Overlord: Minions - Test, Action-Adventure, NDS

Overlord: Minions
29.06.2009, Jörg Luibl

Test: Overlord: Minions

Nicht nur im großen Maßstab kann das Böse faszinieren. Nein, auch die kleinen Gemeinheiten des Lebens können manchmal für köstliche Unterhaltung sorgen. Codemasters öffnet jedenfalls auch auf Nintendos DS die Pforten in eine ebenso skurrile wie humorvolle Fantasywelt. Auch hier wartet Schergenmeister Gnarl auf einen Meister, der mit Stylus und Gnadenlosigkeit seines Amtes waltet. Lohnt es sich, den Overlord im Miniformat zu spielen?

Diese eher amateurhaften als coolen Comicbilder sollen die ohnehin kaum vorhandene Story vorantreiben - zum Glück kann man das auch überspringen.
Neue Plattform, frisches Spieldesign: Im Vergleich zu Wii sowie PC, PS3 und Xbox 360 geht es auf Nintendos Kleinem ganz anders zur Sache - weniger actionreich, dafür mit etwas mehr Köpfchen.

Meister der Elite-Schergen

Man steuert weder den Overlord direkt noch eine Armee von Untertanen, sondern lediglich die vier Schergen Gunther, Brutus, Stinker und Sepp. Der alte Gnarl hat diese gemeingefährlichen Spezialisten ausgesucht, damit sie herausfinden, warum das böse Königreich von mysteriösen Monstern angegriffen wird.

Als unsichtbarer Meister bewegt man dieses Quartett mit dem Stylus in der Vogelperspektive durch Sümpfe, Burgen, Tempel und Berge, teilt und tüftelt dabei kräftig aus, um Antworten zu finden. Dabei gilt es, die besonderen Fähigkeiten der kleinen Kämpfer klug anzuwenden: Nur wenn man die Schergen als Team einsetzt, sie im richtigen Moment aufteilt oder kombiniert vorgehen lässt, kann man in den Wäldern und Labyrinthen mit all ihren Feinden, Fallen, Puzzles und Sackgassen bestehen.

Wer kann was? Gunther der Braune ist unheimlich stark, teilt entsprechend im Nahkampf aus und kann schwere Blöcke bewegen. Brutus der Rote ist der feurige Fernkämpfer, der durch Flammen spazieren kann und sowohl Gase als auch Fässer zur Explosion bringt. Stinker der Grüne ignoriert giftige Dämpfe, kann sich tarnen und seine Feinde mit übel riechenden Rülpsern attackieren. Und schließlich ist nur Sepp der Blaue in der Lage, durch Wasser zu waten, mit Magie anzugreifen und seine Kumpel zu heilen.

Das bunte Quartett

Manchmal muss man seine Truppe also aufteilen und mit einem Schergen den Weg frei machen, indem man Holzbrücken nieder reißt, Schlüssel nutzt oder Mechanismen bedient. Ähnlich wie in den großen Overlords sorgen diese kleinen Rätsel für kreative Abwechslung - nur dass sie hier noch deutlicher im Vordergrund stehen. Manchmal muss man erst die über mehrere Areale verteilten Holzstangen für die Winden finden, große Blöcke auf Druckplatten schieben oder das Wasser über die Betätigung von Schaltern ablaufen lassen, damit der Rest der Gruppe nachrücken kann.

Das Highlight der dämonischen Kombination: Diese Furzwolke kann man anzünden - herrlich!
Besonders interessant sind die Kombinationen: Wenn Stinker einen Samen frisst, zieht er eine grüne wabernde Furzspur hinter sich her, die Brutus mit seinem Feuerball anzünden kann.

Kampf & Kettenreaktionen

So lassen sich coole Kettenreaktionen auslösen oder brüchige Mauern zum Einsturz bringen - selbst wenn die Schergen räumlich getrennt sind. Außerdem kann man Feinde wie Pilzverrückte, Halblinge oder Magier natürlich ins übel riechende und explosive Verderben locken. Und es kommt sogar ein Hauch von Schleichabenteuer auf, wenn Stinker mit der Umgebung verschmilzt und dann über langsame Stylusbewegungen an großen Monstern vorbei tänzelt - ist man ungeduldig, dann wird man allerdings sichtbar und attackiert. Auch hier mutet die Steuerung etwas fragwürdig an, denn obwohl man den Stylus nur zaghaft manövriert, um bloß nicht gesehen zu werden, gibt es plötzlich eine andere Abfrage und der Scherge muss seinem übermächtigen Gegner entfliehen - aber diese Flucht lässt sich meist bewerkstelligen.

