Rock Band Unplugged - Test, Musik & Party, PSP
Lange vor den Erfolgen mit Guitar Hero und Rock Band, lange vor der Zusammenarbeit mit MTV Games hat das Team von Harmonix auf der PS2 bereits eine kleine Fangruppe mit Musik-/Rhythmusspielen begeistert. In den Jahren 2002 bzw. 2003
Video: Harmonix steckt in Rock Band Unplugged das kultige Amplitude-Prinzip in ein modernes Kostüm. |
Zeitreise
Mit Rock Band Unplugged (RBU) schließt sich der Kreis für Harmonix - auch wenn man nur im Hintergrund tätig war und dem Team von Backbone Entertainment die Verantwortung übertrug. Denn zum einen verwendet man Art Design, den grundsätzlichen Aufbau der Karriere sowie hinsichtlich des 41 Songs umfassenden Soundtracks über 30 Lieder aus den "großen" Rock Bands. Inhaltlich und mechanisch jedoch liefert man eine leicht modernisierte und visuell markant getrimmte Variante des Amplitude-Prinzips. Und das bedeutet für die PSP-Musiker, dass keine Zusatz-Peripherie benötigt wird, um mit der Band losrocken zu können. Es sähe auch merkwürdig aus, wenn man unterwegs seine PSP aus der Tasche nimmt und dann im schlimmsten Falle auf einer dazu passenden "Mini-Gitarre" anfängt, den Rockstar in der U-Bahn zu mimen.
Das Beste aus zwei Welten
Doch obwohl man keine Klampfe, Drums oder Mikro benötigt, bleibt die Rock Band-Essenz wunderbar erhalten. Was andererseits wieder der Beweis dafür zu sein scheint, dass Harmonix vor gut sechs Jahren mit Amplitude den Grundstein für den Erfolg von Guitar Hero und Rock Band legte - und dafür, dass ein durchdachtes sowie gut umgesetztes Konzept ungeachtet des Zahns der schnelllebigen Zeit in der Videospielewelt über Jahre hinweg faszinieren kann.
Denn letztlich ist RBU nichts anderes als ein Amplitude mit gitarrenlastiger Musikauswahl sowie einem frisch drauf gepinselten Artdesign. Man ist auf insgesamt vier Spuren (Gesang, Bass, Gitarre, Drums) unterwegs, um die auf der "Notenautobahn" nach unten prasselnden Noten in vier Spuren im richtigen zum Rhythmus passenden Moment zu aktivieren. Schafft man es über einen bestimmten Zeitraum, die Spur am Leben zu erhalten, wird sie zeitweilig automatisiert und man kann sich dem nächsten Instrument zuwenden, um nach und nach ein komplettes Bandspiel aufzubauen. Über mehrere dieser erfolgreichen Takte wird eine Kombokette aufgebaut, was abhängig vom sorgsam tarierten Schwierigkeitsgrad durchaus zu einem hektischen Unterfangen werden kann - schließlich hat man insgesamt 16 Spuren zu beaufsichtigen.
Die Trackliste in Rock Band Unplugged * AFI - "Miss Murder" (PSP-Exkl.) * Alice in Chains - "Would?" (PSP-Exkl.) * All-American Rejects - "Move Along" * Audioslave - "Gasoline" (PSP-Exkl.) * Billy Idol - "White Wedding Part 1" * Black Tide -"Show Me the Way" (PSP-Exkl.) * Blink 182 - "What's My Age Again" (PSP-Exkl.) * Bon Jovi - "Livin' on a Prayer" * Boston - "More Than a Feeling" * Dead Kennedys - "Holiday in Cambodia" * Foo Fighters - "Everlong" * Freezepop - "Less Talk More Rokk" (PSP-Exkl.) * Jackson 5 - "ABC" (PSP-Exkl.) * Jethro Tull - "Aqualung" * Jimmy Eat World - "The Middle" * Judas Priest - "Painkiller" * Kansas - "Carry on Wayward Son" * Lacuna Coil - "Our Truth" * Lamb of God - "Laid to Rest" * Lit - "My Own Worst Enemy" * Lush - "De-Luxe" * Mighty Mighty Bosstones - "Where'd You Go?" * Modest Mouse - "Float On" * Motörhead - "Ace of Spades" * Nine Inch Nails - "The Perfect Drug" * Nirvana - "Drain You" * The Offspring - "Come Out and Play" * Pearl Jam - "Alive" * The Police - "Message in a Bottle" * Queens of the Stone Age - "3's and 7's" * Rush - "The Trees" * Siouxsie & the Banshees - "The Killing Jar" * Smashing Pumpkins - "Today" * Social Distortion - "I Was Wrong" * Soundgarden - "Spoonman" * System of a Down - "Chop Suey!" * Tenacious D - "Rock Your Socks" (PSP-Exkl.) * The Killers - "Mr. Brightside" * 3 Doors Down - "Kryptonite" (PSP-Exkl.) * Weezer - "Buddy Holly" * The Who - "Pinball Wizard" |
Dabei kommt sogar ein bisschen Taktik ins Spiel: Anstatt wie wild zwischen den Spuren hin- und her zu springen, sollte man neben dem Gefühl für den aktuellen Rhythmus auch leicht vorausschauend seine Instrumente bearbeiten, da manche Wechsel für den Multiplikator-Aufbau hilfreicher und einfacher sind als andere.
