Silent Hill: Shattered Memories - Test, Action-Adventure, PS_Vita, PlayStation2, PSP, Wii

Silent Hill: Shattered Memories
25.02.2010, Mathias Oertel

Test: Silent Hill: Shattered Memories

Silent Hill hat sich seit seinen Anfängen auf der PSone vor mehr als zehn Jahren als eine feste Säule des Survival Horrors etablieret. Qualitativ griff man dabei von "teuflisch gut" (Silent Hill 2) bis "höllisch unkreativ" (The Room) ein breites Spektrum ab, bevor man mit Homecoming letztes Jahr ein interessantes Comeback feiern konnte. Mit Silent Hill Shattered Memories wird ein neues Kapitel aufgeschlagen - mit erschreckend einfachen Stilmitteln sowie ungewöhnlichen Erkenntnissen.

Harry Mason sucht nach einem Autounfall im ebenso verschlafenen wie verlassen wirkenden Städtchen Silent Hill seine Tochter Cheryl. Diese Prämisse kennen die älteren Horror-Fans bereits. Immerhin war sie die Grundlage für den allerersten, seinerzeit auf PSone erschienenen Abstecher in die Stadt des subtilen Grauens, die es aus dem Stegreif geschafft hat, sich als Horror-Marke neben Resident Evil zu etablieren. Elf Jahre später ist Shattered Memories (SHSM) aber kein Remake mit hübscherer Kulisse. Zwar erzählt es eine ähnliche Story und setzt auf den Bekanntheitsgrad des Schauplatzes. Doch abseits

Willkommen zurück in Silent Hill! Shattered Memories betrachtet die Geschichte des ersten Teiles aus einer neuen kreativen Perspektive.
dessen setzt es weniger auf die bekannten Stilmittel des Genres, sondern macht mit subtilen Elementen seine Aufwartung, die in Zeiten des vorrangig auf Action fixierten Horrors à la Dead Space oder Resident Evil 5 positiv auffallen. SHSM setzt auf Charakterzeichnung, ein überzeugendes Erzähltempo, in dem Ruhephasen sich mit Rätseln und panischer Flucht ein unberechenbares Stelldichein geben sowie auf Psychotherapie. Es geht auf die Couch? Ja.

Zurück zu den Wurzeln

"ACHTUNG! Dieses Videospiel erstellt während des Spiels ein psychologisches Profil von Ihnen. Es findet heraus, wer Sie wirklich sind und verwendet diese Informationen dann dazu, sich zu verändern. Es setzt diese Informationen gegen Sie ein - und schafft damit ihren ganz persönlichen Albtraum. Dieses Spiel spielt mit Ihnen genauso wie Sie mit ihm."

Silent Freud?

Mit diesen Worten beginnt Shattered Memories. Und es lässt Taten folgen. Diese Sätze sollten daher nicht nur als bewusste Verunsicherung des Spielers verstanden werden - auch wenn das Vorhaben gelingt und man deutlich bewusster über Entscheidungen und Handlungen innerhalb der Spielwelt nachdenkt. Sie sind eine Warnung, die man ernst nehmen sollte.

Denn je nachdem, wie man sich innerhalb Silent Hills verhält, aber auch vor allem wie man in den Therapie-Sitzungen auf die scheinbar einfachen Fragen antwortet, verändert sich nicht nur das Ende des Psycho-Trips. Teilweise sind die Änderungen viel subtiler und beruhen schon auf den "Ja"- oder "Nein"-Antworten des ersten oberflächlich scheinenden Fragebogens, den man ausfüllen muss - auch wenn man diese Auswirkungen erst bei einem erneuten Durchspielen wahrnimmt.

Ist man z.B. "alkoholischer Entspannung" nicht abgeneigt, ist ein Etablissement in der Stadt ein Irish Pub. Bevorzugt man Wasser und Milch, ist es eine "Sports Bar". Doch um überhaupt Zugriff auf die Bar zu bekommen, muss auf dem Weg dorthin ein bestimmter Trigger ausgelöst werden - ein cleveres System, das den Wiederspielwert erhöht.

