Professor Layton und die verlorene Zukunft - Test, Adventure, NDS

Professor Layton und die verlorene Zukunft
08.10.2010, Jan Wöbbeking

Test: Professor Layton und die verlorene Zukunft

Der industrielle Fortschritt hat London fest im Griff: Überall zischt der Dampf aus den Kesseln, monströse Zahnräder drehen sich zwischen beschaulichen Hausfassaden. Am Horizont taucht der Smog die futuristisch geformten Dächer in einen grünlich-grauen Schleier. Nicht nur ich wundere mich über die Kulisse im Steampunk-Design: Auch Professor Layton und sein junger Assistent Luke reiben sich verwundert die Augen. Ist das wirklich noch ihre beschauliche Heimatstadt? In seinem dritten Rätsel-Abenteuer ist das sympathische Duo versehentlich in ein Zeitportal gestolpert und ermittelt im um zehn Jahre gealterten London. Wir haben die bereits erhältliche US-Version unter die Lupe genommen, am 22. Oktober erscheint das Spiel hierzulande.

Probleme beim Knobeln? Hier ist der erste Teil der Komplettlösung!
"Das sieht ja gar nicht so japanisch aus!", stellt unser Grafiker Ingo verwundert fest, nachdem er einen Blick auf meinen DS geworfen hat. Recht hat er - trotz einiger Kulleraugen und der typischen Symbiose aus Tradition und Moderne besitzt die Serie einen eigenständigen Zeichenstil. Nicht nur der Kulissen-Mix sorgt für interessante Bilder - auch die Charaktere sind erstaunlich gut gelungen. Das Zusammenspiel der Proportionen zieht sich durch das komplette Spiel: Das zylinderförmige Gesicht von Gentleman Professor Layton und sein extralanger Hut verschmilzen beinahe zu einer geometrischen Einheit. Auch die Kopfbedeckungen der übrigen Figuren passen außerordentlich gut zum restlichen Erscheinungsbild: Lukes kindlich-rundes Gesicht etwa wird von einer ovalen Schirmmütze bedeckt. Das schrullige Mütterchen aus dem Uhrengeschäft besteht sogar beinahe komplett aus nach unten geöffneten Halbkreisen - von der aufgetürmten Frisur über die lächelnden Augenschlitze über die Mundfalten bis hin zu ihrem Jäckchen.

Industrielle Revolution

Auf den ersten Blick sind das sind nur Feinheiten - doch diese Liebe zum Detail sorgte schon bei den Vorgängern dafür, dass die Titel sich von der Flut an DS-Gehirntrainern unterschieden. Streng genommen ist Professor Layton auch nur

Was geht hier vor? innerhalb weniger Minuten hat sich die komplette Stadt in ein futuristisches Steampunk-Szenario verwandelt.
eine Rätselsammlung - doch hier sind die Kopfnüsse in eine äußerst charmant präsentierte Rahmenhandlung eingebunden. Diesmal dreht sich alles um eine geheimnisvolle Zeitmaschine. Als ein nicht weniger mysteriöser Wissenschaftler das monströse Gerät bei einer feierlichen Präsentation in Betrieb nehmen will, läuft einiges schief. Nach einer lauten Explosion ist der am Experiment beteiligte Premier-Minister spurlos verschwunden und auch andere Wissenschaftler verschwinden in den folgenden Tagen von der Bildfläche.

Als Luke und der Professor einen Brief bekommen, welcher angeblich von Luke aus der Zukunft stammt, gehen die beiden der Sache auf den Grund. Die Ermittlungen führen sie in ein verwaistes Uhrengeschäft in einem abgelegenen Stadviertel Londons. Kaum habe ich auf meinem Touchscreen die Zahnräder einer riesigen Uhr zusammengesetzt, beginnt die Maschine zu rattern und das Duo findet sich im futuristischen London wieder. Rätselhaft ist auch, dass ihnen dort ständig eine Frau über den Weg läuft, welche einer alten Liebschaft Professor Laytons zum Verwechseln ähnlich sieht.

Zeitzeichen

Nicht nur visuell hat sich die Gesellschaft verändert - auch die Passanten verhalten sich merkwürdig angespannt. Besonders der hohe Hut des Professors schüchtert die Bewohner ein; offenbar wird die Gegend nun von einem finsteren Doppelgänger Laytons und seiner Gang beherrscht. Falls der Gesprächspartner nicht sofort verschreckt die Beine in die Hand nimmt, läuft die Kommunikation aber ab wie im altbekannten London. Zunächst gibt es ein kurzes Schwätzchen, bei dem wie in Phoenix Wright am unteren Bildrand der Text und die leicht animierten Portraits der Gesprächspartner eingeblendet werden. Wichtige Dialoge wurden von sehr fähigen Sprechern vertont und in Schlüssel-Szenen der Geschichte gibt es kurze Filmschnipsel.            

Nach einem kurzen Gespräch geht es meist ans Eingemachte: Beinah jeder Gesprächspartner im Spiel hält mindestens ein Rätsel bereit. Die Aufgaben sind inhaltlich leider nur lose mit der Story verknüpft. Oft benötigen die Einwohner Hilfe beim Reparieren einer Maschine, beim Lösen einer Rechenaufgabe oder aber sie wollen schlicht und einfach überprüfen, ob tatsächlich der für seine Cleverness berühmte Professor vor ihnen steht.

Kopfnuss gefällig?

