Marvel Super Hero Squad - Test, Action-Adventure, PlayStation2, NDS, Wii, PSP

Marvel Super Hero Squad
09.12.2009, Benjamin Schmädig

Test: Marvel Super Hero Squad

Dass Comic-Verleger vermehrt in virtuellen Gefilden nach neuen Zielgruppen fischen, ist nicht erst seit dem Erfolg von DCs Batman: Arkham Asylum bekannt: Gerade Marvel legt sich mit Ultimate Alliance oder X-Man Origins: Wolverine derzeit mächtig ins Zeug. Aber der "Bilderbuch"-Riese sorgt sich auch um den Nachwuchs. Und so legt sich das Super Hero Squad nach seinem Einsatz im Fernsehen jetzt auch spielerisch mit Dr. Doom an...

Erwartet kein packendes Superhelden-Epos, wenn Hulk, Captain America, Silver Surfer, Iron Man und wie sie alle heißen die Bande um Dr. Doom daran hindern, eine mächtige Waffe zu erschaffen. Lasst Nachsicht walten: Das Super Hero Squad wendet sich mit seinen auf Vorschulgröße geschrumpften Superheldchen samt freundlich grinsender Schuljungen-Gesichter



Minimale Superhelden

Video. "Kinder sind ja anspruchslos, die sind auch mit mäßigen Spielen zufrieden." War das das Motto der Entwickler?ausschließlich an junge Heldenfans. Ich frage mich zwar, warum die Autoren die altersbedingte Oberflächlichkeit unbedingt mit völlig witzlosen Sprüchen würzen müssen, aber so überragen die nebensächlichen Monologe wenigstens nicht den platten Plot. Was mir dagegen überhaupt nicht schmeckt, ist die spielerische Einfältigkeit, mit der junge Spieler hier abgespeist werden!

Im Ansatz wirken die Kloppereien zwischen Superhelden, Schurken und Superschurken nicht mal schlecht: Zwei Angriffstasten lassen sich mit dem Analogstick zu verschiedenen Attacken kombinieren, gelegentlich ist auch das richtige Timing beim Sprung über tiefe Schluchten gefragt. Weil ein Großteil der Truppe zudem fliegen kann, findet die Action meist am Boden, manchmal aber auch darüber statt. Das verlangt sogar eine Prise Taktik, denn nur wenn ich nicht wie ein Irrer zum Dauerangriff blase, blockt mein Held feindliche Angriffe selbstständig ab - wirklich nett. Aber soll ich mich für das junge Publikum darüber freuen, dass die einfallslosen Bösewichter meist nur am Fleck stehen, um von mir verkloppt zu werden? Ist es die auf allen Systemen träge und ungenaue Steuerung, an der die Kids ihre helle Freude haben sollen? Oder sind es die einfallslosen Schlauchlevel, in die sich eine Gegnerwelle nach der nächsten beamt?

Vielleicht sind es ja bekannte Zwischengegner wie Juggernaut oder Sabretooth, über die sich der Nachwuchs freut? Nein. Wirklich nicht! Die Bosskämpfe finden nämlich auf zehn mal zehn Meter "großen", an allen Seiten offenen Plattformen statt. Ich bin mir nicht sicher, inwiefern die ausschließlich automatisch drehende und zoomende Kamera dort den Überblick wahren will. Ich weiß auch

Inhaltsgleich, aber technisch schlechter - die PSP-Version.
nicht, wo die Spannung liegt, wenn ich einen Unhold zehnmal mit ein- und derselben Kombo aus dem Ring kicke. Und ich habe schon gar keine Ahnung, wie mich das packende Aus-dem-Ring-Fallen dank mangelnder Übersicht zum Weitermachen animieren wollte. Man kann diesen Quatsch auch zu viert spielen? Na, vielen Dank!

Gemeinsam glücklich?

Apropos: Ganz clever ist die Einbindung der kooperativen Action, denn falls ein Kumpel Lust hat, muss er lediglich den Controller anschließen und schon ist er als rechte Hand dabei. Immerhin ziehen die superben Helden stets zu zweit in den Einsatz. Hat der Kumpel keinen Bock mehr, verlässt er die Sitzung einfach; so muss das sein. Und trotzdem haben die Entwickler selbst hier geschludert, weil die Kamera stets und ständig nur Spieler eins folgt. Spieler zwei sieht zu, dass er im Bild bleibt - oder eben nicht. "Übersicht" stand im Designdokument offenbar nicht an oberster Stelle. Oder wie ist es zu erklären, dass man in Abschnitten mit kniffligen Sprüngen wegen vielen unglücklichen Kamerawinkeln entweder kaum erkennt, wann man abspringen müsste, wo man landen wird oder dass man im schlimmsten Fall den Abgrund erst erblickt, nachdem man hineingefallen ist?    

Nein, dem Superhelden-Squad gelingt beileibe kein guter Einstieg in die digitale Realität. Vielmehr verstolpern die Kleinkind-Helden ihren Auftritt trotz der gelungenen Ansätze. Dass die stotternde PS2-Fassung dem Wii-Vorbild technisch unterlegen ist, tut dem Trupp dabei ebenso wenig gut wie die fehlende kooperative Action auf PSP. Dass sich die Charaktere alle gleichen, verdeutlich den Aufwand nur, mit dem die Helden digitalisiert wurden. Und am DS? Immerhin machen die Weltenretter auch auf Nintendos Kleinstem Jagd auf Dr. Doom! Nun, wo soll ich anfangen...