Doch nicht alles ist so nebensächlich: Je nach Antwort und Verhalten reagieren die wenigen Personen anders, mit denen man als Harry Mason in Silent Hill zusammentrifft - oder sie sehen anders aus. Es gibt einige "Entweder-Oder"-Situationen, die nicht nur die Neugier wecken, sondern die immer wieder Vergleiche zu Heavy Rain bzw. dem spirituellen Vorgänger Fahrenheit beschwören. Nur mit dem Unterschied, dass wesentliche Entscheidungen vor den Spielszenen den Fortschritt beeinflussen.

Je nach Verhalten und Frage-Beantwortung während der Therapie können sich Aussehen von Cybill Bennett und Gesprächsverlauf ändern - wie vieles in Silent Hill.
Allerdings geht das Team von Climax nicht in die letzte Konsequenz wie Quantic Dream. So hat man während der interessanten Dialoge, die sich sehr häufig um Beziehung und Familie, Sex oder Tod drehen und die es selbst in ruhigen Momenten schaffen, die Charaktere und ihre Motivation zu zeichnen, leider keine Möglichkeit einzugreifen. Und insgesamt hätte die Interaktion mit Ausnahme der von den Entwicklern vorgesehenen Punkte durchaus stärker ausfallen können. Die Erforschung der großräumigen Abschnitte wird zwar mit vielen kleinen Gimmicks belohnt, doch immer wieder gelangt man an Orte, an denen man sich fragt, wieso man ausgerechnet hier nichts machen kann und im wahrsten Sinne des Wortes nur zum Zuschauen verdammt ist. Leider gibt es zu wenige Momente wie beim Zusammentreffen mit der Krankenschwester Lisa, die man seinem Beschützerinstinkt folgend nach Hause begleitet, wo man schließlich die Wahl hat, auf den Fernseher zu starren, während sie sich umzieht oder versucht, voyeuristisch einen Blick auf sie zu erhaschen.

Doch das ist Jammern auf hohem Niveau. Denn es ist Climax gelungen, die verlassene Stadt, deren Nebel der PSone-Version mit depressivem Dauerschneefall ersetzt wurde, mit viel Leben und vor allem düsterer Atmosphäre zu füllen - wenn man gewillt ist, etwas zu suchen. Häufig muss man nicht einmal weit schauen, denn immer wieder findet man Gegenstände, die mit bestimmten Erinnerungen verknüpft sind und die man auch eingehend von allen Seiten betrachten kann.

Lebendige Leere

         

Geister von zumeist gewaltsam gestorbenen Einwohnern Silent Hills können mit der Handykamera sichtbar gemacht werden, woraufhin meist eine übersinnliche Nachricht aus der Vergangenheit in Sprach- oder Textform aufs Handy geschickt wird, die einen indirekten und dadurch gleichermaßen verstörenden wie verunsichernden Hinweis auf den Geist und sein Schicksal Preis gibt. Verstörend u.a., weil man nie den Eindruck los wird, dass diese Figur etwas mit dem eigenen Schicksal und der Suche Harrys nach seiner Tochter zu tun hat.

Kein Silent Hill ohne Monster. Aber im Gegensatz zum klassischen Survival Horror gibt es keinen aktiven Kampf, sondern nur die Möglichkeit zur Flucht aus dem Albtraum.
Und mit den atmosphärischen Störungen, die das Handy als Ersatz des Funkgeräts des Originals aufnimmt und die sich bis zu einem die Nerven zum Schwingen bringenden Kreischen steigern, kann man zu bestimmten Punkten geleitet werden, an denen mit einem kleinen Schockmoment eine weitere Text- oder Sprachnachricht die Geschichte der Stadt und Einzelschicksale veranschaulicht.

Das Schöne daran: Climax gibt kein Erzähltempo vor, man erlebt alles so schnell oder langsam, so intensiv oder teilnahmslos, wie man möchte. Und selbst hier haben die Therapie-Sitzungen Einfluss: In einem Durchlauf hat sich beim Betrachten eines Abendkleids eine schüchterne Schülerin vor ihrem Abschlussball zu Wort gemeldet, die einfach nur einen schönen Abend erleben möchte, in einem anderen hat die Kleidbesitzerin ihrer Freundin am Telefon von ihren frivolen Fantasien erzählt.