Dabei sollte man allerdings nicht aus den Augen verlieren, dass man alle Spuren am Laufen halten muss. Sprich: Wer aufgrund zu vieler Fehler die Drums z.B. partout nicht in den "Automatikmodus" bekommt, läuft zusätzlich Gefahr, die anderen Instrumente komplett zu verlieren.
Daher ist es von äußerster Wichtigkeit, dass man sich mit der Steuerung anfreundet. Dass es neben den zahlreichen Presets die Option gibt, seine ganz eigene, frei wählbare Tastenbelegung zu erstellen, ist vorbildlich. Das Problem: Weder die vorgegebenen noch nach eigenem Ermessen und vielem Ausprobieren erstellten Schemata können zu 100 Prozent zufriedenstellen. Irgendwo findet sich immer ein kleiner Haken. Mal ist das Digipad zu ungenau, mal lassen sich die Akkorde von mehreren Noten, die zusammengespielt werden müssen, nicht akkurat erreichen. Dass es RBU dennoch immer wieder versteht, die Motivation auf einem beständig hohen Niveau zu halten, ist dem unkaputtbaren Grundkonzept zuzuschreiben, das auch von den mitunter hart an der Toleranzgrenze schrammenden Ladezeiten nicht in Bedrängnis gebracht wird.
Und das wiederum wird akustisch nahezu perfekt deutlich gemacht: Während man im normalen Betrieb mit z.B. den Drums beschäftigt ist, rücken die anderen Instrumente etwas in den Hintergrund - nie so, dass man den Bezug verliert, aber so weit, wie es nötig ist, seine Konzentration auf den geforderten Rhythmus zu halten.
Klangbilder
Wenn die Lage jedoch zunehmend kritisch wird, fehlen bestimmte Spuren unter Umständen komplett und müssen neu aktiviert bzw. durch den aufladbaren Overdrive "gerettet" werden.
Auch visuell erfüllt RBU die Erwartungen nur eingeschränkt. Auf der einen Seite finden Serien-Kenner haufenweise bekannte Schauplätze, um mit seiner in einem umfangreichen, aber bei weitem nicht den Tiefgang der großen Versionen erreichenden Editor erstellten Band aufzutreten.
Zwar hinterlassen Animationen und das allgemeine Figurendesign, das auf PSP-Verhältnisse angepasst (also: heruntergeschraubt) wurde, nach wie vor einen guten Eindruck. Doch relativ schnell fällt auf, dass die Figuren sich nicht dynamisch zum Song bzw. analog zu den Eingaben (oder dem Fehlen) bewegen, sondern nur ihr Repertoire abspulen, das nur wenige Veränderungen oder Nuancierungen kennt. Da man aber ohnehin die meiste Zeit damit beschäftigt ist, wie wild auf den vier benötigten Tasten den Rhythmus zu klopfen sowie die Instrumentspuren zu wechseln, fällt das zum einen nicht immer auf und zum anderen nicht sehr stark ins Gewicht.
