Go West! - Ein Abenteuer mit Lucky Luke - Test, Action-Adventure, NDS, Wii, PC

Go West! - Ein Abenteuer mit Lucky Luke
10.12.2007, Jens Bischoff

Test: Go West! - Ein Abenteuer mit Lucky Luke

Nach einer Realverfilmung mit Til Schweiger, kommt der nächste Lucky Luke wieder in Zeichentrickform in die Kinos. Atari spendiert die passende Versoftung, in der ihr auf den Spuren des Films quer durch die USA reist und eine Reihe von Minispielen bestreiten müsst. Lieblos dahin geschluderte Lizenzverwurstung oder charmanter Comic-Western für die ganze Familie?

In Go West!, das wie das gleichnamige Kinoabenteuer auf den Lucky Luke-Comics "Kaliforniern oder Tod" basiert, gilt es mit einer Siedlerkarawane in 80 Tagen von New York aus die Westküste der Vereinigten Staaten zu erreichen.

Handgefertigt: Bevor es richtig los geht, kleidet ihr Lucky Luke zuerst mal stilecht ein.
Unter den Pionieren befinden sich auch Lucky Luke, die Daltons und andere bekannte Gesichter des Comics, in deren Rollen ihr während einer Reihe von Minispielen immer wieder schlüpfen müsst. Zwar könnt ihr euch vor den meisten Events kurze Filmausschnitte der Leinwandvorlage zu Gemüte führen, eine begleitende Story gibt es aber nicht. Auch die Aneinaderreihung der Minispiele wirkt äußerst willkürlich, einen roten Faden sucht ihr vergebens. Es werden nicht einmal die beteiligten Figuren vorgestellt, geschweige denn Dialoge geführt.

Auf nach Westen!

Die ganze Präsentation wirkt sehr minimalistisch: Nach einem abstrakten dreifarbigen Intro wählt ihr über ein schlichtes Menü die aktuell zu meisternde Aufgabe, spielt bei Bedarf den dazugehörigen Filmschnipsel ab, absolviert ein entsprechendes Minispiel und wählt dann die nächste verfügbare Aufgabe, bis ihr irgendwann nur noch den Abspann auswählen könnt, der bei geübten Spielern schon nach wenigen Stunden unspektakulär über den Bildschirm flimmert. Kein finaler Showdown, keine Glückwünsche, keine freigeschalteten Extras, nichts.

Okay, immerhin könnt ihr nach dieser lieblosen Kür die Minispiele endlich auch im Mehrspielermodus bestreiten. Allerdings dürft ihr hier nur zu zweit gemeinsam antreten. Bei drei oder vier Spielern kommt jeder einzeln nach einander dran, was ziemlich langwierig sein kann und nicht gerade für Partylaune sorgt. Zudem darf immer nur eine Disziplin ausgewählt werden, um sich miteinander zu messen. Turniere gibt es kurioserweise überhaupt nicht - weder vorgefertigte, noch eigene...

Wo ist die Party?

Dabei machen einige der Minispiele durchaus Laune. Vor allem die teils originelle Nutzung von Remote und Nunchuk wissen zu gefallen. Mit Maus und Tastatur steuert es sich zwar oft deutlich präziser und komfortabler, aber beim Unterhaltungswert hat die Wii-

Mit Joe Dalton wandert ihr während eines Bankraubs auf den Spuren eines Lightgun-Shooters.
Fassung ähnlich wie bei Rayman: Raving Rabbids klar die Nase vorn. Einziger Wermutstropfen: Der höhere Spielspaß kann oft auch in Frust umschlagen, wenn Bewegungen nicht korrekt erkannt werden, zu träge in die Tat umgesetzt werden oder ihr Ziel immer wieder verfehlen. Gerade bei Kindern und ungeübten Spielern liegen die Nerven dann schnell blank, wenn man an bestimmten Stellen einfach nicht weiter kommt, die auf dem PC kein Problem darstellen. Einen anpassbaren Schwierigkeitsgrad gibt es leider nicht.

