Section 8 - Test, Shooter, 360, PC, PlayStation3

Section 8
09.10.2009

Test: Section 8

Unter mir erstreckt sich die gigantische Wüste des Planeten New Madrid - eine Kolonie am Rande der bewohnten Galaxis. Aber mir bleibt keine Zeit, den kargen Ausblick zu genießen. Um mich herum donnern Flak-Geschosse, tausend schwarze Nebelschwaden explodieren in der dünnen Atmosphäre, immer schneller kommt der Boden auf mich zu. Wenn ich den Absprung überleben will, bleibt mir keine Zeit für den Fallschirm. Sekunden später schlage ich in einer Staubwolke auf der Oberfläche auf - welch ein Einstieg!

Es sind aber nicht nur die ersten Sekunden der Solokampagne, welche die Entwickler der TimeGate Studios (Kohan-Serie, Axis & Allies, F.E.A.R.-Erweiterungen) so packend inszenieren. Denn vielmehr beginnt jeder einzelne Kampf des Mehrspieler-Shooters mit einem



Teamwork oder Alleingang?

VIDEO: TimeGate erklärt das zentrale Spielelement, die Dynamischen Combat-Missionen.solchen Sprung vom im niedrigen Orbit geparkten Landungsschiff direkt ins Kriegsgebiet, mit einem so genannten Burn-In. Doch was ist Section 8 (ab 1,99€ bei kaufen) nun wirklich? Ein Mehrspieler-Shooter - so viel ist klar. Samt Missionen für Einzelkämpfer? Daran sind doch selbst bekannte Größen wie Unreal Tournament 3 bereits gescheitert...

Und es stimmt natürlich: Auch in Section 8 sind die durch eine dünne Handlung verbundenen Missionen kaum mehr als ein Anhängsel, das vor allem dazu dient, Einsteiger mit dem Spiel vertraut zu machen. Im Gegensatz zum erwähnten Unreal Tournament nimmt sich TimeGate allerdings die Zeit, nicht nur separate Skirmish-Gefechte aneinander zu knüpfen, sondern inszeniert auf den modifizierten Mehrspieler-Arealen eine abwechslungsreiche Geschichte um Soldat Corde, die meist in kurzen Funksprüchen und weniger häufig auch in kurzen Filmszenen erzählt wird. Pure Solisten sind hier natürlich fehl am Platz, denn ein großes Epos wird nicht erzählt - der intergalaktische Zwist zwischen der Arm und der Section 8 ist erzählerisch völlig belanglos. Dennoch gehört "Cordes Geschichte" zum Einstieg oder als Abwechslung zwischen den Online-Gefechten zu den besseren Ergänzungen.

Und es gibt tatsächlich genug Anlass, sich in Ruhe mit dem Spiel vertraut zu machen; Section 8 verlässt sich nämlich nicht auf herkömmliche Konzepte, die sich spielerisch meist mit dem Motto Rennen, Schießen und Erobern begnügen. Selbstverständlich geht es auch hier darum, möglichst schnell den Gegner zu erledigen, damit das eigene Team mit dem Einnehmen und Halten markierter Positionen Punkte sammeln kann. Inhaltlich und spielmechanisch bringen die Entwickler allerdings zahlreiche Ideen ein, die das Geschehen im Großen wie im Kleinen taktischer gestalten.

Das fängt damit an, dass sich das ganz normale Bewegen nicht nur auf Rennen und Springen beschränkt. Stattdessen schaltet sich bei gedrückter Sprinttaste nach einigen Sekunden ein Boost ein, mit dem man selbst ein großes Einsatzgebiet binnen weniger Sekunden

Der Burn-In sorgt immer wieder für einen gelungenen Einstieg in die Science Fiction-Gefechte.
durchqueren kann. Der Turbo muss sich anschließend zwar neu aufladen, aber wer nur zum Gaudi zweimal eine große Runde um den Park drehen will, ist hier ja ohnehin fehl am Platz. Praktisch: Der Boost dient nicht nur dazu, schnell ans Ziel zu gelangen - er hilft angeschlagenen Soldaten auch, schnell in Sicherheit zu gelangen, bis sich ihre Schilde wieder aufgeladen haben.

