FUEL - Test, Rennspiel, 360, PC, PlayStation3

FUEL
19.06.2009, Michael Krosta

Test: FUEL

Nach DIRT und GRID setzt Codemasters mit FUEL (ab 13,10€ bei kaufen) die Tradition der vier großen Buchstaben im Namen seiner Rennspiele fort, aber bleibt man dabei auch der hohen Qualität treu? Weckt die gigantische Spielwelt mit einer Größe von unglaublichen 14.000 Quadratkilometern den Entdecker-Trieb oder verkommt die Erkundung zu einer langweiligen Pflichtaufgabe, die man nur ungern auf sich nimmt? Wir haben uns hinters Steuer geklemmt und die Offroad-Vehikel im unebenen Gelände einem Härtetest unterzogen...

Der Klimawandel hat zugeschlagen und weite Teile der USA verwüstet. Pech für die Einwohner, Glück für die verrückten Rennfahrer, die auf Quads, Motorrädern, Trucks und anderen Vehikeln durch das schroffe Gelände jagen, um sich Ruhm, Ehre und Benzin zu verdienen. Letzteres dient in der Welt von FUEL vor allem als Zahlungsmittel, mit dem man neue Fahrzeuge



Eine Reise durch die USA

Video: FUEL setzt neue Maßstäbe und bietet die bislang größe Spielwelt in einem Rennspiel. Aber Größe alleine reicht nicht...anschafft. Insgesamt stehen über 70 Modelle bereit, die alles abdecken, was man für den Offroad-Einsatz braucht. Lizenzen gibt es zwar keine, doch dafür dürfen sowohl Fahrer als auch die Boliden mit diversen Klamotten, Ausrüstungsgegenständen bzw. Designs optisch angepasst werden, die man entweder als Belohnung für gewonnene Rennen bekommt oder in den riesigen Arealen bei der Offroad-Erkundung findet. Das Erstellen eigener Muster ist dagegen nicht möglich. Auch ein nachträgliches Aufrüsten der Flitzer ist nicht drin, so dass jeder von ihnen feste Werte in den Bereichen Geschwindigkeit, Beschleunigung, Bodenhaftung, Bremsen, Zuverlässigkeit, Asphalt- sowie Offroad-Eignung hat. Im schroffen Gelände sind Schäden schon allein aufgrund der teilweise schwammigen Steuerung vorprogrammiert und tatsächlich gibt es auch in FUEL so etwas wie ein Schadensmodell& Wer sich jetzt allerdings große Crash-Szenen wie in GRID erhofft, der wird bitter enttäuscht: Hier wird der Schaden lediglich durch eine separate Anzeige dargestellt - am Fahrzeug selbst sieht man praktisch nichts und auch Auswirkungen auf die ohnehin nur rudimentäre Fahrphysik sind nicht zu spüren, wenn man begleitet von dünnen Motorensounds und schwachen Gitarrenklängen durch die Pampa heizt. Wird das Schadenslimit überschritten, gibt es keine große Explosion oder umher fliegende Einzelteile. Stattdessen wird lediglich das Gefährt mit einem rauchenden Motor ausgeblendet und umgehend durch ein nagelneues Exemplar ersetzt.

Im Karrieremodus lassen sich die Rennen aus dem Hauptmenü heraus sofort einzeln anwählen und bestehen meist aus abgesperrten Rundkursen oder einer Fahrt von A nach B. Zusätzlich warten in separaten Herausforderungen auch Raids, Ausscheidungs-Events, Zeitfahren sowie Ausdauer-Rennen auf den Spieler, wobei man einen Großteil dieser Veranstaltungen erst bei den Erkundungen in der freien Welt aufspüren muss. Oder man macht es sich einfach: Durch Siege in der Karriere bekommt man relativ schnell die Position von drei speziellen Fahrzeugen übermittelt, die sich in jeder der insgesamt 19 Zonen befinden und kurz angerempelt werden müssen. Warum? Weil man dadurch sofort den Standort aller Aussichtspunkte, Designs und Herausforderungen auf der Karte angezeigt bekommt. Dank der zahlreichen Heliports braucht man auch nicht ewig lange durch die Welt zu fahren, sondern beamt sich einfach zu dem, der dem Ziel am nächsten liegt. Nicht vergessen darf man in diesem Zusammenhang auch Events wie die Hubschrauberverfolgung oder den

Im Fuhrpark finden sich alle erdenklichen Offroad-Vehikel.
Modus "Suchen und Zerstören", weil beide das zeigen, wofür FUEL in erster Linie steht: Langeweile! Wo liegt denn der Reiz, minutenlang einem Hubschrauber hinterher zu rasen oder einen Konkurrenten kurz anzurempeln?

