Ninja Gaiden: Sigma 2 - Test, Action-Adventure, PlayStation3, PS_Vita

Ninja Gaiden: Sigma 2
06.10.2009, Mathias Oertel

Test: Ninja Gaiden: Sigma 2

Vor gut einem Jahr konnte der Ninja Ryu Hayabusa im Action-Spektakel Ninja Gaiden 2 auf der Xbox 360 die Anhänger visuell eindrucksvoller Katana-Kämpfe verzücken. Gleichermaßen zog er die Aufmerksamkeit des hiesigen Jugendschutzes auf sich - mit dem Ergebnis, dass der Titel inder Zwischenzeit indiziert wurde. Damit der nun veröffentlichten PS3-Variante Ninja Gaiden Sigma 2 nicht das gleiche Schicksal widerfährt, wurde in einigen Punkten die Schere angesetzt, während es auf der anderen Seite einige Ergänzungen gab.

Dementsprechend verwundert war ich, als Tecmo (mittlerweile Koei Tecmo) seinerzeit eine PS3-Version ankündigte. Diese

Statt übertriebener roter Pixelfontänen gibt es weltweit auf der PS3 ein Austreten purpurner Geistesenergie - und damit eine Freigabe durch die USK. Dem Spielspaß schaden die vermeintlichen Schnitte in keiner Form.
Verwunderung wuchs umso mehr, als man sich gewillt zeigte, die Version zu entschärfen - und zwar nicht nur für den deutschen Markt, sondern weltweit.

Vom Index auf USK 18

Man braucht sich nichts vormachen: Die Indizierung des hierzulande von der USK nicht freigegebenen Ninja Gaiden 2 war nur eine Frage der Zeit. Obwohl und gerade weil es grotesk explizit mit der Ausschüttung von roten Pixeln umging.

Und damit hörte das Wundern nicht auf: Denn wie sich zeigen sollte, tut die deutliche Reduzierung der roten Pixel bis auf ein absolutes Minimum dem Spaß keinen Abbruch. Denn zum einen ging die von Team Ninja angesetzte Schere nicht so weit, dass man keine Extremitäten mehr abtrennen könnte. Das geht nach wie vor, nur dass statt eines Blutschwalles eine Art Geisterenergie austritt. Und zum anderen ist das Spielprinzip mit seinen phänomenal choreografierten Kämpfen immer noch Garant genug für gute Unterhaltung.

Doch worum gehts? Spektakuläre Gefechte, bei denen zahlreiche aufrüstbare Waffen zum Einsatz kommen und die in einer fulminanten Auseinandersetzung mit einem oder mehreren der imposanten Bosse gipfeln. An diesem bekannten Konzept, das in der einen oder anderen Form auch aus Spielen wie der Onimusha-Serie oder Devil May Cry 3 bekannt ist, wurde seinerzeit in NG2 und natürlich auch hier wenig geändert.

Also heißt es: Ab in das Zielgebiet, jede Menge Feinde erledigen, vielleicht noch ein kleines Rätsel lösen, damit sich der nächste Abschnitt öffnet, dann wieder von vorne bis zum Bosskampf. Danach ab das in nächste nach gleichem Schema laufende Kapitel - das ist einfach, unkompliziert und ein Motivationsgarant sondergleichen. Vor allem, wenn man wie bei DMC 4 immer wieder hochwertige Filmchen einstreut, um die Story voranzubringen.

Altbekanntes Spieldesign

Obwohl der Begriff "Geschichte" in diesem Fall überstrapaziert wird: Über B-Film-Niveau kommt man selten hinaus - inklusive dem kitschigen Markenzeichen von Team Ninja, den üppig schaukelnden Busen als Blickfang, die auf der PS3 später sogar per Sixaxis in Bewegung gebracht werden können. Für mein Empfinden die unnützeste Sixaxis-Einbindung aller Zeiten, aber jedem Tierchen sein Pläsierchen...