Das einfache Kämpfen geht über einen schnellen Strich mit dem Stylus vonstatten. Einfach von links nach rechts über Zombie, Spinne, Ziege oder Troll wischen und schon attackieren die ausgewählten Schergen den Feind. Für mehrere Hiebe muss man auch fleißg weiter wischen. Ist man zu zweit, dritt oder viert unterwegs, hauen immerhin alle gleichzeitig drauf, was teilweise etwas unkoordiniert aussieht, aber durchaus effizient an der Lebenspunkteleiste des Feindes knabbert.. Will man eine Spezialattacke wie Gunthers Kopfnuss oder Stinkers Rülpser auslösen, um Bereichsschaden auszuteilen, reicht theoretisch ein Doppelklick auf den Schergen. Hört sich gut an? Ja, aber das hat so seine Tücken.

          

Alle Holzstäbe in der Winde? Na los, dann dreht mal fleißig, ihr Schergen!
Denn hier beginnen praktisch die Steuerungsprobleme: Viel zu oft wird dieses besondere Manöver nicht akkurat ausgeführt, zumal die Schergen manchmal so dicht beieinander stehen, dass man sich schon mal verdrückt - manchmal ist man mit einfachen Hieben also effektiver als mit den besonderen Manövern.

Die schwammige Steuerung

Das ist genau so ärgerlich wie die ungenaue Abfrage des Stylus bei transportierbaren Gegenständen: Es kann nicht sein, dass man zwei, drei mal auf etwas tippen muss, um es aufzunehmen. Und spätestens, wenn man in Bosskämpfen das Aufgenommene gezielt in einen Rachen werfen und danach noch einen Feuerball mit einem anderen Schergen abgeben muss, sollte das beim ersten Mal passieren. Tut es aber nicht immer - und das nervt.

Immerhin hat man die Auswahl intuitiv gelöst, indem man in der rechten Figurenleiste über eine Art Drag&Drop einfach alle zu einer Gruppe macht oder einzelne Schergen über einen Klick aktiviert - das An- und Abwählen funktioniert gut. Auch die Tatsache, dass sich der evtl. nicht aktivierte zweite Scherge im Ernstfall selbst verteidigt, gehört zu den positiven Aspekten. Und selbst wenn mal jemand fällt, gibt es kaum einen Grund, die scharfen Klauen in den Morast zu stecken: In jedem Level befinden sich Brutgruben, an denen man seinen Trupp wieder vervollständigen kann, so dass Frust erst gar nicht aufkommt.

Man ertappt sich dabei, wie man trotz der ärgerlichen Steuerungstücken einen Abschnitt nach dem anderen säubert - und alle Hindernisse wie hoch gezogene Brücken, Flüsse oder verschlossene Türen werden vorbildlich über die Karten angezeigt. Das macht Spaß, zumal die Feinde immer stärker und die Wege immer verwinkelter werden, bis man auf düstere Paladine und fiese Zwergenfallen trifft. Aber etwas zu früh hat man alle Mechanismen des Kampfes und der Rätsel durchschaut. Dann

Vor allem die Schalter- & Schiebe-Rätsel sorgen für solide Unterhaltung.
stellt sich trotz der neuen Schauplätze und der interessanten Bosskämpfe, in denen man quasi alle Stärken kombinieren muss, auch eine gewisse Routine ein. Man weiß sehr schnell ganz genau, was man machen muss - es fehlen Überraschungen..

Das motivierende Spielprinzip

Und das ist neben der teilweise unpräzisen Bedienung der große qualitative Unterschied zu einem ähnlich designten Spiel namens The Legend of Zelda: Phantom Hourglass, das auch Action und Knobelei verbindet - allerdings ganze drei Klassen besser. In Links Abenteuer wird man langfristig motiviert, gewinnt behutsam an Fähigkeiten, wird geschickt gefordert und löst so manches Rätsel.

