Valkyrie Profile: Covenant of the Plume - Test, Taktik & Strategie, NDS

Valkyrie Profile: Covenant of the Plume
08.05.2009, Benjamin Schmädig

Test: Valkyrie Profile: Covenant of the Plume

Asche auf mein Haupt: Bevor Valkyrie Profile auf Sonys Handheld neu aufgelegt wurde, sagte mir der kultige Name so viel wie ein Zirkusfloh auf die Waage bringt - nichts. Inzwischen fesselt mich das Remake allerdings ebenso und immer wieder an den Bildschirm wie es der Nachfolger "Silmeria" auf PS2 tut. Traurige Protagonisten, melancholische Themen, eine fordernde Mischung aus Echtzeitkämpfen und Köpfcheneinsatz sowie einige wunderschöne Landschaftsaufnahmen: Valkyrie Profile hat einen besonderen Platz in der Rollenspielecke meines Herzens eingenommen. Umso gespannter war ich auf den DS-Ableger Covenant of the Plume. Braucht mein Herz einen dritten Stuhl?

Schon "Lenneth" und "Silmeria", die beiden Vorgänger, stellten ein sehr ungewöhnliches Thema in den Vordergrund: Die Handlung drehte sich stets um den Tod, um die Trauer der Hinterbliebenen und um das Dasein danach. Ein großes Epos erzählte tri-Ace dabei nie. Der rote Faden folgte zwar jeweils den Ereignissen,



Rache!

Kein Wunder: Bildschöne Renderszenen entführen bei Square Enix in die Welt der Walküren.die zu Ragnarök führen, dem alles entscheidenden Armageddon, auf das sich der nordische Göttervater Odin vorbereitet. Doch während die namengebenden Walküren im Spiel schließlich damit beschäftigt waren, gefallene Krieger zu mächtigen Soldaten Odins zu trainieren, standen die persönlichen Schicksale im Vordergrund. Während Teil eins dabei nach und nach einzelne Geschichten kurz anriss und sich die Fortsetzung eher um ein erzählerisches Ganzes bemühte, will Covenant of the Plume (CotP - auf Deutsch in etwa "Der Pakt der Feder") beides verbinden. Immer wieder erfahre ich deshalb in ausführlichen Dialogfenstern, was diesem oder jenem Charakter widerfahren ist. Und immer wieder spielt dabei das große Thema meines Helden Wylfred eine Rolle: Rache!

Denn CotP dreht das Blatt erstmals um und erzählt weder von Lenneths Rekrutierungsauftrag noch von Silmerias Rebellion. Stattdessen geht Wylfred einen Pakt mit Hel ein: Die Göttin der Unterwelt verspricht ihm, er dürfe irgendwann Rache am Tod seines Vaters nehmen, wenn er für sie tötet. Schuld, Trauer, Wut und Vergeltung - so sehr die Themen im Zusammenspiel mit der melancholischen Musik einen Nerv bei mir treffen, so selten kommen sie über das Niveau banaler Disney-Weisheiten hinaus. Ich v

Die Kämpfe erinnern erstmals an Klassiker wie Final Fantasy Tactics oder Disgaea.
erstehe Wylfreds Rachefeldzug auf einem intellektuellen Level; emotional erreicht mich sein Schicksal leider nicht.

Aber wie sollte das auch gelingen, wenn ich stoisch nur einen Kampf nach dem anderen abspule und nur gelegentlich ein freiwilliges Gefecht schlagen kann. Linear darf es gerne sein - wenn ich aber nicht einmal an bereits besuchte Ort zurückkehren darf, schlagen meine Casual-Alarmglocken an. Hatte tri-Ace etwa ein leicht zugängliches Spiel für zwischendurch im Sinn, das gar kein großes Rollenspiel sein will? So scheint es jedenfalls. Denn für die DS-Walküren sind optionale Kämpfe (von Side "Quests" kann kaum die Rede sein) schon das Höchste der Entscheidungsfreiheit. Da auch die Jump&Run-Sequenzen, aus denen bisher die Kellergewölbe, Burgen, Wälder oder Wüsten aufgebaut waren, gänzlich fehlen, bleiben tatsächlich nur die reinen Taktikkämpfe, mit denen CotP jetzt noch punkten könnte...

