MotorStorm: Arctic Edge - Test, Rennspiel, PSP, PlayStation2

MotorStorm: Arctic Edge
15.10.2009, Jan Wöbbeking

Test: MotorStorm: Arctic Edge

Sony läutet die Wintersaison ein: PSP-Besitzer können schon auf dem Weg in den Skiurlaub durch den Schnee pflügen. In Motorstorm: Arctic Edge (ab 12,00€ bei kaufen) drängeln sich PS-starke Rallye-Kisten, Quads, Motocross-Bikes, fette Lastwagen und andere Fahrzeuge über schneebedeckte Gebirgskurse. Realismus wird ganz nach Serientradition klein geschrieben - stattdessen gibt es auch auf Sonys mobiler Spielkiste die volle Packung Arcade-Wahnsinn.

Schon die Menümusik lässt keine Zweifel aufkommen: Hier gibt es auf die Zwölf! Während Motorradfahrer und die Piloten anderer kleiner Flitzer freundschaftliche Fausthiebe austeilen, schrabbeln aufgekratzte Gitarren-Riffs von Motörhead, The Hives und anderen Bands aus den Lautsprechern. Auch Fans flotter Breakbeats kommen auf ihre Kosten: The Prodigy steuert den neuen Track Omen bei. Außerdem gibt es ein Stück von Pendulum oder den Soulwax-Remix vom Chemical-Brothers-Klassiker »Hey boy, hey girl« zu hören.

Buntes durcheinander: In einigen Veranstaltungen drängeln sich alle möglichen Fahrzeugklassen über die Piste. Lastwagen sind nicht ganz so flott unterwegs, gewinnen aber die meisten Rempel-Duelle.
Etwas basslastiger hätte die Abmischung schon ausfallen dürfen - davon abgesehen passt die akustische Untermalung  aber prima zur Action.

Lawinen, Prügel & Explosionen

Wie die zwei PS3-Teile dreht sich auch dieser eisige Ableger um rabiate Offroad-Rennen über weitläufige Kurse. Die großzügige Streckenbreite hat ihren Grund: Die Fahrzeuge bieten zwar eine etwas gutmütigere Handhabung als in den PS3-Vorgängern, fahren aber immer noch relativ schwerfällig um die Kurven. Sogar in dieser verschneiten Kulisse muss ich schon ordentlich mit der Handbremse nachhelfen, damit mein Rallye-Auto ausbricht und um die Ecke schliddert. Dank der weiten Kurvenradien kann ich außerdem erfreulich ausgiebig Gebrauch von der Boost-Funktion machen. Lasse ich den Extra-Schub zu lange brennen, erinnert mich ein Zwitschergeräusch daran, dass mein Vehikel gleich in die Luft fliegt und ich schnellstens den X-Knopf loslassen sollte. Kalte Streckenabschnitte wie Wasserpfützen kühlen die Maschine wieder ein wenig ab.

Als der fiepsende Warnhinweis zum ersten mal ertönte, hielt ich das Geräusch noch für einen Bestandteil des vor sich hin polternden Drum'n'Bass-Tracks - bis plötzlich die qualmenden Einzelteile meines Buggys durch's Gebirge flogen. Immerhin bot sich mir dadurch ein fantastisches Motiv für den Foto-Modus.

Im Foto-Modus lässt sich die Kamera in der Nähe des Autos frei positionieren.
Das einfach gehaltene Werkzeug ist direkt vom Pause-Menü aus zu erreichen. Leider darf man in Replays nach dem Rennen keine Bilder mehr schießen und auch Verfremdungseffekte fehlen. Trotzdem sorgt die kleine Extra-Funktion für hübsche Schnappschüsse.

Zu spät...

Da sich die Streckendesigner viel Mühe gegeben haben, musste ich alle paar Minuten die Pause-Taste betätigen und einen Schnappschuss machen. Die Jagd um Positionen führt durch verwinkelte Gletscherspalten, über vertikale Holzrampen und durch enge Röhren, welche einer Bobbahn ähneln. Auch an fiese Sprünge und jede Menge alternative Abzweigungen haben die Entwickler gedacht. Erwischt man den gewünschten Pfad nicht rechtzeitig, bleibt der eigene Motorschlitten gerne auch einmal an einer kleinen aber gemeinen Kante hängen, überschlägt sich und zerschellt an der Felswand. Dann gibt es feinen Rauch, aufgewirbelten Schneestaub und fliegende Splitter zu bewundern. Betätigt man im richtigen Augenblick die Hupe, kann man sogar eine fette Lawine auslösen, welche einen Gegner unter sich begräbt. Um den Spielfluss nicht auszubremsen, darf man aber schon Sekunden später mit einem heilen Fahrzeug weiter rasen.