Allerdings gibt es auch systemübergreifend unfaire Stellen, wo Hindernisse oder Wege viel zu spät als solche erkennbar sind und Gegner von Objekten verdeckt werden oder außerhalb des Sichtbereichs auf euch schießen. Auch die Zielvorgaben mancher Disziplinen sind zum Teil recht schwammig oder werden sogar gänzlich verschwiegen, so dass man nicht einmal weiß, warum man eine Herausforderung nicht bestanden hat. Schade auch, dass die Beschreibungen nur in nüchterner Textform vorliegen, so dass Kids, die noch nicht selbst lesen können, gar nicht wissen, was zu tun ist. Wii-Cowboys bekommen zusätzlich wenigstens passende Animationen eingespielt, bei denen Lucky Luke die grundlegende Benutzung von Remote und Nunchuk vorführt, beim PC verharrt Luke hingegen regungslos neben der entsprechenden Textbox.         

Prinzipiell lassen sich die insgesamt 40 Minispiele in vier Kategorien einteilen: Schießen, Zeichnen, Fahren/Fliegen/Reiten und Musizieren. Es gibt aber auch ein paar Disziplinen die positiv aus der Reihe tanzen wie das Zubereiten von Essen, was vor allem auf Wii sehr schön inszeniert wurde: 

Um die Indianer zu besänftigen, müsst ihr vorgegebene Rauchzeichen senden.
Neben dem Verrühren von Suppenzutaten wird hier auch Gemüse authentisch geschnetzelt, indem ihr entsprechende Schneidebewegungen mit dem Nunchuk ausführt, während ihr mit der Wiimote Rüben, Lauch und Gurken fixiert. Aber auch beim Musizieren waren die Entwickler der Wii-Version mitunter recht kreativ: Beim Banjo spielen fungieren die Knöpfe des Nunchuk-Aufsatzes z. B. als Griffbrett, während ihr mit Remote-Bewegungen stilecht in die Saiten haut - eine Übung, die mit Maus und Tastatur nicht annähernd so viel Spaß macht.

Wii bringt Bewegung ins Spiel

Allerdings haben es die Entwickler versäumt systemspezifische Symbole einzublenden, so dass ihr vor allem zu Beginn immer überlegen müsst welche Taste nun welcher farbigen Markierung zugeordnet ist - ein Manko, das nicht nur beim Banjo spielen auftritt. Auf dem Bildschirm sehen die Anweisungen verdammt nach Xbox 360-Bedienung aus, obwohl es das Spiel für Microsofts Konsole überhaupt nicht gibt. Trotzdem ist die Handhabung prinzipiell meist sehr einfach, wenn auch nicht immer handlich. Gerade bei Greif- und Ziel-Übungen muss man sich oft eher an Schatten als den Objekten selbst orientieren, was alles andere als intuitiv wirkt. Wii-Spieler müssen darüber hinaus auch immer wieder den Nunchuk-Aufsatz an- bzw. abstöpseln - allerdings nicht annähernd so oft wie in Mario & Sonic bei den Olympischen Spielen, da der Aufsatz teils auch ohne Verwendung eingesteckt bleiben darf, so lange die Remote nicht beidhändig gehalten werden muss.

Bei Schießereien wir Banküberfällen, Krokodilangriffen oder Unruhen im Gerichtssaal schießen Remote-Pistoleros zwar langsamer und ungenauer als Maus-bewaffnete PC-Schützen, gravierend ist der Nachteil aber nicht. Auch bei Rollstuhl-, Kutsch- und Straßenbahnfahrten sind Tastatur-Lenker leicht im Vorteil.

Frustprobe für Wii-Spieler: Averell beschwört mit einem Regentanz ein Gewitter herbei.
Das Malen vorgegebener Muster beim Kleidungswechsel, Indianer einzäunen oder Rauchzeichen senden geht mit der Maus ebenfalls besser von der Hand. Ähnliches gilt auch für das rhythmische Bewegen bzw. Tastendrücken beim Musizieren. Allerdings macht gerade letzteres per Bewegungssteuerung deutlich mehr Spaß, so lange die Noten nicht zu dicht aufeinander folgen. Gerade bei den schwierigeren Regentänzen mit Averell Dalton kommt die Bewegungserkennung aber teils nicht mehr richtig mit, was natürlich extrem frustrierend sein kann.

