Front Mission Evolved - Test, Action-Adventure, 360, PC, PlayStation3

Front Mission Evolved
08.10.2010, Benjamin Schmädig

Test: Front Mission Evolved

Was für ein Spiel! Die Figuren sind eine wundervolle Hommage an alberne Manga-Ästhetik und der Held beißt sich durch einen harten Actionknaller. Mal strömen Blutfontänen aus den Eintrittslöchern seiner Schrotgeschosse, mal rettet er eine davongelaufene Miezekatze, mal schrottet er sich im haushohen Roboter durch die ferne Zukunft. Ach, ja... Shogo. Was hätte aus Front Mission Evolved (ab 4,99€ bei kaufen) werden können, wenn es nur halb so gut wäre wie der Uraltkracher der F.E.A.R.-Macher!

Kennt man das olle Shogo heute noch? Zischte da noch jemandem eine vorfreudige Kältewelle über den Rücken, als Monolith in Entwicklervideos zu F.E.A.R. 2 beinahe einen Nachfolger durchblitzen ließ? Dann juckt es euch vielleicht in den Fingern, wenn ihr hört, dass Front Mission Evolved (FME) auf dem Papier die gleiche Art Spiel ist: Meist lenkt man tonnenschwere Stahlkämpfer, gelegentlich greift man auch per pedes zur Waffe. Anders als in Monoliths Oldie beobachtet man das Geschehen dabei stets aus dem Blick über die Schulter.

MFG

Ebenfalls anders als in Shogo geben sich die Autoren allerdings bedeutend einfallsloser. U.C.S., D.H.Z., O.C.U. - irgendwie sind da drei Fraktionen im Krieg. Oder hat noch eine Partei ihre Finger im Spiel? W.I. -

Video. Stampfende Türme, aufeinander donnernde Metallplatten: Der Starttrailer fasst zusammen, worum es in Front Mission Evolved vor allem geht.wen interessiert's: Die armseligen Abziehbilder eines Helden wider Willen, seiner keckfrechhalbverknallten Mechanikerin sowie den betrunken schwankenden Hintern ihrer Nebenbuhlerin sind das Einschalten jedenfalls nicht wert. Eigentlich lohnt es sich nur für das aufwändige Intro, dranzubleiben - Armored Core lässt hier nicht nur grüßen, sondern schickt die Anwaltskosten seiner Artdesigner gleich mit.

Selbst inhaltlich ähnelt FME den japanischen Artgenossen. Immerhin darf ich meinen Mech, Verzeihung: Wanzer!, je nach Füllstand der Kriegskasse ausrüsten. So bestimmen Torso, Arme und Beine die Verteidigungs- und Bewegungswerte, während ich an Händen und Schultern bis zu vier Waffen montieren darf. Außerdem verleihe ich Schwert, Schrotflinte, Schild, Scharfschützengewehr oder Raketen doppelte Durchschlagskraft oder eine kürzere Aufschaltzeit. Praktisch (wenn auch Stirnklatscher-unlogisch), dass ich meinen metallenen Zweibeiner mit einem Sprung ins Menü jederzeit umrüsten darf. Unfein, dass mir gelegentlich Teile der Ausstattung vorgeschrieben werden.

Ost gegen West

Das Zusammenraffen von Geld ist übrigens eine ungemein nervraubende Angelegenheit, weil man sich in allen uninteressanten Winkeln der schnurgeraden Rollbandlevels nach diesem müden »Bitte, lies mich auf!«-Schimmern die Augen aus dem Kopf guckt. Und wie muss ich mir das eigentlich vorstellen: Familie Mech und Familie Wanzer treffen sich jeden Tag zum Brunch auf einem anderen Dach, wo ihnen die Brieftaschen aus den Mänteln rollen? Zum Glück tun die Ausblicke durch futuristische Straßenzüge, in den Dschungel oder über einen Staudamm tun gar nicht weh. FME sieht weiß Gott nicht hochklassig aus, aber Kämpfer mit Quecksilber im Blut nicken die stählernen Hauptattraktionen, Rauchfahnen sowie ein wenig zu Bruch gehende Umgebung  zufrieden ab. Die öden Kulissen der Mobile Suit: Gundam- oder Armored Core-Fraktion schlägt Double Helix jedenfalls locker.           

Vor allem spielerisch macht die westliche Mech-Action der Silent Hill: Homecoming-Macher mehr her als die Japan-Importe! Zwar wird hier ebenfalls mit Händen und Schultern geballert oder gebolzt - die Gegner stehen aber nicht so betroffen herum, als wären sie gerade aus Dynasty Warriors geflohen. Hier suchen sie immerhin Schutz und stellen sich mit Artillerie, mobilen Raketenwerfern und aggressiven Nahkämpfern so auf, dass man die militärische Ausbildung zumindest erahnen kann.

