Picross 3D - Test, Logik & Kreativität, NDS

Picross 3D
01.03.2010, Jörg Luibl

Test: Picross 3D

Eigentlich wollte ich vor diesem Test noch ein kleines Rätsel knacken - quasi als letzten Akt der vorbildlichen Recherche. Ich hatte meinen DS und Picross 3D (ab 10,24€ bei kaufen) gestern Abend extra eingepackt. Und dann schlägt Murphy zu: Als sich die Box mit einem Klacken öffnet, ist da kein Modul! Ist das zu glauben? Das Spiel ist weg! Futsch! Und das ist kein Absturz, sondern eine Gemeinheit. Ich habe auch schon einen Verdacht, wer sich meinen Knobelschatz geschnappt haben könnte. Der Mensch ist ja zu allem fähig, wenn er süchtig ist.

Bis zu vier Profile lassen sich anlegen: Die Zahl zeigt an, wei weit man es schon geschafft hat - es gibt über dreihundert Rätsel.
Die Frau oder eines der Kinder muss es gewesen sein - wahrscheinlich gestern im Schutze der Dunkelheit, als ich friedlich schlief und vom letzten Würfelsieg träumte: Was hatte ich da kurz vor Mitternacht noch für eine schöne Figur befreit. Einen bunten Gleiter! In akribischer Kleinarbeit habe ich wie ein Bildhauer Quader für Quader entfernt, bis sich erst die eleganten Flügel und dann in letzter Sekunde die Nase zeigte. Okay dafür habe ich nur einen von drei Sternen bekommen, weil ich mir einen klitzekleinen Fehler erlaubte und nicht ganz so schnell war; trotzdem habe ich das nächste Rätsel freigeschaltet.

König Spielspaß

Deshalb wollte ich heute Morgen noch mal ehrgeizig ran ans Rätsel. Aber Picross 3D ist bekanntlich nicht da, wo es sein sollte. Es reicht ja scheinbar nicht, dass auch der Käsekuchen meist zum Freiwild wird und mir nur die Krümel übrig bleiben. Nein, jetzt müssen es schon Spiele sein. Dass Mitglieder der eigenen Familie so tief sinken können, hat natürlich medizinische und psychologische Ursachen - sie können den Konsum dieses Zahlenpuzzles im Gegensatz zu mir einfach nicht kontrolliert genießen; deshalb war meine Frau wahrscheinlich schon in der dritten Stufe. Man könnte auch sagen, dass sie abhängig sind von dieser Mischung aus Sudoku und Zauberwürfel, der sich nur ein knallharter Redakteur in dosierten Sitzungen stellen sollte.

Schließlich fängt in der ersten Stufe alles so trügerisch harmlos an, mit kinderleichten Blöcken der Maße 3x3x1 oder 2x2x2: Ziel ist es, aus einem sehr überschaubaren Gebilde von unförmiger Gestalt eine Figur wie einen Buchstaben oder eine Zahl heraus zu arbeiten, indem man so lange kleine Quader mit einem Stylus-Stupser zerstört, bis sich alle Konturen zeigen - danach dreht sich das befreite Objekt und wandert nach einer kurzen Animation in die Sammlung. Mit der Zeit werden diese Schätze allerdings immer größer und komplexer, so dass man es irgendwann mit versteckten Baggern, Delphinen oder Robotern zu tun hat, die man aus 12x12x10 befreit. Insgesamt warten über dreihundert Figuren auf ihre Erlöser.

Leicht zu lernen, schwer zu meistern

Woher weiß man, wie viele man weg meißeln darf? Zahlen auf der Außenseite geben an, wie viele korrekte Teile sich in einer Reihe befinden. Eine 0 bedeutet, dass in der dahinter liegenden Linie nur Nieten sind, die man also komplett löschen kann - hält man den Stylus gedrückt, werden diese quasi weggeschossen. Aber Vorsicht: Man darf sich nur fünf Fehler leisten, sonst heißt es Game Over! Steht eine 3 auf einer acht Steine langen Reihe, sind also fünf überflüssige und drei richtige Steine darunter - und zwar direkt hintereinander. Steht die 3 allerdings im Kreis, befinden sich diese drei in zwei Gruppen; steht sie im Quadrat, befinden sich diese in drei Gruppen.

