Rolando - Test, Logik & Kreativität, iPhone

Rolando
18.05.2009, Benjamin Schmädig

Test: Rolando

"Der PSP wisch' ich doch glatt mal eins aus!", muss sich Simon Oliver gedacht haben, als ihm die Idee zu Rolando kam. "Witzige Helden in Kugelform kann ja jeder!" Der Clou ist aber: Wo man bei LocoRoco den Bildschirm nur über die Schultertasten kippen darf, legt man hier einfach das iPhone auf die Seite - und schon kullern die Rolandos durch vertrackte Level voller Rätsel und Hürden...

Respekt verdient Simon allemal: Immerhin ist der Entwickler das einzige Mitglied seines "Micro-Studios" HandCircus - er hat Rolando also im Alleingang entwickelt! Und er beweist einen guten Riecher, denn was liegt denn näher, als das Prinzip "Kippsteuerung" auf den iKipp-Kasten zu transportieren?

Ohne Wabern und Wackeln

Doch irgendwann könnte dem Solo-Macher auch folgender Gedanke gekommen sein: "Verdammt, so einfach ist das mit den witzigen Helden gar nicht!" Und Recht hat er! Denn wo die LocoRocos frech grinsen, sich zerteilen, munter wabern und an allen Ecken und Enden über ein Feuerwerk

Kipp mich! Rolando macht ausführlichen Gebrauch vom Bewegungssensor bei Telefon und MP3-Player.tausend spritziger Ideen stolpern, rollen die Rolandos starr über den Bildschirm. Mal lächeln sie, mal fürchten sie sich - von ihren liebenswerten Kumpels sind sie aber weit entfernt. Und schlimmer noch: Auch die spielerischen Ideen beschränken sich auf einige interessante Objekte, die man zur Lösung der meist banalen Rätsel einsetzt.

Aber wieso sollte man sich überhaupt um die Rätsel kümmern? Weil sich bei Rolando alles darum dreht, dass man überhaupt zum Ziel gelangt. Lediglich offen sichtbare (man kann den gesamten Level von Beginn an einsehen), aber schwer zugängliche Diamanten sorgen für zusätzliche Kopfnüsse. Der gerade Weg zum Ziel ist hingegen ein Hindernislauf über gefährliche Zacken, an mies gelaunten Bösewichtern vorbei und über blubbernde Lava hinweg. Und so kippt man den iRoll nach links und nach rechts, woraufhin die Rolandos der Physik folgend in die entsprechende Richtung murmeln. Streicht man zwischendurch mit dem Finger gerade nach oben, hüpfen die Kugeln und in freischaltbaren Geheimlevels kann man den Bildschirm sogar auf den Kopf drehen - mit entsprechenden Auswirkungen auf die Schwerkraft.

So richtig korrekt geht es dabei allerdings nicht zu, denn die Rolandos rollen zwar halbwegs träge an, werden aber sehr bald trotz Hanglage nicht mehr schneller. Umso seltsamer, dass andere Objekte, z.B. ein fetter schlafender König, den sie hin und wieder ans Ziel rollen müssen, stärker von der Umgebung beeinflusst werden. Noch seltsamer aber, dass der König verblüffend flott einen Abhang hoch (!) kugelt, um z.B. geradewegs in einen Lavapool zu plumpsen.

Stressfrei knobeln?

HandCircus gibt sich zwar Mühe, unnötigen Stress zu entschärfen, da nur selten alle Rolandos das Ziel erreichen müssen. Doch weil man wie im Fall der Königskugel nicht alle verwundbaren Figuren selbst steuert und weil man oft nicht die nötige Übersicht hat, gehören unerwartete Tode zum Alltag. Checkpunkte sind dabei spärlich verteilt, während man oft genug selbst von einem solchen Rücksetzpunkt aus lange Wiederholungen in Kauf nehmen muss. An die Übersicht hat Simon dabei sogar gedacht - eigentlich. Uneigentlich muss man allerdings mit zwei Fingern über den Bildschirm fahren, um den gesamten Level für einen Ausblick in entfernte Ecken zu verschieben. Das klingt zwar eingängig und

Die "Mühlräder" rechts im Bild lassen sich drehen, die Fahrstühle links kann man ebenfalls bewegen.
funktioniert weitestgehend, allerdings wählt man dabei den aktuellen Rolando ab, und das Herumfahren mit zwei Fingern ist relativ unpräzise.

