Die wahnsinnige Welt des Sports - Test, Sport, Wii

Die wahnsinnige Welt des Sports
29.09.2009, Jens Bischoff

Test: Die wahnsinnige Welt des Sports

Eigentlich sollte man meinen, dass Wii-Spieler bereits aus mehr als genug sportlichen Minispielsammlungen wählen können. Um aus der Masse heraus zu stechen, muss man mittlerweile schon etwas Besonderes bieten. Segas wahnsinnige Welt des Sports versucht in erster Linie mit ungewöhnlichen Disziplinen und alberner Inszenierung auf sich aufmerksam zu machen. Mit Erfolg?

Schon mal mit Thunfischen um die Wette geworfen, mit motorisierten Sofas durch die Stadt geheizt oder während eines Fallschirmsprungs Wäsche gebügelt?



Fliegende Fische und fahrende Sofas

Video: Der Trailer gewährt Einblicke in ein paar der insgesamt zehn verfügbaren Disziplinen.Zugegeben, die Disziplinen in Segas wahnsinniger Welt des Sports klingen alles andere als alltäglich. Allerdings merkt man schnell, dass die meisten Sportarten ein ziemlich traditionelles Vorbild haben und sich auch entsprechend gewöhnlich spielen...

Fangen wir mit dem Thunfisch-Weitwurf an, der quasi nichts anderes ist als klassisches Hammerwerfen mit schuppigem Sportgerät, bei dem man mit raschen Flossenschlägen noch etwas an der Flugkurve und -weite schrauben kann. Die Bedienung ist zwar etwas kontraintuitiv, da man statt durchgehender Drehbewegungen nur mehrmals kurz die Remote schütteln muss, um Schwung aufzubauen, aber insgesamt ein solider, wenn auch unspektakulärer Auftakt. Witziges Detail am Rande: Trifft man mit seinem Fisch den moderierenden Schiri, darf man ihn beim nächsten Versuch übers Spielfeld schleudern.

Danach geht's im Möbelrennen auf Stadtrundfahrt - eine Art Mario Kart auf Sofas. Allerdings mit eher mäßig überzeugender Steuerung und ohne extravagante Power-ups. Immerhin kann man Rivalen durch Stoßattacken in die Böschung schubsen, per Turboboost an ihnen vorbei ziehen oder durch Kurven driften. Auch diverse Hindernisse wie aufklappende Gullideckel oder schrankenlose Bahnübergänge gilt es zu bewältigen und versteckte Abkürzungen zu finden. Spaß macht's trotzdem nicht, also weiter.

Was sich wohl hinter Pultstockspringen verbirgt? Aha, Stabhochsprung - nur halt über einen Fluss. Es dauert eine Weile bis ich das richtige Abspringen von der Stange gecheckt habe, danach hält sich die Herausforderung in Grenzen, genauso wie der Spaßfaktor.

Originelles Wechselspiel: Das Kartenboxen sorgt mit seiner simplen, aber amüsanten Mischung aus Boxkampf und Memory für hämische Partystimmung.
Immerhin, das Replay nach einem perfekten Absprung sieht ganz stylisch aus. Die ständigen Ohs und Yeahs bei fast jedem Knopfdruck beginnen aber bereits zu nerven.

Springen, Hauen und Putten

Also ab in den Ring und beim Kartenboxen etwas Dampf ablassen. Hm, Boxen mit nur einer Hand und drei Aktionsmöglichkeiten: Zuschlagen, Blocken, Ausweichen. Trotzdem macht's irgendwie Laune, seinem Kontrahenten die Augen blau und Backen dick zu dreschen. Oh, jetzt wird der Kampf unterbrochen und eine Runde Memory gespielt. Witzige Idee - vor allem weil man nicht nur Pärchen suchen muss, sondern mit entsprechenden Karten auch Energie gewinnen oder weiter auf seinen verdutzten Kontrahenten einprügeln kann. Nichts weltbewegendes, aber in geselliger Runde viel hämisches Grinsen und Fluchen.