Dieses Overlord hat auch seine starken Seiten, aber die hat es quasi nach drei Stunden alle ausgespielt - es steigert sich nicht mehr. Das liegt zu einem kleinen Teil daran, dass die Story hier trotz des charmanten Wortwitzes aus der Feder von Rhianna Pratchett keine epischen Reize entwickelt. Zu einem großen Teil liegt das jedoch daran, dass man seine Schergen nicht weiter entwickeln kann - sprich: Es gibt weder neue Rüstungen, Waffen oder Fähigkeiten wie in den großen Overlord-Spielen; es gibt auch kein Hauptquartier, das man ausbauen könnte.

Auch die Statistiken am Ende eines Abschnitts reizen den Ehrgeiz nicht so stark wie sie es müssten: Es wird zwar angezeigt, wie oft man seine Brutgrube zur Wiederbelebung eines Gefallenen verwenden musste, wie viele der versteckten Schätze man gefunden und wie schnell man einen Level vollendet hat, was sich alles auf die Gesamtwertung auswirkt. Aber die Belohnungen sind nicht der Rede wert: Für alle drei Truhen werden z.B. Grafiken freigeschaltet, die teilweise unterirdisch schwach gezeichnet sind. Warum hat man sich da nicht etwas mehr Mühe gemacht? Es wäre zudem wesentlich motivierender gewesen, wenn man den Erfolg eines Levels mit spürbaren Verbesserungen oder nützlichen Neuerungen in der Spielwelt verknüpft hätte. Hier hatte dieses kleine Overlord sehr viel Potenzial, das leider nicht genutzt wurde.

         

Fazit

Lohnt es sich, den Overlord im Miniformat zu spielen? Ja, wenn man etwas Geduld mit den Steuerungstücken hat: Die fehlende Präzision bei der Aufnahme von Gegenständen sowie die latente Schwammigkeit der Stylusabfrage hemmen nämlich immer wieder den Spielfluss. Trotzdem war ich angenehm überrascht, wie schnell die Stunden mit Sepp, Stinker, Gunther und Brutus vergingen. Codemasters lässt mich zwar weder den bösen Meister steuern noch eine Burg ausbauen oder Armeen in den Kampf schicken, aber dafür geht es mit vier Elite-Schergen angenehm taktisch zur Sache. Vor allem die coolen Kombinationen der Fähigkeiten wie die entflammbare Furzwolke sowie das Lösen von Schalter-, Hebel- und Blockrätseln sorgen für solide Unterhaltung. Im Kampf muss man klug vorgehen, das Leveldesign lockt mit fiesen Fallen sowie cleveren Mechanismen - es weht fast ein Hauch von Zelda: Phantom Hourglass. Aber wirklich nur fast, denn irgendwann stellt sich neben den praktischen Stylustücken auch eine inhaltliche Routine ein, die den Weg zu einer guten Wertung versperrt. Das liegt nicht an der Story, die zwar zwischendurch mit ihrem schwarzen Humor punktet, aber nur über schwache Comicszenen transportiert wird und wenig Episches verströmt, sondern an der fehlenden Entwicklung. Man hat trotz der sechs umfangreichen Regionen einfach zu früh alle Kampf- und Rätselmechanismen durchschaut und kann seinen schlagfertigen Vierertrupp nicht weiterbilden. Aber selbst wenn diese langfristigen Reize ebenso fehlen wie kreative Belohnungen für Schatzsucher, hatte ich mit diesem Schergenquartett für ein paar Stunden meinen Spaß!

Pro

  • humorvolle Dialoge
  • einfacher, aber taktischer Kampf
  • intuitives Auswahl- & Aktionssystem
  • kombinierbare Schergen-Fähigkeiten
  • unterhaltsame Schalter- & Schiebe-Rätsel
  • sechs dreidimensionale Schauplätze
  • durchdachtes & kreatives Leveldesign

Kontra

  • teilweise ungenaue Steuerung
  • ab und zu Übersichtsprobleme
  • Schergen nicht aufrüst
  • & entwickelbar
  • schwache Zwischensequenzen
  • enttäuschendes Belohnungssystem

Wertung

NDS

Unterhaltsames, aber schwammig zu steuerndes Kämpfen und Rätseln mit vier Elite-Schergen.