Es sind nicht die neuen Bosse, die neuen spielbaren Figuren oder gar das Sixaxis-Busenwippen, das Sigma 2 auch für Veteranen interessant macht. Es ist vor allem der kooperative Online-Missions-Modus.
Andererseits: Braucht man wirklich mehr zu wissen, als dass Dämonen versuchen, ihren obersten Anführer wieder zu beleben, um die Welt zu unterjochen? Nicht wirklich. Es wäre dennoch schön gewesen, wenn die Schreiberlinge entgegen ihrer Tradition versucht hätten, die Figuren mit mehr als übergroßem Abziehbild-Leben oder Silikon bis zum Abwinken zu füllen.

Dafür gibt es eine andere Neuerung bzw. Überarbeitung: Hatte NG 2 bereits im Vergleich zum Ur-Ninja Gaiden einen moderaten, aber immer noch fordernden Schwierigkeitsgrad, ist Sigma 2 beinahe schon auf Schmusekurs. In den gut und unter dem Strich einen Tick besser als auf der 360 aussehenden, aber immer noch etwas sterilen Abschnitten, wurden die Gegner nicht nur immer wieder neu angeordnet, so dass auch Hayabusa-Veteranen nach wie vor Überraschungen erleben können, sondern auch numerisch reduziert. Sah man sich auf der Microsoft-Konsole z.B. einem Trupp von sechs bis acht Feinden gegenüber, sind es hier nurmehr drei bis sechs, die einen mit einer leicht überarbeiteten und damit besser und abwechslungsreicher angreifenden KI herausfordern. Zusätzlich wurden einige unfaire Momente wie beim Kampf gegen das zum Schluss explodierende Gürteltier behutsam auf einen modernen weniger frustrierenden Stand gebracht.

Weniger ist mehr?

     

Doch man sollte sich jetzt nicht zu der Annahme verleiten lassen, dass Sigma 2 ein spielerischer Spaziergang ist: Vor allem im letzten Drittel der auf der PS3 von 14 auf 17 aufgestockten, teils ausufernden Abschnitte erinnert der Schwierigkeitsgrad an alte Tugenden. Da man aber einen angenehmen Vorlauf hat, um sich an die Steuerung sowie die Vorzüge der verschiedenen Waffen und Sonderattacken zu gewöhnen, fühlt man sich gewappnet, den Bosskampf-Marathon auf sich zu nehmen. Vor allem, da es im Gegensatz zum Vorgänger (NG Sigma) eine größere Rolle spielt, mit welcher Waffe ich gegen

Ryu Hayabusa sieht sich nicht nur mit neuen Gegnern konfrontiert - die Anordnung wurde teils komplett überarbeitet.
den entsprechenden Gegner vorgehe und ich somit eine gewisse Taktik spüre.

Diese leichte taktische Komponente wird auch dadurch verstärkt, dass die Waffenupgrades nicht mehr über Stilpunkte gekauft werden können, sondern man sich an bestimmten Punkten entscheiden muss, welche der Klingen man nun aufrüstet - eine der zahlreichen kleinen Änderungen, die Sigma 2 im Vergleich zu NG2 runder erscheinen lassen.

Und dennoch schafft es Team Ninja nicht, alle Problemzonen der 360-Versionen glattzuschleifen. Die Kameraführung z.B. ist immer noch nicht optimal. Dass es eine automatische Kamera bei schneller Third-Person-Action mitunter schwer haben kann, den optimalen Darstellungswinkel zu finden, ist normal. In Zeiten von HD, Mega-Rechenpower etc. zwar unverständlich, aber verschmerzbar. Zumal man ja auch in Krisensituationen mit dem rechten Stick bzw. einer Schultertaste regulieren bzw. die Kamera hinter sich positionieren kann.

Alles besser auf der PS3?

Dass man aber innerhalb der ausufernden schnellen Action, die einem ohnehin alles abverlangt, von der Kamera so im Stich gelassen wird, dass man seine Figur nicht mehr sieht, wenn man sich z.B. in einer Ecke oder einem kleinen Alkoven befindet, ist sträflich. Denn in diesen Momenten hat man meist sowieso genug damit zu tun, sich der mit allerlei abwechslungsreichen Attacken auf einen einstürmenden Gegner zu erwehren - es fehlen die notwendigen Zehntelsekunden, um die Kamera in eine glücklichere Position zu bringen. Zumal es viele feindliche Angriffsschleifen gibt, aus denen es dann außer dem unvermeidlichen Game Over kein Entkommen gibt. Doch Trial-und-Error gehört zum allgemeinen Ninja Gaiden-Spieldesign wie die Drachenklinge zu Ryu Hayabusa.