Zur Entspannung wage ich mich danach auf den Golfplatz. Statt auf Rasen, wird auf Eis gespielt. Saukalt hier. Wer sich zu viel Zeit lässt, friert sogar fest und muss anschließend per Bunsenbrenner aufgetaut werden und kassiert einen Strafpunkt. Okay, man kann auch auf Nummer sicher gehen und den Ball in die Nähe von kleinen Lagerfeuern spielen. Aber mein Ball fliegt meist sowieso nie dahin, wo ich ihn haben will. Trotz einblendbarer Übersichtskarte treffe ich ständig irgendwelche Eisberge oder -löcher, am Ende prallt das Ding sogar von der Lochfahne ab. Dabei ist die Steuerung verdammt simpel, fast schon primitiv, aber die Dosierung der Schlagstärke erfordert perfekte Platzkenntnisse. Partygolfen sollte definitiv anders aussehen. Vielleicht hätte Minigolf besser funktioniert. Ich habe jedenfalls genug. Auf zum nächsten Event!      

Ach herrje, Sega lässt einen sogar Wäsche bügeln. Das Extrembügeln findet allerdings in luftiger Höhe statt. 

Das Wettbügeln erinnert mit seinen simplen Quick-Time-Events an Tanzspiele wie DDR & Co.
Also jeder ein Brett, Bügeleisen und einen Stapel Wäsche geschnappt, raus aus dem Flugzeug und im freien Fall schön brav den Anweisungen des Bügelmeisters folgen. Wer einschlägige Tanzspielerfahrungen hat, weiß ungefähr was ihn erwartet: Einfach im richtigen Moment vorgegebene Bewegungsmuster nachahmen. Trotz wechselnder Positionen und teils vom Bildschirmrand verschluckter Bügelanzeigen, ein eher simples Unterfangen. Man schwingt die Remote nach vorn, zur Seite oder diagonal, lässt per Knopfdruck Dampf ab und rubbelt gelegentlich um die Wette, um in einer kurzen Solo-Einlage den anderen sein Können vorzuführen, bis die Reißleine gezogen wird. Eher was für unausgelastete Hausfrauen oder -männer...

Haus- und Gartenarbeit

Rasenmäherraserei klingt da schon eher nach Spaß. Also ab auf die Minitraktoren und um die Wette gemäht. Hm, als Rundrennen aus der Vogelperspektive ist das ganze trotz gelegentlicher Kuh- und UFO-Attacken wenig prickelnd. Ein anderes mal findet man sich auf einem kleinen Plateau wieder, wo man ebenfalls fleißig Mähen muss, um kurzzeitig einen Turbo zu zünden. Darüber hinaus kann man die Konkurrenz hier allerdings auch in die Tiefe schubsen, was weit lukrativer ist als nur Gras zu schneiden. Aber auch beim Autoscooter für Platzwarte hält sich meine Begeisterung in Grenzen.

Wenn wir schon bei Gartenarbeit sind, warum nicht beim Baumfällersport eine Runde Holz hacken? Klingt zwar langweilig, ist aber ein durchaus explosiver Spaß, da sich zwischen die Scheite auch ein paar Dynamitstangen verirrt haben, die man tunlichst meiden oder zum Nebenmann schubsen sollte. Ansonsten geht es aber lediglich darum, liegende Scheite vertikal und stehende horizontal möglichst schnell zu Kleinholz zu verarbeiten. Allein ziemlich witzlos, mit ein paar Freunden aber durchaus unterhaltsam, auch wenn der Reiz schnell verfliegt.

Da klingt Schlammrutschen doch wesentlich viel versprechender. Und tatsächlich, sauber bleibt hier niemand, denn die Disziplin ist wörtlich gemeint. Man nimmt Anlauf, schlittert über eine Matschbahn mit beschleunigenden Toren und kracht am Ende in eine Würfelwand, die, je weiter ihre Einzelteile fliegen, das Punktekonto in die Höhe schnellen lässt. Vermutlich die primitivste aller Disziplinen, aber ein paar Durchgänge lang herrlich brachial und schnörkellos. Wenn der Moderator aber nur noch einmal Oh oder Yeah ruft, missbrauche ich ihn als Schlamm-Surfbrett.