Ein neues Bewegen

Ähnliches gilt für das Springen: Immerhin verlassen sich die Soldaten der Zukunft nicht nur auf ihre Gelenke, sondern nutzen Jet-Packs. Damit können sie etwa 50 Meter hoch fliegen, überbrücken dabei aber zum einen nur wenige Meter und müssen den kleinen Triebwerken zum anderen schon nach wenigen Sekunden eine Pause zum Aufladen gönnen. Die Areale erstrecken sich deshalb zwar nicht in nennenswerte vertikale Dimensionen, aber einen sonst gleichstarken Gegner könnte man mit einem solchen Sprung vielleicht verwirren und so die Oberhand gewinnen... was nur gelingt, falls der Feind den versuchten Ausfall nicht verhindert, indem er rechtzeitig das automatische Zielen aktiviert. Mit diesem bleibt seine Sicht nämlich automatisch auf dem Ziel fixiert - er müsste nur noch feuern. Auch diese Funktion steht aber erst nach einer spürbaren Wartezeit wieder zur Verfügung - direkt aufeinander folgende Duelle gewinnt man damit also auf keinen Fall!                 

TimeGate schafft es tatsächlich, jeder wichtigen Aktion einen möglichen Konter entgegen zu stellen, was zu wunderbar taktischen Gefechte führt. Allein die Tatsache, dass sich die Soldaten beider Parteien verhältnismäßig langsam bewegen und über relativ starke Schilde verfügen, verhindert die rasend schnellen, teils sogar hektischen Gefechte anderer Mehrspieler-Shooter. Immerhin nimmt der Körper erst dann bleibenden Schaden, wenn die Schildstärke auf Null gesunken ist. Taktisches Geschick und Können an Maus, Tastatur oder Gamepad sind natürlich trotzdem gefragt. In Section 8 dauern Kämpfe aber länger und sind deshalb intensiver.

Und selbst wenn man dann das das Zeitliche segnet: Der zu Beginn erwähnte Burn-In verhindert unangenehme Wartezeiten zwischen dem Ableben und dem Wiedereinstieg. Immerhin heizt es nicht nur die Atmosphäre an, wenn man neben Freund und Feind durch die Flak fällt - man kann auch über jedem Punkt der Karte abspringen und im richtigen Augenblick die Bremstriebwerke aktivieren, um nicht wie ein Stein auf den Boden zu knallen. Im Gegensatz zur Augen-zu-und-durch-Taktik kann man auf diesem Weg nämlich nicht nur das Ziel der Landung noch wie ein Fallschirmspringer nachträglich korrigieren (immerhin sieht man feindliche Soldaten bereits von oben!), sondern bleibt auch nicht Sekunden lang benommen und zunächst handlungsunfähig "liegen".

Stimmungsvolle Zukunftswelt

Ich ziehe das etwas gemächlichere Tempo und die cleveren Ideen jedenfalls selbst meinen geliebten Unreal-Welten vor. Ganz zu schweigen davon, dass sich Section 8 stilistisch als einer der wenigen Vertreter seiner Art kompromisslos der Science Fiction verschreibt und dabei eine ganz hervorragende Figur macht! Die fernen Planeten strotzen zwar nicht vor architektonischen Finessen oder Variantenreichtum, und die mattere Xbox 360-Fassung kommt wie erwartet mit weniger Details aus. Dafür erwecken die acht Schauplätze eine stimmungsvolle Fremde zum Leben, in der etwa ein dreißig Meter breites Kanonenrohr oder ein gigantischer Canyon Akzente setzen.

Acht Schauplätze? Ist das nicht eine recht magere Anzahl an Kulissen? In der Tat trägt die beschränkte Anzahl an Arenen dazu bei, dass sich recht schnell eine zumindest äußerliche Monotonie einschleicht. Man darf die meisten Areale zwar in zwei, drei stärker begrenzten Versionen betreten, die hauptsächlich für kleinere Spielergruppen gedacht sind, doch das verpasst dem visuellen Leerlauf keinen nennenswerten Schwung. Und auch mit der Anzahl an Spielvarianten hält sich Section 8 zurück; genauer gesagt beschränkt es sich sogar aufs Allernötigste, da es gerade mal einen einzigen Modus gibt! Trotz der weitläufigen Ausmaße vieler Karten habe ich mich deshalb bald nach mehr gesehnt.

Eins muss man dem Spiel aber lassen: Dieser eine Modus hat es in sich! Denn wo es auf den ersten Blick nur darum geht, Kontrollpunkte einzunehmen, deren Besitz dem eigenen Team mit jeder Minute neue Punkte in die Kasse spült, steckt die eigentliche Stärke in den so genannten DCM, den Dynamic Combat-Missionen. Während das Besiegen feindlicher Kämpfer den Punktestand nämlich ähnlich schwerfällig in Richtung Siegmarkierung hievt, sahnt das Team erst mit dem erfolgreichen Beenden eines solchen Auftrags richtig ab.

