Final Fantasy: The 4 Heroes of Light - Test, Rollenspiel, NDS

Final Fantasy: The 4 Heroes of Light
21.10.2010, Jens Bischoff

Test: Final Fantasy: The 4 Heroes of Light

Mit The 4 Heroes of Light scheint Square Enix die zuletzt oft kritisierte Final Fantasy-Serie zu alten Tugenden bzw. Traditionen zurückführen zu wollen: Klassische Rundenkämpfe, Zufallsbegegnungen und Reisen via Weltkarte sind nur einige der Elemente, die so manches schmachtende Retrospieler-Herz höher schlagen lassen dürften. Doch kann dieser gezielte Rückschritt den Glanz vergangener Zeiten tatsächlich wieder aufleben lassen?

Der Cartoon-Look im Stil eines Phantom Hourglass ist mit Sicherheit nicht jedermanns Sache, überrascht jedoch mit charmanten Details. Vor allem das ungewöhnliche 3D-Scrolling in den Dörfern und Städten weiß trotz eingeschränkter Sichtweite zu gefallen.



Liebe auf den zweiten Blick?

Video: Der Trailer erklärt das Kampfsystem.Auch das Wechseln von Ausrüstungsgegenständen oder der Charakterklasse wird optisch liebevoll dargestellt. Schade nur, dass man neu erworbene Waffen oder Rüstungen nicht direkt anlegen oder umfassend miteinander vergleichen kann. Auch sonst wirkt die an sich simple Menüführung nicht immer glücklich: Statt mit den Schultertasten zwischen den einzelnen Partymitgliedern zu wechseln, sind diese mit einer ziemlich sinnlosen Drehfunktion der Charaktermodelle belegt, wodurch unnötige Umwege entstehen.

Löblich ist hingegen, dass man sämtliche Funktionen sowohl per Tasten- als auch Stylus-Steuerung bewältigen kann, ohne sich auf eine der beiden Methoden festlegen zu müssen. Die Zusammensetzung der Abenteurergruppe, die eigentlich erst nach der Hälfte des Spiels dauerhaft aus den vier namensgebenden Helden besteht, ist hingegen stets vorgeschrieben. Mal ist man nur allein oder zu zweit unterwegs, mal schließen sich vorübergehende Gastfiguren der Truppe an, mal wechselt man zwischen parallel gebildeten Schicksalsgemeinschaften hin und her. Die ohnehin nicht sonderlich eindrucksvoll inszenierte Handlung, die wie so viele mit der Befreiung einer entführten Königstochter beginnt und der Rettung einer Fantasywelt aus den Fängen des Bösen endet, plätschert völlig belanglos aus altbekannten Klischeetöpfen.

Beim, mit einigen Bonusinhalten gespickten, Umfang gibt es zwar nicht viel zu meckern, aber während des 30- bis 40stündigen Abenteuers besucht man immer wieder dieselben Orte, durchläuft dieselben Dungeons, redet mit denselben Leuten und eliminiert dieselben Widersacher.

Die Spielwelt ist überschaubar, der Grafikstil gewöhnungsbedürftig. Trotzdem entdeckt man immer wieder liebevolle Details.
Immerhin kann man die überschaubare Welt später relativ frei zu Land, zu Wasser oder aus der Luft erkunden, zuvor verschlossene Türen öffnen, Kristalle für Klassen- und Ausrüstungs-Upgrades sammeln oder durch eins von zwei Minispielen zu Reichtum gelangen. Zu Beginn ist Geld jedoch eine knappe Ressource, die quasi nur durch den Verkauf nicht so dringend benötigter Kristalle und anderer entbehrlicher Gegenstände in die eigene Tasche fließt.

Ein Zwerg auf der Streckbank

Gute und breit gefächerte Ausrüstung ist jedoch enorm wichtig, da der Schwierigkeitsgrad alles andere als harmlos ist. Klar, kann man seine Recken beliebig aufleveln, aber weit wichtiger ist das gezielte Ausnutzen und Ausgleichen elementarer Schwächen: Einem Feuer speienden Drachen mit kältebasierten Waffen und hitzeresistenten Schilden entgegen zu treten, ist oft nicht nur von Vorteil, sondern nahezu unabdingbar. Allerdings weiß man im Voraus selten, was einem am Ende eines Dungeons erwartet, während das begrenzte Marschgepäck kaum Platz für verschiedene Setups lässt. Zwar gibt es universelle Stauräume, aber zu denen hat man nur in Dörfern und Städten Zugang, so dass Trial&Error gepaart mit zehrenden Wegwiederholungen an der Tagesordnung sind. Ein Lagerzugriff an Speicherpunkten hätte diesen in meinen Augen völlig unnötigen Nervfaktor problemlos verhindert.    

