Racket Sports - Test, Sport, PlayStation3, Wii

Racket Sports
20.09.2010, Mathias Oertel

Test: Racket Sports

Vor gut einem halben Jahr veröffentlichte Ubisoft auf Nintendos Fuchtel-Konsole Racket Sports (ab 51,02€ bei kaufen) Party, das alternativ sogar mit einer (zusätzlich erhältlichen) Kamera und damit wie bei EyeToy remotefrei gespielt werden konnte. Der Inhalt: Tennis, Tischtennis, Badminton, Squash und Strandtennis. Jetzt, zum Start von Sonys Fuchtel-System, erscheint erneut ein Racket Sports. Dieses Mal ohne Party im Zusatz, aber mit nahezu identischem Inhalt.

Herrje! Es wäre so viel leichter gewesen, wenn wir im Archiv einen Test zum im März veröffentlichten Racket Sports Party für Wii hätten. Man hätte darauf Bezug nehmen, Vergleiche ziehen und ggf. feststellen können, welche Gestenerkennung besser funktioniert.

Der grüne Spiele-Punkt

Der Vergleich muss zwar ausfallen, aber auch für sich betrachtet bleibt bei dem vermutlich kostengünstigen Recycling von Racket Sports (RS) kein allzu guter Eindruck zurück. Dabei scheint der Umfang auf den ersten Blick durchaus ansprechend:

Egal ob solo oder im Doppel, egal ob wie hier Strandtennis oder eine andere der fünf Sportarten: Inhaltliche Gleichförmigkeit sowie ungenaue Gestenerkennung sorgen für ein Abflauen der Motivation.
30 Schauplätze, ein gutes Dutzend spielbarer Figuren, diverse Spielmodi von Einzelmatches über eine Karriere bis hin zu einem Party-Modus und fünf hinsichtlich der Kontrollmöglichkeiten gut ausgewählte Sportarten machen neugierig.

Das Problem liegt jedoch im Kern. Denn alle Modi und darin stattfindenden Matches hängen natürlich von der Steuerung ab, von der Gestenerkennung und der entsprechenden Umsetzung in die virtuelle Sportwelt. Und hier zeigt sich RS von seiner ungenauen Seite. Und es ist ja wahrlich nicht so, als ob es für Move auch in dieser frühen Phase keine guten Beispiele gäbe. Man muss nur einen Blick auf Sports Champions werfen, in dem auch Tischtennis mit von der Partie ist. Die Gestenerkennung ist weitestgehend akkurat, man kann über Geschwindigkeit und Timing sowohl Stärke des Schlages als auch Richtung des Balles gut festlegen.

Fuchtelmurks

Hier ist davon ungeachtet der ausgewählten Sportart oder der selektierten Kontrollmöglichkeit (Normal/Experte) nur vor den Ballwechseln eine Umsetzung der tatsächlich vor dem wachsamen PlayStation-Auge durchgeführten Bewegung spürbar. Während der Matches, bei denen die Figur übrigens automatisch läuft, sprich: der Navigations-Controller wird nicht unterstützt, bleibt davon nicht mehr viel übrig. Es wird zwar eine Vorhand- von einer Rückhandbewegung unterschieden, doch sobald der Ball in Figurennähe kommt, kommt es bis zur Ausführung des Schlages zu einer Latenz. Ob dies jetzt an der Figurenpositionierung liegt, an einer vorgesehenen Vereinfachung für den Spieler oder ganz andere Gründe hat, ist schwer nachzuvollziehen.

Leichter fällt dies bei den Auswirkungen: Genaue Schläge verkommen zu häufig zur Glückssache, da man das Spielgerät z.B. nicht akkurat in die Ecken setzen kann und auch Schwierigkeiten bekommt, genaue Spins zu setzen. Dass man im

Die Schauplätze sind deutlich abwechslungsreicher und interessanter als die sportliche Auseinandersetzung.
normalen Modus keinen Zugriff auf die Risiko-Schläge der Experten-Steuerung hat und nur die überhaupt mal ins Aus gehen können, macht die Angelegenheit für Anfänger zwar angenehmer, aber definitiv nicht unterhaltsamer. Denn durch die angesprochene automatische Navigation der Figuren kommt es vor allem bei Tennis und Squash zu ellenlangen Ballwechseln, denen irgendwann der Spaß verloren geht.