Offroad-Karriere

Das Gleiche gilt für die Erkundung der offenen Welt: Klar, am Anfang sieht alles beeindruckend aus und gerade der dynamische Tag-/Nachtwechsel, der leider viel zu schnell abläuft, sorgt vor allem beim Sonnenaufgang für eine traumhafte Atmosphäre. Davon abgesehen wird einem aber kurz danach schnell klar, dass diese riesige Welt ansonsten nichts zu bieten hat, außer ein paar LKWs, die wie Roboter über die Straßen tuckern und nicht mal auf mich reagieren. Sehenswert sind lediglich noch die wechselnden Wettereffekte - allen voran mächtige Naturkatastrophen wie Tornados. Diese sehen zwar beeindruckend aus, sind aber nicht mehr als vorgefertigte Skripte, die schnell künstlich wirken. In den Karriererennen ist ohnehin alles vorgegeben und man startet in den Veranstaltungen immer zu festgelegten Tageszeiten und Wetterbedingungen. Doch gerade hier macht FUEL am meisten Spaß, da die Langeweile der offenen Welt zumindest im Ansatz spannenden Rennen weicht. Dabei stellt sich unweigerlich die Frage, ob die Asobo Studios vielleicht das falsche Konzept verfolgt haben, denn hätte man sich mehr an Titeln wie Motorstorm orientiert und auf die überflüssige offene Welt verzichtet, würde die Enttäuschung sicher nicht so groß ausfallen.  

Pure Langeweile!

Doch selbst während der Karriere wird der Spielspaß getrübt - vor allem, wenn man auf dem höchsten der drei Schwierigkeitsgrade antritt. Denn was die KI hier vor meinen Augen für eine unfaire Show abzieht, ist eine bodenlose Frechheit. Ja, es gibt ein Phänomen, das sich Gummiband-Effekt nennt und die Rennen möglichst spannend machen soll. Hier ist es aber so, dass die Gegner vor allem in der letzten Runde oder auf den letzten Metern nicht nur wie aus heiterem Himmel angerast kommen, sondern kurz vor dem Ziel sogar noch an mir vorbei fahren - und das, obwohl ich zuvor einen guten Vorsprung hatte und keine Fahrfehler gemacht habe. Man muss sich das ganze Elend sogar noch in der Anzeige angucken, in der die Verfolger innerhalb einer Sekunde an die 80 Meter gutmachen. Es ist eine Sache zu mogeln, sich dann aber noch dabei erwischen zu lassen ist entweder dumm, dreist oder gleich beides. Da man bei FUEL aber nur mit dem ersten Platz als Sieger da steht, muss man es also erneut versuchen und dabei meistens wieder zusehen, wie einen die KI nach Strich und Faden verarscht. Leider kann man die wundersame Aufholjagd aber nicht direkt verfolgen, denn die Entwickler waren so clever und lassen einen schnellen Blick zurück erst gar nicht zu. Stattdessen muss man mit dem Analogstick einen kompletten Kameraschwenk durchführen, was während eines laufenden Rennens wohl die schlechteste Idee ist, auf die man kommen kann. Davon abgesehen kann es dabei auch passieren, dass der komplette Bildschirm plötzlich schwarz wird, doch ist mir das bisher nur bei der Erkundung passiert. Liebe Entwickler: Klar, bei einem Arcade-Racer wie FUEL sollen die Rennen spannend sein, aber dabei muss man auch fair bleiben. Doch genau das passiert hier nicht!

Dass die KI vorne fährt, hat nicht immer etwas mit Können zu tun. Im höchsten Schwierigkeitsgrad wird fies gemogelt.
Daneben zeugt die KI auch nicht unbedingt von Intellizenz, wenn sie auf gerader Strecke mit Vollgas gegen Hindernisse wie Autowracks brettert. Gerade verglichen mit den Konkurrenten aus GRID oder DIRT, die zwar manchmal etwas zu rabiat ans Werk gehen, ist FUEL ein gewaltiger Rückschritt.