Ein weiteres scheinbar belangloses, aber hinsichtlich der Detailfreude nicht zu unterschätzendes Gimmick sind die knapp 40 Telefonnummern, die man überall in der Stadt auf Plakaten, Notizblöcken usw. finden kann. Alle wurden (wenngleich manchmal nur mit Anrufbeantwortern, die auf die bescheidene Wetterlage eingehen) mit Reaktionen versehen. Zwar kann man wie bei den normalen Dialogen auch hier keinen Einfluss auf die Unterhaltung nehmen, doch es ist ein gutes Mittel zum Zweck, um eine scheinbar ausgestorbene Stadt mit Leben zu füllen.

"Jetzt mal bitte auf Anfang. Silent Hill war doch immer ein Survival Horror-Spiel. Was ist denn jetzt damit?" Das ist eine berechtigte Frage. Und so ganz kann und will sich Climax nicht von diesen Wurzeln lösen. Aber auch hier ist alles anders als man erwarten könnte: Gegen den Strich gebürstet und damit gewöhnungsbedürftig, sperrig - etwas, das mir richtig gut gefällt.

Hilfloser Albtraum

Immer wieder ist man passiv als Gesprächspartner dabei - leider kann man den Dialogverlauf nicht aktiv beeinflussen.
Denn zum einen entsteht der Horror wie bei kaum einem anderen Spiel im Kopf. Das Wissen um das Verschwinden von Cheryl, die teils merkwürdigen Charaktere, denen man begegnet, die Hinweise, die man sammelt und nicht zuletzt die mitunter sehr offenherzigen und aggressiven Therapiesitzungen sorgen für eine nahezu unheimliche Sensibilisierung für alles, was um einen herum passiert. Ständig habe ich mich bei der Frage ertappt, ob die eine oder andere Antwort oder die eine oder andere Entscheidung ein positiveres Ergebnis hervorgerufen hätte.

Und irgendwann bricht der Albtraum plötzlich los: Visuell beeindruckend wird die komplette Umgebung in einem kalten Blau eingefroren, sie verändert sich und jetzt hat man mit Harry nur noch ein Ziel: Diesem Albtraum zu entfliehen. Hellblaue Streifen helfen bei der Orientierung und zeigen Wege, Türen und Hindernisse an, die man überqueren oder durchschreiten kann. Und auf einmal ist der Horror nicht nur gedanklich zu fassen, sondern auch im Nacken zu spüren - gesichtslose Albtraumwesen, über deren Aussehen wiederum die Therapiesitzung entscheidet, jagen Harry auf Gedeih und Verderb. Sollten sie ihn zu packen bekommen, klammern sie sich fest und versuchen, ihn zu Boden zu ziehen und zu erlösen. Das Bedrückende an diesen Sequenzen ist, dass man nicht aktiv gegen diese Wesen kämpfen, sondern nur versuchen kann, sie abzuschütteln oder wegzulaufen.

In seltenen Momenten kann man sich in einem Schrank verstecken, was wiederum zu sehr intensiven, beinahe atemlosen Augenblicken führt, wenn das statische Rauschen und die Bildstörungen zunehmen und signalisieren, dass sich eines oder mehrere der Wesen der eigenen Position nähern und vielleicht gerade dabei sind, die Schranktür aufzureißen. Doch letztlich zählt nur die Nerven aufreibende Flucht aus diesem düsterkalten Labyrinth.

Hatte ich während der Vorschau-Version noch die Bedenken, dass mit dem Abspulen der ewig gleichen Elemente "Therapie,

Silent Hill steckt voller geheimnisvoller Figuren.
Stadterforschung, Albtraum, Flucht und dann in der nächsten Szene von vorne" die Gefahr von Berechenbarkeit und damit Spannungseinbußen bestünden, kann ich mittlerweile Entwarnung geben.

Der Rhythmus stimmt

Das Erzähltempo wurde von Climax optimal zusammengestellt. Man kann sich letztlich nie sicher sein, wann der Albtraum losbricht, wann die dringend benötigten Ruhephasen, in denen man fast zu passiv nur als Beobachter unterwegs ist, durch wahlweise geskriptete oder gefundene Events gestört werden oder was in der nächsten Therapiesitzung wieder ans Tageslicht befördert wird - und das alles mit dem nachvollziehbaren Schrecken und Ängsten jedes Vaters im Hinterkopf, das sein Kind nach einem Unfall verschwunden ist und man selber keine Ahnung hat, was passiert ist.

