Shattered Horizon - Test, Shooter, PC

Shattered Horizon
25.11.2009, Marcel Kleffmann

Test: Shattered Horizon

Wenn ihr die grafisch stellenweise beeindruckenden PC-Benchmarks von Futuremark kennt (3DMark-Reihe), ist euch sicherlich die Frage durch den Kopf geschossen: "Warum machen die eigentlich keine Spiele mit dieser Prachtgrafik?" Gefragt, getan! Mit Shattered Horizon (ab 4,99€ bei kaufen) liefern die Futuremark Games Studios ihr erstes PC-Spiel ab. Und zwar einen futuristischen Online-Multiplayer-Shooter im Weltraum mit der Extraportion Schwerelosigkeit...

Steinfragmente, Mondreste, zersprengte Weltraumstationen und Asteroiden kreisen im Erd- bzw. Mondorbit. Inmitten dieser Brocken kämpfen zwei rivalisierende Fraktionen um die verbliebenen Rohstoffe nach der großen Mondexplosion: Geschützt 



Im Weltall hört dich niemand schreien...

Video: Der 'Silent Running'-Modusdurch fragile Weltraumanzüge und bewaffnet mit einem Multifunktionsgewehr sausen bis zu 32 Spieler aufgeteilt in zwei Teams durch die Schwerelosigkeit und erhellen das Weltall mit ihren Schusswechseln.

Losgelöst vom Asteroiden und mit leichten Schub auf den Düsen schleicht sich mein Astronaut langsam in Richtung Gegner, wohl wissend, dass die Feinde überall und zwar wirklich überall sein könnten: In Deckung auf dem nächsten Asteroiden, irgendwo über oder unter mir oder seitlich oder auch kopfüber an der Oberfläche des nächsten Brockens klebend, egal in welcher Richtung - überall könnte der Feind geduldig warten. Obgleich ihr hauptsächlich schwerelos durch das All driftet, könnt ihr jederzeit die Magneten an den Stiefeln aktivieren und klebt danach an der Oberfläche unter euren Füßen, was schon mal die Orientierung erschweren kann - vor allem am Anfang. Aber Descent- oder Portal-erprobte Spieler sollten damit keine Probleme haben. Generell ist die ständig wechselnde Perspektive und die Tatsache, dass sich die Feinde nahezu allerorts verstecken könnten, einer der größten Reize von Shattered Horizon, wobei der Einstieg in die Multiplayer-Gefechte eher hart und unbarmherzig ausfällt.

Wo schweben die Gegner?

Ein typisches Tutorial gibt es nicht, lediglich rudimentäre Hilfetafeln veranschaulichen die Steuerungselemente. Zumindest gibt es eine Möglichkeit die Kontrollen ohne Feindfeuer zu erproben - und zwar auf speziellen Servern, auf denen die Spieler 

Die Licht- und Schatteneffekte sowie die Schärfe der Texturen sind sehenswert. Gleichermaßen braucht das Spiel zwingend DirectX 10 (kein Windows XP).
nicht sterben können. Dort könnt ihr euch in Ruhe auf die Schwerelosigkeit bzw. die Drift-Steuerung einstellen, den Magen an den ständigen Perspektivwechsel und die (in reduziertem vorhandene) Trägheit der Massen im All gewöhnen sowie last but not least die Karten kennen lernen. Gerade die Trägheit im Weltraum und die Bewegung in alle möglichen Richtungen heben Shattered Horizon von anderen Shootern ab und erfordern etwas Eingewöhnungszeit inklusive Frustresistenz: Die ersten Partien gegen echte Menschen werden häufig zu einem Spießrutenlauf, in dem ihr anfangs oft tot durch den Weltraum trudelt, ohne zu wissen, wo der Gegner lauerte (Kill-Cam hilft).

Da die Schüsse oder Granaten quasi von jeder Seite auf euch einprasseln können, ist es sinnvoll sich in kleinen Teams zu organisieren und dabei hilft das anfangs kompliziert wirkende Radar. Dort sind eure Mitspieler verzeichnet und praktischerweise werden die Feinde eurer Kompagnons markiert (und auf dem HUD ebenfalls), sofern auf einen erspähten Gegner gefeuert wird. Ansonsten hilft es ungemein zu beobachten, wo die Schüsse herkommen, da die leuchtenden Spuren die Positionen der Feinde verraten - wobei es meist zu spät ist, wenn die ersten Salven auf euch einprasseln (Deckung suchen!).  

Teamfaktor

Deshalb ist es immer clever in einer kleinen Gruppe zu attackieren/verteidigen, da schlicht und ergreifend mehr Augen

Die "Eisgranate" verschleiert die Sicht.
und mehr Feuerkraft vorhanden sind - kleinere Vorstöße der Marke Alleingang sind ebenso möglich und können durchaus von Erfolg gekrönt sein. Teamplay wird übrigens mit Punkten für "Assist-Kills" belohnt, wenn ihr zum Erledigen eines Gegners beigetragen haben solltet. Mit Punkten für Abschüsse, Defensiv-Kills, Eroberungen oder Siege steigt ihr außerdem militärische Ränge auf. Blöd nur, dass der "Assist-Kill"-Zähler scheinbar nicht alle Hilfeleistungen zählt...

