Dissidia: Final Fantasy - Test, Prügeln & Kämpfen, PSP

Dissidia: Final Fantasy
09.09.2009, Jens Bischoff

Test: Dissidia: Final Fantasy

In mittlerweile mehr als zwanzig Jahren hat die Final Fantasy-Saga immer wieder neue Helden und Schurken hervor gebracht, die unvergessliche Zweikämpfe bestritten. Doch was wäre, wenn Cloud mal nicht gegen Sephiroth, Tidus nicht gegen seinen Vater oder Zidane nicht gegen Kuja antreten würde? In Dissidia Final Fantasy kann man die Paarungen endlich selbst bestimmen: Squall gegen Kefka? Cecil gegen Jekkt? Alles kein Problem! Doch lässt Dissidia auch spielerisch Fanträume wahr werden?

Die Penny Arcade-Macher mögen schon damit zufrieden sein, Tidus immer und immer wieder durch Sephiroths Schwert zu Tode kommen zu lassen . Aber das ist natürlich nur eine mögliche Paarung, die Dissidia dem Spieler erlaubt: Insgesamt geben sich alle Pro- und Antagonisten von Final Fantasy I - X die Ehre, vom Krieger des Lichts und Garland bis hin zu Tidus und Jekkt.



Jeder wie er mag

Video: Prächtige Rendersequenzen wie im Trailer gibt es nur zum Auftakt und zum Schluss, aber die in Spielgrafik servierten Zwischensequenzen und Charaktermodelle können sich auch sehen lassen.Darüber hinaus gibt es auch noch je zwei Bonus- und Bosscharaktere; Letztere allerdings nur als Gegner. Ansonsten sind im Einzelkampfmodus alle erdenklichen Duelle möglich; genauso wie im lokalen Mehrspielermodus via WLAN - eine Online-Anbindung gibt es leider nicht. Dafür dürfen sich Käufer der PAL-Version über einen exklusiven Arcade-Modus freuen, in dem man mit seinem Lieblingscharakter eine Reihe vorgegebener KI-Duelle bestreiten kann.

Im Kolosseumsmodus, wo man durch ein eingebautes Kartenspiel zwischen den Kämpfen seltene Schätze erwerben und sich durch serientypische Jobklassen diverse Boni sichern kann, konnten sich hingegen auch schon Importspieler vergnügen. Im Mittelpunkt steht zu Beginn allerdings erst einmal der Story-Modus, in dem sich die versammelte Heldentruppe vor dem Hintergrund eines entschieden geglaubten Götterstreits gegen die Mächte der Finsternis auflehnt. Jeder der zehn Protagonisten durchläuft dabei ein eigenes Story-Kapitel an dessen Ende sein ganz persönlicher Gegenspieler auf ihn wartet, gefolgt von vier Universalkapiteln, die mit jedem beliebigen Charakter bestritten werden können. Angesichts der sehr unterschiedlichen Helden sowie besonderer Gegner und Ereignisse, ist auch der Wiederspielwert enorm.

Um nicht nur Kampf auf Kampf und Story-Sequenz auf Story-Sequenz folgen zu lassen, wird jedes Kapitel in mehreren schachbrettartigen Spielfeldern dargestellt, auf denen man sich weitestgehend frei bewegen kann. Dabei gibt es Felder mit verschiedenen starken Gegnern, lukrativen Schätzen, regenerativen Tränken oder an bestimmte Bedingungen gekoppelten Hindernissen. Wie man zum jeweiligen Zielfeld gelangt, das die eher unspektakuläre Story in zumindest hin und wieder interessanten Dialogen vorantreibt, bleibt dem Spieler überlassen. Je schneller man ans Ziel gelangt, um so interessanter ist die für den entsprechenden Abschnitt ausgeschriebene Belohnung, je mehr Kämpfe man bestreitet, um so schneller steigen Erfahrung und Figurenlevel, je mehr Schätze man birgt, um so vielfältiger wird die Ausrüstung.

