Monster Hunter Freedom Unite - Test, Rollenspiel, iPad, iPhone, Android, PSP

Monster Hunter Freedom Unite
07.07.2009, Benjamin Schmädig

Test: Monster Hunter Freedom Unite

Unite, also "vereinen" - der Name ist Programm. Immerhin bringt der dritte Ausflug in Capcoms "Jurassic Park" alles Wichtige zusammen, was es in der tragbaren Monsterjagd bisher zu entdecken gab. Gleichzeitig ist der dritte Teil aber auch ein ganz schönes faules Dino-Ei, denn nachdem schon sein Vorgänger das Konzept nur um wenig mehr als neue Schauplätze erweiterte, ist Unite sogar kaum mehr als eine Erweiterung - zum Vollpreis.

Monster Hunter spaltet. Den Osten spaltet es vom Westen, weil diese eine Serie die japanischen PSP-Verkäufe fast im Alleingang ankurbelt, während sie im Westen eine unter vielen ist. Doch das ist natürlich kein Qualitätsmerkmal. Es spaltet allerdings auch, weil der ungewöhnliche Aufbau den Jäger- und Sammlertrieb der Einen weckt, während viele Andere in Anbetracht der spröden Action die Stirn runzeln. Monster Hunter gehört zu jener Sorte Spiel, die man entweder mag oder an der man sich die Zähne ausbeißt - und daran wird die zweite Handheld-Fortsetzung nichts ändern.

Spalter!

Doch egal, wie man zu Monster Hunter Freedom sowie dem aktuellen Unite (MHFU) steht, eins gelingt der aktuellen Ausgabe so gut wie ihren Ahnen: Die Identifizierung mit dem virtuellen Ego sowie das Entwickeln seiner Fähigkeiten sind intensiver als anderswo, weil die selbst erstellte Figur nicht durch automatische Sprünge



Eins mit dem Jäger

Video: Zu viert macht die Monsterjagd viel Spaß - aber wie motivierend ist die Solo-Action?über die Sprossen der Level-Leiter an Erfahrung gewinnt. Nein, das Alter Ego bleibt hier stets dasselbe. Der gespielte Mensch wird nicht stärker, er kann nicht wie von Geisterhand plötzlich schneller rennen, mächtiger zuschlagen oder besser zielen. Aber er lernt seine Umgebung kennen und entdeckt Nahrungsmittel, die seine Ausdauer stärker. Aus den Knochen erlegter Tiere baut er hingegen neue Waffen und er stellt aus verschiedenen Materialien eigenhändig Fallen her. Musste er zu Beginn noch gegen kleine Giaprey zittern, macht er deshalb bald auf den haushohen Yamatsukami Jagd. Man sammelt nicht im sich ständig wiederholenden Kampf Erfahrungspunkte, sondern man wächst mit seinen Aufgaben - das ist die Faszination Monster Hunter.

Und diese Faszination bleibt auch in MHFU ungebrochen. Besser noch: Anstatt zum dritten Mal eine Jägerin zu erschaffen (der Editor geht nicht ins tiefgründige Detail, lässt aber die Wahl aus zahlreichen vorgegebenen Gesichtern und Kleidern), darf man seinen bereits in MHF2 erschaffenen Charakter verwenden. Kein Wunder: Schließlich ist Unite nicht mehr als ein Add-On des scheinbaren Vorgängers - das bereits im vergangenen Jahr erschienene dritte Monster Hunter Freedom trägt in Japan nicht umsonst den Titel "2nd G".

Ihr stolpert zum ersten Mal über diese Serie, die in Fernost für so viel Furore sorgt, dass sie längst zum kulturellen Phänomen avanciert ist? Dann wird Unite nicht nur frischer und aufregender wirken, dann werdet ihr auch erstmals die exotischen Panoramas stickiger Sümpfe, heißer Wüsten oder glühender Vulkane genießen. Denn Monster Hunter Freedom sieht auch im fünften Jahr seit seiner PS2-Premiere noch umwerfend gut aus. Kenner sind den Anblick natürlich längst gewöhnt, denn während andere Handheld-Kulissen im Laufe der Jahre opulenter wurden, tritt Capcom inzwischen auf der Stelle. Und obwohl es fragwürdig ist, eine Erweiterung für die Fehler des Hauptprogramms zur Rechenschaft zu ziehen: Ein zum Vollpreis verkaufter Titel wirkt heute einfach veraltet, wenn er nach spätestens 300 Metern den nächsten Mini-Level lädt. So eindrucksvoll die Schauplätze auch sind, so starr und unbelebt wirken sie als Collage von etwa einem Dutzend einzelner "Bühnen".