Vertrackte Positionen

Und das tut es immerhin. Denn wo ich mich in den Vorgängern von Kampf zu Kampf hangeln musste, um irgendwann den Zwischengegner eines Gebiets zu erledigen, ist jeder einzelne Kampf jetzt quasi die "Quest" des jeweiligen Gebietes. Der Aufbau erinnert daher eher an Final Fantasy Tactics als an die Tradition der Serie. Wobei der Vergleich mit den Disgaeas vielleicht näher liegt, denn ähnlich wie im Taktik-Schwergewicht spielt in CotP die Aufstellung eine ganz entscheidende Rolle. Jede Attacke wird nämlich mit sämtlichen Figuren ausgeführt, die sich während des Zuges eines Kameraden in Angriffsreichweite befinden - egal, ob die ihren eigenen Zug längst ausgeführt haben oder nicht! Und das sorgt zwar für ausgesprochen knifflige, bei Erfolg ausgesprochen befriedigende Aufstellungs-Knobeleien! Immerhin beherrschen die Gegner das Prinzip ebenso und ich sollte deshalb höllisch aufpassen, welche meiner Figuren am Ende der Runde wo steht. Die Krieger in den ersten Reihen müssen schließlich oft mehrere Attacken während einer feindlichen Runde aushalten.     

Gut, dass sie (und die Feinde) zurückschlagen können, falls sie nach dem Angriff noch am Leben sind. Doch wo die aktive Verteidigung verhindert, dass nach den meist mit mehreren Gegnern ausgeführten "Überfällen" Unmut aufkommt, wirkt das Konzept an anderer Stelle nicht ausgereift. Waren sich die Entwickler denn nicht im Klaren darüber, dass bei derart mächtigen Attacken viel Lebensenergie verloren geht? Und war es deshalb nicht vorhersehbar, dass viele Charaktere etliche Tode sterben - Tode, die in vielen Fällen nicht vermeidbar sind? Schon richtig: Ich kann einen Charakter mit den relativ preiswerten Union Plumes oder entsprechenden Zaubersprüchen oft genug wiederbeleben. Aber das ständige Hin und Her zwischen Sterben und Wiederbeleben wirkt seltsam und ging mir mitunter sogar auf die Nerven. Was in diesem Genre eigentlich normal ist, wird hier stellenweise übertrieben. Besonders zu Beginn, als ich mich trotz einiger Erfahrung mit ähnlichen Kampfsystemen erst in CotP hineindenken musste, kam wegen der vielen Tode Frust auf. Umso merkwürdiger, dass die taktischen Scharmützel später umschlugen und kaum noch eine Herausforderung darstellten - auch in diesem Punkt wirkt das Spiel unfertig.

Zwischen Leben und Tod

Ähnliches gilt für einige der Gegner, die z.B. kleine Fehlentscheidungen treffen und meine magisch unbedarfte Bogenschützin so verzaubern, dass sie keine Magie nutzen kann... Schwerer wiegt die Unfähigkeit einiger Widersacher, Hindernisse zu umgehen, um ihr Ziel zu erreichen. So hätte ich wahrscheinlich wochenlang auf einer kleinen Anhöhe stehen können, ohne dass die Feinde den seitlichen Aufstieg gefunden hätten. Immerhin 

Wenn die Krieger einen Gegner einkreisen, schlagen sie noch stärker zu.
spielen Höhenunterschiede überhaupt eine Rolle; wer am Fuß eines Hügels steht, kann nämlich weniger Felder weit laufen und natürlich nicht so weit schießen. Wer seine Krieger auf Anhöhen postiert, verschafft ihnen somit Vorteile. Schade nur, dass ich dazu auf den kleinen Schlachtfeldern kaum Möglichkeiten finde.

Apropos leicht: Wird das Spiel vielleicht deshalb später so einfach, weil tri-Ace damit rechnet, dass ich neu hinzu gekommene, eventuell also schlechter ausgerüstete Figuren mit in den Kampf nehme? Es könnte immerhin sein, dass ich Wylfred einige seiner Begleiter habe opfern lassen! Hier schließt die DS-Fortsetzung an ihre Vorgänger an, in denen ich starke Krieger ins Himmelsreich Asgard entlassen konnte, um dafür mächtige Belohnungen zu erhalten. Und auch Hel zeigt sich erkenntlich - allerdings auf ihre ganz eigene Weise...

