Contra 4 - Test, Arcade-Action, NDS
Jubiläen sind etwas Schönes: Bands veröffentlichen »Best-Of«-CDs, Filmproduzenten einen Director's Cut, Spielefirmen Remakes oder Retro-Sammlungen. Gelegentlich passiert es sogar, dass ein Unternehmen beschließt, etwas »von Fans für Fans« zu machen. Im schlimmsten Fall kommt dabei eine Sammlung von B-Seiten raus, im besten Fall etwas wie Contra 4 (ab 53,07€ bei
Oben, Oben, Unten, Unten, Links, Rechts, Links, Rechts, B, A, Start - Pah!
Wichtiger als Kulisse und Sound ist natürlich die Spielbarkeit: Contra zeichnete sich schon immer durch seine präzise Steuerung und perfekte Kollisionsabfrage aus. Und auch hier leistet sich WayForward keine Schnitzer, auch wenn es schade ist, dass man die Tasten nicht selbst belegen kann. Die Waffen sind durch die Bank bekannt - von Streufeuer-MG über den durchschlagskräftigen Laser bis hin zum leuchtenden Schutzschild sind alle Argumentationshilfen vorhanden. Im Gegensatz zu Shattered Soldier und Neo Contra habt ihr hier wieder jederzeit die Qual der Wahl, vorbeischwirrenden Extrawaffen-Behältern sei Dank. Ihr dürft zwei Wummen gleichzeitig tragen, zwischen denen jederzeit gewechselt werden darf. Aber wie immer gilt: Ein Treffer = ein Leben weniger = aktuelle Waffe futsch! Und Leben verlieren werdet ihr hier im Dutzend-, ach was im Hunderterpack!
Bissspuren am Digipad
Die Entwickler kennen keine Gnade, die Gegner stürmen erbarmungslos auf euch zu, von allen Seiten regnen Schüsse auf euch ein - und am Ende jedes Levels wartet ein Bossgegner, der sich nicht gewaschen hat, sondern diese Zeit lieber dafür verwendet, sich mit noch mehr Kanonen auszustatten! Und dabei reden wir gerade mal vom einfachen der drei Schwierigkeitsgrade,
der für Ottonormalzocker schon herausfordernd genug ist. Der Contra-Profi spielt sich hier mit geringem Lebensverlust erstmal warm - es warten mehr Leben, alle Wummen gibt es sofort in der maximalen Ausbaustufe. Aber auf diesem Niveau bekommt ihr gerade mal sieben der neun Welten, und damit nicht das Ende zu Gesicht. Die volle Dröhnung nebst aller Musikstücke gibt es nur für Männer am Pad! Aber die Bissspuren am Handheld lohnen sich, denn neben dem aufbauenden Gefühl, etwas geschafft zu haben, das selbst Herakles zu anstrengend gewesen wäre, gibt es auch noch allerlei freizuspielen: Bonusfiguren wie die Probotector-Roboter, Herausforderungsmodi, eine Jukebox, Informationen zur Seriengeschichte sowie die NES-Originale Contra und Super C - leider ohne die damals wegweisenden Mehrspielermodi! Falls ihr trotzdem lieber zu zweit unterwegs seid, könnt ihr das im Hauptprogramm selbstverständlich tun, leider benötigt jeder Recke ein eigenes Modul.Obwohl Contra 4 den Traditionen der Serie treu bleibt, ist es ein eigenständiges Spielerlebnis und kein Remake: So zieht sich die Action über beide Bildschirme, was das Spielfeld und damit auch die Gefahr verdoppelt - Schüsse kommen jetzt aus mehr Richtungen, ihr müsst auf beide Bildschirme achten, was die Sache natürlich etwas erschwert, zumal die Lücke zwischen den beiden Screens für eine kurze Pause sorgt. Nicht so auffällig wie z.B. bei Yoshi's Island DS, aber doch spürbar. Aber das ist für den Contra-Fan der ersten Stunde kein Beinbruch, schließlich war das Bild beim Arcade-Automaten auch eher hoch als breit. Viel interessanter ist daher der neue Greifhaken: Ähnlich wie in Bionic Commando dürft ihr euch mit diesem nach oben ziehen, um an Geländern, Schienen oder Helikopter-Kufen herumzuklettern - schnelle Standortwechsel sind gerade bei den Bossfights, die sich logischerweise auch über beide Bildschirme und gelegentlich auch mehrere Instanzen ziehen, lebensrettende Manöver!
Kletter-n-Run
Die meisten der neun Welten erkundet ihr wie gehabt zu Fuß von links nach rechts. Ein paar Mal springt ihr auch ans Steuer eines Wasserflitzers, mit dem es in die gleiche Richtung, aber schneller geht. Dazu kommen noch Abschnitte, in denen ihr euch vertikal vorkämpfen müsst sowie klassische Pseudo-3D-Levels wie beim ersten Contra: Hier findet ihr Action auf dem oberen Bildschirm statt, der untere zeigt lediglich die Levelkarte an.
Fazit
Contra 4: Von Fans für Fans, von Contra-Freaks für Contra-Freaks - der klassische Super Mario Galaxy-Spieler, der weit von einer dreistelligen Sternezahl entfernt ist, dürfte hier bereits am ersten Level verzweifeln und sich ernsthaft fragen, wer so einen unfairen Mist spielen soll. Der Fan hingegen, der harte Hund, der Chuck Norris am DS, der bekommt hier ein herrlich konservativ designtes Action-Jump-n-Run alter Schule mit Lasern und Krawumm und zielsuchenden Raketen und Bildschirm füllenden Bossen und zweieinhalb Tonnen Bonusmaterial! Schwer? Oh ja, teuflisch schwer! Fair? Zu jeder Spielsekunde, aber es braucht seine Zeit, bis man das erkennt und zu schätzen lernt. Contra 4 ist die Quintessenz aus 20 Jahren Serientradition und für mich auf einer Stufe mit dem chronologisch direkten SNES-Vorgänger. Aber gleichzeitig ist es eine deutliche Demonstration dafür, welche Fortschritte das Design von Actiongames in all den Jahren gemacht hat. Wer diese Art Geschicklichkeits- und Reflextest nicht im Blut hat, dürfte es hassen - ich liebe es! Und hoffe, dass es bald auch in unseren Gefilden einschlägt.
Pro
- wundervolle Grafik
- so oldschool wie nur möglich
- exzellentes Leveldesign
- anspruchsvolle Action
- Koop-Modus für zwei Spieler
- größtenteils tolle Musik
- fette Bossfights
Kontra
- höllisch schwer!
- recht kurz
- kein Mehrspielermodus in den freispielbaren Contra-Games