In der Zukunft von Shattered Horizon gibt es nur eine Waffe, die neben dem normalen und herrlich streuenden Schussmodus, über eine Scharfschützenfunktion verfügt und Granaten verschießen kann, darunter Sprengkörper der Marke "Nebelgranate" (Eis/Wasserwolken im All), "Druckwelle" oder "EMP" (schaltet die Anzugelektronik aus; schwereres Manövrieren). Ein Bajonett für den etwaigen Nahkampf darf nicht fehlen, sofern ihr mal einen mutterseelenallein-schwebenden Gegner trefft. Mehr Waffen gibt es nicht, womit sich die Entwickler einen Gefallen bei der Balance getan haben.

Eine Waffe = perfekte Balance?

Da im Weltraum nun mal keine Geräusche übertragen werden, simuliert euer Raumanzug die bekannten Sounds eines Ego-Shooters - echt clever! Doch Hartgesottene können diese "Audio Simulation" sowie alle anderen Hilfsfeatures des Anzugs ausstellen und sind dann in 

Die International Space Station (ISS) in der Zukunft...
einer Art Tarnmodus unterwegs: Ohne die elektronischen Systeme steht weder HUD noch Radar zur Verfügung und Manövrierbarkeit sowie Boost-Funktion sind eingeschränkt. Als Vorteile winken eine reduzierte Sichtbarkeit bei der Bewegung und bei Beschuss wird ein getarnter Astronaut nicht direkt auf dem Radar der Anderen vermerkt. Dennoch wird dem Dauer-Camping ein Riegel vorgeschoben, denn die Atemluft ist im "Silent Running"-Modus limitiert und aufgrund vieler Asteroiden oder anderer Objekte auf den Karten ist die Schussbahn der Camper ohnehin eingeschränkt. Ausschalten schaltet ihr solche Camper am besten im Team aus, sofern ihr sie mal gefunden habt und gerade hier erweisen sich die "Rauch/Eis"-Granaten als sehr hilfreich.

Stealth-Modus

 Bislang schlägt sich Shattered Horizon richtig gut und setzt sich durch Szenario und Bewegungsfreiheit wohltuend von der Shooter-Konkurrenz ab, doch leider hat man in viel zu kurzer Zeit alles gesehen, schließlich gibt es nur vier Karten und drei hinlänglich bekannte Multiplayer-Modi. Mehr als Team-Deathmatch, einen Domination-Modus und Assault-and-Battle (Angreifen bzw. Verteidigen, wechselnde Aufgabenverteilung nach einer Runde) gibt es nicht - wobei sich die letzten beiden Spielmodi kaum unterscheiden. Singleplayer-Enthusiasten gucken in die Röhre, da computergesteuerte Bots fehlen und irgendwie beschleicht mich das Gefühl, dass auf den Servern ruhig mehr los sein könnte. Gerade zum Ausprobieren, zum Training oder um die Karten kennen zu lernen wäre ein Solo-Modus mit Bots schön gewesen. Apropos Karten: Hier sticht vor allem ein Schauplatz heraus und zwar die von einem Asteroideneinschlag in der Mitte gespaltene "International Space Station" (ISS).

Zu wenig!

Doch alles in allem sind diese vier Karten und drei Spielmodi zu wenig, selbst wenn Futuremark mit dem "Moonrise Content Pack" in naher Zukunft vier neue Karten für Käufer kostenlos zur Verfügung stellen will. Warum nicht gleich so?

Fazit

Das Debütspiel von den Futuremark Games Studios kann sich sehen lassen: Die schwerelosen Duelle im Weltraum zeichnen sich durch enorme Schnelligkeit und Dynamik aus, schließlich könnten die Gegner von überall angreifen und lauern stellenweise an den bizarrsten Positionen kopfüber klebend an einem Asteroiden. Obwohl die ganzen Spielchen mit der Perspektive ein bisschen Eingewöhnungszeit erfordern, geht die Steuerung nach wenigen Minuten sehr gut von der Hand und ihr habt die Trägheit im Griff, sofern der Gleichgewichtssinn mitspielt. Auch das Karten-Design ist prima gelungen, bietet viele Deckungsmöglichkeiten und der wichtige Teamplay-Aspekt wird belohnt. Auch die Balance stimmt, aber wo es nur eine Waffe und zwei Anzug-Modi gibt ist das auch keine Glanzleistung. Genau so wenig wie der mickrige Umfang: Es gibt lediglich vier Karten und nur drei Spielmodi, die zudem hinlänglich bekannt sind. Außerdem fehlen Gefechte für Solisten, Bots oder ein echtes Tutorial. Hätte das Spiel zumindest einen überraschenden neuen Modus in petto oder zusätzliche Klassen, hätte das Debüt gleich ein dickes Ausrufezeichen setzen können. So reicht es nur zu einem Kleinen!

Pro

  • einzigartiges Szenario
  • gut umgesetzte Schwerelosigkeit
  • fesselnde, schnelle und dynamische Gefechte
  • eingängige Steuerung
  • gutes Karten-Design mit vielen taktischen Möglichkeiten
  • Teamplay-Fokus
  • "Silent Running"-Modus
  • Licht- und Schatteneffekte
  • cleveres Soundsystem
  • Statistiken

Kontra

  • lediglich vier Karten und drei (hinlänglich bekannte) Modi
  • 'nur eine Waffe', keine Upgrades
  • recht harter Einstieg, kein typisches Tutorial
  • Trefferfeedback ist mager ("habe ich getroffen?")
  • kein Singleplayer-Modus, keine Bots
  • fehlende Server-Optionen ("Kick", etc.)
  • Assist-Kills werden nicht immer gezählt

Wertung

PC

Erfrischende und packende (Team-)Gefechte in der Schwerelosigkeit, denen es leider an Langlebigkeit und kreativen Spielmodi fehlt...