Summer Athletics 2009 - Test, Sport, 360, PlayStation3, PC, Wii

Summer Athletics 2009
22.07.2009, Benjamin Schmädig

Test: Summer Athletics 2009

Finger trommeln auf die Tischkante. Der Blick verliert sich in den Baumwipfeln hinter dem Fenster. Ein Seufzer sagt: "Was mache ich hier eigentlich?" Man beherrscht die Sportarten ja noch vom letzten Jahr. Selbst das Menü ist praktisch das alte. Man geht kooperativ an den Start, man trainiert eine neue Sportart, man sieht zusätzliche Animationen, man geht im Charaktereditor mehr ins Detail. Mehr Spaß? Hat man trotzdem nicht.

Auf der einen Seite stimmte mich die Nachricht ja milde, dass 49Games für die kommende Wintersport-Meisterschaft ein komplett neues Spiel entwickelt. Ein Entwickler, dem der Sinn nach Fortschritt steht? Vorbildlich! Auf der anderen Seite kam meine gute Stimmung aber wieder auf dem Boden der Tatsachen an, nachdem ich einige Stunden mit Summer Athletics 2009 (ab 4,84€ bei kaufen) verbracht hatte. Es liegt nicht daran, dass die diesjährige Ausgabe ein schlechtes Spiel wäre - ein Spiel schließlich, das zu spannenden Wettkämpfen einlädt, wenn sich bis zu vier Kumpel, Freundinnen oder Kollegen auf das sportliche Duell einlassen. Immerhin dürfen zwei der Teilnehmer endlich wahlweise auf dem geteilten Bildschirm antreten, was die zähen Wartezeiten des Vorgängers entschärft. Besser noch: Im Staffellauf geben sich bis zu vier Sportler den Staffelstab in die Hand - cool!

Endlich menschlich: die Staffel

Es liegt auch nicht daran, dass sich 49Games sichtlich Mühe gegeben hat, damit ihre Sportler, ihr Publikum und ihr Stadium lebendiger wirken. Es gibt zwar nur ein Stadion sowie eine Schwimmhalle; die Kulissen sehen allerdings angenehm modern, sogar eine Idee futuristisch aus. Und die natürlich noch immer vorhandenen Klon-Zuschauer strömen auch diesmal nur in geringer Anzahl ins Stadium - jubeln und feuern aber alle in ihrem individuellen Rhythmus an. An den sommerathletischen Profis liegt es ebenfalls nicht, denn die erscheinen inzwischen nicht nur zur Siegerehrung, sondern haben auch fürs Jubeln, Ärgern und Mäßig-Zufrieden-Sein neue Animationen erlernt. Nicht zuletzt haben die Entwickler auch den Charaktereditor erweitert, so dass ich zum ersten Mal Details wie Kinnbreite oder Nasenlänge frei bestimmen konnte. Kleiner Dämpfer allerdings: Am Ende sieht man den meisten Figuren dennoch an, dass sie Kinder derselben Eltern sind. Und ich darf mein Alter Ego nicht außerhalb der Karriere verwenden - schade!

Doch wenn rundum insgesamt verbessert wurde, hier und da wichtige Details hinzu gekommen sind, was ist dann der Grund für meine Ernüchterung? Es liegt einfach daran, dass man sich im eigentlichen Spiel noch immer von einem nüchternen Ereignis zum nächsten klickt, während man wie gewohnt am Gamepad rüttelt, Remote und Nunchuk schwingt, die Tastatur verhaut oder den Joystick malträtiert. Einzelheiten wie Wiederholungen oder Schnappschüsse beim Zieldurchlauf bringen zwar Schwung in die Wettbewerbe, doch abgesehen davon sind nüchterne Menüs das einzige, was über Karrierefortschritt, Rekorde oder den Tabellenstand aufklärt. Ein Stadionsprecher informiert zwar über Platzierungen, Startaufstellung sowie Weltrekorde - seine knappen Bemerkungen können aber nicht die fehlenden Kommentatoren ersetzen. Vor allem können sie nicht das fehlende Drumherum ersetzen; peppige Jingles z.B., schicke Überblendungen oder Tippfuß-kompatible Musik

Tierschützer sind empört: Sommersportler machen Jagd auf Tauben!