Wer sich ohne Fehler und innerhalb des grünen Zeitlimits bis zur Figur durchmeißelt, bekommt drei Sterne.
Und woher weiß man, welche das sind? Genau das ist das Reizvolle und Knifflige. Hier greift ähnlich wie in Sudoku ein logisches Ausschlussverfahren: Da hinter vielen Reihen Zahlen stehen, kann man diese Informationen nach und nach nutzen, indem man potenziell korrekte Steine anmalt und so vor der zufälligen Zerstörung sichern. Da sich das Würfelgebilde in alle Richtungen drehen und wenden lässt, ist man also erstmal damit beschäftigt, die sicheren Kandidaten mit einem Pinsel zu markieren. Diese können sich natürlich auch im zunächst verdeckten Inneren befinden - um an diese Quader zu gelangen, kann man den Würfel quasi öffnen, indem man seine Reihen mit dem Stylus horizontal oder vertikal aufblättert. Die Schieberegler wirken zu Beginn etwas sensibel, aber daran gewöhnt man sich spätestens nach drei, vier Aufgaben. Und nur so lassen sich auch Steine im tiefen Herzen der Figur finden, sichern oder eliminieren.

Sudoku trifft auf Zauberwürfel

Also knobelt, dreht und wühlt man sich durch zig Figuren und merkt gar nicht, wie schnell die Zeit vergeht: Die Steuerung ist perfekt, das Artdesign auf das Wesentliche reduziert, aber dennoch charmant. Zur Motivation tragen nicht nur die thematischen Sammlungen bei, die man natürlich komplettieren will, sondern vor allem die maximal drei Sterne als Belohnung für fehlerfreie und schnelle Enthüllungen. Sammelt man in einer Stufe genug Sterne, schaltet man wiederum Sonderrätsel frei und beim Übergang zu einem neuen Schwierigkeitsgrad gibt es ab und zu besondere Herausforderungen: Von Stufe 1 auf 2 darf man sich z.B. statt der fünf gar keinen Fehler erlauben - hier meißelt man natürlich ganz behutsam.

Selbst Rätselveteranen werden in der späteren Phase ins Schwitzen geraten, wenn es selbst nach dem Ausschluss aller Zahlenhinweise noch mehrere Optionen gibt. Riskiert man einen Glücksschuss? Oder lässt man sich von seiner räumlichen Fantasie leiten? Manchmal gerät man in einen angenehmen Flow aus Berechnung und Intuition: Schließlich muss am Ende eine Figur rauskommen, die meist symmetrischen Gesetzen folgt. Und sehr häufig brütet man dann über diesen Möglichkeiten und nutzt vor allem bei komplexeren Rätseln auch mal mittendrin die Speicherfunktion, um später fortzufahren. Schön ist, dass man wie im zweidimensionalen Vorgänger Picross auch eigene Rätsel mit dem Editor erstellen und an Freunde schicken kann. Außerdem nehmen diese auf Wunsch an einem WLAN-Wettbewerb teil, wobei die Sieger allen zum Download angeboten werden. Schade ist allerdings, dass man sich nicht mit Freunden im Wettbewerb messen kann: Es gibt kein Multiplayer-Duell oder eine kooperative Variante; dafür kann man übrigens auch mit nur einem Modul seinen Freunden ein Proberätsel schicken. Allerdings gehören die verfügbaren Varianten zu den harten Nüssen - da sollte man vielleicht selbst Hand anlegen und etwas Einfacheres zum Versenden basteln.

Fazit

Wo ist es? Wer hat mein Picross? Wer hat es stibitzt? Vorsicht: Dieses Spiel macht misstrauisch, süchtig und egoistisch. Vor allem, wenn man eine Frau, Kinder und Verwandte, aber nur ein kleines Modul besitzt - ich empfehle Familienpackungen! Ansonsten verzieht man sich am besten mit seinem Schatz in einen entlegenen Winkel mit Sicherheitsschloss, wo man ungestört dem nächsten Rätsel frönen kann. Und danach dem nächsten. Dann noch einem einzigen. Vielleicht einem vorletzten. Dann wirklich dem allerletzten. Es geht hier zwar ohne Story oder Filmchen lediglich um das clevere Freilegen von Figuren aus großen Quadern - aber das hat es in sich. Nur Professor Layton konnte mich in den letzten zwei Jahren ähnlich begeistern. Dieser unheimliche Reiz des Spiels erinnert an die Zauberwürfelzeit der 80er, wenn man in einen Flow aus Berechnung und Intuition gerät. Nintendo verbindet auf nahezu perfekte Art die mathematische Herausforderung eines Sudoku mit aktivem räumlichem Drehen und Denken. Der DS ist um einen weiteren Rätseldiamanten reicher!

Pro

  • dreidimensionaler Knobelspaß
  • leicht zu lernen, schwer zu meistern
  • mathematisches & räumliches Denken
  • sehr gute Steuerung & Übersicht
  • drei Schwierigkeitsstufen
  • gute Einführungen
  • Sterne schalten Sonderrätsel frei
  • eigene Rätsel designen & versenden
  • neue Rätsel per WLAN runterladen

Kontra

  • kein Multiplayer-Wettbewerb

Wertung

NDS

Ein neuer Geniestreich für Nintendos DS: Sudoku trifft auf den Zauberwürfel - einfach zu lernen, schwer zu meistern!