Shin Megami Tensei: Persona - Test, Rollenspiel, PSP

Shin Megami Tensei: Persona
01.12.2009, Jens Bischoff

Test: Shin Megami Tensei: Persona

Die Persona-Reihe hat sich im Lauf der Jahre vom Geheimtipp zur festen Größe unter den japanischen Rollenspielen gemausert. Der jüngste Teil wurde von uns im März mit stolzen 88% ausgezeichnet. Der Grundstein dafür wurde bereits 1996 auf der PSone gelegt und dieses Jahr von Atlus in Japan und den USA mit einem PSP-Remake gewürdigt. Ein lohnender Import?

Auch Persona-Fans, an denen der Erstling vorbei gegangen ist, werden sich schnell heimisch fühlen. An einer japanischen Highschool treten unerklärliche Phänomene auf: Schüler berichten von einem Ritual, das einen in die Zukunft sehen und ungeahnte Kräfte zuteil werden lässt.



Zurück zu den Wurzeln

Video: Die Neuerungen klingen gut, trotzdem kann das Remake nur bedingt überzeugen.Zur gleichen Zeit machen Gerüchte über mysteriöse Ereignisse in einer erst seit Kurzem in der Gegend verorteten Hightech-Firma die Runde. Als nach einem Krankenhausbesuch plötzlich eine chronisch kranke Mitschülerin verschwindet, sich Gebäude zu verändern scheinen und Dämonen gesichtet werden, beschließt ihr mit ein paar Freunden der Sache auf den Grund zu gehen.

Dass ihr plötzlich über die Gabe verfügt, selbst Dämonen, so genannte Personas, zu beschwören, erweist sich schnell als ungemein hilfreich, denn viele Gegner scheinen gegen konventionelle Waffen nahezu immun zu sein. Trotzdem setzt ihr neben dem Einsatz übersinnlicher Begleiter verschiedener Zugehörigkeiten auch auf Hieb- und Schusswaffen, um individuelle Schwachpunkte gezielt ausnutzen zu können - ein System, das Shin Megami-Fans quasi seit den frühen Neunzigern kennen und lieben. Allerdings präsentiert sich das Elementarsystem hier noch in einer sehr frühen Form: So gibt es z. B. keinerlei Aktionsvorteile für das Ausnutzen feindlichen Schwachstellen. Bestimmte Elemente richten einfach mehr Schaden an als andere, während die Auseinandersetzungen vergleichsweise statisch verlaufen.

Zwar sind die Rundenkämpfe durch variierbare Formationen und Reichweiten trotzdem angenehm taktisch, die kluge Ausnutzung von Schwächen und Resistenzen nicht unwichtig, aber teils richten abgedämpfte Attacken dennoch mehr Schaden an als Angriffe auf wunde Punkte, was das an sich durchdachte System natürlich in Schieflage bringt.

Trotz spartanischer Präsentation machen die Rundenkämpfe auch heute noch Laune. Es gibt taktisches Stellungsspiel und individuelle Schwachpunkte sowie die Möglichkeit Gegner durch Dialogspiele zu beeinflussen.
Zum Glück passiert das eher selten, ärgerlich ist es aber trotzdem. Dass die Kämpfe stets per Zufallsgenerator initiiert werden ist auch nicht gerade erfreulich, die Häufigkeit bewegt sich aber in gerade noch erträglichen Grenzen, so dass dieser Umstand eher eine Frage des Geschmacks ist. Ausweichen könnte man unliebsamen Gegnern in den engen Labyrinthen ohnehin nicht...

Hier sind wir auch schon beim nächsten Kritikpunkt. Das Leveldesign. Das ist natürlich ein Punkt, in dem sich die Shin Megami-Titel noch nie positiv hervorgehoben haben. Aber die schon damals völlig trostlosen 3D-Labyrinthe wirken inzwischen geradezu vorsintflutlich. Selbst Klassiker wie The Bard's Tale hatten Mitte der 80er schon interessantere Strukturen vorzuweisen. Immerhin muss man hier die Karten nicht mehr von Hand zeichnen. Dafür stapft man aber durch lieblose 08/15-Korridore, die ab und zu in genauso unspektakuläre Einzelräume führen, in denen man aus isometrischer Perspektive ein paar belanglose Dialoge führen, Schalter umlegen oder Kisten öffnen kann - aber auch nur, wenn man mit der hakeligen Diagonalsteuerung zurecht kommt.           

Erdrückende Altlasten

Grafisch aufgewertet wurde eigentlich nur die symbolische Stadtkarte à la Lucifer's Call, auf der man aber sowieso nur wenig Zeit verbringt, da das Pflegen sozialer Kontakte u. ä. erst später Einzug in die Persona-Reihe erhielt. Okay, die neuen, aber leider seltenen Anime-Sequenzen stehen dem Remake wirklich gut, das Interface wirkt ansprechender und der erweiterte Soundtrack, dem Käufer der Collector's Edition auch auf CD lauschen können, weiß durchaus zu gefallen.

Vorsintflutlich: Die einzelnen Schauplätze werden in Form trost- und lebloser 3D-Labyrinthe serviert.
Man hat sogar die Texte neu übersetzt und die damals noch der japanischen Fassung vorbehaltene Snowqueen-Quest in überarbeiteter Form implementiert, wodurch sich quasi ein völlig alternativer Handlungsstrang mit eigenem Ende ergibt. Aber erzählerisch kocht die an sich interessante Story eher auf Sparflamme und definiert sich fast ausschließlich über knappe Dialoge und viel zu seltene Anime-Filmchen. Sprachausgabe gibt es auch nur während der kurzen Sequenzen und die spärliche Geräuschkulisse sorgt auch nicht gerade für Atmosphäre.