Die (nicht) stattfindende WM

in den Pausen. Selbst die gut gemeinte Kampagne, ein nicht-lizenziertes Pendant zur Leichtathletik-WM in Berlin, beginnt einfach so - ohne Einläufe, ohne irgendeinen Hinweis darauf, dass gerade ein sportlicher Höhepunkt beginnt. Es könnte irgendeine beliebige Meisterschaft sein, von denen es sechs vorgefertigte sowie individuell zusammenstellbare Turniere gibt.

Die Ernüchterung kommt aber auch daher, dass ich mich in denselben Sportarten betätigen muss, die ich bereits im vergangenen Jahr gemeistert habe. Spielerisch ändert sich praktisch gar nichts - mit dem Tontaubenschießen kommt lediglich eine einzige Disziplin hinzu. Vorteil des Recyclings: Die Steuerung funktioniert nach wie vor ganz ausgezeichnet. 49Games bleibt bei dem Prinzip, das rasante Wackeln des Analogsticks, das flotte Rudern mit Remote und Nunchuk oder das schnelle Tastendrücken mit Fingerspitzengefühl und etwas Taktik zu verbinden. Auf diese Weise stellt mich jede Sportart vor eine andere Herausforderung: Mal kann man durchatmen, mal muss man zehn Sekunden lang voll konzentriert sein. Ärgerlich ist nur, dass spätestens nach ein paar Stunden die Luft raus ist, weil sich viele der Disziplinen zu sehr ähneln. Der gesamte Laufsport funktioniert z.B. nach dem gleichen Schema - Werfern jeder Couleur sowie Stabhoch-, Weit- und Dreisprung-Springern geht es ähnlich. Und damit ist bereits die Hälfte aller Disziplinen abgedeckt. Doch was ist mit dem neuen Tontaubenschießen? Als Schütze muss man lediglich im richtigen Moment den Abzug drücken, gezielt wird praktisch automatisch. Nett - mehr aber nicht.

Wii-Athleten dürfen sich übrigens in einem exklusiven Wettkampf messen, für den in fünf Sportarten das Balance Board zum Einsatz kommt. Das gilt allerdings ausschließlich für diesen Wettbewerb; überall sonst werden lediglich die beiden Schüttel-Controller unterstützt. In der Mini-Meisterschaft fürs Board werden Hüften geschwungen, um beim Hammerweitwurf Schwung zu holen. Man verlagert sein Gewicht im richtigen Moment, um beim Dreisprung abzuspringen, man bleibt ruhig stehen, um das Ziel beim Bogenschießen anzuvisieren und man tritt beim Hochsprung abwechselnd links und rechts auf, um Anlauf zu nehmen. Doch auch hier gilt: Ist der Wettkampf vorbei, wird man umgehend ins Hauptmenü zurück geschnipst. Das Turnier

Das Schwimmen gehört zu den anspruchsvollsten Sportarten, denn hier sind Taktik, Timing und Fingerspitzengefühl gefragt.


