Zen Pinball: Roller Coaster - Test, Geschicklichkeit, iPhone

Zen Pinball: Roller Coaster
19.06.2009, Benjamin Schmädig

Test: Zen Pinball: Roller Coaster

Gerade noch schreibe ich davon, wie die Flipper der Zen Studios nach und nach die aktuellen Plattformen erobern, da fallen mir zwei iPhone-Titel ins Auge, die ebenfalls unter dem Namen Zen Pinball firmieren. Die Ungarn bauen also auf den Wiedererkennungswert ihrer Flipper. Doch wie glaubwürdig kann eine Simulation des Spielhallenvergnügens auf dem schwachen iPhone denn bitte sein?

"Schwach" - im Verhältnis zur PS3 trifft die Bezeichnung sicher zu. Ich staunte allerdings nicht schlecht, als ich Zen Pinball: Roller Coaster unter die Lupe nahm. Denn zum einen beschränkt er sich darauf, was auch in Wirklichkeit machbar ist - mit Fantasie-"Automaten" wie dem ebenfalls für

Die vielen Bahnen halten die Kugel in Schwung.
iPhone erhältlichen Monster Pinball kann ich jedenfalls wenig anfangen. Zum anderen ahmt er das Flippern aber erfreulich akkurat nach! Eine realistische Simulation darf man auf dem "Telefon-Handheld" natürlich nicht erwarten. Aber die Kugel fühlt sich ausreichend schwer an, bekommt sichtbar Drall verpasst, und obwohl ihre Rollbahn zum großen Teil vorhersehbar ist, sorgt die Physik immer wieder für Überraschungen. Die Ohren erfreuen sich hingegen am typischen Klacken und Ratschen; dass die Anzahl der Geräusche begrenzt ist, kann ich da verschmerzen. Schön, dass die "kleine" Plattform all dies stemmen kann!

Die musikalische Zeitlupe

Bei all dem kommt sie ihren Grenzen allerdings so nah, dass es im schlimmsten Fall sogar weh tut. Nach mehreren Neustarts hatte ich mich nämlich gewundert, warum sich das Spiel weder meine Einstellungen für die Sicht auf den Flippertisch noch jene für die Lautstärke von Musik und Geräuschen merkt. Irgendwann folgte ich schließlich stirnrunzelnd einem Verdacht: Kann es denn sein, dass Zen die Musik deshalb lautlos schaltet, weil das Abspielen des einzigen Tracks zu viel Rechenpower frisst? Und tatsächlich: Nur wer auf den Soundtrack verzichtet, erlebt eine flüssige Simulation! Will ich auch musikalisch unterhalten werden, muss ich eine mal mehr, mal weniger starke Zeitlupe in Kauf nehmen - der Atmosphäre schadet dieses Detail sehr! Ansonsten kommt der Ablauf immerhin nur beim Multiball ein wenig ins Stocken.

Multiball, Löcher, Targets und kleine Minispiele: Roller Coaster fühlt sich trotz der technischen Schwächen tatsächlich an wie ein vollständiger Flipper. Die Entwickler bringen zudem viele Bahnen auf dem Tisch an. So legt die Kugel viele lange Wege zurück, weshalb stets viel Schwung im Spiel ist. Doch letztlich bleibt sich Zen leider treu und hält sich mit Abwechslung zurück. Ganz ähnlich wie Pinball FX oder Zen Pinball

"Roller Coaster" ist nicht der einzige Flipper der Zen-Reihe. Im AppStore ist auch "Zen Pinball: Inferno" erhältlich, der sich thematisch dem Rock 'n' Roll widmet. Die Bumper klingen wie Becken, ein Karussell zählt Headbangs und irgendwann gewinnt man den Backstage-Pass - yeah, Baby!



Ein vollständiger Flipper?