Der Weg ist das Ziel

Manche Gegner gewähren zudem die Möglichkeit verbrauchte Spielzüge zurück zu gewinnen, indem man bestimmte Leistungen vollbringt, wie innerhalb einer vorgegebenen Zeit den Kampf zu gewinnen, den Gegner zu demoralisieren oder einen kritischen Treffer zu landen. Je nachdem was man sich im Moment zutraut oder nicht, bahnt man sich so einen möglichst effektiven Weg über das manchmal auch Überraschungen parat haltende Spielfeld, während man seinen Charakter immer weiter zur ultimativen Kampfmaschine ausbaut. 

Tidus gegen Vater Jekkt ist natürlich ein klassischer Konflikt, der auch im Story-Modus des Final Fantasy X-Helden im Vordergrund steht. Ansonsten sind aber alle erdenklichen Paarungen möglich.
Man erhält neue Waffen und Ausrüstungsgegenstände, lernt neue Angriffe und Aktionsmöglichkeiten, verbessert stufenweise seine Attribute und erhält Zugriff auf mächtige Beschwörungen (Esper).

Zudem muss man sich entscheiden, auf welche der erbeuteten Gegenstände und Fähigkeiten man im Kampf zurückgreifen will. Legt man gleich die neu gelernte Kombo an oder meistert man doch erst die bisherigen Attacken, um dann mehr Punkte für die Personalisierung zur Verfügung zu haben? Der Pool an ausrüstbaren Fertigkeiten ist nämlich begrenzt, entweder durch zur Verfügung stehende Slots oder Skill-Punkte. Wird eine Fähigkeit jedoch oft genug benutzt, wird sie irgendwann gemeistert, was den Punktebedarf schlagartig halbiert und facettenreichere Möglichkeiten erlaubt. Wer Probleme mit der teils überladen wirkenden Steuerung hat, kann seine Punkte auch für diverse Spielhilfen wie automatisches Abrollen oder Gegnerverfolgen einsetzen. Die Möglichkeiten sind jedenfalls sehr vielschichtig, auch wenn das eigentliche Schlag- und Kombo-Repertoire überschaubar ist. Wer will, kann das Spielgeschehen im Optionsmenü sogar so weit automatisieren, dass man nur noch via Menüleiste Befehle wie Angriff, Abwehr oder Esper-Einsatz eingibt, was zwar charmantes Rollenspielflair versprüht, aber trotz ausbaubarer KI-Effektivität auf Dauer doch zu passiv und beschränkt wirkt. Wer will kann aber trotzdem darauf zurückgreifen und die Funktionalität ist sogar so ausgereift, dass man damit selbst den Endgegner in die Knie zwingen kann.         

Doch auch wer alle Kampfaktionen manuell ausführt, wird trotz zahlreicher Aktionsmöglichkeiten, die auch Interaktionen mit der Spielumgebung wie Wandläufe oder Railgrinds umfassen, schnell feststellen, dass vieles davon eher aufgesetzt wirkt oder gar hinderlich ist. Vor allem in verschachtelten Arenen hat man trotz Zielaufschaltung mehr mit der mangelnden Übersicht und hakeligen Kamera als mit dem eigentlichen Gegner zu kämpfen, für dessen Bezwingung in der Regel eine Handvoll gut getimter Standardaktionen ausreichen. Natürlich muss man trotzdem lernen, den Gegner zu lesen, sich entsprechend ausrüsten und verhalten. Aber das eher behäbige Kampftempo und die begrenzten Offensivmöglichkeiten lassen dennoch vieles zu schnell Routine werden, so dass Spannung eigentlich nur noch aufkommt, wenn einem der Gegner leveltechnisch deutlich überlegen ist oder man sich mal wieder mit der Aneinanderreihung viel zu ähnlich gelagerter Tastenkombinationen verhaspelt hat. 

