Pole Position: Remix - Test, Rennspiel, iPhone

Pole Position: Remix
20.05.2009, Michael Krosta

Test: Pole Position: Remix

Wenn man die Geschichte des Rennspiel-Genres Revue passieren lässt, stolpert man unweigerlich über Pole Position. Der Klassiker von Namco verwandelte Anfang der Achtziger nicht nur Spielhallen auf der ganzen Welt in Boxengassen, sondern raste dank diverser Umsetzungen für Heimcomputer und Konsolen auch in die eigenen vier Wände oder feierte als Bestandteil von Retro-Sammlungen ein Comeback. Mittlerweile ist man auch auf Apples iPhone angekommen und lässt im aufpolierten Remix die Motoren aufheulen. Lohnt sich der Ausflug auf die Asphalt-Pisten?

Hach ja... Pole Position war damals schon eine feine Sache! Und auch heute noch geht von dem Klassiker ein gewisser Charme aus, wenn man mit den pixeligen Autos über die pixeligen Kurse heizt und dabei in die Anfangszeit der 3D-Rennspiele zurückversetzt wird. Auch auf den modernen Apple-Geräten wird der Retro-Touch mit den groben Pisten und nur vereinzelt auftauchenden Bitmap-Tafeln am Streckenrand beibehalten. Die farbenfrohen Hintergründe wurden dagegen massiv aufgemöbelt und strotzen jetzt nur so vor Details - allerdings handelt es sich dabei lediglich um statische Bilder. Ein Trick, mit

Das "Stups-Lenkrad" ist wohl die mit Abstand dämlichste Steuerung für ein Rennspiel!
dem Polyphony Digital z.B. auch gerne bei Gran Turismo arbeitet, um die Kulissen aufzupeppen. Doch auch die insgesamt sieben Boliden, unter denen sich auch Spezial-Lackierungen von Tekken, Pac-Man oder Dig Dug finden, wurden einer kleinen Schönheitskur unterzogen.

Retro-Charme

Am Spielprinzip hat sich seit damals nichts verändert: Nach einem hoffentlich erfolgreichen Qualifying geht es direkt in die Startaufstellung, wo man sich anschließend Duelle mit anderen Fahrern liefert und dabei auch Öl- und Wasserpfützen auf der Strecke ausweicht. Dabei sollte man so viele Gegner wie möglich überholen, ohne sie anzurempeln oder in eine Streckenbegrenzung zu knallen. Da die Kerle sich aber gerne breit machen, meist im Pulk unterwegs sind und natürlich genau dann rüberziehen, wenn man sie überholen will, bedarf es einer halbwegs präzisen Steuerung, um den Flitzer sauber durch die Lücken zu navigieren. Dafür stehen gleich drei Möglichkeiten zur Verfügung: Entweder lenkt man schwammig mit der Hilfe des Tilt-Sensors oder man lässt sich ein Lenkrad auf dem Touchscreen anzeigen, das jedoch nicht feinfühlig gedreht werden kann, sondern in jeder Kurve mehr oder weniger heftig "angeschnippt" werden muss. Das Ergebnis ist in beiden Fällen gleich: Von einer präzisen Lenkung fehlt jede Spur, so dass man bei Überholvorgängen immer wieder Unfälle baut oder von der Strecke abkommt. Gerade der Einfall, das Lenkrad immer wieder mit dem Finger anstupsen zu müssen, ist für mich eine der unsinnigsten Ideen, die ich jemals erlebt habe. Genau wie beim Lenken mit den Bewegungssensoren stellt sich auch mit diesem Witz von virtuellem Lenkrad überhaupt kein Fahrgefühl ein. Dann doch lieber wieder zurück zum guten, alten Competition Pro oder QuickJoy. Einzig mit der dritten Variante behält man den Boliden halbwegs unter Kontrolle, denn hier

Unfälle sind keine Seltenheit - und sie passieren meist aufgrund der schwammigen Steuerung oder der Rempel-KI.
gleitet man zum Lenken mit dem Daumen in einer eingegrenzten Zone über den Touchscreen. Klar, dass dieser dabei wieder einen Teil des Spielbildschirms verdeckt und auch gerne mal verrutscht.