Doch dies sind nicht die einzigen Probleme, mit denen RS kämpft. Nervend ist z.B. auch die Kalibrierung des Move-Controllers vor jedem Match. Selbst, wenn man in der Karriere ein Turnier spielt und sich von Gegner zu Gegner hangelt, deren Intelligenz-Routinen einen nur selten fordern, muss man vor jedem Duell die Prozedur der Controller-Erkennung und -Einstellung über sich ergehen lassen. Wenn ein neuer Spieler den Lichtstab übernimmt, kann ich das ja nachvollziehen, aber innerhalb von zwei Matches, die durch nur kurze Ladezeiten unterbrochen werden, wechsle ich die Position vor dem Bildschirm nur selten so weit, dass eine Neukalibrierung nötig würde - und falls doch, kann man die manuell in die Wege leiten.

Kalibrierungs-Wahn

Dass Racket Sports nicht in die komplette Katastrophen-Schiene abrutscht, ist zwei Faktoren zuzuschreiben. Erstens: Trotz der Probleme mit der Gestenerkennung werden die fünf sportlichen Auseinandersetzungen nicht unspielbar. Sie machen zwar keine Werbung für die von Sony mit viel Aufwand produzierte und vermutlich durchdachte neue Hardware, aber

Auch Tischtennis gehört zum Racket Sports-Repertoire.
richtiger Gesten-Müll wird hier nicht abgeliefert. Und zweitens geht der Umfang in Ordnung. Bis zu vier Spieler können sich vor einem Bildschirm die Bälle um die Ohren jagen und in Turnieren, einzeln oder im Doppel um Punkte kämpfen. Und nach dem Motto "Geteiltes Leid ist halbes Leid" kommt so auch durchaus Spaß auf, wobei der sich weniger durch das Geschehen auf dem Bildschirm als durch das davor ergibt.

Da die Genauigkeit der Schläge jedoch wie erwähnt ohnehin zu wünschen übrig lässt, verkommt der Zwang, seine Remote, pardon: seinen Move-Controller immer wieder einzustellen, zu einem Running Gag.

Passabler Umfang

Vor allem auch wenn man den in Ansätzen interessanten Party-Modus auswählt. Hier werden bis zu vier Spieler willkürlich auf Doppel-Paarungen verteilt, wobei fehlende menschliche Kontrahenten durch KI-Athleten aufgefüllt werden. Der Clou liegt jedoch im Spiel selber, da jedes Match mit bestimmten Modifikatoren angereichert wird. Mal verhalten sich die Bälle bei jedem Kontakt mit Schläger oder ggf. Boden merkwürdig und verändern Richtung oder Geschwindigkeit, mal gibt es bestimmte Markierungen auf dem Court, die man treffen (oder umschiffen) sollte und dann kann es auch passieren, dass man mit unsichtbaren Bällen spielt. Das ist alles irgendwie ganz nett, aber letztlich auch vollkommen belanglos und hilft ebenso wenig wie die im Großen und Ganzen an hoch aufgelöste Wii-Grafik erinnernde Visualisierung, um für Begeisterung zu sorgen.  

Fazit

Sports Champions war sicherlich nicht die Erfüllung aller Träume und Wünsche, die man in Verbindung mit Move hat, aber es hat gezeigt, welches Potenzial im Lichtstab steckt. Racket Sports ist dafür weniger geeignet. Sicher: Zu viert kann im ansatzweise gelungenen Partymodus kurzzeitig Spaß aufkommen. Doch auch hier bleiben die Mankos allgegenwärtig, die sich durch dieses Recycling eines Wii-Titels ziehen: Ungenaue Gestenerkennung und Latenz bei den Schlägen. Und das führt zusammen mit der automatischen Bewegung der Figuren dazu, dass die Duelle zum einen unter Umständen ewig lang dauern und schließlich weniger durch Können als durch Zufall und die sporadischen Kontroll-Aussetzer entschieden werden. Als ob das nicht reichen würde, spielen sich die fünf ausgesuchten Sportarten allesamt recht ähnlich und dass man vor jedem einzelnen Match den Move-Controller neu kalibrieren muss, nagt zusätzlich an der Motivation. Da auf Wii bereits eine Kamera-Version veröffentlicht wurde, die ohne Remote auskommt, habe ich mittlerweile schwere Bedenken, dass man sich überlegt, Racket Sports auch für Kinect rauszubringen. Und jene Entscheidung wäre ebenso wenig gutzuheißen wie die Move-Variante.

Pro

  • interessanter Comic-Look
  • passable Gesten-Erkennung vor den Ballwechseln
  • automatische Figuren-Positionierung funktioniert gut
  • für bis zu vier Spieler

Kontra

  • Latenz bei der Gesten-Umsetzung
  • ungenaue Gesten-Erkennung bei den Ballwechseln
  • keine eigenen Figuren erstellbar
  • Move-Controller muss vor jedem Match kalibriert werden

Wertung

PlayStation3

Schwache Gestenerkennung und spielerische Gleichförmigkeit der fünf Disziplinen können auch durch den interessanten Ansatz des Party-Modus nicht geschönt werden.