Jak and Daxter: The Lost Frontier - Test, Action-Adventure, PSP, PlayStation2

Jak and Daxter: The Lost Frontier
27.11.2009, Benjamin Schmädig

Test: Jak and Daxter: The Lost Frontier

Sony zieht an! Plötzlich erscheint nicht nur eine ganze Riege erstklassiger Spiele für die PSP - plötzlich erscheint die PS-Umsetzung eines solchen Titels auch zeitgleich mit der Handheld-Version. Nur hat man sich in der Vergangenheit nicht gerade mit Ruhm bekleckert, wenn es um die hauseigenen Konsolenfassungen ging. Und mit Secret Agent Clank haben zuletzt auch die Entwickler das neuen Jak & Daxter geschwächelt. Das sind schlechte Vorzeichen für die Wiederauferstehung eines der bekanntesten Sony-Gespanne!

Die Großen machen woanders Größeres, also übernehmen die Kleinen für die Großen - das ist das Motto zahlreicher Prequels und Sequels, mit denen Sony bekannte Serien auf seinem Handheld fortführt. So übernahm Ready at Dawn das Duo Jak und Daxter von Naughty Dog (Uncharted), während sich High Impact Games Ratchet und Clank widmete, als sich Insomniac (Resistance) ganz der PS3 verschrieb. Weil sich inzwischen aber selbst Ready at Dawn von Jak & Daxter abgewandt und dem Gott des Krieges angenommen hat, reift nun auch diese Serie in den Händen von High Impact Games weiter. Kein Wunder: Immerhin bewiesen die Kalifornier schon mit Size Matters, dass sie viel Action, kleine Rätsel und ein wenig Plattform-Action zu einem spannenden Mix vereinen können.

Groß - größer - und die Kleinen?

Und weil die Zutaten bei dem zweiten der namhaften Sony-Paare ähnlich, wenn auch anders gewichtet sind, gelingt ihnen das auch mit The Last Frontier. In aller Kürze: Die hochoffizielle Fortführung ist ein wunderbar abwechslungsreicher Ausflug in eine bunte Welt, die sich irgendwo zwischen naturbelassenen Fantasy-Hütten und metallenen Science Fiction-Kreuzern befindet. Schön übrigens, dass sich endlich einmal eine PSP-Ausgabe emanzipiert, mehr als nur die schnöde Vorband, Verzeihung: ein schnödes Prequel, zu sein. Dabei ist es um diesen Nachfolger im erzählerischen

Klassisch vereint: Jak und Daxter ziehen endlich wieder los.
Sinne gar nicht gut bestellt, denn dem Duo, genauer gesagt seinem ganzen Planeten, geht das lebenserhaltende Eco aus. Versteht sich von alleine, dass ihnen dabei eine ganze Menge Piraten, Monster und andere Bösewichter über den Weg laufen. Weniger selbstverständlich ist allerdings die belanglose Geschichte, der weder ihr überraschender Plot noch das Tun ihrer Charaktere viel bedeuten. Immerhin wird sie in aufwändigen Comic-Szenen erzählt, während orchestrale Klänge dem eigentlichen Spiel den Anstrich eines großen Abenteuers geben.

Das eigentliche Spiel findet nach dem sonderlichen Jak X sowie dem sehr guten Daxter hingegen zu seinen Wurzeln zurück: Nach fünf Jahren dürfen die beiden Hauptdarsteller deshalb endlich wieder Geschicklichkeitstests bewältigen, sich durch zahlreiche Arenakämpfe prügeln oder schießen sowie knifflige Puzzles lösen. Nachdem ich in etlichen dieser Kämpfe Dutzende öde Gegnerwellen verdroschen habe, hingen mir die Scharmützel zwar irgendwann zum Hals raus, aber Jaks einfallsreiches Waffenarsenal sowie die fantasievollen Feinde - vom übergroßen Stacheltier bis zum mehrstufigen Boss-Gegner - machen selbst die tausendste Begegnung noch halbwegs interessant. Man merkt, dass die Entwickler zuletzt mit dem im besten Sinne verrückten Ratchet & Clank beschäftigt waren. Mein Favorit ist eine Waffe, die der Shock Rifle aus Unreal Tournament verblüffend ähnlich ist: Jak verschießt eine geballte Energieladung, bevor ein Schuss ins Zentrum der Ladung eine gewaltige Explosion auslöst. Viel zu oft versperrte mir allerdings eine automatische Kameraführung die Sicht. Deswegen vermisse ich auch die Möglichkeit, meine Gegner per Knopfdruck automatisch im Visier zu halten. Jak zielt zwar selbstständig in die Richtung des Analogsticks, das ist in der Hitze des Gefechts aber viel zu ungenau. Die Mischung aus Zielautomatik und unwilligem manuellen Kameraschwenk geht leider wesentlich schlechter auf als die "Ego-Shooter-Steuerung" mit Ratchet.