Die an die verschiedenen Final Fantasy-Episoden angelehnten Kampfarenen sind nicht nur ziemlich trist, sondern bringen teils auch die Kamera in arge Bedrängnis...
Da wird schnell statt eines Ausweichmanövers mit anschließendem Mutangriff eine Beschwörung vom Stapel gelassen oder aus einem Angriff aus der Abwehrhaltung ein vergeudeter Wutausbruch.

Licht und Schatten

Dabei ist das Kampfsystem vom Aufbau her eigentlich recht interessant. Allein die Unterteilung in Mut- und Energieangriffe birgt viel taktisches Potential, das durch die verschiedenen Beeinflussungen der zwar trostlosen, aber mitunter dynamischen Arenen sogar noch an Tiefe gewinnt. Während Mutangriffe keinen Schaden verursachen, aber den eigenen Mut steigern und den des Gegners schwächen, nagen Energieangriffe abhängig vom aktuellen Mut direkt an der feindlichen Lebensenergie. Schafft man es, den Mut des Gegners komplett zu dezimieren, wird dieser sogar demoralisiert und erleidet besonders schmerzhafte Energietreffer. Auch der Einsatz von Beschwörungen hat oft Einfluss auf den eigenen Mut oder den des Gegners. Im richtigen Moment herbei gerufen, können die Esper einen Kampf in wenigen Sekunden entscheiden und auch die Kraft angelegter Accessoires ist je nach Situation und Kampfverlauf ein mächtiger Verbündeter.

Letztendlich können auch gut getimte Wutausbrüche (Ex-Modus) zum Zünglein an der Waage werden, denn mit ihnen kann man sich nicht nur aus verheerenden Combos befreien und vorübergehend individuelle Statusboni wie Lebensregenerierung aktivieren, sondern auch zum ultimativen Angriff blasen, der sich durch einen kleinen Reaktionstest auch noch ausbauen bzw. auf Gegnerseite leicht abschwächen lässt. Dazu muss man einfach nach erfolgreichen Treffern umher schwebende Ex-Partikel oder ab und zu erscheinende Ex-Kerne einsammeln, bis die Ex-Leiste vollends gefüllt ist. Wenn Cloud mit dem Ultima-Schwert zum Omnischlag ansetzt oder Sephiroth als herzloser Engel die Supernova auslöst, fliegen auf dem Bildschirm jedenfalls so richtig die Fetzen. Charaktermodelle und Animationen können sich im Gegensatz zu den trostlosen Spielumgebungen aber auch sonst sehen lassen.

Akustisch wird man von vertrauten Themen und Klängen umgarnt, die bei Final Fantasy-Fans trotz manchmal fragwürdiger Remixe wohlige Erinnerungen wach rufen. Bei der Sprachausgabe muss man sich mit der nicht immer überzeugenden, aber soliden US-Synchro zufrieden geben. Die manchmal ausbleibenden deutschen Untertitel machen ebenfalls nicht immer die beste Figur, sind unterm Strich aber ganz ordentlich. Die Ladezeiten halten sich in Grenzen und werden anfangs oft durch hilfreiche Tipps und Tutorials gelungen kaschiert. Ungeduldige Naturen können allerdings verschieden große Teilinstallationen auf ihren Memory Stick installieren, was die Wartezeiten teils merklich verkürzt, 

Der EX-Ausbruch stellt den ultimativen Angriff jedes Charakters dar, dessen meist verheerenden Schaden man durch individuelle Reaktionstests steigern bzw. schwächen kann.
bei der Maximalinstallation von über 500 MB aber erst mal mit über einer Stunde Däumchendrehen quittiert wird. Danach kann man den Titel aber ungebremst genießen und sich auf die Jagd nach unzähligen Extras und Boni machen, die man quer durch alle Spielmodi erbeuten kann.

Ultimativer Fanservice?