Spielvarianten im Schmelztiegel

Aber wie kommen die DCM zustande? Sie werden jedenfalls nicht durch das Umlegen eines Schalters oder die Auswahl eines Menüpunkts ausgelöst. Vielmehr starten die Nebenmissionen ganz von selbst, sobald das Team bestimmte Ziele erledigt hat. Zu diesen Zielen zählt das Erledigen einer bestimmten Anzahl Gegner mit bestimmten Waffen, das Hacken von Kontrollpunkten oder das Vernichten unbemannter Verteidigungsanlagen. Bis zu acht solcher Vorgaben müssen für manche DCM erfüllt sein - erst dann erscheint z.B. ein  VIP auf dem Schlachtfeld, der sicher ans Ziel gelangen muss. In anderen Missionen muss das Team ein Transport-Vehikel steuern und schützen, geheime Daten stehlen oder in einer feindlichen Basis eine Bombe zünden.           

Die DCM vermischen nicht nur unterschiedliche Elemente dessen, was anderswo als eigenständige Modi namens "Capture the Flag", "Bomb Run" oder "V.I.P." bekannt sind. Sie sorgen außerdem dafür, dass jede Mission ihren eigenen Verlauf nimmt. Spätestens, wenn plötzlich die Countdowns mehrerer aktiver Missionen gen Null zählen, wirken die Schlachtfelder sehr lebendig. Und schließlich sind dabei nicht nur die geübten Augen aller Spieler gefragt, sondern auch ihre grauen Zellen: Denn weil ich die Zusammenstellung meiner Ausrüstung jederzeit wechseln kann, sollte ich vor einem Burn-In stets überlegen, mit welcher Waffe ich welche DCM-Bedingungen erfüllen kann. Auf diese Art bin ich zwar nicht gezwungen, aber immerhin gut motiviert, mich auch an anderen Waffen und Gegenständen zu probieren.

Im Allgemeinen sind die Vor- und Nachteile der Energieschleudern dabei sinnvoll aufeinander abgestimmt: Das sonst schwache Schnellfeuergewehr durchdringt auf kurze Distanz z.B. den Schild eines Gegners, während man mit dem mächtigen

Ein Mech ist teuer - leistet aber zuverlässige Dienste!
schweren MG in engen Räumen blöd dasteht. Gegen automatische Geschütztürme hingegen helfen nur Raketenwerfer oder Granaten. Nur die Existenz der weder in der Ferne noch im Nahkampf durchschlagkräftigen Schrotflinte ist mir ein Rätsel.

Die Qual der Klassenwahl?

Zwei Waffen sowie zwei zusätzliche Gegenstände darf ich stets bei mir tragen; zu den Gegenständen zählen ein Messer, Granaten, ein Sensor, der Gegner schneller sichtbar macht oder ein Energiestrahl, der wahlweise mich oder ein Ziel repariert. Und obwohl es vorgefertigte Ausrüstungs-Sets gibt, kann ich jede Kombination nach Belieben variieren. Schade nur, dass ich stets mit den vorhandenen Slots arbeiten muss und keine eigenen Sets anfertigen darf. Zusätzlich verfügt jedes Set außerdem über passive Module, die verschiedene Werte wie Geschwindigkeit, Schildstärke oder Durchschlagskraft meiner Geschosse erhöhen. Schade aber auch hier: Selbst Soldaten mit gänzlich unterschiedlichen Modulen unterscheiden sich letztlich nicht allzu sehr voneinander - echte Klassenunterschiede entstehen durch die Personalisierung also nicht. Nicht zuletzt hätte ich mich zudem gefreut, wenn ich meinen Charakter auch äußerlich an meine Vorlieben hätte anpassen können.

Dafür habe ich im Einsatz aber weitere Möglichkeiten, dem Spiel meinen Stempel aufzudrücken, denn durch das Erfüllen von Zielen sowie nach erfolgreichen Abschüssen erhalte ich Geld, von dem ich überall und jederzeit dort einen unbemannten Geschützturm postieren darf, wo ihn ein Versorgungsraumschiff auf den Boden werfen kann. So darf ich nicht nur MG- oder Raketentürme platzieren, sondern auch Flak-Geschütze aufstellen, die sonst nur in der Nähe von Kontrollpunkten stehen. Wer einen Burn-In in Reichweite der Geschütze wagt, verliert immerhin schon während der Landung sämtliche Schilde oder bezahlt den Respawn gar mit seinem

Egal, wie man seinen Soldaten ausrüstet: Richtig große Unterschiede gibt es zwischen den Ausrüstungs-Sets leider nicht.
Leben... Steht die Flak also an taktisch sinnvollen Positionen, kann man feindliche Truppen zumindest eine Zeit lang vom eigenen Gebiet fernhalten.

