Colin McRae: DiRT 2 - Test, Rennspiel, 360, PSP, PlayStation3, NDS, PC, Wii

Colin McRae: DiRT 2
14.09.2009, Michael Krosta

Test: Colin McRae: DiRT 2

Auf der PS3 und Xbox 360 hat Colin McRae: Dirt 2 (ab 11,51€ bei kaufen) schon Gold abgeräumt. Doch wie schlägt sich das Offroad-Rennspiel auf der Wii und PSP? Liefert Codemasters hier ebenfalls ein technisches Sahnestückchen ab und punktet mit einer stylischen Präsentation oder bleibt man überraschend im Dreck stecken?

Für alle, die auf Wii und PSP die gleichen Inhalte erwarten wie auf den beiden anderen Plattformen, wird es ein böses Erwachen: Colin McRae: Dirt 2 ist hier ein völlig anderes Spiel geworden, für dessen Umsetzung auch nicht Codemasters selbst, sondern Sumo Digital verantwortlich zeichnet. Eigentlich hat sich das Studio vor allem auf Sonys Handheld einen guten Namen gemacht, aber was sie hier angestellt haben, ist schon eine kleine Unverschämtheit. Warum? Weil vom lässigen Stil der 360- und PS3-Fassung mit cooler Menüführung genau so wenig übrig geblieben ist wie vom abwechslungsreichen Karrieremodus, der hier schon nach knapp fünf Stunden beendet werden kann und lediglich aus Rundkursen oder Raids besteht. Gab es auf den anderen Plattformen wenigstens noch vereinzelte Rallye-Etappen, ist hier die klassische Rallye überhaupt nicht mehr vertreten. Den Ko-Piloten hat man sich genau so gespart wie die Freunde aus der X Games-Szene, mit denen man auch gemeinsam im Team antreten konnte. Modi wie Gate Crasher, Ausscheidungsrennen oder Zeitfahren

Auf Wii und PSP rast man im Gegensatz zu 360 & Co auch über winterliche Schnee-Pisten. 
gibt es hier ebenfalls nicht. Stattdessen wurden diese zusammen mit neuen Stunt-Wettbewerben unter dem Menüpunkt "Herausforderungen" ausgelagert. Verstehen muss man diesen Schritt nicht, denn mit der Integration in die Dirt 2-Tour hätte man diese nicht nur länger, sondern auch abwechslungsreicher gestalten können.

Alles anders!

So klappert man hier lediglich ein Rennen nach dem anderen ab und schaltet dabei neue Veranstaltungen, Fahrzeuge, Lackierungen sowie Schwierigkeitsgrade frei. Besonders groß ist der Fuhrpark allerdings nicht, der sogar noch mickriger ausfällt als auf den anderen Konsolen. Richtig fordernd wird es für halbwegs geübte Spieler dagegen nie. Grund dafür ist die übermäßig starke Gummiband-KI, die dafür sorgt, dass die gerade mal drei anderen Fahrer mit angezogener Handbremse weiter kriechen, sobald sie vorne liegen. Allerdings schwingt das Gummiband mit Ausnahme des höchsten Schwierigkeitsgrades nur in eine Richtung, sprich: Wenn man als Spieler vorne liegt, holen die Mitbewerber nicht auf wundersame Weise auf. So ist es keine Seltenheit, wenn man mit mehr als 20 Sekunden Vorsprung über die Ziellinie brettert. Nervenkitzel? Keine Spur! Leider kann man hier nicht vor jedem einzelnen Rennen den Schwierigkeitsgrad festlegen wie auf PS3 & Co, sondern muss sich mit den meist schwachen Leistungen der Konkurrenten abfinden. Auch die Fahrphysik ist relativ anspruchslos und tendiert noch stärker in den Arcade-Bereich als auf 360 und PS3. Dabei lassen sich optional sogar noch Fahrhilfen wie Traktionskontrolle oder Lenk-Assistenzen hinzuschalten, wodurch selbst wirklich jeder in der Spur bleiben dürfte. Es sei denn, man hebt nach Kuppen ab, denn die Autos wirken viel zu leicht und fliegen dementsprechend weit - oder aufgrund des oft schlechten Streckendesigns direkt in eine Mauer. Große Folgen muss man dabei allerdings nicht befürchten, denn auf Wii und PSP gibt es weder ein kosmetisches noch ein vollwertiges Schadensmodell. Ganz im Gegenteil kann es hier sogar von Vorteil sein, mit Vollgas an der Bande entlang zu schrubben und auf den Bremseinsatz zu verzichten. Kommt es doch mal zu Überschlägen, braucht man sich ebenfalls keine Sorgen zu machen, da der Bolide wie von Geisterhand wieder auf seine vier Räder zurück geschubst wird. Und geht es mal aus Versehen neben die Strecke, wird man eine Sekunde später automatisch wieder auf den festen Untergrund zurückgebracht. Klar, dass bei einem solchen Service die Rückspulfunktion der anderen Fassungen überflüssig erscheint - schade ist das Fehlen trotzdem. Das gilt auch für die Wageneinstellungen, die hier komplett unter den Tisch fallen. Selbst manuelles Schalten ist nicht möglich. Zumindest können sich Wii-Besitzer über verschiedene Steuerungskonfigurationen freuen: Neben einem Solo-Einsatz der Remote, bei der man durch Neigen

Einen Onlinemodus gibt es nicht. Stattdessen trägt man mit der PSP über eine Adhoc-Verbindung und an der Wii im Splitscreen mit bis zu vier Teilnehmern die Rennen aus.
den Wagen lenkt und aufgrund der schwammigen Erkennung gleichzeitig - wenn auch unfreiwillig - den Schwierigkeitsgrad nach oben schraubt, lassen sich auch ein Nunchuk oder das Classic Gamepad dazu stöpseln.

