FIFA 10 - Test, Sport, 360, iPhone, PlayStation2, NDS, Wii, PC, PlayStation3, PSP
Zweiklassen-Gesellschaft
Letztes Jahr waren wir aufgrund der im Ansatz kreativen und an Pro Evolution Soccer 2009 auf Wii erinnernden Maussteuerung noch gnädig, aber jetzt reicht es langsam: Warum ignoriert man die Rufe der PC-Kicker nach Gleichberechtigung? Warum kann sich EA nicht ein Beispiel an Capcom nehmen und seine Top-Spiele auf allen drei Plattformen auf einem Niveau anbieten? Dank PhysX, DirectX 10 & Co sollte da theoretisch sogar mehr Power erreichbar sein. Aber stattdessen muss man schon beim ersten Spiel auf einen "Rasen" schauen, der an einen grünen Gummiteppich aus der Sporthalle erinnert - und das, obwohl "3D-Gras" aktiviert ist, während man auf Konsolen schon im Ladebildschirm ins Stadion gezoomt wird und loskicken kann?
Hier fühlt man sich in die Steinzeit zurückgekickt. Was soll das? Muss man sich als Verantwortlicher nicht schämen, wenn man den Leuten so eine billige Kulisse zum Vollpreis anbietet? Wenn man tatsächlich Blobs oder seltsame graue Rechtecke statt echter Schatten zeigt? Wie soll denn bitteschön irgendein Fußballfunke überspringen, wenn man sich vorkommt wie in einem ambitionierten Browserkick? Selbst wenn man alle Details wie Shader & Co auf Maximum stellt, sieht der Kick nicht besser aus - das ist grausig!
Das hässliche Entlein
Auch das Spielgefühl hinkt trotz integrierter 360-Grad-Steuerung hinterher, denn die feinen Richtungsänderungen mit Ball sehen hier aus wie ein unbeholfenes Gewuschel. Und selbst wenn einige innere Werte wie Pressing, Abschirmen, Dribbelstick und Schlenzertechnik stimmen, hinkt man zwei Welten hinter dem Spaß her, den man auf der Couch erlebt. Zudem sind die Torhüter viel zu leicht zu überrumpeln, bleiben zu oft statisch stehen und zeigen nicht mal ansatzweise die spektakulären Rettungen, die das Spiel auf Konsolen so dramatisch gestalten. Überhaupt vermisst man diese intuitiven Manöver in letzter Sekunde, die dem Fußball so eine lebendige Note verleihen. Außerdem fehlt einem beim Aufbauspiel einfach die Breite des Platzes, der hier fast wie eine Röhre wirkt.
Trotzdem lässt sich der Ball etwas dynamischer und taktisch abwechslungsreicher Richtung Tor tragen als im Vorjahr. Auch die Ballphysik verdient ein Lob, denn das Leder zeigt realistischere Flugkurven bei Distanzschüssen und nicht diese Überdrehungen bei Flanken. Aber das sind kleine Tropfen auf einem verdammt heißen Stein des Anstoßes, der auch von den neuen Spielmodi für Manager sowie "Be a Pro: Club and Country" nicht gekühlt werden kann. Wieso soll man sich in etwas so Hässliches überhaupt vertiefen und Karriere bis hin zur Nationalmannschaft machen wollen?
Fazit
Was auf Xbox 360 und PlayStation 3 gerade begeistert, enttäuscht am PC auf ganzer Linie: Das ist einfach nicht mehr zeitgemäß! Falls das jemand bei EA noch nicht bemerkt hat: Wir schreiben das Zeitalter von Direct X 10, PhysX und High Definition. Heutzutage will ich auf dem Rechner die volle Grafikpracht sehen, wenn ich die Auflösung nach oben schraube und Shader aktiviere! Ich will hinsichtlich der Spielerfahrung auch nicht benachteiligt werden, nur weil ich unter Windows spiele. Ich will nach einem Anstoß auch nicht in die Steinzeit zurückgekickt werden. Und kommt mir nicht mit der Ausrede der Performance oder mit dem gemeinsamen Nenner der minimalen Systemvoraussetzungen: Immerhin kriegen Capcom und Konami das auch hin, ihre Topspiele für alle auf einem technischen Niveau anzubieten! Das wird nur deshalb kein Totalverriss, weil das Spiel durchaus einige innere Werte wie eine gute Ballphysik und einen angenehmen Aufbau besitzt. Aber diese kleinen Lichtblicke können angesichts der veralteten Kulisse nicht so nach außen dringen, dass sie für Motivation sorgen. Das Auge isst bekanntlich mit und hier wird mir ein hässlicher Fraß zum Vollpreis vorgeworfen - damit muss im nächsten Jahr Schluss sein!
Pro
- gute Ballphysik
- dynamischer Spielaufbau
- knackige Fangesänge
- ansehnliche Zweikampfrempler
Kontra
- - total veraltete Kulisse
- spielerisch weit hinter 360/PS3- hölzerne Animationen
- schwache Torhüter
- kein Fußballfieber
- grausames Publikum