Miese KI-Tricks

Viele Autofahrer kennen das Problem: Manchmal baut das Navigationssystem einfach Mist. Das kann dann sogar so weit führen, dass man in enge Gassen geführt wird, die sich plötzlich als Einbahnstraßen entpuppen, aus denen es einfach kein Entkommen gibt. Alles schon gesehen. Okay, solche Aussetzer sind die Ausnahmen, aber wie im wahren Leben passieren sie leider auch hier. So ist es möglich, dass die Navigation den Spieler auf einen riesigen Umweg führt - gerade auf selbst gemachten Strecken, bei denen in einem Editor einfach Checkpunkte gesetzt werden, ergeben sich teilweise Zeitunterschiede von über zwei Minuten! Darüber hinaus kann man aber auch mitten in einem Fluss oder See landen, wenn man blind den Pfeilen vertraut. Zwar lässt sich das Navigationssystem auch abschalten, doch verschwinden damit auch die farbigen Säulen, die den nächsten Checkpunkt markieren. Da ist die Orientierung über die kleine Karte in der

Die Navigationspfeile zeigen leider nicht immer den richtigen Weg.
unteren linken Ecke eine schlechte Alternative, was einem spätestens dann bewusst wird, wenn die Benutzung der Navi-Pfeile in manchen Rennen verboten wird.

Navigationsprobleme

Bei einem Arcade-Racer wird die Fahrphysik oft zur Nebensache. Und es wäre mit Sicherheit zu viel verlangt, bei einer solch gigantischen Welt auch noch ein realistisches Fahrverhalten im Stil einer Simulation zu erwarten. Trotzdem sollte auch im Arcade-Bereich die Physik wenigstens halbwegs nachvollziehbar sein. Bei FUEL ist sie es nicht: Wenn ich mit einem Motorrad nach einem großen Sprung auf dem Boden lande wie ein Felsen, dann ist es mit der Fahrphysik schon nicht weit her. Hallo? Motorräder und Rallye-Fahrzeuge haben nicht umsonst Federn! Außerdem reicht es oft aus, den Finger einfach auf dem Gas zu lassen und ein bisschen zu lenken - und das während eines ganzen Rennens. Anspruch entsteht meist dadurch, dass manche Fahrzeuge extrem schwammig auf die Steuerungsbefehle reagieren. Vielleicht könnte es ja mit einem Lenkrad besser funktionieren&wenn diese Peripherie unterstützt werden würde! Richtig gelesen: FUEL ist tatsächlich ein Rennspiel, das keine Lenkräder unterstützt! Klar, das 360-Wheel kann einfach eingestöpselt werden und wird als normaler Controller erkannt. Allerdings fahren sich die Boliden dann erst richtig bescheiden und Force Feedback-Effekte sucht man ebenfalls vergebens, obwohl sie gerade in diesem schroffen Terrain angebracht wären. Wer gerne manuell schaltet, schaut ebenfalls in die Röhre, da nicht mal alternativ diese Option angeboten wird. Huch, was war denn das? Während ich mit meinem Quad über einen Hügel springe, vollführt der Fahrer plötzlich einen Trick! Aber ich hab doch gar nichts gemacht? Richtig, denn hier läuft alles automatisiert ab und damit sind wir jetzt schon wieder da, wo wir eben erst waren: Langeweile! Hinzu kommt, dass selbst in der Innenansicht kein echtes Geschwindigkeitsgefühl aufkommen will und auch die durchschnittlichen Soundeffekte samt pseudo-rockiger Hintergrundmusik schon nach kurzer Zeit die Gehörgänge strapazieren.   