Nach wie vor Spaß macht hingegen das Rekrutieren und Züchten von Dämonen als beschwörbare Personas. Im Gegensatz zu aktuellen Serienablegern muss man seine Zielobjekte sogar noch persönlich dazu überreden, die Seiten zu wechseln. Dies geschieht mittels eines kleinen Dialogspielchens, bei dem man sein Gegenüber in eine bestimmte Stimmungslage bringen muss, um sich dessen Kräfte zu sichern. Alternativ kann man seinen Gesprächspartner auch verängstigen, aufwiegeln oder glücklich machen, um Belohnungen zu erhalten oder Kämpfe zu vermeiden. Allerdings könnt ihr eure neu gewonnenen Dämonenfreunde nicht direkt beschwören, sondern lediglich zur Aufzucht 100 vorgegebener Kreationen nutzen.

Gefolge nach Maß

Mögliche Fusionen werden im serientypischen Velvet Room vollzogen, wobei gerade zu Beginn kaum passende Begleiter erschaffen werden können, da die Level der Züchtungen eure eigene Stufe meist deutlich überschreiten. Ein Problem, das leider sehr lange bestehen kann. Zwar wirkt die Vergabe von Erfahrungspunkten und Stufenaufstiegen anfangs fast schon zu großzügig, der vor Spielbeginn in drei Stufen wählbare Schwierigkeitsgrad generell viel zu lasch. Aber mit der Zeit kommt man immer schleppender voran.

Hin und wieder betritt man unspektakuläre Iso-Zimmer wie diese Spielhalle. Interaktionsmöglichkeiten machen sich jedoch meist rar und die diagonale Rastersteuerung ist ein Graus.
Die Gegnerlevel nehmen deutlich schneller zu als die der Party und die Spielbalance wirkt zunehmend unausgeglichener, wenn man nicht immer wieder auflevelt. Hinzu kommt, dass Erfahrungspunkte aktionsabhängig vergeben werden, so dass eher defensive oder langsamere Charaktere immer weiter hinterher hinken ohne dass man großartig was dagegen tun kann, da man nur beim wie üblich völlig stummen und profillosen Protagonisten Einfluss auf die Charakterentwicklung nehmen darf.

Trotzdem kümmert man sich gern um die bis zu fünfköpfige Heldentruppe und ihre dämonischen Begleiter, deren Besetzung man durch bestimmte Entscheidungen sogar beeinflussen kann. Man experimentiert mit verschiedenen Kombinationen und Formationen, erforscht die Auswirkungen der Mondphase auf Verhaltensmuster, Zuchtergebnisse und Shop-Angebote oder vertreibt sich die Zeit in der örtlichen Spielhalle, wo fünf verschiedene Minispiele bestritten werden können. Wer will, kann Kämpfe sogar nach bestimmten Vorgaben automatisch ablaufen lassen, was meistens zwar nicht sehr sinnvoll ist, aber jederzeit wieder unterbrochen werden kann. Wer Zeit sparen will, kann aber auch einfach die Kampfanimationen deaktivieren. Mit speziellen Items kann man harmlose Auseinandersetzungen auch zeitweise komplett vermeiden oder man sammelt gezielt Begleiter, die einem momentan besonders oft begegnen, um diese durch erneutes Ansprechen in die Flucht zu schlagen. Klassische Fluchtversuche sind hingegen recht riskant, da man beim Scheitern eine Runde Prügel ohne Gegenwehr kassiert, was bei Widersachern, die fiese Statusveränderungen hervorrufen, schnell Game Over bedeuten kann - Speicherpunkte sind aber glücklicherweise ausreichend vorhanden.         

Fazit

Das mittlerweile dreizehn Jahre alte Persona-Debüt hat leider spürbar an Glanz verloren. Natürlich ist es sehr löblich, dass man im Remake erstmals auch westlichen Spielern die Möglichkeit gibt, das dämonische Highschool-Abenteuer aus zwei Blickwinkeln zu bestreiten. Man hat sich sogar die Mühe gemacht, die Texte neu zu übersetzen, das Interface anzupassen, den Soundtrack zu erweitern sowie frische Anime-Sequenzen einzubauen. Präsentation und Spieldesign wirken dennoch alles andere als zeitgemäß. Mit den altmodischen Zufallskämpfen und der aktionsbezogenen Vergabe der Erfahrungspunkte kann man sich gerade noch arrangieren und die taktischen Rundenkämpfe sind ebenso unterhaltsam wie die Dämonenhatz motivierend ist. Aber Storyinszenierung, Leveldesign und Präsentation sind aus heutiger Sicht völlig veraltet. Man stapft die meiste Zeit durch trostlose 3D-Labyrinthe, führt in kargen Zimmern belanglose Dialoge, ärgert sich über die teils unausgewogene Spielbalance und Erzählstruktur. Nüchtern betrachtet ist das Remake zwar in vielerlei Hinsicht besser als das Original, seine Nachfahren spielen mittlerweile aber in einer ganz anderen Liga und drücken das Ur-Persona somit auf nur mehr knapp befriedigendes Niveau...

Pro

  • hübsche Anime-Sequenzen
  • taktisches Rundenkampfsystem
  • motivierende Dämonenhatz & -zucht

Kontra

  • ödes Leveldesign
  • antiquierte Technik
  • schwache Inszenierung

Wertung

PSP

Leicht aufpoliertes und erweitertes Remake eines PSone-Klassikers, der von seinen Nachfahren längst aufs Abstellgleis bugsiert wurde.