Die  Feder der Unterwelt

Sobald Wylfred nämlich ihre Destiny Plume auf einen seiner Kameraden anwendet, wird die Göttin der Unterwelt diesen Charakter nach dem Gefecht zu sich rufen. So lange der Kampf andauert erfährt der Held allerdings einen mächtigen Leistungsschub und könnte das gesamte Scharmützel meist mit links für sich entscheiden. Selbst starke Zwischengegner haben dann kaum eine Chance! Es gefällt mir, wie tri-Ace dem Trainieren und anschließenden Opfern der Figuren auf diese Weise eine verlockende finstere Seite abgewinnt. Außerdem geben sie diesmal auch dem Overkill - also dem zusätzlichen Schaden, nachdem ein Gegner längst besiegt wurde - eine Bedeutung, denn Hel nährt sich von "Sünde". Für jeden wichtigen Kampf gibt es deshalb ein Minimum an Sünde, das ich den Feinden zufügen muss - um dafür zusätzliche Ausrüstung von der Göttin zu erhalten.

Doch wie werden Gegner überhaupt besiegt? Das Verrücken der Figuren auf dem "Schachbrett" ist zwar neu und fordernd, aber eine große Besonderheit der Serie war stets die zum Teil in Echtzeit ausgetragenen Kämpfe. Und so auch hier. Wo ähnliche Genre-Vertreter nämlich die Ergebnisse eines Angriffs mehr oder weniger umgehend berechnen, schaltet CotP nach der Entscheidung für einen Angriff erst um: Der oder die Angegriffene steht dann im Zentrum, während die Angreifer entsprechend ihrer tatsächlichen Aufstellung um ihn oder sie herum postiert sind. Das ist deshalb - anders als in "Lenneth" und mehr als in "Silmeria" - von Bedeutung, weil ein Hieb von links oder hinten den Feind nicht nur ohne Deckungsbonus erwischt, sondern weil es einen zusätzlichen Bonus für die Angreifer gibt, falls sie ihren Widersacher einkesseln konnten.   

Jetzt beginnt das bekannte Spiel: Jeder Tastendruck auf A, B, X oder Y ist einem der maximal vier Krieger zugeordnet; Aufstellung und Zuteilung darf ich vor jedem Kampf neu festlegen. Jeder Krieger hat dabei je nach Klasse und ausgerüsteter Waffe verschieden viele Angriffe, die unterschiedlich viel Zeit kosten. Ziel ist es, diese Attacken mit dem richtigen Timing so zu kombinieren, dass die mit jedem Treffer erhöhte Schlaganzeige nicht schnell wieder gen Null sinkt, sondern den Wert 100 erreicht. Jeder Kämpfer, der eine Waffe trägt, die Spezialangriffe erlaubt, kann diese nämlich dann erst ausführen - der Schaden ist dafür ungleich höher als der normaler Hiebe! Das ist deshalb wichtig, weil jeder 

Die Spezialangriffe sind nicht nur besonders mächtig, sondern auch aufwändig inszeniert.
einzelne gefallene Gegner ja nicht mehr an den gemeinsamen Zügen in der nächsten Runde teilnehmen kann. Von dem befriedigenden Gefühl, die aufwändig in Szene gesetzten Specials überhaupt zu erreichen, ganz zu schweigen.

Das richtige Timing

Für mich gehört das System nach wie vor zu den motivierendsten seiner Art! Will man allerdings mehrere Spezialangriffe aneinander reihen, muss das Timing beim Auslösen derselben nahezu perfekt sein - doch genau da hat mich dieses Valkyrie Profile ein wenig frustriert. Mir ist nämlich in der gesamten Zeit, die ich mit CotP verbracht habe, kein einziger perfekt getimter Spezialangriff gelungen! Im Vorgänger habe ich damit hingegen keine Probleme. Und selbst abgesehen davon: So sehr mich das Prinzip anspricht und so sehr ich die teilweise aus "Lenneth" übernommenen Melodien genieße, so schnell tritt der DS-Ableger auf der Stelle. Auf der einen Seite sind die Gefechte spannend und das zweigeteilte Kampfsystem interessant. Auf der anderen Seite bieten beide Teile für sich genommen aber trotz der guten Ansätze weniger Tiefe als ein Final Fantasy Tactics, Disgaea oder auch Advance Wars.

