Jett Rocket - Test, Arcade-Action, Wii

Jett Rocket
13.07.2010, Jens Bischoff

Test: Jett Rocket

Das Münchner Entwicklerstudio Shin'en hatte bisher vor allem mit den beiden technisch versierten Nanostray-Ballereien auf Nintendos DS auf sich aufmerksam gemacht. Inzwischen hat man sich auch der Wii zugewandt und mit Art of Balance und Fun! Fun! Minigolf bereits zwei WiiWare-Produktionen veröffentlicht. Mit Jett Rocket hat man sich sogar an einen aufwändigen 3D-Plattformer versucht. Ernst zu nehmende Konkurrenz für Mario & Co?

Wie bei Nanostray beweist Shin'en auch bei Jett Rocket, dass sie technisch einiges auf dem Kasten haben: Aufwändige Licht-, Transparenz- und Wettereffekte machen die kleinen Inseln, auf denen man unterwegs ist, zu einer wahren Augenweide.



Imposanter Inseltrip

Video: Der Trailer gewährt einen guten Einblick in den abwechslungsreichen Spielverlauf.Metallische oder vereiste Oberflächen sehen im wahrsten Sinn des Wortes glänzend aus, Seen glitzern im Sonnenlicht, das Meer wiegt sich langsam hin und her, dicke Regentropfen prasseln nieder, Pflanzen biegen sich im Wind und Fußspuren ziehen sich durch Sand und Schnee. Die Spielwelt wirkt jedenfalls sehr lebendig und setzt gekonnt atmosphärische Glanzpunkte.

Auch akustisch wird das Geschehen stimmungsvoll untermalt: Der elektronische Soundtrack passt sich den Umgebungen gut an, die Effekte sind klar und vielfältig. Sprachausgabe macht sich hingegen rar und erklingt nur kurz im Intro. Hintergrundgeschichte und Charakterdesign sind aber sowieso kaum der Rede wert: Planetary-Inspector Jett Rocket soll eine Bande Hightech-Piraten dingfest machen, die auf dem Planeten Yoroppa das natürliche Gleichgewicht stören. Er selbst bleibt dabei völlig stumm und genauso blass wie seine stählernen Gegner, die ebenfalls kein einziges Wort von sich geben. Die kaum vorhandene Story wird eigentlich nur durch kurze Anweisungen und Kommentare von fliegenden Hilfsdrohnen und Jetts Auftraggeber, einem behelmten Delphin, getragen.

Dem Spielspaß tut die fehlende Dramaturgie aber keinen Abbruch. Jett kämpft sich durch insgesamt drei Szenarien, die von einem tropischen Archipel, über eisige Gletscher bis hin zu einem giftigen Sumpf führen, bevor er dem Anführer der Piraten gegenübertreten darf. Jedes Szenario ist in jeweils vier Abschnitte unterteilt, wobei im letzten je ein obligatorischer Endkampf ansteht. Die Bosse sind nicht allzu schwer: Drei Treffer und der entsprechende Blechpirat ist Geschichte.

Optisch ist der WiiWare-Titel ein wahrer Hingucker, aber auch spielerisch wird man insgesamt gut unterhalten.
Allerdings muss man geduldig warten und ihren Angriffen ausweichen, bis sie ihre jeweilige Schwachstelle preis geben, die es dann mit einer gezielten Attacke zu treffen gilt. Die Angriffsmuster sind jedoch schnell durchschaut, der Sieg mit dem richtigen Timing keine allzu große Herausforderung. Überhaupt ist das an Sonic erinnernde Kampfsystem recht simpel: Durch Schütteln der Remote startet man einen Dash-Angriff, springt man zuvor in die Luft, wird eine Homing-Attacke ausgeführt. Weitere Angriffsmöglichkeiten gibt es nicht, auch wenn man gelegentlich die Spielumgebung mit einbeziehen oder mit einem Zeitzünder versehene Bomben verwenden kann.

Simpel, aber abwechslungsreich

Viel interessanter ist jedoch das Überwinden bzw. Eliminieren von Fallen und Hindernissen. Hier setzen die Entwickler nicht nur auf klassische Jump'n'Run-Tugenden, sondern lockern das Geschehen auch durch diverse Apparaturen und Vehikel gekonnt auf: Man lässt sich durch Helipads in die Lüfte tragen, bedient Kurbeln, um Brücken rotieren oder Seilbahnen steigen zu lassen, rennt über Druckplatten, um Laserbarrieren zu deaktivieren, lässt sich mit Magnetkraft über giftige Sümpfe katapultieren, rammt brüchige Barrieren, sammelt Batterien für Abschussrampen, spürt vergrabene Schätze auf oder räumt sich den Weg mit Bomben frei. Hin und wieder segelt man auch mit einem Gleitschirm über Abgründe, schanzt mit einem Hoverboard über rutschige Rampen, dirigiert ein Floß durch enge Kanäle oder nimmt mit einem Jetboot an einem Rennen teil. Im Mittelpunkt steht jedoch das stets verfügbare Jetpack, das Jett vorübergehend durch die Lüfte gleiten lässt, aber nur an bestimmten Terminals betankt werden kann. Level- und Aufgabendesign sind jedenfalls ungemein abwechslungsreich, die mit wenigen Tasten auskommende Bedienung handlich und intuitiv.