Schwache Fahrphysik

Dem gegenüber stehen die z.T. prachtvollen Kulissen, die angesichts der riesigen Spielwelt fantastisch aussehen und eine enorme Weitsicht bieten. Diese wird allerdings mit extremen Pop-Ups erkauft, indem nur wenige Meter vor dem Fahrzeug Objekte

Die Naturschauspiele sehen teilweise fantastisch aus, aber sind durchweg geskriptet.
und ganze Wiesen ins Bild ploppen, während der Hintergrund Details vermissen lässt. Dafür sind die Gebiete sehr abwechslungsreich ausgefallen und bieten neben Wüste, Felsen und Wald sogar Abstecher auf schneebedeckte Berggipfel, in die Tiefen des Grand Canyon oder mitten in ein flammendes Inferno. Leider ist die Hardware aber teilweise mit der Masse an Details überfordert und es kommt immer wieder zu kleinen Rucklern, die auf der PS3 deutlicher auftreten als auf der 360. Richtig übel wird es allerdings erst bei den Onlinerennen: Nachdem man anfänglich sogar enorme Verbindungsprobleme hatte, läuft es anscheinend immer noch nicht richtig rund und es kommt teilweise zu derben Framerate-Einbrüchen. Zudem verschwanden während der Test-Sessions immer wieder Spieler mitten im Rennen. Da ich auch selbst ab und zu mitten in einer Session rausgeflogen bin, liegt die Vermutung nahe, dass der Netzwerk-Code immer noch nicht stabil ist. Da wären Rennen im Splitscreen eine willkommene Alternative, doch die gibt es genau so wenig wie die Möglichkeit, im LAN loszulegen.    

Tolle Kulissen

Fazit

Man hatte mit FUEL Großes vor bei den Asobo Studios, und zumindest eine solch gigantische Spielwelt wird es in nächster Zeit wohl nicht mehr geben. Vermutlich besser so, denn der große Trumpf des Titels ist auch gleichzeitig der größte Kritikpunkt: Das Umherfahren in der offenen, technisch beeindruckenden, aber leblosen Welt ist langweilig ohne Ende! Was interessiert mich das Auffinden von Designs oder Aussichtspunkten, wenn ich dafür zehn oder mehr Minuten einfach mit Vollgas durch die Gegend rasen muss und dabei der Tag-/Nacht- oder Wetterwechsel das Aufregendste ist, was mir passiert? Zum Glück lassen sich die Karriererennen auch direkt anwählen und machen die offene Welt damit überflüssig. Hier kann FUEL zumindest so lange durch spaßige Positionskämpfe überzeugen, bis man auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad von der KI im wahrsten Sinne des Wortes betrogen oder durch das Navigationssystem mal wieder in die Irre geführt wird. So wird FUEL als das Rennspiel in Erinnerung bleiben, dessen Spielwelt genau so groß ist wie die Langeweile, die beim Erforschen eben dieser entsteht. Damit können die hohen Erwartungen zwar nicht erfüllt werden, aber zumindest für das eine oder andere Offroad-Rennen dürfte die Disk im Laufwerk landen - zumindest so lange, bis ein neues Motorstorm oder DIRT 2 erscheint.

Neu: Zum Video-Fazit

Pro

  • riesige Spielwelt
  • viele Renn-Events
  • dynamischer Tag-/Nachtwechsel
  • verschiedene Offroad-Vehikel
  • abwechslungsreiche Kulissen
  • Online-Modus
  • z.T. enorme Weitsicht…
  • wechselnde Wetterverhältnisse

Kontra

  • unfaire KI (höchster Schwierigkeitsgrad)
  • langweiliger & überflüssiger Freeride-Modus
  • leblose Welt
  • lächerliches "Schadensmodell"
  • krasse Pop-Ups
  • vereinzelte Slowdowns (vor allem PS3)
  • ...aber dafür ohne Details
  • kein Splitscreen
  • kein direkter Blick zurück
  • teilweise starke GPS-Aussetzer
  • deutliche Slowdowns (Online)
  • schwache Fahrphysik
  • Verbindungsprobleme (online)
  • kein Geschwindigkeitsgefühl
  • z.T. schwammige Steuerung
  • öde Herausforderungen
  • keine Lenkrad-Unterstützung
  • peinliche KI-Aussetzer

Wertung

360

Große Welt, nichts dahinter: In FUEL dominiert die Langeweile über den Spielspaß, der sich auch aufgrund der unfairen KI und schwachen Fahrphysik in Grenzen hält.

PlayStation3

Große Welt, nichts dahinter: In FUEL dominiert die Langeweile über den Spielspaß, der sich auch aufgrund der unfairen KI und schwachen Fahrphysik in Grenzen hält.