Auf dem Kleinsten noch kleiner

Bei der Mini-Spieldauer von zwei, vielleicht drei Stunden, vielleicht? Das Abenteuer dauert ja schon auf Konsolen und PSP nur deshalb ein paar Stunden, weil Checkpunkte mitunter weit auseinander liegen

Die DS-Fassung sieht nicht gut aus und spielt sich noch schlechter.
und nur nach Abschluss eines kompletten Levels gespeichert wird. Es besteht auf den "großen" Systemen aber wenigstens nicht nur aus ein paar winzigen 15-Minuten-Levels! Und während ich auf Wii, PS2 und PSP mal ein Gebiet verteidige, mal verbündete Soldaten befreie oder feindliche Ausrüstung zertrümmere, gehts auf DS nur um eins: In den seitwärts scrollenden Abschnitten den Ausgang finden. In allen Versionen absolviere ich dabei einen Level mit einem anderen Charakter, wobei ich auf Nintendos Handheld stets alleine unterwegs bin und nicht wie in den anderen Versionen einen beliebigen Abschnitt wählen kann.

Ein solches Action-Abenteuer für die Hosentasche könnte natürlich richtig spannend sein - wenn die Rätsel vertrackt und die Widersacher clever wären. Sind sie aber nicht. Es gibt zwar witzige Ideen wie Minen, die auf mich zufliegen, so dass ich durch geschicktes Manövrieren ihre Position verändern kann. Doch solche Einfälle sind selten und werden nur präsentiert, um viel zu schnell wieder abgehakt zu werden. Am DS wechselt die Erzählsicht übrigens stets von den Helden zu den Schurken - nicht, dass man davon etwas spüren würde. Vielmehr leiden sämtliche Figuren unter derselben trägen Steuerung, hauen im Grunde mit denselben Fausthieben zu und lösen durch einen Druck aufs Touchpad ihren recht unspektakulären Superangriff aus.

Super Marvel Bros.?

Wie ihre Geschwister prügeln sie sich dabei auch hier am Ende jedes Levels durch einen Arenakampf. Aber ob es um das Erreichen einer Punktzahl, das Besetzen einer Stellung oder das Zerstören eines Computers geht: Was äußerlich an Super Smash Bros. erinnert, ist ein jämmerliches Gekloppe, das man nur schnell hinter sich bringen will - schon allein deshalb, weil man die Gegner auch hier mit ein- und derselben Attacke von sich schmeißt. Zum Glück darf man den Arenamodus am DS nur zu zweit spielen! Und zum Glück ist das farblose, matt tönende und müde zum Leben erweckte Abenteuer so schnell vorüber. Dann muss ich auch nicht mehr sehen, wie meine Helden und Schufte nicht hinter einer Plattform entlang springen, sondern mitten durch den Beton hüpfen. Nein, diese unprofessionelle Arbeit haben weder erfahrene Gamer noch junge Neueinsteiger verdient. So erzieht man weder Spieler noch Comic-Liebhaber.  

Fazit

Schlimm genug, dass man von einem Lizenztitel ohnehin keinen Blockbuster erwartet. Viel schlimmer allerdings, wenn angehenden Comic-Fans ein "Hobbywerk" wie Marvel Super Hero Squad am DS vorgeworfen wird! Mit höchstens drei Stunden ist die Spieldauer ein schlechter Scherz, das eigentliche Spiel ist ein einfallsloses Jump&Klopp und die Aufmachung bekäme selbst mancher Laie besser hin. Das Beste ist die Tatsache, dass sie ohne Programmfehler auskommt. Dem setzen die Fassungen für PSP, PS2 und allem voran die Wii-Version immerhin ein abwechslungsreiches Spiel entgegen, in dem zumindest die Kombo-Klopperei halbwegs Laune macht. Die Figuren leben vom witzigen Design ihres Serienvorbilds und man darf die Welt sogar kooperativ retten. Dass die Kamera dann mitunter unbrauchbar fehlschwenkt, ist freilich ein schweres Manko - ebenso wie die hirnlosen Arenagefechte oder die träge Steuerung. Nein, auch auf den "großen" Plattformen machen die Nachwuchs-Heroen keine gute Figur. Sie retten sich aber gerade so als ausreichendes Spiel über die Runden - na immerhin...

Pro

  • serientreues Figurendesign
  • jederzeit kooperativ spielbar (Konsolen)
  • meist freie Levelwahl (Konsole)
  • sehr schnell vorbei (DS)

Kontra

  • völlig belanglose Arenakämpfe
  • träge, ungenaue Steuerung
  • uninspiriertes Leveldesign
  • einfallslose Gegner (Konsolen, PSP)
  • viele unübersichtliche Perspektiven (Konsolen, PSP)
  • kooperative Kamera folgt nur Spieler eins (Konsolen, PSP)
  • kein kooperativer Modus (PSP, DS)
  • Figuren springen durch Plattformen hindurch (DS)

Wertung

PlayStation2

Das Bild stottert, doch ansonsten gleicht die PS2-Version dem Original auf Wii - leider!

NDS

Technisch mau, spielerisch pfui: Nach spätestens drei Stunden ist es zum Glück vorbei!

Wii

Wii-Helden freuen sich über die stärkste Technik - ärgern sich aber über ein mäßiges Spiel.

PSP

Der technisch schwächsten der "großen" Versionen fehlt zu allem Überfluss das kooperative Spiel.