Qual der Wahl

Was gehört neben dem Lenken zur Grund-Mechanik eines Rennspiels? Richtig: Es gibt ein Gas- und ein Bremspedal. Wenn man beschleunigen will, betätigt man das Gaspedal. Wenn man bremsen will, drückt man auf die Bremse - klar. Warum dieser kleine Crashkurs für Dumme? Weil am iPhone alles anders ist - zumindest beim Pole Position Remix. Hier wird tatsächlich automatisch Gas gegeben und man braucht nur zum Bremsen auf das Display zu tatschen oder verringert alternativ via Neigung die Geschwindigkeit. Was soll denn dieser Unsinn? Schafft man es hier nicht mal, Gas und Bremse gleichzeitig bedienen zu können? Offensichtlich nicht. Zumindest hat man noch die Wahl, zugunsten der Bremse das Gaspedal auf den Touchscreen zu zaubern. Gebremst wird dann, in dem man seine Finger vom Display nimmt. Auch die manuelle Schaltung funktioniert - wie könnte es anders sein - mit einem aufgemalten Schalthebel auf dem Bildschirm. Da es nur die Varianten "high" und "low" beim Getriebe gibt, ist die manuelle Schaltung aber recht unkompliziert zu handhaben. Zur Not bleibt man einfach beim Automatik-Getriebe und heizt am besten noch mit dem Automatik-Gas fast automatisch über die insgesamt fünf Strecken, die später auch rückwärts und spiegelverkehrt befahren werden dürfen. Dabei gibt es weder verschiedene Schwierigkeitsgrade noch einen Mehrspielemodus, doch zumindest darf man die Pisten üben, bei Einzelrennen oder Grand Prix an den Start gehen und noch einen Sudden Death-Modus freischalten

Automatik-Gas

 

Fazit

Eigentlich ist Pole Position trotz seines Alters immer noch ein tolles Spiel! Und die Entwickler haben es auch geschafft, den Klassiker am iPhone grafisch und soundtechnisch so aufzumöbeln, dass es deutlich moderner wirkt, aber trotzdem noch der Retro-Charme erhalten bleibt. Aber diese Krux mit der Steuerung... Ich habe schon Probleme damit, ein Rennspiel ernst zu nehmen, bei dem automatisch Gas gegeben wird. Sorry, aber wie lächerlich ist das denn bitte? Wenn ich dann aber noch zum schwammigen Lenken das gesamte Gerät kippen oder ein aufgemaltes Lenkrad auf dem Touchscreen ständig anstupsen muss, springt bei mir kein Funke von den Zündkerzen über. Selbst bei der dritten und besten Variante kommt der Spielspaßmotor bei mir nicht richtig auf Touren: Wenn ich versuche, den Flitzer behutsam mit meinem Daumen auf der Strecke zu halten und irgendwann doch wieder abrutsche oder von der KI angerempelt werde, zerschellt meine Motivation genau so wie mein Bolide, wenn er deshalb mal wieder mit einem anderen Fahrzeug oder einer Bande zusammen knallt. Zudem hätte bei der Modernisierung auch ruhig ein Mehrspielermodus oder zumindest eine Online-Rangliste drin sein können. Ich packe lieber wieder das Original am C-64 mit einem richtigen Joystick ins Laufwerk oder drehe am Amiga mit Lotus Esprit Turbo Challenge meine Runden...

Pro

  • Retro-Charme
  • leicht aufpolierte Optik
  • flotte Darstellung
  • wenigstens eine halbwegs gute Steuerungsoption

Kontra

  • überwiegend katastrophale Steuerung (Tilt, Lenkrad)
  • automatisches Gasgeben ODER Bremsen
  • unfaire KI-Aktionen
  • kein Mehrspielermodus
  • kein überzeugendes Fahrgefühl

Wertung

iPhone

Der Remix fängt den Retro-Charme des Klassikers gut ein, aber früher hat es sich einfach sehr viel besser gespielt!