Dementium 2 - Test, Action-Adventure, PC, NDS

Dementium 2
03.08.2010, Jan Wöbbeking

Test: Dementium 2

Es hat sich ausgeblutet: In seinem zweitem Horror-Egoshooter für den DS schlägt Renegade Kid ruhigere Töne an. Während der Lebenssaft im Vorgänger noch hektoliterweise durch die Gänge floss, will das kleine Entwicklerteam diesmal mit subtileren Shockmomenten Horror verbreiten. Auch die neuen Checkpoints sorgen für einen deutlich komfortableren Klinikaufenthalt.

Aufhänger der Geschichte ist mal wieder ein Gedächtnisverlust: Nach einer Gehirn-OP wache ich in der psychatrischen Anstalt "Heller Morgen" auf, in der mutierte Pfleger mit offenem Herzen zur Visite vorbeischauen. Besonders aufopferungsvoll kümmern sich die kreischenden Riesenwurmbabys um mich: Ist der Weg durch Betten oder schmutzige Instrumentenwagen versperrt, klettern sie einfach an der nackten Wand oder der Decke herbei, um herzhaft zuzubeißen und mir eine ausgiebige Blutegel-Therapie zu verpassen. Zum Leidwesen meiner Energieleiste kann ich die Biester nur sehr ungenau mit

Was zum Henker? Dieses angriffslustige schwebende Etwas gehört zu den gruseligsten Gegnern.
Messer und Vorschlaghammer abwehren. Die Nahkampfwaffen lassen sich ähnlich schlecht bedienen wie im Vorgänger.

Der ganz normale Wahnsinn

Glücklicherweise wachsen die Monster diesmal nicht ständig nach, wenn ich einen Raum ein weiteres Mal betrete. Das Spiel gestaltet sich deutlich ruhiger als der erste Teil: Oft laufe ich alleine über die verwaisten Flure und liefere mir nur ab und zu einen Kampf gegen kleine Gegnergrüppchen. Mit der Munition für Pistole und Schrotfline sollte man trotzdem sparsam umgehen, denn die mit Elektro-Schlagstöcken ausgerüsteten Wärter und andere Widersacher können relativ viel einstecken. Das gilt leider nicht für den schrecklich langweiligen Spieleinstieg: Die erste Stunde über artet das tumbe Gebolze durch viel zu leichte Gegner in Fließbandarbeit aus. Nur recht selten wird die monotone Routine von Story-Häppchen aufgelockert. Ein fieser Horror-Doktor berichtet mir z.B. in nebulösen Botschaften von seinen Menschenversuchen. Außerdem liegen in den Levels diverse Postkarten mit warnenden Texten verstreut.

Ab der Mitte des zweiten Kapitels geben sich die Untoten deutlich mehr Mühe als zu Spielbeginn: Wenn eine kugelrunde, aufgeblähte Taube in einem verschneiten Dorf zum Sturflug ansetzt und mir Schleimbatzen entgegenspuckt, muss ich mich schon etwas geschickter anstellen. Auch die schnellen, kichernden Zombie-Hunde mit Rückententakel können meine Energieleiste empfindlich anknabbern, wenn die Schrotflinte leer ist oder ich die falsche Taktik anwende.

Neuerdings lassen sich die Taschenlampe und eine kleine Waffe gleichzeitig benutzen.
Ganz so happig wie im US-Original des Vorgängers wird es übrigens nicht, denn diesmal darf ich meinen Fortschritt an rot glühenden Portalen speichern, welche auch meine Energie auffrischen (in der überarbeiteten Euro-Version des ersten Teils gab es auch schon ein Checkpoint-System). Für Abwechslung im Shooter-Alltag sorgen Hetzjagden mit Sensenmännern und gelegentliche Blenden in eine düstere Parallelwelt. Auch eine Hand voll Bosskämpfe lockert die Action auf: Fieslinge wie der rasende Koloss oder ein Eier spuckender Deckenkrabbler geben ihr Bestes, mir das Leben schwer zu machen. In solch einer Situation ist es ratsam, Extras wie das Health Pack einzusetzen. Eine Adrenalinspritze sorgt z.B. dafür, dass ich deutlich schneller um den Boss herum flitzen kann.