Wii-Athleten achten auf Balance

Nicht einmal in der Karriere gibt es viel zu holen. Da trainiere ich nach jedem Wettkampf eine meiner fünf Fähigkeiten (Geschwindigkeit, Technik, Kraft, Ausdauer und Sprungkraft), wobei die verfügbaren Erfahrungspunkte nichts mit den erzielten Ergebnissen zu tun haben. Anschließend gehe ich zur nächsten Disziplin über und spule entsprechend unmotiviert ein Turnier nach dem nächsten ab. Mit seiner durchdachten Steuerung könnte Summer Athletics 2009 ein modernes Summer Games sein! Warum wird das Potential bloß so furztrocken zum Fenster herausgeblasen? Ich darf ja nicht einmal meinen in der Karriere gestählten Charakter im einzelnen Wettkampf ausprobieren oder ihn stolz ins Duell gegen einen Kumpel schicken. Siege, herumwirbelnde Goldmedaillen, Erfolge wie man sie von Microsoft kennt sowie Weltrekorde sind das einzige Erfolgserlebnis. Wobei einige der Rekorde (z.B. der im Kugelstoßen) so einfach zu knacken sind, dass man sich über den Erfolg kaum freuen kann. Das starke Anziehen zwischen dem nachsichtigen mittleren und dem ausgesprochen knackigen hohen Schwierigkeitsgrad schreit außerdem nach einem weiteren, der die große Lücke ausfüllen möge...

ist ohnehin nicht die Sternstunde des Steuerbretts - und genau so wird es vom Spiel auch behandelt. Zu blöd, dass sich diese Behandlung durch sämtliche Modi zieht...

Ach, ja: Hat jemand Lust auf ein Online-Duell oder will jemand seine Rekorde in Online-Ranglisten vergleichen? Das sind immerhin wichtige Aspekte eines modernen Sportspiels! Nun, aber wahrscheinlich wollte Summer Athletics 2009 ohnehin kein modernes Sportspiel sein... 

Fazit

Ich hoffe sehr, dass das Summer Athletics des nächsten Jahres einen ähnlichen Sprung nach vorne macht wie er für das frisch angekündigte Winter Sports versprochen wurde. Spätestens Ausgabe 2009 tritt nämlich gefährlich auf der Stelle! Klar, die neuen Animationen, die neue Kulisse, der neue Charaktereditor und der kooperative Staffellauf wirken moderner und lebendiger als zuletzt. Doch wenn das eigentliche Spiel nahezu unverändert übernommen wurde…... Diese Art Sporttitel ist ohnehin kaum mehr als eine Ansammlung witziger Minispiele - Stillstand spürt man deshalb viel eher als in umfangreichen Simulationen. Umso schwerwiegender, dass nur eine Sportart hinzugekommen ist, dass Mehrspieler-Freuden nur vor dem gleichen Bildschirm stattfinden und dass die Karriere kaum mehr als das unmotivierende Abspulen der immer gleichen Wettbewerbe ist. Und so souverän das Drumherum auch wirkt - so furztrocken wird die Wohnzimmer-Meisterschaft leider präsentiert. Man erkennt das Potential des Spiels, echter Spaß kommt bei Einzelkämpfern aber nie auf. Nur Teamspieler kitzeln in diesem Jahr noch die eine oder andere spannende Minute aus dem Athletikum.

Pro

  • zahlreiche Disziplinen...
  • durchdachte, fordernde Steuerung
  • Staffelläufe können kooperativ gespielt werden
  • im Vergleich zum Vorjahr umfangreicher Charaktereditor...

Kontra

  • ... die sich oft stark ähneln
  • keinerlei Online-Anbindung
  • trockener Stadionsprecher statt Kommentator(en)
  • ... dessen Ergebnisse sich sehr ähneln
  • gerade mal eine neue Sportart
  • keine Lizenzen
  • oberflächliche Charakterentwicklung
  • dröge Karriere, keine Herausforderungen ähnlich Winter Sports
  • eigener Charakter nicht außerhalb der Karriere

Wertung

360

Weder die durchdachte Steuerung noch das zeitnahe Erscheinen zur Weltmeisterschaft machen aus diesem Kandidaten einen Gewinner.

PC

Leider gelingt den erfahrenen PC-Entwicklern nicht einmal am PC ein Online-Modus.

Wii

Auch auf Wii ist die gute Steuerung weder überraschend noch macht sie das Abspulen der drögen Minispiel-Sammlung spannender.