Kaufrausch oder Sparstrumpf?

Vielleicht ist diese Art des Geldausgebens aber gar nicht die sinnvollste Anlagebank - vielleicht sollte man auf einen kleinen Mech oder gar einen fetten Panzer sparen, in dem bis zu vier Kameraden Platz nehmen können. Während der Mech kaum mehr als eine gut gepanzerte Maschinenkanone samt einer mächtigen Nahkampf-Attacke spazieren trägt, kann ein eingespieltes Team vor allem mit den vier Geschützen des fahrenden Kolosses gewaltigen Schaden anrichten. Mir fehlen zwar weitere Fahrzeuge und auch flugtaugliche Vehikel, doch der schwere Panzer ist eine herrlich lohnenswerte Geldanlage!

Nun könnte man böse fragen: Wen interessiert das überhaupt? Und dies ist leider keine rhetorische Frage, sondern eine ganz sachliche. So sehr Section 8 der Multiplayer-Action nämlich neue Impulse verleiht, so sehr scheint die Initiative im Staub von New Madrid zu versanden. Warum? Weil mitunter selbst zur besten abendlichen Tageszeit gerade mal ein mickriger Server mit Spielern gefüllt ist - und meistens auch nur dann! Glück im Unglück: Das Programm füllt die restlichen Plätze wahlweise mit ansprechend cleveren, vom Spiel gesteuerten Bots. Man kann sogar wählen, ob das eigene Team ausschließlich gegen solche KI-Gegner kämpfen soll oder ob man gar ganz alleine gegen einen Schwarm Feinde antreten will. Letztlich läuft ein Mehrspieler-Shooter aber natürlich nur mit, nun, mehr Spielern zur Hochform auf. Und die finden sich eben zu zaghaft ein. Ich fürchte leider, dass hier ein gutes Spiel daran scheitern wird, dass sich zu wenig Kampflustige für seine Stärken interessieren.      

Fazit

Als Section 8 angekündigt wurde, habe ich abgewunken: Irgendein Krieg im Weltall, irgendein Mehrspieler-Shooter - wer braucht das schon? Aber schon als ich vor einigen Monaten erstmals Hand anlegen konnte, hatten es mir die taktischen Gefechte plötzlich angetan! Denn TimeGate latscht nicht einfach den zu Tode getrampelten konventionellen Pfaden nach; die Entwickler mischen vielmehr neue und alte Ideen so geschickt, dass das Ergebnis erfrischend unverbraucht wirkt. So entstehen dank Tempo-Boost, Jet-Pack, den starken Schilden sowie den relativ gemächlichen Bewegungen lange und anspruchsvolle Schusswechsel - dabei greift das Prinzip von Angriff und Konter gleich auf mehreren Ebenen. Der Burn-In leitet das martialische Geschehen sehr eindrucksvoll ein und die abwechslungsreichen Missionsziele sorgen für einen lebendigen Schlachtverlauf. Auf Dauer sind die acht Schauplätze trotz verschiedener Variationen zwar ebenso zu wenig wie die einzige Spielvariante. Schade auch, dass man nur zwei Vehikel kaufen darf, dass sich unterschiedlich ausgerüstete Soldaten zu wenig unterscheiden und dass die Server dauerhaft unterbevölkert sind. Doch das macht eine unterhaltsame Kampagne für Solo-Krieger zumindest teilweise wieder wett. Und spätestens in den packenden Online-Gefechten, die u.a. dem cleveren Ausgleich durch vom Spiel gesteuerte Bots zu verdanken sind, lässt Section 8 die Muskeln eines bemerkenswerten Newcomers spielen!

Pro

  • stimmungsvolle Kulissen
  • eigenes Zusammenstellung von Ausrüstungs-Sets
  • schnelles Überbrücken von Entfernungen
  • Burn-In an jeder Position möglich
  • umfangreiche Kämpfe mit variierenden Missionszielen
  • verdammt cooles Absetzen ins Einsatzgebiet
  • clevere Zuweisung KI-gesteuerter Bots
  • abwechslungsreiche Einzelspieler-Kampagne

Kontra

  • auf Dauer fehlen Karten und Spielvarianten
  • nur kleine Unterschiede durch passive Module
  • keine Möglichkeit, äußeres Erscheinungsbild anzupassen
  • nur zwei Vehikel
  • durchgehend unterbevölkerte Server

Wertung

360

Taktisch interessanter Online-Shooter mit dynamischen Gefechten, dem auf Dauer ein wenig Abwechslung fehlt.

PC

Taktisch interessanter Online-Shooter mit dynamischen Gefechten, dem auf Dauer ein wenig Abwechslung fehlt.