Bildschöne Aussichten, gigantische Monster - doch die meisten Ausblicke sind Veteranen längst vertraut.
Ein Ökosystem wie es das Spiel vorgaukeln möchte, wird so nie aufgebaut - was vor allem daran liegt, dass sämtliche auffindbaren Objekte und Monster nur dann variieren, wenn ein neuer Auftrag gewählt wurde. Das Prinzip des Sammeln und Jagens in einer lebendigen Wildnis schreit Hände ringend nach einer offenen Welt, wie es sie im Großstadt-Pendant GTA längst gibt! Aber Capcom hört einfach nicht zu.

Missions-Stakkato

So klappert man eine Mission nach der nächsten ab, um immer wieder vom selben Feldlager aus dieselben  Schauplätze abzuklappern. Mal gräbt man nach Pflanzen, angelt Fische oder fängt Käfer. Ein andermal erlegt man eine Horde kleinerer Tiere oder jagt ein ganz bestimmtes Monster. Je nach Auftrag versperren Steine bestimmte Wege, und wer einmal weiß, wo sich welche Monster aufhalten, kann die Abläufe auswendig lernen. Überhaupt besteht ein großer Teil des Spiels daran, aus Fehlern zu lernen, die man dank des linearen Aufbaus der Quests später vermeiden kann. Modern ist das nicht.

Dabei ist die Idee dahinter richtig gut. Denn so sehr es in dem starren Missionskorsett auch untergeht, so reizvoll ist dieses Learning by Doing. Hier verrät kein Stichwortgeber, wie welches Monster zu besiegen ist, hier ist echter Jagdinstinkt gefragt: Für welche Angriffe ist die Beute anfällig? Womit kann man sie anlocken und welche Falle könnte man ihr stellen? Viele Antworten liefert erst die eigene Erfahrung und das macht das Erforschen der Fauna unglaublich spannend. Und natürlich bietet die Erweiterung im Vergleich zu MHF2 etwa 100 weitere Aufträge, ein paar neue Tiere sowie einige zusätzliche Gegenstände. Am stärksten wiegt die Einbindung der Schauplätze des ersten Monster Hunter sowie einer Karte des nur in Asien veröffentlichten PC-Ablegers Monster Hunter Frontier. Schade nur, dass man dafür einige Aufgaben eben mehrfach erledigen muss, was der oberflächlich atmenden Umwelt mit jedem Anlauf ein Stück ihrer Lebendigkeit raubt.     

Learning by Doing

Immerhin sorgt eine wichtige Neuerung dafür, dass die Jagd in MHFU frustfreier wird als sie es bisher war. Denn wo man die im zweiten Monster Hunter eingeführten Felyne nur als Köche einstellen konnte, die durch unterschiedliche Speisen verschiedene Eigenschaften stärken konnten, stehen die "Katzen" jetzt auch als Komparsen zur Verfügung! Je nachdem, wie oft man eine Felyne mit auf die Jagd nimmt und abhängig davon, welches Trainingsprogramm man ihr vorschreibt, entwickelt der Begleiter dabei seine Fertigkeiten. So kann er auch in späteren Gefechten eine große Hilfe sein - und das ist ein gewaltiger Fortschritt zum "Vorgänger". Es ist nicht der eher geringe Schaden, den die pelzigen Kumpel austeilen, es sind schon gar nicht ihre Granaten, die sie im Zweifelsfalle einfach genau ihren Mitstreiter werfen. Die Felyne ziehen allerdings meist die Aufmerksamkeit kleiner Biester auf sich, so dass man sich in "Ruhe" um den monströsen Dinodaddy kümmern kann. Das ist eine kleine, aber ausgesprochen sinnvolle Neuerung, denn zuletzt hing einem das flinke Kleinvieh schon mal zum Hals raus. Man sieht die Biester dank der immer noch völlig verhunzten Kamerasteuerung ja oft genug nicht einmal kommen!

