Prinny: Can I really Be the Hero? - Test, Plattformer, Switch, PSP
Prinnys waren bislang lediglich Nebenfiguren in Nippon Ichis Disgaea-Spielen. Unterhaltsame Nebenfiguren, die nicht nur ordentlichen Explosionsschaden machten, sondern auch aufgrund ihrer vom
Ausdruck »Dood!« beherrschten Sprache irgendwie putzig waren - aber dennoch Nebenfiguren. Und jetzt sind sie auf einmal die Helden ihres eigenen Spiels? Das ist so, als würde man einen Goomba zum Protagonisten eines neuen Nintendo-Jump-n-Runs machen. Kein Wunder also, dass das Cover nicht nur einen ratlos glotzenden Prinny, sondern auch den Untertitel »Can I Really Be The Hero?« zeigt.Die Folgen ungehemmter Völlerei
Diese sich nicht ganz sichere Heldengruppe sieht sich am Anfang des Spiels mit einem Dilemma konfrontiert: Die verfressene Herrin Etna, die Disgaea-Spielern keine Unbekannte sein sollte, vermisst ihr Dessert. Das ist ein Problem, dessen Lösung pragmatisch wirkt: Alle Prinnies, 1.000 davon an der Zahl, sollen mit ihrem Kopf für diesen Verlust haften! Eine kurze Massenpanik später beruhigt sich Etna wieder und gibt ihren Untergebenen eine letzte Chance: Wird ihr das mysteriöse »Ultra Dessert« beschafft, lässt sie Gnade vor Blutrecht ergehen. Drauflos gestackst, Prinny!
Lasst uns mal die Fakten auf den Tisch legen: Prinny bietet sechs recht lange Welten, in denen man sich mit satten 1.000 Leben austoben darf. 1.000 Leben! Das sind 995 mehr, als man in den meisten Spielen zur Verfügung hat. Muss das leichteste Jump-n-Run aller Zeiten sein, oder? Nun... nein. Ganz im Gegenteil: Seit MegaMan 9 schallten keine derart lauten Flüche durch die geweihten Redaktionshallen wie bei meinem Test von Prinny. Das hat mehrere Gründe: Zum einen verträgt Prinny nur drei Treffer; auf dem hohen der beiden Schwierigkeitsgrade führt jeder einzelne Feindeskontakt zur spontanen Selbstexplosion. Danach geht es nicht etwa direkt weiter, sondern zum letzten Checkpunkt zurück, von denen es recht wenige in den Welten gibt - man spielt also wieder und wieder dieselben Abschnitte, bis man sie endlich meistert, wonach man endlich den Spielstand sichern darf, was für Retro-Fans nicht schlimm ist.
I Can Be Your Hero, Baby!
Immer auf den Bosskopp drauf!
Doch vor jedem Ende stehen die Bossfights - und die haben es in sich: Zum Abschluss jedes Levels wartet mindestens ein Boss, gelegentlich sind es derer auch zwei. Harte Nüsse, wahrlich harte Nüsse - aber mit der richtigen Taktik, jeder Menge Geduld und dem Einsatz von mehreren Prinny-Leben gut machbar. Der wichtigste Teil der Taktik nennt sich »Arschbombe«: Landet Prinny gezielt auf dem Kopf eines Gegners (wofür man in der Luft nicht nur nach unten, sondern auch die X-Taste drücken muss), löst er sich nicht etwa in Wohlgefallen auf, sondern ist für ein paar Sekunden betäubt - auch Bosse! Zeit genug, die Schwerter zu zücken und Geschnetzeltes zu servieren! Das geht sowohl am Boden als auch in der Luft, wobei hier gleich zwei Besonderheiten warten:
Erstens verharrt Prinny schlitzend eine Weile im Äther. Zweiten schwenkt die Perspektive bei dieser Gelegenheit von der sonst vorherrschenden Seitenansicht in eine coole Iso-Perspektive.Der Tradition des Jump-n-Runs folgend ist die Standardperspektive hier die seitliche: Freund und Feind sind Nippon Ichi-typisch knuddelige 2D-Figuren, die durch eine horizontal scrollende Polygonwelt rennen - alles sehr niedlich, sehr liebevoll und sehr flüssig. Die beiden erstgenannten Adjektive treffen auch auf die (ausschließlich englische) Sprachausgabe zu, die von Quietschstimmchen beherrscht wird. Im Gegensatz dazu schlägt die Musik im Normalfall weitaus dramatischere Töne an; in einigen Abschnitten wird daraus aber auch ein wenig Slapstick und Klamotte.
Fazit
Geht man nach dem grafischen Ersteindruck, ist Prinny ein Spiel zum Knuddeln und Liebhaben: Knuffiges Charakterdesign, putzige Dialoge, eine freundliche Spielwelt - hier muss doch irgendwo Prinzessin Peach sein? Aber Obacht, diese ach so friedliche Hülle verwandelt sich bereits im ersten Level in einen gemeingefährlich trampelnden Frustelefanten, der selbst gestählten Ghosts’n’Goblins-Veteranen Wutschreie entlockt! Dabei sind es noch nicht einmal das fiese Leveldesign oder die anspruchsvollen Bossfights, die den Wutpegel nach oben kurbeln, sondern vor allem das höllisch nervende Friss-oder-Stirb-Sprungverhalten, das die arme PSP in gefährliche Nähe von Mülleimern bringt. In Kombination mit dem gnadenlosen Checkpunktsystem schmelzen die anfangs so wahnwitzig großzügig scheinenden 1.000 Leben schneller dahin, als die Träume hiesiger Computerspieler von einer fairen Behandlung seitens der Politik. Beißt man sich durch, hat Prinny sehr viel zu bieten, auch und gerade für Hüpfer, die ihre Spiele gerne mehrmals durchzocken. Aber der Weg dahin ist ein verdammt steiniger und oft unnötig abschreckender.
Pro
- niedliche Präsentation
- wunderbar alberne Story
- aufregende Bosskämpfe
- intelligentes Leveldesign mit unterschiedlichen Tageszeiten
- viel freizuschalten
- guter Wiederspielwert
Kontra
- höllisch schwer
- frustrierend ungenaue Sprungkontrolle
- fieses Checkpunktsystem