Jak to the roots

Viel schlimmer erwischt es Daxter, der sich in bestimmten Abschnitten durch den Einfluss des dunklen Ecos verwandeln kann. Im Gegenzug mutiert Jak diesmal übrigens nicht; Schuld ist das gestörte Eco-Gleichgewicht seiner Umwelt. Und vielleicht ist das besser so; die Minilevels als Dunkler Daxter stecken nämlich die spielerischen Tiefpunkte ab. Einziger Vorteil: Die starre Kameraführung kann sich bei der Imitation eines Seitwärts-Prüglers nicht verhaspeln. Dafür ist mir das stumpfe Gegner-Verhauen als überdimensionierte Ratte (so sieht er aus!) trotz gelegentlicher Rätsel ("Welchen Schalter muss ich wann umlegen?") zu banal. Zu Beginn ist es noch eine witzige Idee, Spinnen auf Maschinen zu schmeißen, um sie zu verlangsamen. Es sieht auch schick aus, als Wirbelsturm verschlossene Tore zu durchbrechen. Spielerisch ist das allerdings so belanglos und vorhersehbar, dass ich mich meist gelangweilt als Dunkler Daxter durchgeschlagen habe.     

Nein, weder Daxter noch Jak können als Actionhelden so richtig überzeugen. Das heißt: Zumindest zu Fuß gelingt ihnen das nicht. Denn immer wenn sich das Pärchen per Flugzeug in den Kampf gestürzt hat, war ich wieder hellwach! Ja, gut, auch die wolkigen Bleiwechsel gegen ständig neue Tripletten der immer gleichen Flieger setzten keine Glanzpunkte. Aber sie fliegen sich besser als sich das bodenständige Gekloppe anfühlt. Zum einen kann ich im Flugzeug natürlich den Blickwinkel komplett selbst bestimmen, zum anderen habe ich dank automatischem Schub samt manuellem Gasgeben und Bremsen immer die Kontrolle über die Hoheluft-Action. Nicht zuletzt legt Jak per Digikreuz zudem einen Looping aufs Aeropflaster, damit nahe Gegner unter ihm durchschlüpfen können. Mit einer Rolle weicht er zudem Raketen aus und mit einer Schleife dreht er sich flink in die entgegengesetzte Richtung. Über den Wolken kommt außerdem Daxter zum Einsatz, den ich auf feindliche Flieger schießen kann, damit er dort mitten im Flug Ersatzteile abbaut. Kein Witz: Eine Hand voll Minispiele und ich habe ein neues Teil, mit dem ich meinen eigenen Flieger aufrüsten darf - cool!

Schnarchnasen mit vielen Fähigkeiten?

Das Aufrüsten gehört sogar zu den spannendsten Beschäftigungen im aktuellen Jak & Daxter-Universum, weil ich alle meine im Laufe der Geschichte erworbenen Flugzeuge mit frischen Bauteilen versorgen kann. Da geht es zunächst um die Entscheidung: flinker Jäger oder behäbiger Bomber? Anschließend platziere

Zu Lande und in der Luft: Ein Duo hebt ab!ich bessere Waffen, eine agilere Lenkung sowie mehr Schutz oder Durchschlagskraft in dafür vorgesehenen Slots und muss "nur" noch wissen, auf welche Teile ich aufgrund des begrenzten Platzes verzichten kann.

Ähnlich motivierend ist das Verbessern von Jaks Fähigkeiten, für das ich nicht mit Schrottteilen, sondern mit dunkler Energie bezahle. Keira - Mechanikerin und Jaks Freundin, die sich gerade zur Eco-Heiligen ausbilden lässt - ermöglicht ihm dieses Training in vier Kategorien. So darf man je nach Geschmack Jaks Nahkampffertigkeiten oder seine Widerstandskraft aufwerten. Aber der Held kann noch mehr! Denn auch wenn er sich diesmal nicht in sein dunkles zweites Ich verwandeln kann, nutzt er die Energie des Eco, um an festen Punkten übernatürliche Fähigkeiten einzusetzen. U.a. kann er die Zeit verlangsamen, um auf sich schnell bewegende Maschinen zu springen. Mitunter muss er verschiedene Fähigkeiten sogar clever kombinieren, um sich z.B. im richtigen Moment durch den Raum zu teleportieren. Eine ganz grundlegende Fähigkeiten ist hingegen der Raketensprung, den er an bestimmten Punkten auch in der Luft ausführen kann, um so weite Felswände hinauf zu hopsen.

