Secret Service - Test, Shooter, 360, PlayStation2, PC

Secret Service
23.04.2009, Paul Kautz

Test: Secret Service

Osteuropäische Spieleentwickler haben, Ausnahmen bestätigen hier einmal mehr die Regel, ein großes Problem: Ihre Games sind technisch meist überdurchschnittlich, aber spielerisch genauso oft bestenfalls Stangenware. Was bedeutet das nun für einen Shooter, der nicht mal mit fetter Engine protzen kann?

Die Story? Ach egal. Euer Alter Ego nennt sich Agent Pierce, arbeitet beim amerikanischen Geheimdienst und ist ein Patriot, den selbst Roland Emmerich nicht strahlender hinkriegen würde. Wenn es also darum geht, sowohl den Präsidenten als auch das amerikanische Volk im Allgemeinen vor einer Nahost-Bedrohung zu 

Secret Service (ab 7,99€ bei kaufen) ist in jedem Bereich so durchschnittlich, dass Mathematiker an dem Spiel ihre helle Freude hätten.
beschützen, steht Pierce natürlich mit gezückter Waffe an vorderster Front. Oder wie es der Packungstext sprachgewaltig ausdrückt: »Der Präsident steht im Fadenkreuz. Ist der Attentäter in deinem?« - sowas erwartet man eigentlich als Untertitel zu einem Sat 1-Filmfilm.

Die üblichen Verdächtigen

Nun gut, sprachliche Erheiterung mal beiseite geschoben, den Türsteher aus Willis Muckibude, den die Entwickler mal eben aufs Cover gedrängt haben, lassen wir auch schnell hinter uns. Was bleibt ist ein Shooter, der überdeutlich aus Vonderstangenhausen kommt, was schon an der Präsentation deutlich wird: Auf den ersten Blick wirkt das Gezeigte gar nicht mal so schlecht, auf den zweiten offenbaren sich grob gehauene Figuren, die im Falle der Gegner direkt dem nächstgelegenen Klonlabor entsprungen sind - pro Level gibt es kaum mehr als drei unterschiedliche Figuren zu sehen. Die Umgebung ist teilweise kaputtbar, allerdings inkonsequent: Scheiben, Büsten und Säulen lassen sich perforieren, nur Schüsse auf Wände hinterlassen irritierenderweise keinerlei Spuren. Die Levels, die zum großen Teil innerhalb amerikanischer Wahrzeichen wie dem Oval Office oder dem Capitol spielen, sind unspektakulär aufgebaut (was eine strenge Linearität zur Folge hat) und sehr einfach schattiert, aber teilweise ansehnlich texturiert - besonders Gemälde oder Kronleuchter sind nett anzusehen. Kurz gesagt: Ambitioniert, aber kaum zeitgemäß.

Ähnliches lässt sich auch vom Missionsdesign behaupten: Den Präsidenten beschützen hier, Bomben entschärfen da, eingekesselte Senatoren verteidigen dort - was man als Sicherheitsmann an einem Mittwoch halt so macht. Gespeichert wird automatisch, und auch nur an bestimmten Punkten. Die allerdings aus fragwürdigen Gründen grundsätzlich vor ausufernd langen Mono- oder Dialogen platziert sind. Resultat: Geht man drauf, darf man bereits gehörtes wieder und wieder genießen. Die

Deutlich im Bild: Einer der beiden Terroristen, der seine Klon-Großfamilie dabei hat.
Action an sich läuft ohne Überraschungen ab: Maschinenpistole, Scharfschützengewehr, Shotgun, Raketenwerfer und Co. sind bekannt; ducken, springen, zur Seite lehnen, Agent Pierce kann einfach alles! Sogar Feinde verschwinden lassen, denn die Ballerei läuft nicht nur komplett unblutig ab, auch verziehen sich getötete Gegner nach ihrem Ableben umgehend vom Antlitz der virtuellen Muttererde. Was die ganze Zeit passiert, denn die Widersacher haben nicht nur Dutzende Zwillingsbrüder, sondern müssen sich offensichtlich ein Gehirn teilen - sehr viel mehr als »Schreiend nach vorne stürmen« und »Für einen Moment hinter Kisten verstecken« haben sie nicht drauf.

Hol' ich meine 20 Brüder!

Zwischendurch muss Pierce immer wieder mal die Waffe wegstecken und das Ingenieursdiplom auspacken, denn die Hacking-Minigames fordern kurzzeitig das Gehirn: Leitungen müssen umgestellt werden, so dass gute Chips Strom bekommen und schlechte keinen - supersimpel, lediglich das harsche Zeitlimit macht diese Knobeleinlagen herausfordernd. Aber auch sie schaffen es nicht, das Spiel über mehr als sechs Stunden zu strecken. Danach warten lediglich höhere Schwierigkeitsgrade sowie die Herausforderung für Spürnasen, alle in den Levels versteckten Handys zu finden, auf denen sich mehr oder weniger interessante Nachrichten tummeln - einen Mehrspielermodus gibt es nicht.      

Fazit

Das Beste, was ich über Secret Service sagen kann ist, dass es nichts wirklich schlecht macht: Die Präsentation ist okay, die Action solide, das Cover regt auch beim 20ten Draufgucken noch zum hysterischen Lachen an. Das große Problem dabei ist, dass das Spiel allerdings auch nichts richtig gut macht: Secret Service wirkt in so ziemlich jeder Hinsicht fünf Jahre alt, es ist in seiner Ausführung konsequent durchschnittlich und belanglos - und dabei unendlich weit von dem Spiel entfernt, das es überdeutlich sein möchte: Call of Duty 4. Was mittlerweile wohl so günstig zu haben dürfte wie diese Midprice-Schlafpille, womit eine Kaufempfehlung in genau so weite Ferne rückt wie Agent Pierce von Jack Bauer.

Pro

  • unkomplizierte Baller-Action+ brauchbare Präsentation

Kontra

  • nervendes Checkpunkt-System
  • mittelmäßige Grafik
  • zappelige Steuerung
  • grobe Figuren
  • intelligenzlose Klongegner
  • lange Ladezeiten
  • kein Mehrspielermodus

Wertung

360

So unspektakulär und belanglos wie ein Badeschwamm: Secret Service macht nichts falsch, aber auch nichts richtig.