Mehr Hirn, weniger Blut

Glücklicherweise kommt mir dann auch die flotte Handhabung zu Gute, welche beinahe ohne Veränderung aus Teil 1 übernommen wurde: Der DS-Touchscreen ist wie gemacht für Ego-Shooter, daher kann ich auftauchende Monster genau so schnell ins Visier nehmen wie früher. Leider verweilt das Fadenkreuz nicht immer fest in der Bildmitte wie in einem PC-Shooter. Stattdessen bricht die Zielmarkierung leicht zur Seite aus, bevor die Kamera sich dreht. Das leicht nervöse Zielkreuz macht das Anpeilen einen Deut fummeliger als in iPad-Shootern wie N.O.V.A. HD. Andererseits bin ich auf dem DS nicht darauf angewiesen, meinen dicken Daumen vom Touchscreen zu nehmen; auf der Apple-Hardware sorgt dieses Umgreifen gelegentlich für ein Verrutschen der Kamera. Wer nach dem rund fünf Stunden kurzen Story-Modus noch weiter zocken möchte, kann sich im Arcade-Modus einem Gegneransturm stellen. Ähnlich wie in Gears' Horde oder dem Firefight aus Halo 3: ODST werden kleine Arenen mit zahlreichen Gegnerwellen geflutet. Die Variante ist hier allerdings so öde inszeniert, dass das Gemetzel zur Fließbandarbeit verkommt.

  

Fazit

Na also, es geht doch! In seinem zweiten Horror-Shooter hat Renegade Kid viele nervige Schnitzer auszumerzt, welche mich im Vorgänger noch mächtig gestört haben. Diesmal gibt es faire Checkpoints, weniger Backtracking und ich werde endlich nicht mehr von endlos wiederkehrenden Gegnermassen attackiert. Auch das Leveldesign folgt dem Genre-Trend und wurde stromlinienförmiger gestaltet. Nachdem ich ein verwinkeltes Areal abgesucht und diverse klassische Schlüssel-Rätsel gelöst habe, folgen meist lange lineare Abschnitte zur Auflockerung. Vom kratzigen Sound abgesehen haben die Entwickler die betagte DS-Technik wieder bestens im Griff: Die bedrückenden Flure, verlassenen Dörfer und düsteren Katakomben flutschen mit konstanten 60 Bildern über den Schirm. Schade, dass die Grafiker sich diesmal nicht so exzessiv mit der Ketchup-Flasche ausgetobt haben. Der übertriebene Schlachthaus-Stil mit Hektolitern Blut passte noch besser zum Spiel als die neuen »braveren« Kulissen. Auch der öde Einstieg, die nur rund fünf Stunden kurze Spielzeit und der triste Arcade-Modus trüben den Spaß ein wenig. Trotzdem hat sich der Trip in die Geschlossene gelohnt: Dementium 2 wirkt insgesamt deutlich runder als der Vorgänger und hat mich dank spannender Kämpfe und flotter Touchscreen-Steuerung ordentlich unterhalten.

Pro

  • <P>
  • schnelle Touchscreen-Steuerung...
  • stets flüssige 60 Bilder pro Sekunde
  • spannende Gefechte
  • stimmungsvolle verlassene Kulissen
  • atmosphärische Melodien
  • guter Checkpoint-Einsatz</P>

Kontra

  • <P>
  • ...mit etwas zu nervösem Zielkreuz
  • langweiliger, zu leichter Einstieg
  • weniger verstörend als der Vorgänger
  • nur rund fünf Stunden kurz
  • öder Arcade-Modus
  • allgemein kratzige Soundqualität</P>

Wertung

NDS

Der kurze aber ansehnliche Horror-Shooter von Renegade Kid spielt sich dank Checkpoints und fairen Gefechten deutlich runder als der Vorgänger.