Die Unausweichlichkeit der Ereignisse, die ich durch meine Antworten und mein Verhalten bis hin zum überraschenden Ende beeinflussen, aber nicht aufhalten kann, entfacht eine ungemein packende Faszination, die mich nicht nur aufgrund mancher szenischer Parallelen mehr als einmal an ein Heavy Rain bzw. Fahrenheit in einer Light-Version, garniert mit einem gewaltigen Schuss Psycho-Horror erinnert.

   

Die Stimmung wird jedoch getrübt, sobald man feststellt, dass eine wirkliche Gefahr nur in den Albträumen lauert. Dadurch beraubt sich Silent Hill der Möglichkeit, den Erforschungsabschnitten in der "realen" Welt zusätzliche Spannung zu verleihen. Hier kommt es zwar auch immer wieder zu geskripteten Schocksituationen, die vor allem durch ein plötzliches Crescendo der stimmungsvollen Musik aus der Feder von Akira Yamaoka (auch verantwortlich für den Soundtrack des Originals) effektiv in Szene gesetzt werden und einem ins Mark fahren. Doch die Spannung wäre ungleich höher gewesen, wenn man sich in Silent Hill niemals sicher sein könnte, plötzlich einer Gefahr ausgesetzt zu werden.

Dass sich Climax dennoch sehr stark von dem abgrenzt, was die Silent Hill-Serie ausgemacht hat, ist umso

Die visuelle Qualität gehört zum Besten, was derzeit auf Wii zu sehen ist. Vor allem Licht und Schatten überzeugen und sorgen für Spannung.
bewundernswerter. Ich gehe sogar so weit zu sagen, dass der spielmechanische Schritt, der hier vollzogen wird, sich noch stärker vom Ursprungsmaterial entfernt als es seinerzeit bei Resident Evil 4 der Fall war. Auf den ersten Blick ist das sogar nicht einmal mehr ein Vertreter des "klassischen" Survival-Horrors, den man zumeist mit bewaffnetem Kampf ums Überleben in Verbindung bringt. Zumindest habe ich große Schwierigkeiten, Harry Masons Suche nach seiner Tochter in eine solche Schublade zu stopfen.

Ist das noch Horror?

Andererseits ist diese unkonventionelle, eher auf Kleinigkeiten fokussierte Heransgehensweise vielleicht genau der richtige Ansatz, um das sich größtenteils auf das (wenngleich meist gelungene, siehe Dead Space) Wiederkäuen bekannter Elemente spezialisierte Horror-Genre mit neuem Leben zu füllen.

Shattered Memories ist kein Gore-Horror mehr und nur in subtilen Andeutungen erinnert man an die Ansammlung von S&M-Fantasien früherer Silent Hill-Teile. Doch die Bilder, die sich hier nicht durch Schock, sondern durch das ruhige Aufnehmen und die Reflektion der Ereignisse um einen herum im Kopf einstellen, können ebenso erschreckend sein. Es zählt die Fantasie statt expliziter Gewalt. Die Zerstörung gesellschaftlicher Werte wie Familie oder Liebe und die daraus folgenden Konsequenzen können ebenso grausam sein wie ausgeweidete Zombies. Und über allem schwebt eine düstere gnadenlose Unausweichlichkeit. Wenn man sich auf SHSM einlässt, wird man vom ungewöhnlichen Horror nicht enttäuscht.

Zumal sich Climax vor allem auf Wii mit einer nahezu perfekten Nutzung von Gestenerkennung und Remote-Lautsprecher erfolgreich bemüht, einen in die kalte Welt von Silent Hill zu ziehen. Das von dichtem Schneetreiben durchzogene Silent Hill wird zumeist nur von der "aus der Remote" strahlenden Taschenlampe erhellt, deren Lichtkegel und die daraus entstehenden Schatten HD-Kollegen wie bei Aliens vs. Predator zeigen, wo der Hammer hängt und den Remedy mit Alan Wake erst einmal schlagen muss.