Übrigens: In Kürze soll auch das ursprünglich auf PlayStation erschienene Front Mission 3 auf PSN für PS3 und PSP erhältlich sein.
So richtig clevere Manöver fahren die feindlichen Wanzer aber freilich nicht.

Der kleine Vorteil

Nur die immer wieder mal ins Rampenlicht gleitenden (und nach ihrer Niederlage natürlich unverletzt abtretenden) Bossgegner haben mehr auf dem Kasten: Ähnlich wie meine eigene Maschine schwenken sie jedenfalls per Turbodüse flott zur Seite,  rattern mit einer wuchtigen Nahkampf-Faust auf mich zu und verschießen Raketen mit hartnäckiger Zielsuche. Mein größter Vorteil ist deshalb EDGE - klingt markig, steht als Abkürzung für etwas ganz Wichtiges, bedeutet aber »nur«, dass meine Umwelt auf Schneckentempo verlangsamt wird und meine Angriffe viel Schaden anrichten.

Das ist alles kein Shogo, kein Mech Assault und schon gar kein Mech Warrior. Leute, lasst das Träumen sein! Und denkt nicht mal daran, FME könnte zu Hochform auflaufen,

Banal, aber brachial: Mech-Anhänger werden zumindest halbwegs anständig bedient.
wenn der Held seinen Wanzer verlässt und die Handwaffe schultert. Dann latscht er nämlich durch die immer gleichen Räume, die durch den immer gleichen Gang verbunden scheinen. Mensch, Double Helix: 1990 ist 20 Jahre her! Denkt euch noch eine Spielmechanik, die mit »Rennen, Schießen und Ducken« ausreichend gut beschrieben ist und ihr wisst, warum ich froh darüber bin, dass es weniger »Fußgängerzonen« als Cockpiteinsätze gibt.

Rennen, Schießen, Ducken

Zum Ausgleich darf man es schließlich auch online krachen lassen - wahlweise beim Jeder gegen Jeden, Team gegen Team, einem Positionskampf oder dem Besetzen von Geschütztürmen. In drei von vier Varianten ist dabei Teamarbeit angesagt und neben vorgefertigen Robotern wählt man dafür aus bis zu fünf Eigenbau-Modellen. Außerdem darf man Clans bilden und sich als Lackierer an den stampfenden Gefährte austoben. Das ist weder umfangreich noch überraschend, könnte den harten Kern aber dank Levelaufstiegen eine Weile bei der Metallstange halten. Abgesehen davon wird der Kampf im Internet zum Glück nur von echten Männern, Verzeihung: Mechs ausgetragen.    

Fazit

Nein, Front Mission Evolved - übrigens die Fortführung einer langjährigen Rundentaktik-Serie - ist nicht gut. Ständig der gleiche Levelaufbau, ständig die gleichen Mechs, ständig die gleichen grafischen Bausteine. Wer beim Knarzen aufeinandertreffender Metallplatten allerdings eine Gänsehaut bekommt, wird seinen stählernen Eigenbau mit einem diebischen Lächeln auf den Lippen in den Kampf schicken. Es scheppert nämlich recht anständig und im Moment ja auch konkurrenzlos, wenn irgendwelche Abziehbilder pathetische Abziehbilder bekämpfen. Ist man zu Fuß unterwegs, wird's zwar unterirdisch, aber die Schmerzen gehen meist schnell vorüber und im Kleinen macht die Abwechslung sogar einiges her. Überhaupt ist es vor allem der Umfang, der Mech-Liebhaber zu einem unterhaltsamen Intermezzo einlädt, denn Front Mission Evolved hat alles, was auch Shogo 2 haben könnte. Ach, jetzt macht schon, Monolith, mir gehen die Zaunpfähle aus!

Pro

  • Kampf im Mech und zu Fuß...
  • angenehm brachiale Action im Wanzer
  • manuelles Aufrüsten des Mechs
  • vier Mehrspielervarianten
  • Gamepads werden unterstützt (PC)

Kontra

  • - ... spielerisch bleibt's trotzdem eintönig
  • einfallslose Geschichte, uninteressante Charaktere
  • überladener Redefluss statt gezielter Anweisungen
  • nervraubendes Abgrasen nach verstecktem Geld
  • Steuerung mit Maus & Tastatur überladen (PC)

Wertung

360

Unterhaltsames Mech-Verschrotten, in dem man sich sogar online austoben darf. Einzelgänger erleben allerdings eine langweilige Geschichte und dröge 3rd-Person-Action außerhalb des Cockpits.

PC

Unterhaltsames Mech-Verschrotten, in dem man sich sogar online austoben darf. Einzelgänger erleben allerdings eine langweilige Geschichte und dröge 3rd-Person-Action außerhalb des Cockpits.

PlayStation3

Unterhaltsames Mech-Verschrotten, in dem man sich sogar online austoben darf. Einzelgänger erleben allerdings eine langweilige Geschichte und dröge 3rd-Person-Action außerhalb des Cockpits.