Auch wenn gerade kein Auto havariert ist, macht das Spiel einen äußerst hübschen Eindruck. Die Fantasie-Gefährte wurden zwar nicht so detailverliebt in Szene gesetzt wie in Gran Turismo (PSP), doch die ansehnlichen Hintergründe rauschen stets flüssig am eigenen Wagen vorbei. Alle zwölf Strecken (plus gespiegelte Versionen) wurden mit jeder Menge charakteristischer Details verziert. Dazu gehören auch große Kunstinstallationen wie ein Monstergesicht, das an die Dekoration auf Goa-Raves oder anderen Open-Air-

Gib Gummi: Die meiste Zeit über rauscht man mit Boost über die weitläufigen Strecken.
Events wie dem Burning Man Festival erinnert. Sogar wenn man die PSP an einen 1,17 Meter großen Fernseher anschließt, sieht das Geschehen noch annehmbar aus.

Bilderbuchkulisse

Die Strecken-Dekoration ruft nicht aus purem Zufall Erinnerungen an Großveranstaltungen wach. In der Einzelspieler-Karriere bin ich Gast auf einem großen  Renn-Festival in der eisigen Steppe und den zerklüfteten Bergen Alaskas. Leider spule ich nur ein Einzelrennen nach dem anderen ab, statt auch einmal in Wettbewerben mit aufeinander folgenden Rennen anzutreten. Neben den Standard-Rennen gibt es lediglich einen Geschwindigkeits-Renntyp mit Checkpoints und begrenzter Zeit sowie den Modus Zeitbombe. Bei letzterem gewinnt, wer gute Platzierungen lange halten kann und dadurch die höchste Punktzahl einstreicht.        

Manche Veranstaltungen sind auf eine Fahrzeugklasse beschränkt, in anderen brettern alle möglichen Vehikel über die Strecke: Zur Wahl stehen wendige, aber gegen Ramm-Attacken empfindliche Motorräder, Quads, spursichere Schneemobile, Buggys, flotte Rallye-Autos, »Eiswühler« (also Geländewagen mit extrem dicken Reifen),

Die Strecken sind mit allerlei abenteuerlichen Gerüstkontruktionen gespickt.
stabile Laster und sogar Pistenraupen mit panzerähnlichen Ketten. Damit auch letzteres Fahrzeug mithalten kann, fallen die Unterschiede in punkto Geschwindigkeit und Handling gering aus. Trotzdem besitzen die Fahrzeuge je nach Kurs Vor- und Nachteile.

Festival ohne Wiederkehr?

Allerdings fallen die ersten rund 20 Rennen derart einfach aus, dass ich meist einsam voraus gerauscht bin. Leider haben die Entwickler nicht an einen alternativem Schwierigkeitsgrad gedacht. Also hatte ich relativ schnell ein ordentliches Sümmchen an Punkten angehäuft. Durch diese Belohnung steigt auch der Rang, durch welchen man Zugang zu neuen Festival-Rennen erlangt. Manche werden nur durch Sterne freigeschaltet, welche sich durch Spezialaufgaben verdienen lassen: Dazu gehört das Unterbieten einer Bestzeit oder das Halten des ersten Platzes über den Zeitraum von 20 Sekunden.