Die Rätsel wurden nur lose mit der Story verknüpft.
Die vom Bestseller-Autor Akira Tago zusammen gestellten Aufgaben fallen erfreulich abwechslungsreich aus: Sie reichen von Schiebe-Puzzles über mathematische Gleichungen bis hin zu Logik-Rätseln. Manchmal ist es auch nötig, den Text aufmerksam zu lesen oder gar die Fragestellung zu hinterfragen. In einem Stadtteil mit einem Krankenhaus z.B. gibt es die meisten Verletzten nicht an einer dicht befahrenen Kreuzung, sondern im Hospital. Bei einer anderen Herausforderung genügt schon ein einziges Streichholz, um einen 100 Meter langen Weg in eine Strecke zu verwandeln, welche nur ein Tausendstel so lang ist. Nachdem man das richtige Hölzchen vom Tisch genommen hat, verwandelt sich eine der Nullen in den Buchstaben C und schon wird aus "100M" ganz flott "10CM".

Wer partout nicht auf die Lösung kommt, braucht den Kopf nicht in den Sand zu stecken. An charakteristischen Punkten liegen Hinweismünzen versteckt, welche sich durch einfaches Antippen einsammeln lassen. Die Währung lässt sich wärend einer Aufgabe gegen mehrere Tipps eintauschen - jeder davon kostet ein Geldstück. Der letzte Hinweis erleichtert das Konto sogar um zwei Geldstücke, verrät im Gegenzug aber beinahe die komplette Lösung. Wer die Umgebung ab und zu ein wenig mit dem Stylus absucht, sollte also kaum Frustmomente erleben. Auch eine falsche Antwort ist kein Beinbruch, denn man darf es sofort noch einmal versuchen. Mit jedem Fehlversuch bringt die richtige Lösung allerdings weniger "Pikarat" ein. Je mehr dieser Punkte es zu verdienen gibt, desto höher fällt auch der Schwierigkeitsgrad aus.

Frustfreies Knobeln

Die übrigen Kniffe aus dem Vorgänger sind ebenfalls wieder dabei und machen das Rätseln sehr komfortabel: Das Notizblatt ist besonders dann praktisch, wenn es Tetris-ähnliche Steine, Autos und andere Dinge zu verschieben gibt. Die durchsichtige Folie liegt direkt über dem Rätsel-Bildschirm, wodurch ich komplette Lösungswege vorzeichne und mit Hilfe des Radiergummis weiter verfeinere. Habe ich eines der optionalen Rätsel verpasst, darf ich es später in einem speziellen Raum angehen - für manche Exemplare muss ich allerdings an einen speziellen Ort zurückkehren.

Wem die üppige Zahl von über 165 Kopfnüssen nicht genug ist, darf sich wieder wöchentlich einige Bonus-Exemplare aus dem Netz herunterladen. Außerdem werden die Standard-Puzzles von Minispielen aufgelockert: In einem davon missbrauche ich einen zugeflogenen Papagei als Lasttier. Mit einem Pilz beladen fliegt er z.B. von einem gespannten Seil zum nächsten; die Strippen katapultieren ihn je nach Winkel näher ans Ziel oder in den Abgrund. Die Disziplin erinnert ein wenig an Crazy Machines oder die DS-Version von Rabbids Go Home. Das Modellauto-Rennen funktioniert ähnlich - wird allerdings aus der Vogelperspektive betrachtet. Hier müssen Richtungspfeile auf dem Kurs platziert werden, damit der Wagen sicher über Straßen und Brücken ins Ziel tuckert. Außerdem darf eine Bildergeschichte mit im Spiel erworbenen Stickern vervollständigt werden. 

Üppiges Gesamtpaket

Fazit

Mit dem dritten Teil von Professor Layton beweist Level 5 erneut, wie viel Sorgfalt und Liebe zum Detail in einem Knobelspiel stecken kann. Die Story-Sequenzen sind nicht nur wunderhübsch gezeichnet und liebenswert präsentiert, sondern sorgen auch dafür, dass man das geschundene Denkorgan zwischen der Knobelarbeit einen Moment lang auf Durchzug stellen kann. Die 165 Puzzles sind gut durchdacht, bieten eine Menge Abwechslung und lassen sich prima bedienen. Dank der cleveren Hilfe-und Komfortfunktionen kommt trotz des teils knackigen Schwierigkeitsgrades nie Frust auf. Ein paar Details haben mich trotzdem gestört: Das wichtigste ist der Umstand, dass sich am Grundprinzip kaum etwas verändert hat. Außerdem habe ich mir als Adventure-Freund oft gewünscht, die Umgebung nicht nur nach Hinweismünzen untersuchen zu dürfen - und auch die Rätsel könnten noch deutlich besser in die Handlung integriert sein. Davon abgesehen bietet das Spiel aber ein hervorragendes Gesamtpaket für Gehirnakrobaten, garniert mit einer Story, welche mich trotz manch arg skurriler Wendung gefesselt hat.

Pro

  • <P>
  • abwechslungsreiche Rätsel
  • spannende Geschichte
  • sympathische Charaktere+&nbsp;charmanter Zeichenstil
  • nostalgisch-futuristischer Kulissenmix
  • großer Umfang
  • ausgeklügeltes Hilfe-System verhindert Frust
  • hervorragende englische Synchro
  • praktische Notizblattfunktion
  • sehr gute Texterkennung
  • entspannte, stimmungsvolle Melodien
  • unterhaltsame Bonus-Minispiele</P>

Kontra

  • <P>
  • kaum konzeptionelle Veränderungen zum Vorgänger
  • Rätsel sollten noch besser in die Story eingebunden sein</P>

Wertung

NDS

Knackige Rätsel, eine charmante Story und clevere Hilfefunktionen machen Professor Layton erneut zum König der Knobelspiele.