich allerdings trotz aller interessanten Ansätze schon bald gelangweilt abwenden. Die Auseinandersetzungen laufen fast immer nach demselben Schema ab, taktische Finessen gibt es kaum und die unausgereifte Handhabung steht sich immer wieder selbst im Weg. Schade drum, denn hier wäre weit mehr drin gewesen als ein dröger Schlachtenmarathon vor austauschbarer Würfelkulisse...         

Fazit

Irgendwie hat man das Gefühl, dass Blue Dragon Plus zunächst als klassische Rundentaktik geplant war und am Ende in ein überhastet angefertigtes Echtzeit-Korsett gezwängt wurde, das an allen Ecken und Enden zwickt: Die schachbrettartigen Bewegungsabläufe wollen mit der Spielmechanik einfach nicht richtig harmonieren. Das Positionieren für eine effektive Nutzung von Fertigkeiten ist ungemein umständlich, Gruppenbildungen halten immer nur eine Aktion lang an, es kommt zu Wegfindungsproblemen, die an die Frühzeit des Genres erinnern, freie Felder und kleinere Einheiten werden immer wieder verdeckt, was das Anvisieren trotz drehbarer Kamera unnötig erschwert und das Bewegungstempo ist so zäh, dass man meint in Zeitlupe zu spielen. Dabei sind die taktischen Möglichkeiten eigentlich recht interessant: Man lotst mehrere Verbände durch ein immer tiefer reichendes Dungeon-Labyrinth, jede Figur lässt sich individuell mit im Kampf einsetzbaren Items und Fertigkeiten ausrüsten, Interaktionen mit der Spielumgebung sorgen für spielerische Abwechslung und in einer Fabrik darf man später sogar eigene Kampfroboter zusammenschrauben. Das Gruppenmanagement weiß jedenfalls zu gefallen und auch die für Kenner des Vorgängers einige Überraschungen parat haltende Story wird trotz durchwachsender deutscher Übersetzung ansprechend inszeniert. Die Kampfhandlungen sind aber einfach zu unausgereift und belanglos, um dauerhaft bei Laune zu halten.

Pro

  • interessante Mecha-Produktion
  • individuell zuteilbare Fertigkeiten
  • auflockernde Umgebungsinteraktionen

Kontra

  • extrem träges Spieltempo
  • Anvisier
  • & Wegfindungsprobleme
  • keine dauerhafte Gruppenauswahl

Wertung

NDS

Interessanter, aber unausgereifter RTS-Ausflug der Blue Dragon-Helden.