Wer eine größere Herausforderung sucht, kann im Netz nach Kontrahenten suchen. Bis zu sechs Raser treten in launigen Rennen gegeneinander an und erhöhen ihren Online-Rang. Die Bildwiederholrate fällt zwar ein wenig niedriger aus als in den Einzelspielermodi,

Ein Unfall ist kein Beinbruch: Kurz nach dem Crash kann man mit komplett abgekühltem Boost hinter der Meute her jagen.
andererseits habe ich bisher nicht einen einzigen Lag erlebt. Schade ist, dass man nach einem Rennen nicht in einer Lobby landet und die Region (z.B. Europa, Japan, USA) nur umständlich im Hauptmenü und nicht im Server-Browser ändern darf. Auch auf Gespräche über Voice-Chat wie in den Socom-Teilen muss man verzichten. Außerdem läuft wie in Motorstorm 1 ein unbarmherzig kurzer Countdown ab, nachdem das erste Fahrzeug die karierte Flagge gesehen hat. In so gut wie jedem Rennen schafft es dadurch rund die Hälfte der Fahrer gar nicht erst ins Ziel.

Internet-Gerempel

Schön ist, dass nach der Anmeldung beim PlayStation Network meine komplette Freundesliste von der PS3 importiert wird. Falls sich gerade keine Gegner finden, darf ich mir sogar wie bei Project Gotham Racing Ghosts herunterladen und mir beim Rennen gegen die besten Exemplare gute Fahrtechniken abschauen. Die Bestzeiten finden sich in diversen Leaderboards wieder - theoretisch jedenfalls, denn mein Ergebnis tauchte auch einen Tag nach meinen Rennen noch nicht in der Liste auf. Außerdem stehen an der Spitze Personen, welche diverse Strecken angeblich in wenigen Hunderststelsekunden gemeistert haben. Für den Offline-Multiplayer müssen übrigens alle Fahrer ein eigenes Modul besitzen.

     

Fazit

Schade, ich wäre so gerne stundenlang übers Eis geschliddert! Leider bieten die weitläufigen Strecken von Motorstorm: Arctic Edge kaum Gelegenheiten für Drift-Manöver. Außerdem fällt das Fahrverhalten auf Eis und Schnee selbst für einen Arcade-Raser zu unrealistisch aus - es fühlt sich eher an, als wäre ich auf matschigen Feldwegen unterwegs. Trotzdem hat mir der Titel jede Menge Spaß bereitet, weil er das bewährte Arcade-Konzept der Serie gelungen auf die PSP transportiert. Das Spiel ist eben keine rutschige Rallye durch Schnee und Eis, sondern eher ein klassisches Motorstorm in verschneiter Kulisse. Die zwölf Strecken sorgen dank jeder Menge abenteuerlicher Rampen, Tunnel und Abkürzungen für turbulente Rennen, die technisch blitzsauber ablaufen. Auch die Lauscher werden mit flotten Rock- und Breakbeat-Tracks verwöhnt. Schade, dass der Schwierigkeitsgrad vor allem zu Beginn sehr niedrig angesetzt ist. Die ersten 20 Rennen lang bin ich meist einsam vor dem Feld hergerauscht. Zum Glück sorgen die turbulenten Multiplayer-Rennen für mehr Herausforderung. Der Online-Modus wirkt zwar nicht in allen Details durchdacht, es kommt aber trotzdem meist zu spaßigen und lagfreien Rennen. Löblich auch, dass Ghost-Fahrzeige für Zeitrennen heruntergeladen werden können. Wenn ihr einen unkomplizierten Arcade-Raser für unterwegs sucht, könnt ihr also ruhig zugreifen.

Pro

  • <P>
  • turbulente Offroad-Rennen in verschneiter Kulisse
  • hübsche Bergszenarien
  • abenteuerliche Sprünge, Tunnel und Bobbahnen
  • viele alternative Abzweigungen
  • feiner Schneestaub und aufwirbelnder Matsch
  • flotter Rock- und Breakbeat-Soundtrack
  • spaßige Online-Matches mit bis zu sechs Fahrern
  • herunterladbare Geister für Zeitrennen</P>

Kontra

  • <P>
  • viel zu leichter Einstieg
  • keine alternativen Schwierigkeitsgrade
  • Fahrzeuge schliddern auf Eis und Schnee zu wenig
  • statt Tourniere und Rennserien nur Einzelveranstaltungen
  • zu kurzer End-Countdown in Online-Rennen
  • keine Geschwindigkeitsanzeige
  • lange Ladezeiten (UMD-Fassung)
  • unkomfortable Menüführung im Online-Modus
  • nur drei Renntypen</P>

Wertung

PSP

Turbulente, aber etwas zu einfache Offroad-Rennen im verschneiten Alaska.