Neu ist auch, dass man jedes Spiel mit drei statt fünf Bällen bestreitet und dass sich bis zu vier Spieler abwechselnd die Wettkampf-Kugel geben dürfen. Es befinden sich allerdings deutlich weniger Bahnen auf dem Tisch, was dem Spielfluss abträglich ist. Das eigentliche Flippern macht deshalb etwas weniger Spaß als auf der "Achterbahn".entpuppt sich der thematische Ausflug in den Vergnügungspark nämlich schnell als ein sehr bodenständiger Flipper, der inhaltlich wenig falsch, aber auch mit nichts von sich reden macht. Richtig ärgerlich finde ich sogar, dass ich den virtuellen Tisch nicht anstoßen kann, weil ich lediglich die drei Hebel (einen links, zwei rechts) kontrollieren kann. Hinzu kommt, dass die Entwickler wohl Sorgen um die Strapazierfähigkeit ihrer "Gelegenheits-Telefonierer" haben; anders kann ich mir nicht erklären, dass man stets mit fünf Kugeln spielt. Auch das Erspielen eines "Ball Save" geht vergleichsweise schnell. Schade, dass es keine Möglichkeit gibt, die Neigung des Tisches oder die Anzahl der Kugeln einzustellen. Immerhin kann ich aber meinen Blickwinkel durch das Kippen des iPhone in Echtzeit anpassen, was eine witzige, wenn auch spielerisch nutzlose Idee ist.

Vielleicht liegt es daran, dass der Tisch weniger aufwändig gestaltet ist: Inferno läuft jedenfalls selbst mit laut geschaltetem Musikstück ohne die starke Zeitlupe seines Zen-Bruders.

Nutzlos ist die Idee vor allem deshalb, weil das Halten des "Flippers" ohnehin schon knifflig ist; die "Knöpfe" für die Hebel liegen nämlich wahlweise im oberen oder unteren Bereich, während ich das Telefon oder den MP3-Player hochkant halten muss, was ich schon nach wenigen Minuten als sehr unbequem empfinde. Das Spiel reagiert zwar umgehend auf Eingaben (falls es nicht wie erwähnt in Zeitlupe abläuft), da verdeckt aber schon mal ein Daumen die Inlane, man "flippert" aus Versehen unter dem Touchscreen oder vermisst einfach nur das Gefühl echter Kontrolle. Für ein, zwei Spiele zwischendurch kann ich darüber hinweg sehen - aber viel länger motiviert mich Roller Coaster ohnehin nicht.   

Fazit

Ein guter Ansatz, den Zen da verfolgt: Optisch und akustisch fühlt sich die "Achterbahn" ausreichend realistisch an und auch die Physik wirkt angenehm glaubhaft. Der Aufbau des Tisches genügt zwar eher einfachen Ansprüchen, sättigt in der U-Bahn oder beim Überbrücken einer Werbepause aber locker das Verlangen nach der Metallkugel. Es ist nur schade, dass es Zen dabei belässt und weder Ranglisten noch Möglichkeiten zum Anpassen an meine Vorlieben anbietet. Roller Coaster beschränkt sich damit auf eine ordentliche, aber auch sehr rudimentäre Simulation. Richtig ärgerlich sind nur die technischen Mankos. Dass man zugunsten einer halbwegs flüssigen Bildrate auf Musik verzichten muss, ist eigentlich ein Unding! Das unpraktische Hantieren mit dem Touchscreen wirkt dem leichtfüßigen Flipperspaß ebenfalls entgegen. Immerhin ist die Kugel dank der vielen Bahnen aber immer unterwegs. Und genau deshalb ist der Vergnügungspark dem technisch saubereren Zen-Flipper "Inferno" letztlich auch einen kleinen Schritt voraus.

Pro

  • glaubwürdige Physik
  • zahlreiche Bahnen sorgen für Schwung...
  • realer Flipper ohne Schnickschnack
  • gute Geräusche...
  • Ansicht passt sich wahlweise Neigung des iPhones an

Kontra

  • Bildrate leidet enorm bei abgespielter Musik & Multiball- ... insgesamt fehlt es aber an Abwechslung
  • unrealistisch: jedes Spiel mit fünf Bällen- ... wenn auch nicht allzu viele
  • keinerlei zusätzliche Einstellungsmöglichkeiten
  • nur ein Tisch ist auf Dauer wenig

Wertung

iPhone

Physikalisch glaubwürdige, technisch aber schwache Simulation auf einem einfach gehaltenen Flippertisch.