Mittendrin statt nur dabei

Doch nicht nur hier hat Climax viel Zeit investiert. Auch bei den Rätseln oder dem Öffnen von Schaltern und Türen fühlt man sich als homogener Teil von Silent Hill. Ein Beispiel aus der Anfangsphase (mit nur geringer Spoilergefahr): Um einen Schlüssel zu finden, muss man Dosen aufheben, schütteln, die richtige Dose drehen, damit der Schlüssel herausfällt und diesen dann aufnehmen.

Auf PSP muss man sowohl hinsichtlich der Kulisse als auch bezüglich der Steuerungsmechanik Abstriche machen.
Dabei nutzt das Team die Gestenerkennung bis genau zum richtigen Moment, so dass sich die Verwendung von Gegenständen und das Lösen von Rätseln immer intuitiv, logisch und vor allem 'richtig' anfühlt. Und obwohl es sicherlich kein Problem gewesen wäre, hat man davor halt gemacht, die zahlreichen zu benutzenden Türklinken mit einer Gestensteuerung zu versehen. Stattdessen nutzt man den Analogstick, um die Geschwindigkeit der Türöffnung stufenlos vom leisen Öffnen bis hin zum Aufstoßen zu simulieren. Gerade in diesem Zusammenhang ist es schade, dass in den Erforschungsabschnitten letztlich keine Gefahr lauert, die ein leises Öffnen wert wäre.

Bei der Nutzung des Remote-Lautsprechers hingegen (alternativ kann man sich die Sounds auch über den TV-Lautsprecher ausliefern lassen, wovon wir allerdings aus Immersionsgründen abraten) hat sich Climax übertroffen. Das in seiner Intensität schwankende statische Rauschen, das beim Erkunden die paranormalen Echos ankündigt und das in den Albtraumsequenzen nahende Wesen kennzeichnet, sorgt immer wieder für aufgestellte Nackenhaare und Panik.

Das ist jedoch nichts gegen die "Telefonfunktion". Wenn urplötzlich das Telefon (aus der Remote) klingelt, man abhebt und dann den Fernbedienungslautsprecher wie bei einem echten Handy ans Ohr hält, ist man unversehens direkt in Silent Hill und man bekommt eine Gänsehaut. Wenn dann auch noch Cheryls Stimme teils flehend, teils weinend, aber in jedem Fall warnend "Daddy. You shouldn't have come!" ins Ohr haucht, ist die Illusion mehr als gelungen und die emotionale Spannung kaum zu überbieten. Leider sprechen die Figuren in Silent Hill kein Deutsch, sondern nur Englisch, werden aber größtenteils sehr gut untertitelt.

In der PSP-Version läuft alles deutlich konventioneller ab, wodurch die Atmosphäre und die Intensität nicht ganz so mitreißen wie auf Wii. Andererseits kann man bei den Verfolgungen ohne Remote die Kamera deutlich besser bewegen und hat so eine bessere Chance, zu entkommen, da man auf Wii in der Hektik durchaus mal verreißt und damit eine unwillkürliche Drehung provoziert. Diese endet zwar nur selten tödlich, ärgerlich ist dies aber allemal.

  

Konami und Climax  liefern ein weiteres Beispiel dafür, dass Wii mehr auf dem Kasten hat, als man glauben möchte, wenn man die Konsole in fähige Hände legt. Sicher: Wer mit Argusaugen hinschaut, wird in der einen oder anderen Szene

Wer sich die Bilder eingehend betrachtet, erkennt nicht nur die hohe Texturqualität, sondern wird vom internen Therapeuten bewertet. Die meisten Aktionen haben direkt oder indirekt Auswirkungen auf die verschiedenen Enden.
unschönen Grafikaufbau erkennen, der nicht von Nebel oder Schneetreiben abgemildert wird. Oder man sieht mal Clipping-Fehler. Oder man nimmt die eine oder andere ungelenk wirkende Animation wahr. Und auch das ständige Streaming der Kulisse, das diese aufwändige Technik erst ermöglicht, hat einen Preis: Bei manchen Türen, vor allem beim schnellen Laufen, kommt der Motor kurzzeitig ins Stocken.

Créme dé la Créme



Dead Space Extraction hat es bereits gezeigt: Wii-Titel können sich auf technisch hohem Niveau bewegen und müssen nicht so weit von den überlegenen HD-Konsolen entfernt sein, wie es den Anschein hat.