Schlimmer ist da schon der Fokus auf den Solisten. Die Rock Band-Serie hat sich nicht umsonst den Ruf als Partykracher erarbeitet. Es gibt kaum etwas Unterhaltsameres (sowohl für die Aktiven als auch für die Zuschauer) als vier Partgäste, die
sich versammeln, um gemeinsam Eye of the Tiger zu intonieren.Du bist die Band
Auf PSP hingegen findet man nichts in dieser Hinsicht. Nada. Nix. Unplugged spielt man alleine. Wenn schon kein Versus-Modus über das Internet Einzug gehalten hat, wäre doch zumindest eine lokale Kooperativ-Variante mehr als wünschenswert gewesen. Denn so hätte man mit viel bösem Willen auch den Namen von Rock Band in Rock Star umändern können...
Dafür allerdings bekommen die PSP-Musiker eine umfangreiche Karriere ("World Tour"), die sich vom Verlauf her im Wesentlichen an Rock Band 2 orientiert und auch mit den verschiedenen wählbaren Managern ihre Aufwartung macht - dabei aber insgesamt nicht so sehr in die Tiefe geht wie die großen Geschwister. Das Problem: Außer der Tour, die einen Dutzende Stunden bei der Stange halten kann -vor allem, wenn man zwischendurch immer wieder am Outfit seiner Truppe feilt- gibt es auch für Solisten kaum etwas zu tun. Sicher: Man kann trainieren und sich dabei sogar auf ein Instrument festlegen. Und es gibt den Survival-Modus, der einem alles abverlangt, während man wie wild von Instrument zu Instrument springt. Doch beides ist kein vollwertiger Ersatz für den Spaß, der sich mit einem anderen menschlichen Bandmitglied einstellen würde.
Fazit
Ich war vor gut sechs Jahren bereits ein Fan des Amplitude-Spielprinzips. Und kurz nachdem ich bemerkt habe, dass dieses Spiel eine moderne Variante des Rhythmuskults aus dem Jahre 2003 darstellt, schrillten bei mir sämtliche Award-Glocken. Zusammen mit dem coolen Artdesign sowie dem Gefühl, sich trotz aller mechanischer Veränderungen immer noch im Rock Band-Universum zu bewegen, schien es nur um die Frage "Gold oder Platin" zu gehen. Doch diese Frage war schnell entschieden: Die nicht immer akkurate Steuerung machte früh deutlich, dass Platin auf keinen Fall in Frage kommt - daran konnte auch die Möglichkeit der freien Knopfbelegung nichts ändern. Doch mit über 40 Songs, einem eingängigen Spielprinzip und einer unheimlich langen Karriere wird man verdammt gut unterhalten. Zumal auch die Soundkulisse abseits des weitestgehend statischen Zuschauerrauschens dem Namen Rock Band alle Ehre macht. Dass es dennoch knapp an Gold scheiterte, lag an mehreren Faktoren: Nach Abschluss der Karriere gibt es kaum noch einen Grund, die UMD nochmals in die PSP einzulegen - es sei denn, man möchte sich an den Download-Inhalten oder einem extremen Schwierigkeitsgrad versuchen. Noch viel gravierender ist allerdings, dass es keinerlei Mehrspieler-Option gibt, die bei den Stationärversionen zum guten Ton gehört und dort für enorme Langlebigkeit sorgt. Dennoch: In Gestalt von Rock Band Unplugged bekommt das seinerzeit schon gefeierte Prinzip von Amplitude endlich die Beachtung, die es 2003 schon verdient hätte. Aber auch ohne Gold gehört das Musikerdasein für unterwegs zu den Rhythmus-Titeln, die in keiner Sammlung fehlen sollten!
Pro
- 41 Songs, davon neun neue
- gute Klangqualität
- passabler Charakter-/Band-Editor…
- motivierendes Spielprinzip basierend auf Frequency und Amplitude
- gut tarierter, fordernder Schwierigkeitsgrad
- zahlreiche Tastenkonfigurationen, auch frei belegbar…
- stimmiges Artdesign
- umfangreiche Karriere basierend auf Rock Band 2
Kontra
- keinerlei Mehrspieler-Modi
- Ladezeiten
- … der sich allerdings nicht so umfangreich wie in den stationären Versionen zeigt
- keine dynamischen Zuschauer-Reaktionen
- … dennoch kein komplett überzeugendes Kontrollgefühl
- kein visuell-dynamisches Band-Spiel