Dreck und Käse

Jetzt noch zum Käserollen, das wie eine Mischung aus Kegeln und Eisstockschießen wirkt. Man rollt einen runden Käselaib in eine schneckenförmige Bahn, die aus verschiedenen Punktfeldern besteht, deren Werte man beim Überrollen gut geschrieben bekommt.

Friss Dreck! - Beim Schlammrutschen schlittert ihr als menschliche Bowlingkugel durch den Matsch.
Hat man aber erst einmal die perfekte Kombination aus Startposition, Wurfstärke und Spin intus, beginnt man sich rasch zu langweilen, auch wenn man immer mal wieder einen Wurf versehentlich versemmelt. Dann doch lieber reguläres Bowlen - da ist der direkte Konkurrenzkampf wesentlich ausgeprägter und motivierender.

So, was haben wir denn noch? Was, nichts!? Hm, gerade mal zehn Disziplinen, von denen man ungefähr bei der Hälfte schon nach einem Durchgang genug hat, sind nicht gerade viel... Okay, manche kann man an verschiedenen Schauplätzen bestreiten, das schräge Charakterdutzend verfügt über individuelle Statuswerte und im spielinternen Shop kann man sich mit noch skurrileren oder effektiveren Sportgeräten ausrüsten. Zudem gibt es neben dem Partymodus für bis zu vier Teilnehmer auch eine Reihe von vorgefertigten Turnieren für bis zu drei Spieler, um sich mit speziellen KI-Gegnern zu messen, damit alle Figuren und Disziplinen überhaupt erst verfügbar sind. Aber trotz des moderaten Preises von knapp 30 Euro und der kostengünstigen Bedienung nur via Remote, hätte man doch etwas mehr erwarten können. Es gibt nicht mal einen Online-Modus und selbst die Rangliste hält nur eigene Rekorde fest. Letztendlich spielt das aber auch keine Rolle, denn es gibt einfach wesentlich bessere und spaßigere Alternativen, die zum Teil auch nicht mehr kosten...     

Fazit

Mag ja sein, dass man in Die Wahnsinnige Welt des Sports erstmals mit Pultstöcken springen oder Thunfische werfen darf. Im Endeffekt handelt es sich dabei aber um nichts anderes als Stabhochsprung und Hammerwerfen mit exotischeren Utensilien und kleinen Abwandlungen. Auch sonst hat man quasi jede der gerade mal zehn Disziplinen in ähnlicher Form schon zig Mal gesehen und das vielleicht weniger komisch, aber spielerisch wesentlich ausgereifter präsentiert. Lediglich beim simplen, aber unterhaltsamen Kartenboxen wird dezent Neuland betreten, auch wenn es sich dabei letztendlich nur um einen verwobenen Zweikampf aus Boxen und Memory handelt. Die meisten Wettkämpfe sind aber leider reichlich einfallslos, teils fast schon langweilig und mitunter wirklich grottenschlecht. Die Wettrennen sind eine Qual, das Golfen eine Zumutung und der Rest reicht von "annehmbar" bis "na ja". Es gibt nicht einmal eine Online-Einbindung - weder bei den Wettkämpfen, noch bei den Ranglisten. Und auch die zu 90 Prozent aus Ohs und Yeahs bestehende Soundkulisse nervt schon nach kurzer Zeit gewaltig. Da hilft auch der vergleichsweise günstige Preis von knapp 30 Euro nichts - diese mickrige und belanglose Sportspielsammlung braucht kein Mensch!

Pro

  • teils witzig inszeniert

Kontra

  • mickriger Umfang
  • unspektakuläre Disziplinen
  • durchwachsene Spielbarkeit

Wertung

Wii

Mickrige Minispielsammlung, die trotz skurriler Disziplinen kein Mensch braucht.