Doch all das war mir spätestens in dem Moment egal, als ich mit der Taschenlampe im überzeugenden Schneefall durch einen Wald gewandert bin und mir die gelungenen Schatten der Bäume einen Schrecken nach dem anderen einjagten. Die Welt wirkt absolut glaubwürdig, seien es nun die von Schneewehen bedeckten Straßenzüge, die klaustrophobischen dunklen Innenräume oder die kaltblauen Albtraumsequenzen.

Dies wird vor allem dann klar, wenn man die Zoomfunktion nutzt und sich die Umgebung genauer anschaut: Die Texturen sind aufwändig und auf Wii vor allem mit Verwendung eines Komponentenkabels sehr klar. Das müssen sie auch sein, denn der Zoom hat auch eine spielerische Bedeutung: Schaut man sich bestimmte Dinge in der Umgebung an, wird häufig nicht nur ein innerer Monolog (meist ein Einzeiler, aber kann auch mal länger sein) gestartet, der über die gegenwärtige Gemütslage Harrys Aufschluss gibt oder man entdeckt die Lösung für ein Rätsel, sondern es können sich auch Änderungen hinsichtlich des Endes ergeben. Zoomt man z.B. bei Gesprächen mit den zumeist weiblichen Bewohnern Silent Hills auf die Oberweite oder das Gesäß, kann man schnell in die psychoanalytische Sexsucht-Schublade rutschen, die das Ende maßgeblich beeinflusst.

In einem Titel, der weniger auf Schock, sondern vielmehr auf Gemütslagen und Gefühle setzt, müssen die Gesichter ausdrucksstark und die Mimik überzeugend sein. Und auch hier enttäuscht Climax nicht. Natürlich ist man ein gutes Stück von der schauspielerischen Beinah-Perfektion eines Heavy Rain entfernt, die auf dieser Hardware schlichtweg unmöglich ist. Doch aus den vorhandenen Möglichkeiten holt man das Maximum heraus. Man schaut den glaubhaft agierenden Figuren gerne zu, versucht, in ihren Gesichtern eine Lösung für das Verschwinden Cheryls zu lesen und hängt an ihren Lippen. Kurzum: Auch auf Wii sind überzeugende schauspielerische Leistungen möglich

Schauspielkunst

Shattered Memories setzt nicht auf Gore, sondern auf subtilen, mitunter sehr leisen Psycho-Horror, der von den digitalen Schauspielern gut getragen wird.
Doch der insgeheime Hauptdarsteller ist nicht Harry, es ist nicht der Psychotherapeut und es ist auch keine der schillernden Nebenfiguren wie z.B. die Polizistin Cybil Bennett, die man noch aus dem Ur-Silent Hill kennt.

Es ist das Licht, das natürlich nicht ohne seinen kongenialen Schauspielpartner Schatten auskommt. Wenn der Lichtkegel über detaillierte Möbel zieht, dabei z.B. altmodische Kerzenleuchter erfasst, deren Schatten vollkommen klar definiert und ohne "Flirrfäden" mit Harrys Bewegung über die Wand fährt und sich bis auf sehr wenige Ausnahmen perspektivisch korrekt verändert, fragt man sich unwillkürlich, ob man tatsächlich Nintendos Familienkonsole vor sich hat.

Auf PSP ist die Kulisse nicht ganz so überzeugend: Das Schneetreiben ist nicht so dicht, die Umgebung insgesamt nicht so detailfreudig und bei der Mimik schleicht sich auch der eine oder andere Fehler ein, den es auf Wii so nicht gibt. Doch da die Prämisse hier natürlich identisch ist, bleibt das Spiel auch hier ein interessantes und ungewöhnliches Erlebnis - selbst wenn man die Taschenlampe nicht mehr unabhängig von Harrys Bewegung steuern kann und die Sichtweite nicht so hoch ist wie beim stationären Ableger.  

Natürlich hilft die Verwendung des grobkörnigen Filters, um sowohl stilistisch als auch technisch gewisse Unzulänglichkeiten zu übertünchen. Doch andererseits gibt es wahrlich nicht viel, was man überspielen müsste.