Überhaupt gefallen mir die Abschnitte, in denen es auf Timing, ein genaues Auge und geschickte Finger ankommt, mit am besten. Es ist einfach ungemein befriedigend, erst tausendmal zu verzweifeln, um nach etlichen Sprüngen über auf und ab wippende Plattformen endlich doch ans Ziel zu gelangen. Es ist zwar auch ärgerlich, dass man selbst in zeitkritischen Momenten abseits des Weges versteckte Precursor-Kugeln finden kann - das den Zweck eines knappen Zeitlimits ja irgendwie ad absurdum führt. Dafür habe ich die Kugeln aber später gegen große Köpfe, spezielle Outfits, einen Helm für Daxter oder ähnlichen witzigen Kram getauscht.   

Wer suchet, der hat keine Zeit

Apropos genaues Auge: So angenehm knifflig diese Passagen sein können, so sehr verbocken die Entwickler leider die Kameraführung. Wäre es doch nur so, dass ich wegen des unglücklichen Winkels hin und wieder nicht sehen kann, wo genau Jak eigentlich hin springt... Leider ist es aber vor allem so, dass die Perspektive urplötzlich die Richtung wechselt. Da dreht sich die Kamera schon mal so unverhofft, dass man nach einem eigentlich gut geplanten Absprung trotzdem im tiefen Nichts landet. Dass sich auf beiden Systemen immer wieder mal ein unerwünschtes Objekt zwischen mich und Jak schiebt, passt da nur ins Bild. Solche oder ähnliche Momente gibt es leider zu häufig, was mich deutlich mehr Nerven gekostet hat als das Spiel einfordern darf!

Der verselbstständigte Ausblick

Unterm Strich gelingt Jak und Daxter wegen der vielen kleinen und großen Macken leider nicht der Sprung in die Oberklasse. Die einzelnen Elemente sind zu grob geschnitzt, wirken teilweise richtig veraltet. Was im doppelten Maße für die Konsolen-Fassung gilt, die - auch damit hat sich Entwickler High Impact Games leider schon in der Vergangenheit einen Namen gemacht - in keiner Weise dem technischen Niveau eines modernen PS2-Titels entsprechen. Im Gegenteil: Dass die Texturen in einer höheren Auflösung als auf dem Handheld dargestellt werden, scheint schon das höchste der Gefühle. Leider wirken sie trotzdem ausgesprochen matschig und farblos; sämtliche Details der Kulisse versprühen den Charme aufgeblähter PSone-Pixel. Es ist verblüffend: Obwohl die PSP ja

Das kann doch nicht wahr sein: Was auf PSP toll aussieht, ist auf PS2 völlig veraltet!
dieselben technischen Konstruktionen nutzt, sieht The Last Frontier auf dem Handheld so viel besser aus! Ich bin der Letzte, der sich von technischen Einbußen abschrecken lässt, aber auf PSP möchte ich mich an dem stimmungsvollen Gesamtbild satt sehen - auf PS2 wollte ich den geschmacklosen Braten am liebsten von mir schieben. Es ist ja nicht nur die Oberfläche: Auch die Bewegungen der Figuren sind ein Armutszeugnis für die fast zehn Jahre gereifte Konsole. Wer mit Jak eine Treppe "hinunterschwebt" weiß, was ich meine.

Aber selbst das wäre - vielleicht - verschmerzbar. Wo der Blickwinkel nämlich schon auf dem Handheld zu oft selbstständig wechselt oder sich in engen Räumen nicht richtig einstellen lässt, wirkt die sture Perspektive auf PS2 erst recht veraltet. In einem solchen Action-Adventure muss mir der rechte Stick einfach die volle Kontrolle über die Kamera geben. Hier darf ich die Sicht jedoch nur selten mal wenigstens minimal auf und ab bewegen, während die Steuerung ansonsten genau so träge und eigenwillig reagiert wie auf dem tragbaren Format. So darf man heute keine PS2-Titel mehr veröffentlichen - erst recht nicht, wenn Sony selbst als Publisher auftritt!