Allerdings muss man anmerken, dass die manuelle Kamerajustierung nicht immer so funktioniert, wie man es gerne hätte. Sie lässt sich weder invertieren noch kippen oder zoomen und auch das Rotieren oder Zurücksetzen wird immer wieder durch zu nahe Umgebungsobjekte verhindert. An seltenen Stellen kam es auch zu gravierenden Slowdowns, die sich leicht reproduzieren ließen und eigentlich hätten auffallen müssen. In der Regel flutscht das Spiel aber wie Butter. Ein weiteres Ärgernis stellten seltene, aber oft fatale Bugs oder Designpatzer dar:

Neben typischer Jump'n'Run-Kost gibt es auch auflockernde Flug- und Fahreinlagen wie dieses Jetboot-Rennen.
An einer Stelle gibt es bewegliche Laserbarrieren auf zwei Höhen, bei denen man über die tiefen hinweg springen und sich unter den hohen ducken muss. Manchmal kam es jedoch vor, dass beide genau parallel verliefen und ein Passieren ohne getroffen zu werden unmöglich war. Einmal bin ich bin mit leerem Jetpack-Tank in einen tödlichen Abgrund gestürzt und danach an einer Stelle wiederbelebt worden, die man nur mit Hilfe seines Jetpacks verlassen konnte, das aber natürlich leer war - fatale Sackgasse. Ein anderes Mal verschwand nach einem gewonnenen Bosskampf nicht nur der Gegner, sondern auch meine Spielfigur und ich musste den Level von vorn beginnen.

Nicht ganz fehlerfrei

Der Frust über solche Fehler hält sich aufgrund der kompakten Levels, des moderaten Schwierigkeitsgrads und leicht verdienter Extraleben zwar in Grenzen, zehrt aber letztendlich schon am Spielspaß und wirft natürlich kein gutes Licht auf die Qualitätskontrolle. Ebenfalls erwähnt werden sollte der geringe Umfang. Nach drei Stunden hat man quasi alles gesehen. Allerdings kann man sich auch danach noch eine ganze Weile mit Jett Rocket beschäftigen. So sind in jedem der zwölf Spielabschnitte eine bestimmte Menge Solarzellen versteckt, die zum Teil gar nicht so einfach zu finden oder zu erreichen sind. Zudem gibt es spielinterne Erfolge für besondere Leistungen und eine Galerie mit freischaltbare 3D-Figuren und -Objekten. Zusätzliche Schwierigkeitsgrade oder Ranglisten gibt es hingegen keine. Für sammelfreudige Plattformabenteurer lohnen sich die 1.000 Wii-Punkte (ca. 10 Euro) aber allemal, auch wenn man hin und wieder ein Auge zudrücken muss.   

Fazit

Jett Rocket sieht für einen WiiWare-Titel verdammt gut aus und es spielt sich auch noch hervorragend. Die zwölf Spielabschnitte sind abwechslungsreich gestaltet und bieten neben traditioneller Jump'n'Run-Kost auch auflockernde Flug- und Vehikel-Action via Jetpack, Jetski, Hoverboard, Floß oder Gleitschirm. Auch sonst sind die Aufgaben angenehm facettenreich und die Suche nach versteckten Sammelobjekten ungemein motivierend. Der Schwierigkeitsgrad ist insgesamt eher moderat, hält für ambitionierte Sammler aber durchaus ein paar nette Herausforderungen parat. Schade nur, dass der Umfang recht knapp bemessen ist, die Kamera ihre Tücken hat und gelegentliche Bugs den Spielspaß ausbremsen. Trotzdem ist Shin'en hier ein wirklich charmantes und spielenswertes Plattformabenteuer gelungen, das nicht nur Genrefans gut zu unterhalten weiß. Ich freue mich jedenfalls schon auf die im Abspann angekündigte Fortsetzung, die dann hoffentlich etwas länger und ausgereifter ausfallen wird.

Pro

  • einfache Handhabung
  • schmucke Präsentation
  • gelungene Sammelreize
  • abwechslungsreiches Leveldesign

Kontra

  • geringer Umfang
  • seltene Bugs & Designpatzer
  • gelegentliche Übersichtsprobleme

Wertung

Wii

Kurzes und nicht ganz fehlerfreies, aber sehr ansehnliches und abwechslungsreiches 3D-Jump&Run.