Öde Tour

Während Dirt 2 auf der PS3 und 360 ein wahrer Augenschmaus ist, stellt sich auf Wii und PSP eher das Gegenteil ein. Was hier an leblosen, mit matschigen strukturlosen Texturen auf den Bildschirm geklatscht wird, ist eine Schande für die beiden Plattformen, die deutlich mehr leisten können als das, was Sumo Digital hier aus ihnen herausholt. Man denke nur an das fantastische Sega Rally für die PSP, das verglichen mit Dirt 2 so aussieht, als wäre es eine ganze Generation weiter. Auf Wii gibt es nicht mal Spiegelungen auf den Karosserien zu sehen - folglich sehen selbst betagte PS2-Rennspiele wie etwa Gran Turismo 3 besser aus als die tristen Kulissen und matten Boliden von Dirt 2. Wie ist so etwas möglich? Als ob die bescheidene Grafik nicht schon ärgerlich genug wäre, kommt es noch schlimmer, denn das Renngeschehen kommt durch mitunter krasse Slowdowns immer wieder ins Stocken - und das sowohl auf PSP als auch auf Wii. Noch eine Gemeinsamkeit: Die Motoren und Soundeffekte klingen auf beiden Systemen gleich scheußlich. Einzig der rockige Soundtrack kann überzeugen, der im Gegensatz zu 360 und PS3 aber massiv gekürzt wurde. Damit sind Wii- und die Handheld-Fassung nicht nur inhaltlich, sondern auch technisch nahezu identisch. Einzige Ausnahme ist der Mehrspielermodus: Während es mit der PSP sogar via Gamesharing in Adhoc-Sessions mit bis zu vier Spielern auf die Piste geht, wird auf Wii der Bildschirm entsprechend geteilt, so dass hier ebenfalls bis zu vier Piloten um den Sieg rasen können. Einen Online-Modus bietet dagegen keine der beiden Fassungen. Trotz all der Negativpunkte gibt es aber doch noch einen Vorteil gegenüber 360 & PS3: Im Gegensatz zu den "großen" Fassungen darf man auf Wii und PSP sogar über schneebedeckte Straßen heizen und über Eisflächen schlittern. Davon abgesehen geht es über Asphalt, Sand- und Schotterpisten in Äthiopien, Mexiko, Großbritannien, den USA, China, Santa Perez, Japan und Manta. Diese Schauplätze besucht man nicht nur im Rahmen der Dirt Tour, sondern auch in Einzel- und Zeitrennen sowie einer Arcade-Meisterschaft, bei der man allerdings im Vorfeld nie genau weiß, wie viele Rennen die drei Schwierigkeitsstufen jeweils umfassen. 

Technik-Schreck

Fazit

Hat man sich auf der PS3 und 360 damit abgefunden, dass die Colin McRae-Serie jetzt mehr ein Arcade-Racer mit einem Fokus auf Spaß-Events geworden ist, bekommt man ein sehr gutes Offroad-Spiel, das technische Glanzpunkte setzt. Beides kann man auf Wii und PSP leider nicht behaupten: Die Umsetzung hat bis auf den Namen nichts mehr mit der starken Vorlage gemeinsam und wirkt wie eine billig zusammengeschusterte Auftragsarbeit ohne Seele und Stil. Langweilige Strecken, eine lächerliche Gummiband-KI, knapper Umfang, biedere Präsentation, fehlendes Schadensmodell und nicht mehr zeitgemäße Technik mit Schwächeanfällen sorgen dafür, dass Colin McRae: Dirt 2 auf Wii und PSP mit einem Motorschaden liegen bleibt. Zumindest darf man hier aber auch über Schnee-Pisten rasen, bekommt auf Wii einige Steuerungsoptionen geboten und bekommt lokal einen brauchbaren Mehrspielermodus. PSP-Spieler sind mit Sega Rally trotzdem deutlich besser bedient, während Wii-Besitzer noch einmal Excite Truck aus dem Regal kramen und dabei sehr viel mehr Arcade-Fahrspaß genießen sollten.

Pro

  • Splitscreen für bis zu vier Spieler (Wii)
  • Adhoc-Sessions für bis zu vier Spieler (PSP)
  • Fahrhilfen für Anfänger zuschaltbar
  • lizenzierte Boliden
  • neun Schauplätze inklusive Schnee-Rennen
  • gute (Arcade-)Steuerung
  • viele Steuerungsoptionen (Wii)

Kontra

  • sehr kurze Dirt-Tour (Karrieremodus)
  • kleiner Fuhrpark
  • keine klassische Rallye mehr
  • keine Ko-Piloten
  • matschige Texturen
  • z.T. krasse Slowdowns
  • schwacher Audiobereich
  • wenig Strecken
  • nur drei KI-Gegner
  • extreme Gummiband-KI
  • z.T. furchtbares Streckendesign
  • kein Schadensmodell
  • Fahrzeuge wirken viel zu leicht
  • biedere Präsentation
  • kein Online-Modus
  • matte Boliden (kein Environment Mapping etc.)
  • insgesamt zu niedriger Schwierigkeitsgrad (nicht einstellbar)
  • keine Wageneinstellungen mehr

Wertung

PSP

Schwache Technik, knapper Umfang und lasche KI: Auch auf der PSP bleibt Dirt 2 liegen!

Wii

Schwache Technik, knapper Umfang und lasche KI: Auf der Wii erleidet Dirt 2 einen Motorschaden!