Auch die Continue-Funktion nach einer Niederlage ist im Prinzip völlig witzlos. da man durch deren Nutzung meist noch weiter zurück geworfen wird als wenn man einfach den letzten Spielstand lädt. 

Ein Held, drei Statisten: Der kooperative Mehrspielermodus ist leider ziemlich witzlos.
Wer das Zeitliche segnet, wird nämlich, selbst wenn er kurz zuvor einen Speicherpunkt aktiviert hat, zurück ins nächst gelegene Dorf teleportiert und verliert obendrein einen beträchtlichen Teil seiner gesammelten Kristalle. Wer lieber einen Neuversuch vom letzten Speicherpunkt aus starten möchte, kann dies aber nicht einfach via Menü tun, sondern muss dazu erst seinen DS ausschalten, das Spiel neu starten und dann seinen Spielstand laden. Wer gerne herum experimentiert oder seinen DS mit anderen Spielern teilt, wird vermutlich auch nicht sonderlich glücklich darüber sein, dass es insgesamt nur einen Speicherplatz gibt.

Wer will, kann aber auch kooperativ in die Schlacht ziehen, was allerdings nicht nur mehrere Handhelds, sondern auch mehrere Spielmodule voraussetzt und lediglich lokal funktioniert. Die Anzahl der potentiellen Mitspieler richtet sich nach der aktuellen Partygröße im Einzelspielermodus, so dass unter Umständen nur ein oder überhaupt kein weiterer Spieler einsteigen kann. Doch selbst wenn gerade alle vier Helden zusammen sind, hält sich der Teamspaß in Grenzen, da immer nur der Host die Story vorantreiben, das Areal wechseln und Schlüsselkämpfe initiieren kann, während sich die anderen damit begnügen müssen Kampfbefehle für ihre Figur auszuwählen oder die direkte Umgebung nach Schätzen abzugrasen, die aber nach Ende der gemeinsamen Session genauso wie alle anderen Errungenschaften lediglich dem gastgebenden Spieler gutgeschrieben werden.

Statisten im Schlepptau

Der einzige Anreiz dieses Statistendaseins besteht darin, Kampfpunkte zu sammeln, die sich später auch im eigenen Spiel gegen Preise eintauschen lassen.

Das Klassensystem lädt zum Experimentieren ein, das knappe Platzangebot setzt jedoch Grenzen.
Doch keine Angst, wer keine Mitspieler zur Hand hat, erhält auch im Alleingang Kampfpunkte, nur eben in kleineren Mengen, so dass man lediglich etwas länger auf bestimmte Prämien sparen muss. Gesellige Abenteurer dürften aber so oder so vom Mehrspielermodus enttäuscht sein und sollten sich bei entsprechenden Ambitionen lieber den Crystal Chronicles-Ablegern oder anderen Alternativen zuwenden.

Die Kämpfe selbst laufen streng rundenbasiert ab und werden bis auf wenige Ausnahmen wie Story- und Bossfights per altmodischen Zufallsgenerator initiiert. Angesichts des Retrostils fügen sich diese aber recht harmonisch in den Spielverlauf ein und auch die Häufigkeit beläuft sich in einem (noch) erträglichen Rahmen. Bei manchen Knobeleinlagen, meist simple Schalter- oder Kombinationsrätsel, werden sie sogar ganz ausgesetzt, aber leider eben nur manchmal, so dass man ihnen einen gewissen Nervfaktor nie ganz absprechen kann. Etwas unglücklich wirkt auch die Entscheidung, im Kampf keine Ziele wählen zu können. Wer angegriffen, geheilt oder bestohlen wird, entscheidet das Spiel selbst.

Zwischen Zufall und Bevormundung

Das kann mitunter durchaus von Vorteil sein, wenn z. B. noch vor der Wirkung eines Heilzaubers ein anderes Gruppenmitglied stärker in Mitleidenschaft gezogen wird als das, dem man den Zauber eigentlich zukommen lassen wollte. Die meiste Zeit fühlt man sich jedoch einfach unnötig bemuttert oder völlig falsch verstanden. Wer einen bestimmten Gegner beklauen will, muss so lange sein Glück probieren bis endlich überhaupt das gewünschte Ziel angegangen wird. Auch bei Gegnern mit unterschiedlichen Schwachstellen muss man stets hoffen, dass die entsprechenden Angriffe und Zauber auf das passende Ziel gewirkt werden. Gerade wenn mehrfach hintereinander Feuerbälle auf einen Höllenhund und Frostpfeile auf einen Eisdämonen geschleudert werden, kann man über diese Automatisierung nur noch den Kopf schütteln.     