Überhaupt tut die Steuerung leider viel, um den einfachen Elan des Kugelns auszubremsen. So rollt man z.B. stets nur den ausgewählten Rolando, während die anderen einfach liegen bleiben. Zieht man jedoch ähnlich wie in der Echtzeit-Strategie einen Kasten um mehrere Murmeln, bewegt man die gewählte Gruppe. Nun kann es passieren, dass ein Rolando über ein Hindernis springen soll, man den Finger bei gekipptem Bildschirm aber nicht schnurgerade nach oben zieht. Man zieht dann also ein Auswahl-Rechteck und wählt die aktuelle Kugel dabei ab - die daraufhin mit ganz viel Glück in das Hindernis hineinrollt. Wer aus Versehen mit irgendeinem Finger auf den großen Bildschirm tippt, wählt seinen Rolando ebenfalls ab... Hinzu kommt, dass man den Bildschirm sowohl hochkant als auch "liegend" kippen kann - hält man ihn jedoch (wie üblich) in einer Zwischenlage, erkennt der iKasten nicht immer die korrekte Neigung. Und noch ein Beispiel: Dass man Aufzüge manuell hoch- und runterziehen kann, ist vor allem spielerisch eine nette Idee - dass man Rolandos, die auf einem solchen Aufzug liegen, nur schwer anwählen kann, weil entweder Spiel oder iTatsch das Ziel nicht präzise erkennen, ist hingegen ärgerlich!

"i tatsch daneben"

Ähnliches gilt auf für andere bewegliche Objekte, wie z.B. Katapulte, die man mitsamt Rolando nach unten zieht, um ihn  anschließend in hohem Bogen durch das Level zu schießen: Die Idee ist witzig und die Handhabung auf den ersten Blick intuitiv. Auf den zweiten Blick ist die Bewegungserkennung allerdings zu ungenau. Aber vielleicht passt es damit umso besser zum Spiel: Die Idee ist gut - die Umsetzung kocht auf Sparflamme. Selbst der Soundtrack ist zunächst angenehm funky - die kurzen Loops gehen allerdings schnell auf den Senkel!  

 

Fazit

Die Idee ist clever: Stilistisch orientiert man sich am grandiosen LocoRoco, spielerisch nutzt man den Kippsensor der Hardware mit dem "i". Dass Simon Olivers entwicklerischer Alleingang den Ideenwahn des japanischen Vorbilds dabei nicht einmal annähernd erreicht, muss man ihm sogar nachsehen. Trotzdem fehlt den Rolandos eben das Lebendige, das die LocoRocos zu liebenswerten Persönlichkeiten macht. Witzige Helden in Kugelform kann eben doch nicht jeder! Viel wichtiger ist aber: Auch dem eigentlichen Spiel fehlt es an spritzigen Ideen. Es gibt sie zwar - z.B. das Drehen des kompletten Bildschirms in Bonuslevels oder das manuelle Zeichnen und Ausradieren von Brücken - echte Aha-Effekte sind aber selten. Dem putzigen Dizzy Bee gelingt das besser! Und selbst wenn das Tatschen auf dem MP3-Player-Schrägstrich-Telefon keine präzise Auswahl zulässt: Dass Rolando ausgerechnet diesem Gerät eine unglückliche Steuerung abringt ist ein Problem. Simon Oliver wollte das inhaltliche und spielerische Ideenfeuerwerk "LocoRoco" für die boomende iGeneration umzusetzen. Übrig blieben ein paar nette Einfälle, ein hübscher Zeichenstil, einige knackige Knobeleien und eine Vielzahl verschiedener Levels. Für zwischendurch ist das nett - Rolando beweist immerhin, dass das Konzept auf der iPlattform funktionieren kann. Auf Dauer fehlt seiner "Umsetzung" allerdings die Souveränität der großen Kopfnüsse.

Pro

  • einige witzige Ideen
  • verschiedene Möglichkeiten, Objekte zu bewegen
  • einige knifflig zu entdeckende Geheimnisse...
  • milde Siegvoraussetzungen verhindern Frustmomente,...

Kontra

  • wenig glaubwürdige Physik
  • umständliche und unpräzise Steuerung- ... aber kaum fordernde Rätsel für Hauptaufgaben- ... schnelle Tode fördern sie dafür
  • monotone, kurze Loops statt flotten Soundtracks
  • zu wenig Checkpunkte in einigen Levels
  • umständliche Handhabung in Bonuslevels

Wertung

iPhone

Im Ansatz witziger LocoRoco-Klon, der sich umständlich steuern lässt und spielerisch blass bleibt.