Im Item-Shop kann man neue Ausrüstungsgegenstände erwerben und tauschen, andere werden wiederum durch bestimmte Aktionen direkt im Spiel erschaffen, während im Sammelkatalog zusätzliche Charaktere, Kostüme, Arenen, Bilder, Spezialgegenstände sowie allerlei Modifikationen und Erweiterungen feil geboten werden. Auch ein Museum mit allen bisherigen Errungenschaften und üppigen Statistiken steht zur Verfügung. Man wird von Schatz suchenden Chocobos und Briefe schreibenden Mogrys begleitet und es gibt sogar die Möglichkeit besonders spannende Begegnungen als Video zu speichern, anschließend umfassend zu bearbeiten und dann als .avi-Datei zu exportieren. Langeweile kommt in Dissidia jedenfalls so schnell keine auf, auch wenn die eigentlichen Kämpfe trotz zunehmender Facetten auf Dauer doch deutlich an Reiz und Spannung verlieren. Der Mehrspielermodus kann da natürlich Abhilfe schaffen und bietet neben Ad-Hoc-Duellen auch personalisierte Geist-Daten, Freundeskarten, Trophäen und mehr - aber eben nur wenn man andere Dissidia-Spieler vor Ort zur Hand hat oder Online-Umwege via PS3 oder PC nutzt...       

Fazit

Keine Frage: Als Fanservice schlägt Dissidia ein wie eine Bombe. Hier sind Helden und Bösewichte aus zehn Rollenspielklassikern in einem Spiel vereint, die nicht nur nach Belieben aufeinander los gelassen werden können, sondern im Fall der Helden auch noch alle maßgeschneiderte Story-Abenteuer erleben dürfen. Die Handlung ist für ein Final Fantasy zwar eher dürftig, für ein Beat'em-Up aber trotz einiger Wiederholungen ausreichend. Das Angebot an Spielmodi sorgt dank motivierender Rollenspielelemente, zahlreicher Individualisierungsmöglichkeiten, Massen an freischaltbaren Extras und kurzweiligen WLAN-Duellen für monatelange Beschäftigung. Man vermisst lediglich einen Online-Modus oder einen alternativen Story-Modus für die Schurkenfraktion. Den größten Kritikpunkt stellen allerdings die Auseinandersetzungen an sich dar: Die Angriffsmöglichkeiten sind überschaubar, das Tempo eher behäbig, die 3D-Schauplätze ungemein trostlos, die Kameraführung alles andere als optimal. Zudem wirkt die Steuerung zum Teil überladen, was bei manchen Tastenkombinationen immer wieder ungewollte Manöver auslösen kann. Trotz taktischer Facetten wie Mutangriffen, Beschwörungen, Verwandlungen, interaktive Umgebungen und situationsbezogene Boni durch Ausrüstungsgegenstände bieten die Duelle auf Dauer einfach zu wenig Dynamik und Abwechslung. Als Prügelspiel hinterlässt Dissidia daher eher einen durchwachsenden Eindruck, das aufwändige und motivierende Drumherum gleicht die spielerischen Defizite aber überraschend gut aus. Es ist also genau umgekehrt wie aktuell bei Soul Calibur für PSP: Beide Titel miteinander vereint hätten vielleicht die perfekte Mischung geboten - schade!

Pro

  • üppiger Umfang
  • originelles Mutsystem
  • praktische Zielaufschaltung
  • umfangreiche Videofunktion
  • hübsche Charaktere & Effekte
  • Massen an freischaltbaren Extras
  • motivierende Rollenspielelemente
  • zahlreiche Individualisierungsmöglichkeiten
  • taktische Beschwörungen & Verwandlungen

Kontra

  • triste Schauplätze
  • unspektakuläre Story
  • behäbiges Kampftempo
  • durchwachsene Kameraführung
  • teils überladen wirkende Steuerung
  • überschaubares Schlag
  • & Komborepertoire

Wertung

PSP

Inhaltlich überragender, aber spielerisch durchwachsener Prügelgipfel der Final Fantasy-Allstars.