Fazit

Der Weg, den Climax mit Shattered Memories einschlägt, ist mutig. Denn ähnlich wie Quantic Dreams PS3-Thriller Heavy Rain ist der Ausflug in Konamis Stadt des Grauens ungewöhnlich. Silent Hill bricht mit Konventionen und schwimmt gegen den Strom der schnellen Survival-Action à la Dead Space oder Resident Evil 5: Es ist eher Psycho-Horror als Survival-Terror. Und es ist durch seine behutsame Erzählstruktur, die Abkehr von Kämpfen hin zu panischer Flucht und den Fokus auf Geschichte, Stimmung und Figuren ein durchdachter Schritt in eine subtilere Richtung. Aber so spannend dieser übersinnliche Psycho-Thriller mit seiner reifen Herangehensweise an schwierige Themen wie Familie, Sex und Tod auch ist, ist er noch lange nicht perfekt. Die Gefahr während der "gespielten Realität" kommt leider etwas zu kurz, die Interaktion mit der Umgebung ebenso, was aber durch viele optionale Gänsehautmomente abgemildert wird. Shattered Memories steckt voller kreativer Ideen wie den Psychotests oder die Analyse der Spielweise, die zu teils gravierenden, teils kaum wahrnehmbaren Änderungen führen. Nicht zu vergessen die intuitive Nutzung der Remote, die zusammen mit der aufwändigen und bis auf vernachlässigbare Kleinigkeiten hervorragenden Kulisse einen großen Anteil daran hat, dass man sich gerne in dieser Welt verliert. Auf PSP sind sowohl Kontrollmechanismen als auch die visuelle Umsetzung nicht ganz so überzeugend, aber auch hier ist Harry Masons Suche nach seiner Tochter ein spielenswertes Erlebnis. Leider ist das Abenteuer nach gut sechs sehr intensiven Stunden vorbei - was allerdings durch einen hohen Wiederspielwert aufgefangen wird.

Ich bin positiv überrascht, dass Konami nach Silent Hill: Homecoming eine so konsequente Kehrtwende hin zum subtilen Grauen wagt. Und ich bin noch überraschter, was die erzählerischen und atmosphärischen Parallelen zu Heavy Rain angeht - nicht in der eigentlichen Spielmechanik, aber in der Spieleröffnung und Erzählweise: Der unschuldige Beginn in der Story, die Eltern-Kind-Thematik, der erwachsene Ansatz mit seiner emotionalen Ansprache und deutlichen Konsequenzen, die traurige Musikuntermalung, das betrübliche Wetter als Leitmotiv, die düsteren Fragen der Verantwortung. Ob sich die Jungs von Climax öfter mal mit Quantic Dream zum Tee getroffen und über den Status quo der Action-Überflutung philosophiert haben? Es ist schon seltsam, dass erst ein britischer Entwickler wieder Leben in eine so urjapanisches Serie bringen kann. Wichtig ist aber nur: Silent Hill setzt einen ungewöhnlich kreativen Kontrapunkt zum gewöhnlichen Ballerhorror. Weiter so!



Zum Video-Fazit!

Pro

  • hervorragende (Wii) bzw. gelungene (PSP) Kulisse
  • stimmungsvolles Wechselspiel mit Licht und Schatten
  • überzeugendes Erzähltempo
  • beinahe besinnlicher Psycho-Horror
  • erzählt die Original-Silent Hill-Geschichte aus anderer Perspektive
  • gelungene Rätsel
  • Antworten & Verhalten beeinflussen Spielverlauf und Kulisse
  • gute Steuerung (PSP)
  • vorbildliche Einbindung von Gesten und Remote-Lautsprecher
  • stimmungsvolle Musik
  • anrufbare Telefonnummern sorgen für eine glaubhafte Welt

Kontra

  • keine Lebensgefahr/Bedrohung in der "echten" Welt
  • Umgebungsinteraktion nur an vorgesehenen Punkten
  • keine Eingriffsmöglichkeiten bei Dialogen
  • visuelle und spielmechanische Abstriche (PSP)

Wertung

PSP

Technisch und hinsichtlich der Atmosphäre mit Abstrichen, aber inhaltlich auch auf PSP ein spannender Psycho-Trip, der die Serie auf neue Wege führt.

Wii

Technisch beeindruckend und optimal auf Wii zugeschnitten: Der Nerven aufreibende Ausflug nach Silent Hill überzeugt mit subtilem Psycho-Horror und kreativen Ideen.