Willkommen im Gestern!

Die unhandliche Kamera versperrt leider den Blick auf einige der Angreifer.
Und das bleibt auch so. Wieso sollte sich Capcom auch an modernen Actiontiteln orientieren, die entweder über vorgegebene Perspektiven oder einen komfortablen Schwenk über die Schultertasten viel Übersicht bieten? Das Zentrieren der Ansicht über die linke Schultertaste reicht ja aus, und man muss einen Gegner auch nicht dauerhaft aufschalten können. Schließlich beherrscht man den Kameradreh über das Digikreuz selbst im hektischen Gefecht völlig problemlos, während man ständig in Bewegung bleiben muss...

Apropos "von gestern": Dass man Gegenstände (u.a. Granaten, Fallen oder Heiltränke) über die Kombination der linken Schultertaste plus Viereck oder Kreis auswählen muss, wirkt ähnlich antiquiert. Dass man sie nur dann einsetzen kann, nachdem der Held seine Waffe weggesteckt hat, mag zudem taktische Gründe haben - es macht den Kampf aber auch unnötig zäh. Dabei hätte das Spiel diese Unterbrechung gar nicht nötig, da der Einsatz der meisten Gegenstände ohnehin viel Zeit kostet, also entsprechend überlegt sein will. Laut Aussage des Produzenten will Monster Hunter vorrangig ein Actiontitel sein. Wieso tut es dann nur so wenig, um seine Spieler im Kampf zu fesseln?

Und wieso muss man in einem Actionspiel immer und immer wieder dieselben spannungsarmen Sammel-Quests erledigen, um irgendwann genug Tierknochen beisammen zu haben, aus denen eine neue Waffe gebaut oder eine vorhandene aufgewertet werden soll? Auch in solchen Phasen wirkt die Missionsstruktur jeder natürlichen Dynamik entgegen. Ähnliches gilt für das Bepflanzen des eigenen Ackers, das Fischen oder das Schürfen von Mineralien. Nach jedem Einsatz erhält man auf diesem Weg wichtige Materialien für Tränke, Äxte, Fallen oder Waffen, mit denen man wiederum in den Aufträgen weitere Materialien schürft, fängt, ausgräbt oder jagt. Einige Aufgaben bestehen dabei aus dem einfachen Sammeln möglichst zahlreicher Vorkommen, die beim Abschluss in Punkte getauscht werden. Gegen diese Punkte darf man wiederum die Farm ausbauen oder Gegenstände kaufen, mit denen Waffen und Rüstungen verbessert werden. Unglücklich ist nur, dass manche Monster nach ihrem Ableben hinter der unsichtbaren Linie liegen bleiben, bei deren Überschreiten der Spieler in das angrenzende Areal geladen wird. Diese Ladezeiten fallen zwar dank einer optionalen Installation auf der Speicherkarte entschieden kürzer aus als bisher. Dass man gelegentlich nicht an die seltenen Materialien eines schwer zu besiegenden

Einige Quests finden bei Tageslicht statt, andere bei Nacht.
Dinos herankommt, ist allerdings frustrierend. Wäre es denn wirklich so schwer, die "Ladelinie" im dritten PSP-Titel endlich undurchdringbar für die Monster zu machen?

Die heimtückische Ladelinie

Immerhin: Was der Steuerung im und um den Kampf nicht gelingt, verbessern kleine Änderungen bei der Handhabung der Ausrüstung im heimatlichen Dorf. So können Gegenstände in der an mehreren Stellen zugänglichen Vorratsbox jetzt gestapelt werden, Unite erlaubt das Speichern von bis zu 20 Ausrüstungs-Sets und im Internet warten weitere Felyne-Helfer sowie zusätzliche Missionen auf ihren Download. So richtig handlich ist die Bedienung der Vorratskiste aber noch immer nicht. Obwohl man den Inhalt nämlich automatisch sortieren lassen oder die bis zu acht Bildschirme große Menge an Gegenständen per Hand anordnen darf, fehlt einfach eine Sortierung, die dauerhaft einen bestimmten Typ von Gegenständen auf eine bestimmte Seite schiebt oder ähnliche Komfortfunktionen. Unpraktisch außerdem, dass man seine Ausrüstung nicht mehr ändern kann, nachdem man eine Mission angenommen hat.