War Sigma im Vergleich zu Ninja Gaiden nur ein zögerliches HD-Update, geht Sigma 2 in die Vollen und spendiert den PS3-

Schon vor gut einem Jahr war die Ninja-Action eine Augenweide. Daran hat sich auf der PS3 nichts geändert.
Meuchelmördern zahlreiche Extras. Neben einer insgesamt  verbesserten Kulisse, die mit sauberen Animationen punktet, aber im Gegenzug immer wieder mit unschönem Tearing die falsche Aufmerksamkeit auf sich zieht, gibt es inhaltlich einiges zu bieten. Ryu darf sich über neue Waffen freuen und die drei frisch hinzugefügten Abschnitte werden genutzt, um jeweils neue spielbare Figuren zu etablieren. Natürlich alle weiblich, damit die Sixaxis-Dynamik genutzt werden kann...

Mehr ist mehr

Neue, behutsam eingebaute Zwischenbosse sorgen ebenfalls für Abwechslung und wer nach oder neben der Kampagne Lust hat, etwas Neues zu erleben, kann sich an den kooperativen Team-Missionen versuchen. Wenn es etwas gibt, auf das die 360-Ninjas neidisch sein können, sind es vor allem diese Koop-Aufgaben, die online für enormen Spaß sorgen. Offline hingegen kann man sich keinen Kumpel schnappen und Welle auf Welle an Gegnern ebenso stylisch wie eindrucksvoll zu dezimieren. Hier greift einem ein passabel agierender KI-Freund unter die Arme.  

Fazit

Wer sagt, dass der Erfolg eines Spieles von der Ausschüttung an Zinnober gefärbten Pixeln abhängt, sollte sich Ninja Gaiden Sigma 2 anschauen, um eines Besseren belehrt zu werden. Zugegeben: Ich habe die Fontänen beim allerersten Anspielen etwas vermisst. Doch abseits der nach wie vor zweifelhaften Kameraführung, die auch auf der PS3 nicht behoben wurde, überzeugt die Kampfmechanik ebenso wie die leichten visuellen Verbesserungen an allen Ecken und Enden. Das überarbeitete Abenteuer von Ruy Hayabusa wirkt einfach runder als das 360-Gegenstück. Doch es sind nicht die neuen spielbaren Figuren, die frisch und teilweise mit unbekannten Bossen bevölkerten Gebiete oder die verbesserte KI und schon gar nicht die unnütze Sixaxis-Einbindung zur Busen-Wipp-Kontrolle, die Sigma 2 auch für Kenner des vom deutschen Jugendschutz ungeliebten Bruders interessant machen. Es ist vor allem der kooperative Team-Modus, der online eine erstaunlich sinnvolle Ergänzung zum Katana-Ballett der Story-Kampagne darstellt und sich als Unterhaltungsgarant erweist. Dass man offline allerdings nur mit einem KI-Freund diese Missionen in Angriff nehmen kann, ist sehr bedauerlich und verhindert den Aufstieg in den Olymp.

Pro

  • fantastische Kampfchoreografien
  • eingängige Steuerung
  • fordernde Bosskämpfe
  • gutes Checkpunkt-System...
  • technisch eindrucksvolle Zwischensequenzen...
  • spektakuläre waffenabhängige Finisher
  • kooperativer Team-Modus...
  • gute (englische) Sprachausgabe
  • neue Bosse samt Zwischensequenzen

Kontra

  • Kameraführung häufig aus der Hölle
  • stereotype Story
  • Kulisse mit starken qualitativen Unterschieden- ... das sich aber ab und an böse Aussetzer leistet
  • ... deren Dramaturgie aber nur in Ausnahmefällen packt
  • Umgebung nur an vorgesehenen Stellen interaktiv- ... der allerdings nur online funktioniert
  • Tearing

Wertung

PlayStation3

Die vermeintlichen Schnitte haben Ryu Hayabusa nicht geschadet. Ganz im Gegenteil: Auf der PS3 wirkt das Abenteuer dank zahlreicher neuer Inhalte runder als je zuvor.