PC beugt Frusterlebnissen vor

Bei Puzzle-Duellen, Ballonfahrten oder dem generell drögen Seilziehen gibt es hingegen keine nennenswerten Steuerungs- oder Spielspaßunterschiede. Insgesamt hat mir die Wii-Fassung trotz höheren Frustpotentials jedoch einen Tick mehr Spaß gemacht. Bei Kindern und Videospielneulingen könnte die zudem etwas günstigere PC-Version hingegen durchaus sinnvoller sein, da man hier deutlich schneller und leichter voran kommt. Partyspieler werden hingegen generell eher enttäuscht sein, da der Mehrspielermodus einigen gravierenden Einschränkungen unterliegt und eher wie ein optionales Bonus-Feature als wie ein vollwertiger Spielteil wirkt. Schade, denn gerade hier hätte der Titel nach dem sehr kurzen und lieblosen Storymodus, nochmals richtig punkten können. Denn auch wenn es gerade auf Wii mehr als genug Minispielsammlungen gibt, wirken einige Disziplinen angenehm kreativ und unverbraucht.     

Fazit

Trotz der Originalausschnitte aus der Kinovorlage und passend abgestimmter Minispiele bleibt das eigentliche Wild West-Abenteuer Lucky Lukes spürbar auf der Strecke. Die Story müsst ihr euch quasi selbst zusammenreimen, sämtliche Figuren führen lediglich ein blasses Statistendasein und der Spielfluss besteht eigentlich nur aus einer recht willkürlichen Aneinanderreihung von 40 wiederholungsanfälligen Minispielen, die bereits nach wenigen Stunden gemeistert sind. Allerdings werden diese meist sehr charmant präsentiert und glänzen ab und zu sogar mit durchaus origineller Bedienung. Vor allem auf Wii macht es teils eine Menge Spaß, an Saloon-Schlägereien teilzunehmen, Essen zuzubereiten oder ein Ständchen zu spielen. Die Bewegungssteuerung ist aber nicht nur Segen, sondern auch Fluch: Manche Aufgaben lassen sich per Maus auf dem PC nämlich deutlich präziser und schneller bewältigen. Dadurch fällt auch der Schwierigkeitsgrad auf dem Rechenknecht erheblich niedriger aus, was gerade Kindern, für die das Spiel ja eigentlich konzipiert wurde, sehr entgegenkommen dürfte. Denn auch wenn die Spiele auf Wii das höhere Spaßpotential bieten, kann dieses gerade bei ungeübteren Spielern auch immer wieder in extremen Frust umschlagen. Unfaire Stellen und unnötige Zuordnungsprobleme gibt es aber in beiden Versionen. Im Mehrspielermodus fallen diese zwar nicht so sehr ins Gewicht, allerdings sind hier nur Disziplinen verfügbar, die zuvor im Alleingang gemeistert wurden. Zudem wird dabei nur zu zweit gleichzeitig geschossen, geritten oder musiziert - ansonsten geht‘s lediglich nacheinander zur Sache, was teils für ziemlich lange Passivzeiten sorgt und spürbar am Spielspaß zehrt. Einen Turniermodus gibt es ebenfalls nicht, so dass die Partytauglichkeit erheblich eingeschränkt ist. Schade, denn einige Minispiele hätten echte Kracher sein können...

Pro

  • spaßige Bewegungssteuerung (Wii)...
  • präzise und einfache Handhabung (PC)...
  • 40 teils charmant inszenierte Minispiele

Kontra

  • ...die aber oft in Frust umschlagen kann (Wii)
  • ...die aber oft nur halb so viel Spaß macht (PC)
  • unfaire Stellen
  • geringer Umfang
  • viele Wiederholungen
  • lapidare Story-Einbindung
  • minimalistische Präsentation
  • aufgesetzt wirkender Mehrspielermodus

Wertung

Wii

Originelle, aber teils störrische Wild West-Kompilation.

PC

Charmante, aber unspektakuläre Minispielssammlung.