Muramasa: The Demon Blade - Test, Action-Adventure, Wii, PS_Vita
Video: Muramasa liefert atemberaubende und technisch perfekte Bilder - in 2D!Eigentlich ist 2D tot. Es gibt nicht mehr viele Künstler, die noch das Handwerkszeug drauf haben, nicht nur einzelne Bilder hervorragend aussehen zu lassen, sondern diese Perfektion auch in Bewegung umzusetzen. Es ist eine Sache, eine wunderschöne Gräserwiese als Standbild hinzubekommen - es ist eine völlig andere, das Ganze auch noch Pixel für Pixel so zu animieren, dass alles harmonisch miteinander funktioniert, sich weich bewegt und derart überzeugen kann, dass man einfach mal stehen bleibt, um sich das Ergebnis mal genauer anzusehen. Und dann wieder. Und dann gleich nochmal. Und sich dabei erwischt, wie die Kinnlade über den Teppich wischt. Stellt euch einfach vor, ihr würdet Bayonetta in 2D spielen. Ja, Muramasa - The Demon Blade liefert genau diese Art von Grafikperfektion, nur eben in zwei Dimensionen!
Oh ja! Und wie!
Obwohl Okami 2D vermutlich der nahe liegendere Vergleich wäre, denn das Szenario geht etwa in dieselbe Richtung. Keine Wolfgöttin weit und breit, dafür aber ein mittelalterliches Japan, in dem zwei Helden, Momohime und Kisuke, eine Mission haben. Jeweils eine Mission, um genau zu sein, denn Muramasa bietet zwei Abenteuer auf einer Disc. Zwar überschneiden sich die beiden Geschichten immer wieder mal, auch traben die beiden zwangsläufig durch die gleichen Szenarien, aber die dahinter liegende Motivation ist für beide unterschiedlich. Momohime, das Mädchen, hat ein Seelenproblem, denn die ihre sowie die eines grimmigen Kriegers streiten sich um den Platz in ihrem Kopf. Kisuke, der Junge, dagegen hat sein Gedächtnis verloren - und wundert sich, dass ihn jeder für einen Verräter hält
und ihm an den im Wind wallenden Schal will. Anfangs muss man sich für einen von beiden entscheiden, kann diese Wahl aber jederzeit wieder ändern - die Spielverläufe für beide werden separat gespeichert, was schlussendlich dafür sorgt, dass man Muramasa zwei Mal durchspielen sollte, um beide Enden zu sehen. Spielerisch hat die Wahl allerdings keine so großen Auswirkungen: Beide Figuren steuern sich identisch.Muramasa ist kein besonders tiefschürfendes Spiel: Man trabt durch die wunderschönen, abwechslungsreichen Levels, bis ein dickes Ausrufezeichen ins Bild springt und das Weiterrennen unmöglich macht - es ist Kampfzeit! Aus allen Richtungen springen Ninjas, Geister-Samurai, schwebende Dämonen, Bombenschmeißer, Riesenfrösche oder merkwürdige Höhlenbewohner ins Bild, die Wesen für Wesen zerschnetzelt werden müssen - erst wenn die letzte Gegnerseele aufgesaugt wurde, darf es weiter gehen. Der Kampf gegen die meisten Widersacher gestaltet sich auch entsprechend einfach: Egal ob Wiimote/Nunchuck, Classic oder GameCube-Controller, es gibt immer nur einen Angriffsknopf, der in Kombination mit einigen wenigen Richtungsangaben unterschiedliche Manöver startet - theoretisch kann man Ausweichrollen, Kombos, Paraden oder Luftangriffe machen. Muss man aber nicht, denn die meisten Scharmützel sind durch reines Buttonmashing, das automatisch Kombos hervorruft, problemlos zu gewinnen - selbst auf dem höheren der beiden Schwierigkeitsgrade, wobei hier eine spezielle Spieleigenschaft stärker in den Vordergrund tritt: Die zerbrechenden Schwerter. Man hat immer drei Säbel dabei, die sich mit der Zeit abnutzen. Wenn man blockt oder Spezialangriffe einsetzt, wird die »Schwertseele« verringert; ist sie bei Null, bricht die Klinge - mit der kann man nicht mehr blocken oder Speziallattacken nutzen. Dann muss sie für kurze Zeit zurück in ihre Scheide, um sich automatisch zu reparieren - währenddessen greift man zu einer der beiden anderen, wobei der Wechsel der Klinge den Bildschirm wie eine Art Smartbomb kurz von Feinden reinigt.