Unhandliche Offline-Exklusivität

Apropos Internet-Anbindung: Monster Hunter lebt gerade auf PSP von einer begeisterten Fan-Gemeinde. Etliche tausend Japaner finden sich regelmäßig zusammen, um gemeinsam auf die Jagd zu gehen - bis zu vier Jäger können spezielle Quests annehmen, in denen vom Anfänger bis zum Experte jeder Pokke-Bewohner gefordert wird. Umso schöner, dass man einfach nur einen alternativen Knopf drücken muss und schon warten Mehrspieler-Aufträge in der Gildenhalle, die sonst Aufträge für Solisten bereithält. Umso ärgerlicher allerdings, dass Capcom auch im dritten Anlauf einfach auf die Online-Jagd pfeift! Aber vielleicht ist das nur verständlich - schließlich hat es ja auch bisher kein PSP-Spiel geschafft, auch online packende Gefechte zu inszenieren... 

Fazit

Verblüffend: Umgerechnet steht jeder Jahresring einer EA Sports-Fortsetzung für mehr Veränderung als diese Erweiterung eines zwei Jahre alten Titels. Doch wo die angebliche Abzocke der zwei Wucher-Vokale hierzulande verpönt ist, stürzen sich in Fernost allein in der ersten Woche anderthalb Mio. Japaner auf die Erweiterung. Zugegeben: Falls es sich dabei um Neueinsteiger handelt, ist der Ansturm nachvollziehbar. Immerhin ist Unite das umfangreichste Monster Hunter, das es je gab! Das Austüfteln einer Taktik gegen die immer größeren "Dinosaurier" wird mit jedem Erfolg motivierender und die allein über Ausrüstung und tatsächliche Erfahrung stattfindende Charakterentwicklung ist ungemein befriedigend. Nicht zuletzt plustern einige hundert Quests, etliche Waffen und Rüstungen sowie eine Vielzahl nützlicher Gegenstände die dritte tragbare Monsterjagd im besten Sinne zu einer gigantischen Größe auf. Doch warum macht sich das motivierende Prinzip nicht einmal im Geringsten die Mühe, auch als modernes Actionspiel zu überzeugen? Dass ein Mehrspieler-Phänomen heutzutage ohne Online-Gefechte auskommen muss, ist z.B. ein Unding. Viel schlimmer wiegt jedoch, dass die Steuerung immer noch so unnötig kompliziert ausfällt. Schon die mangelnde Kontrolle über den Blickwinkel sorgt für frustrierende Momente. Wo Monster Hunter zudem eine lebendige Welt simulieren will, macht das häppchenweise Abspulen der immer gleichen Missionstypen die Illusion schnell wieder kaputt - ganz zu schweigen davon, dass jeder Schauplatz aus sehr kleinen Räumen besteht; wer braucht schon eine zumindest im Ansatz offene Welt, wenn er Ladebildschirme haben kann? Auch wenn Neuerungen wie die Felyne-Kameraden spielerisch sinnvoll und die zusätzlichen Schauplätze willkommen sind, so erwartet Spieler des "Vorgängers" einfach zu wenig Neues, als dass der gemeine Jäger mit Monster Hunter Freedom Unite erneut sein Revier in Capcoms Fantasyreich abstecken müsste.

Pro

  • motivierendes Sammeln und Entdecken
  • Felyne jetzt auch als Kampfgefährten
  • Karten aus MHF, MHF2 sowie eine aus Monster Hunter Frontier
  • fantasievolle Schauplätze
  • gute Einführung durch Training
  • etliche Waffen, Rüstungen und Gegenstände

Kontra

  • inhaltlich ein leichtgewichtiges Add-On
  • ständiges Abklappern immer gleicher Schauplätze
  • kein Online-Spiel
  • sich ständig wiederholende Abläufe
  • furchtbar umständliche Kamera
  • hakelige, teilweise unnötig überladene Steuerung
  • keine lebendige, dynamische Welt
  • Monster können nach Kampf unerreichbar sein
  • unhandliches Verwalten von Gegenständen

Wertung

PSP

Das bislang umfangreichste Monster Hunter ist leider auch nur eine kleine Erweiterung des zweiten Teils.