Freiwilliges Fliegen

Warum schalte ich die PSP dann trotzdem an, um noch eine Precursor-Kugeln zu suchen? Wieso freue ich mich auf das nächste Gefecht in luftiger Höhe, wenn mich dort stets die gleichen Gegner erwartet? Und weshalb sollte ich der fade erzählten Geschichte folgen wollen? Ganz einfach: Weil die Gleichung mehr ergibt als die Summe ihrer Einzelteile. Es ist der Abwechslungsreichtum, der mich selbst über Daxters drögen Verwandlungsakt hinwegsehen lässt. Es sind die zahlreichen Möglichkeiten zum Aufwerten meiner Flugzeuge sowie die zum Verbessern von Jaks Fähigkeiten. Und es sind die offenen Areale, in denen ich mich zwischen den Missionen relativ frei bewegen kann. Vor allem dann, wenn ich mir meinen Flieger schnappe und auf freiwilliger Basis böse Transportschiffe vom Himmel putze, Kristalle suche, wenn ich mit Daxter Jagd auf die Einzelteile in feindlichen Schiffen mache oder einfach nur den wirklich tollen Ausblick genieße. Hier kommt es den alten Helden aus dem neuen Hause wieder zugute, dass ihre Entwickler bereits mit Ratchet und Clank vertraut waren. Schade, dass sie nicht mutig genug waren, sich in Sachen Steuerung, Technik und spielerischem Einfallsreichtum wenigstens ein kleines Stück nach vorne zu bewegen.  

Für sich genommen sind die einzelnen Elemente also unterhaltsam, aber auf Dauer oft weniger reizvoll als sie sein sollten, und auf PS2 liefern die Entwickler nur eine miese Umsetzung ab!

Fazit

Es ist vor allem für PS2-Spieler schade, dass Sony einem seiner namhaftesten Helden-Gespanne nicht den Aufwand einer vollwertigen Umsetzung spendiert. Weder Grafik noch Steuerung sind in dieser Form zeitgemäß! Wobei Letztere auch Hosentaschen-Helden ärgert, weil die Kamera entweder aus eigenem Gutdünken nicht dorthin zeigt, wo man etwas sehen will oder weil sie sich nicht so drehen lässt, wie man es sich vorstellt. Im Gegenzug genießen PSP-Spieler allerdings ein buntes Abenteuer in jeder Hinsicht. Denn Jak & Daxter: The Last Frontier sieht auf ihrem System nicht nur klasse aus, es ist auch eine abwechslungsreiche Geschichte voller Action, Knobelei und Herausforderungen an die Geschicklichkeit. Die Momente in Jaks Cockpit haben es mir besonders angetan, denn hoch im Himmel schlage ich nicht nur coole Loopings, sondern erledige auch zahlreiche optionale Aufträge. Mit der Belohnung rüste ich meine Flieger auf - ähnlich wie ich Jaks Fähigkeiten Stück für Stück erweitere. Der erlebt auf dem Boden zwar meist nur leidlich spannende Arenakämpfe und muss gelegentlich einem drögen Daxter-Mutanten das Spielfeld überlassen. Dafür darf er knifflige Rätsel lösen und sein akrobatisches Können beim Springen und Kraxeln beweisen. Unterm Strich ist das nichts Besonders - aber alles in allem einfach verdammt unterhaltsam!

Pro

  • farbenfroher Mix aus Science Fiction und Fantasy
  • aufwändig gemachte...
  • Mischung aus Jump&Run, Action und Luftkämpfen
  • viele optionale Aufgaben, einiges zu entdecken
  • Verbessern von Fähigkeiten und Flugzeugen
  • einfallsreiche Rätsel
  • aufwändige orchestrale Musik

Kontra

  • viele dröge Actionmomente- ... aber belanglos erzählende Filmszenen
  • eklatante Kameraschwächen/urplötzliche Perspektivwechsel
  • matschige Oberflächen (PS2)
  • selten funktionierende Perspektivwahl (PS2)

Wertung

PSP

Wunderbar abwechslungsreiches Abenteuer, das von einer eigenwilligen Kameraführung geplagt wird.

PlayStation2

Die Umsetzung gleicht dem Handheld-Vorbild, hinkt einem modernen PS2-Spiel technisch aber meilenweit hinterher!