Wären die Kämpfe durch die teils kniffligen Jump&Run-Abschnitte der Vorgänger verbunden, würde das weitaus weniger ins Gewicht fallen - so fehlt dem Spiel aber einfach etwas... Spiel. Hin und wieder leidet außerdem die Übersicht in der isometrischen Ansicht und die Steuerung wirkt in einigen Belangen einen Tick zu hakelig. Vielleicht hätte tri-Ace den Stylus nutzen sollen, um damit moderne Akzente zu setzen. Zumal auch zwischen den Gefechten kaum etwas geschieht. Ich habe stets genug Geld, um mir die neueste, je nach Fortschritt plötzlich bei dem einzigen Händler verfügbare Ausrüstung zu kaufen. Ich kann auch kaum zwischen verschiedenen Waffen oder Rüstungsteilen wählen; die Charakterentwicklung ist somit strikt vorgegeben - von den umfangreichen Möglichkeiten in "Silmeria" fehlt jede Spur. Optionale Kämpfe darf ich selten führen und der Stufenaufstieg erfolgt so seltsam schnell, dass man ihn fast schon als Ersatz für Heilzauber einplanen kann.

Sprachlos

In Anbetracht der jungen DS-Klientel ist die Übersetzung des Spiels übrigens eine Unverschämtheit. Eine solche gibt es nämlich nicht! Lediglich das Handbuch wurde in Deutsch verfasst, doch wer kein Englisch versteht, dürfte spätestens bei der Wahl von Zaubersprüchen oder Tränken auf verlorenem Posten stehen. Besonders wichtig war tri-Ace dieser Ableger offenbar nicht. Es gibt ja nicht einmal die Möglichkeit, gemeinsam mit einem Kumpel ins Gefecht zu ziehen.  

Fazit

Vielleicht ist Schnellschuss ein zu arges Wort. Es kann bedeuten, dass ein Entwickler entweder wenig Zeit oder wenig Lust hatte, sein Spiel zu entwickeln. Es kann bedeuten, dass einige Teile gut durchdacht sein können - andere aber unfertig wirken oder gar fehlen. Und es kann bedeuten, dass es schwerfällt, eine emotionale Bindung an das Spiel oder seine Charaktere aufzubauen, weil die Geschichte zu dünn ist oder weil viele Figuren wie eine Randnotiz behandelt werden. Nein, Schnellschuss ist wirklich ein garstiges Wort - doch es ist genau das Wort, das mir im Fall von Covenant of the Plume in den Sinn kommt. Dabei stecken im Herzen des Spiels packende Kämpfe, deren zwei Phasen die Serientradition mit dem Klassiker Final Fantasy Tactics verbinden. Die gemeinsamen Angriffe, wirksame Höhenunterschiede, ein mitreißender Soundtrack und dass ich erstmals den Overkill spielerisch nutzen kann, ist ungemein befriedigend! Wenn mir hier eine Serie von Spezialangriffen gelingt, balle ich die Beckerfaust und ein breites Grinsen huscht über mein Gesicht. Doch es gibt zu wenig, das die packenden Gefechte zusammenhält: Es gibt kaum Handlungsfreiheit, die Jump&Run-Szenen der Vorgänger wurden glatt "vergessen", die Charakterentwicklung kommt zu kurz und auf Dauer ist selbst aus den immer gleichen Kämpfen die Luft raus. Hinzu kommen Kleinigkeiten wie die altmodische Steuerung und fehlende Mehrspieler-Möglichkeiten. Für zwischendurch ist das eine nette Abwechslung. Für das große Abenteuer fehlt dem Spiel die Liebe zum Detail.

Pro

  • ungewöhnliche Themen...
  • interessantes zweiteiliges Kampfsystem
  • melancholischer, packender Soundtrack
  • Overkill wird spielerisch genutzt
  • Höhenunterschiede bringen Vor- und Nachteil

Kontra

  • ... die zu oberflächlich verarbeitet werden
  • Kämpfe Anfangs sehr hart, später zu einfach
  • keine deutsche Sprache außer im Handbuch
  • kaum Entscheidungsfreiräume
  • mitunter fehlende Übersicht
  • hakelige, altmodische Steuerung
  • ausschließlich Kämpfe, kein Jump&Run mehr
  • Fehlentscheidungen & Wegfindungsprobleme der Gegner
  • stark vorgegebener Weg beim Kauf neuer Ausrüstung
  • keinerlei Mehrspieler-Möglichkeit

Wertung

NDS

Leider nur eine "kleine" Fortsetzung des großartigen Kampfsystem - mit interessanten Neuerungen, aber wenig Inhalt.