Infernal - Test, Action-Adventure, 360, PC

Infernal
21.07.2009, Paul Kautz

Test: Infernal

Zweieinhalb Jahre sind eine lange Zeit. Nicht so lange, wie andere für die Entwicklung eines Ego-Shooters mit blondem Macho brauchen, zugegeben, aber nichtsdestotrotz lange. Hat jemals eine Umsetzung eines Spiels von einer Plattform auf die andere so lange gedauert? Das ist aber nicht das einzige Mysterium, das die Portierung von Infernal (ab 6,99€ bei kaufen) umwabert.

Die wichtigste Frage, die sich jeder Käufer der mit »Hell's Vengeance« untertitelten 360-Version von Infernal stellen dürfte, ist die folgende: Was hat da so lange gedauert? 

Wah, tu mir nix! Das Figurendesign war schon vor zweieinhalb Jahren nicht die Stärke von Infernal, mittlerweile wirkt's in erster Linie abschreckend.
Ist irgendwas neu? Ist irgendwas besser? Der Shooter von Metropolis Software war seinerzeit keine Offenbarung, aber auch kein Armageddon - ordentlich krachende Action, die uns damals immerhin 78% wert war!

Einmal mehr ein Böser ein!

Von dieser Marke ist die 360-Variante weit entfernt, denn die Umsetzung ist mit »schlampig« noch höflich umschrieben. Zuerst zum Offensichtlichen: Das Spiel ist identisch. Es gibt keine neuen Levels, keine neue Story, keine neuen Waffen, keinen Mehrspielermodus, nicht mal das hässliche Tattoo im Gesicht von Protagonist Ryan Lennox wurde ästhetisiert. Die Frage nach der Länge der Umsetzungsdauer ist daher eine sehr berechtigte, denn der Zahn der Zeit nagt mächtig an dem Spiel - und im Vergleich zu aktuellen 360-Shootern sieht das Ganze höllisch veraltet aus! Okay, die Effekte sind nach wie vor nicht übel, besonders die Explosionen können sich absolut sehen lassen. Aber gerade bei denen geht die ohnehin sehr instabile Framerate dauernd in die Knie, was angesichts des Gezeigten kaum nachzuvollziehen ist: Das Leveldesign ist ordentlich, aber nicht spektakulär. Und die Figuren sind nach heutigen Maßstäben Lachnummern, die Gesichter könnten teilweise der Geisterkammer entstammen, die Animationen sind hakelig - immerhin haben es die Entwickler geschafft, den Humorgrad der Zwischensequenzen zu retten; diese sind teilweise wirklich unterhaltsam inszeniert. Was auch der sehr guten englischen Sprachausgabe zu verdanken ist.

Spielerisch konnte Infernal bereits zur Erstveröffentlichung keine Bäume ausreißen, daran hat sich bis heute nichts geändert: Aus der Schulterperspektive bekämpft ihr als Söldner der Höllenkräfte die Gegenseite, deren Weste nicht so weiß ist, wie man annehmen sollte. Diverse Waffen von Pistole über MG bis zum Raketenwerfer machen mit infernalischen Kräften angereichert mehr Schaden als üblich. Aber um diese Kräfte nutzen zu können, braucht es Mana - das gibt es, indem man entweder gefallenen Gegnern

Altbekanntes auf neuer Plattform: Spielerisch ist Infernal seinem PC-Bruder in jeder Hinsicht gleich.
die Seele absaugt oder sich eine Weile im Dunkel aufhält. Manaabzug gibt es, wenn man sich in der Nähe von heiligen Gegenständen oder in zu hellem Licht tummelt. Nach kurzer Spielzeit darf man auch die »Infernal Vision« nutzen, was nicht nur das Bild wabern lässt, sondern auch versteckte Heilungs- bzw. Mana-Vorräte anzeigt, unsichtbare Botschaften (Standard: zum Weiterkommen benötigte Codes) hell leuchten und das Bild noch mehr als üblich ruckeln lässt. Beim Herumlaufen mit der verzerrten Sicht sollte man aufpassen, dass man nicht stolpert und eine Leiter hinunterplumpst: Mehr als ein paar Meter Falltiefe verträgt der Abgesandte der Hölle nicht, danach wartet nur der letzte Speicherpunkt. Den man übrigens selbst anlegen muss, ein Autosave-System gibt es nicht - wer nicht regelmäßig den Spielstand sichert, ist selbst schuld und darf nach dem Ableben bereits Gespieltes wiederholen.

Hölle! Hölle! Mana!

Die Steuerung ist der größte Knackpunkt der Umsetzung: Irgendwie haben es die Entwickler geschafft, die beeindruckend zappelig und unpräzise zu machen! Es gibt keinerlei Autotargeting, das Fadenkreuz ist sehr klein - man muss also sehr präzise zielen, wofür die Stickabfrage aber zu ungenau ist. Kurzfassung: Man schießt verdammt oft ins Leere! Um das zu kompensieren, kann man sich an einen Großteil der Umgebung lehnen und sie als Deckung nutzen. Klingt gut, aber leider ragt Ryans Kopf meist aus der Deckung hinaus und wird fleißig weiter unter Beschuss genommen. Per Doppeldruck auf den linken Analogstick kann man sich in alle Richtungen abrollen, wobei man während dieser kurzen Zeit unverwundbar ist. Aber leider ist das nur bei den wenigen Puzzles, die diese Funktion nutzen, sinnvoll - im normalen Kampfgeschehen ist das Manöver kaum zu gebrauchen, muss man dafür doch den Stick kurz loslassen, was oft genug ein Moment zuviel ist.

      

Fazit

Puh, wie sich die Zeiten ändern: Seinerzeit war mir Infernal noch Sprüche wie »sehr gute Grafik« und »grandiose Effekte« wert - jetzt sitze ich vor der 360-Fassung und frage mich, ob die Entwickler die letzten Jahre in einer Zeitkapsel verbracht haben. Denn Hell's Vengeance ist in jeder Hinsicht veraltet; spielerisch und technisch ist der Shooter nicht mal mehr in der Mittelklasse zu finden, ist aber im Gegensatz zu den meisten seiner weitaus besseren Konkurrenten aber wenigstens bald auf dem deutschen Markt erhältlich. Das ändert nichts daran, dass die Höllenballerei nicht mal als spielbarer B-Movie funktioniert; das kann Eat Lead: The Return of Matt Hazard weitaus besser. Schade um das wirklich gute Ausgangsmaterial, aber an Infernal: Hell's Vengeance sieht man leider überdeutlich, was dabei rauskommt, wenn sich Entwickler das Portierungsleben etwas zu leicht machen wollen.

Pro

  • solide Action
  • ansehnliche Umgebungen

Kontra

  • grafisch erschreckend veraltet
  • hässliches Figurendesign
  • oftmals ruckelig
  • zickige, unpräzise Steuerung
  • lange Ladezeiten
  • nervend wiederauftauchende Feinde
  • nutzloses Cover-System

Wertung

360

Der Zahn der Zeit hat unerbittlich zugebissen: Infernal sieht mittlerweile in jeder Hinsicht alt aus.