Ich liebe Schwerter!
Au, meine Füße!
Das große Problem von Muramasa ist die ständige Wiederholung. Damit sind nicht nur die immergleichen Kämpfe gemeint, sondern vor allem die Eigenschaft, den Spieler ständig durch bereits mehrfach durchquerte Gegenden zu schicken. Dass diese prächtig dargestellt
sind, wurde ja bereits erwähnt - das ändert aber nichts daran, dass man so manche Stadt, so manchen Bambuswald und so manchen Kirschgarten drei, vier, fünf Mal zu sehen bekommt, während man von Missionsziel zu Missionsziel trabt. Und zwar wohlgemerkt ohne, dass dabei etwas passieren würde, denn bereits von Feinden »bereinigte« Gegenden bleiben auch befriedet. So rennt man von einem Bildschirm zum nächsten, immer geradeaus, mal hoch, mal runter, aber immer dem Pfeil folgend, der zum Ziel zeigt - das man sich auch auf der jederzeit einblendbaren Übersichtskarte anzeigen lassen kann.Hin und wieder bleibt einem diese Fußarbeit erspart, wenn man etwa die Dienste von Sänftenträgern in Anspruch nehmen kann - aber meist muss man doch selbst laufen. Eine der wenigen Ablenkungen von dieser Monotonie sind die Herausforderungslevels, die man erstmal finden muss. Bevor man sie betritt, warnt Muramasa einen, dass es gleich schwer wird - und empfiehlt auch gleich noch einen Spielerrang, damit man überhaupt eine Chance gegen die wartenden Gegner hat. Außerdem kann man mit gelegentlich in der Gegend herumstehenden Figuren ein kurzes Schwätzchen halten - das aber nur selten ergiebig ist. Diese Fließbandrennerei ist auch der Grund für die lange Spielzeit von etwa zehn bis zwölf Stunden für ein Durchspielen. Mit beiden Figuren, mit der Suche nach allen Herausforderungen und dem Grinden für alle Schwerter wird's logischerweise noch mehr. Darüber hinaus ist ärgerlich, dass der Spielstand nicht frei gesichert werden darf. Teilweise liegt eine halbe Spielstunde zwischen den blau leuchtenden Stationen, die sich immerhin zuverlässig vor den teilweise brillant inszenierten Bosskämpfen finden.
Versinken und staunen
Fazit
Ich finde es gut, dass sich die Wii langsam zur Pixelkunst-Konsole mausert. Im 3D-Bereich kann sie halt nicht mit 360 & Co. mithalten, einen gigantischen Polygoncount werden wir hier nie zu sehen bekommen - dafür aber detailverliebte 2D-Handarbeit in Perfektion! Zuletzt verzückte mich A Boy and His Blob mit irrer Niedlichkeit, jetzt haut mich Muramasa mit einigen der schönsten Levels aus den Socken, die ich je in einem 2D-Spiel zu sehen bekam. Doch die traumhafte Kulisse kann nicht darüber hinweg täuschen, dass es Vanillaware einmal mehr nicht geschafft hat, ein ähnlich gutes Spieldesign drum herum zu stricken: Die simplen Kämpfe steuern sich immer gleich, auch neue Schwerter bringen keinen frischen Wind in das Buttonmashing. Die Story ist für beide Figuren belanglos, das ständige Hin- und Herrennen durch bereits mehrfach durchquerte Gebiete ein künstlicher Spieldauerstrecker. Idealerweise habt ihr neben Pixelliebe im Blut auch kein Problem damit, quasi ein zweidimensionales Ninja Gaiden zu zocken - denn dann ist Muramasa: The Demon Blade genau euer Spiel!
Pro
- traumhafte 2D-Grafik
- simple Steuerung
- unkompliziertes Kampfsystem
- unterschiedlicher Spielverlauf für beide Figuren
Kontra
- abwechslungsarme Kämpfe
- belanglose Story
- viele lange Laufwege