Etwas schade ist auch der begrenzte Platz für im Kampf anwendbare Fertigkeiten. Für manche Klassen sind sechs frei belegbare Skill-Slots durchaus ausreichend, aber für andere einfach viel zu wenig.

Kampffertigkeiten können frei zugeteilt werden, die Zielwahl erfolgt jedoch vollautomatisch.
Ein Schwarzmagier kann gerade mal seine sechs elementaren Grundzauber unterbringen, für klassenspezifische Fertigkeiten, stärkere Magieformen oder andere Zauber ist dann aber kein Platz mehr. Klar, in den meisten Arealen braucht man nur einen Teil seines Repertoires, aber das ständige Neubelegen der Skill-Slots ist auf Dauer einfach lästig, während das ohnehin schon knappe Inventar durch stets benötigte Zauberbücher zugemüllt wird. Nein, Zaubersprüche können nicht gelernt, sondern müssen stets in Buchform mitgeschleppt werden, wobei jedes Buch lediglich einen Zauber enthält. Bei gerade mal 15 Inventarplätzen, von denen bereits vier von der getragenen Ausrüstung belegt werden, müssen eben stets Kompromisse gemacht und neu gepackt werden.

Tausendsassa im Korsett

Nichtsdestotrotz ist gerade das flexible Klassensystem einer der tragenden Motivationspfeiler des Spiels: Es gibt knapp 30 verschiedene Professionen, die man nach und nach freischaltet und jederzeit durch das Wechseln der Kopfbedeckung ausüben kann. So wird man im Handumdrehen vom Barden zum Paladin, vom Mönch zum Alchemisten oder vom Schamanen zum Dieb. Jede Klasse bringt neben speziellen Boni und Fertigkeiten auch individuelle Charakterwerte mit sich und wirkt sich teils sogar auch auf andere Gruppenmitglieder aus. Zudem können die einzelnen Klassen mithilfe magischer Kristalle stufenweise verbessert werden, was wiederum neue Fertigkeiten ermöglicht. Dadurch hat man viel Raum zum Experimentieren und Kombinieren.

Neben den Klassen lässt sich auch die Ausrüstung modifizieren. Mit passenden Kristallen steigert man Schutzwirkung und Durchschlagskraft, während man mit speziellen Handschuhen auch die elementare Zugehörigkeit der Waffen ändern kann. Darüber hinaus gibt es auch einen dynamischen Tageszyklus, der sich mitunter auf Geschäfte, Gegner, Tätigkeiten oder verschiedene Ereignisse auswirkt. Im Lauf des Spiels können sich die vier Protagonisten sogar gezielt in Tiere verwandeln, was nicht nur neue Wege eröffnet, sondern auch die Reaktionen anderer Figuren auf sie beeinflusst, um an wichtige Informationen zu gelangen. Man kann sogar in Tiergestalt kämpfen, was vor allem dann Vorteile bringt, wenn sich ein Bestienbändiger in der Gruppe befindet.

Auf den Hund gekommen

Gelegentliche Gastcharaktere gibt es sowohl in tierischer als auch menschlicher Form; beeinflussen kann man deren Gestalt oder Klasse im Gegensatz zur Ausrüstung allerdings nicht. Wichtige oder seltene Gegenstände sollte man ihnen jedoch nicht anvertrauen, denn oft verlassen sie euch sehr abrupt und alles, was sie bei sich tragen, verschwindet auf Nimmerwiedersehen.

Die Klassen können nicht nur jederzeit gewechselt, sondern auch individuell mit passenden Juwelen aufgestuft werden.
Zwar nerven solche unvorhersehbaren Item-Verluste auch innerhalb des Heldenquartetts, wenn sich mal wieder jemand nachts heimlich aus dem Staub macht. Doch da kann man sich zumindest sicher sein, dass sie früher oder später auch wieder zurückkehren. Bei anderen Figuren gehen anvertraute Waffen, Rüstungen oder Zauber hingegen unwiederbringlich verloren - auch wenn es sich um nicht wieder beschaffbare Gegenstände handelt.

Gelegentlich hat man auch Probleme sein nächstes Ziel zu bestimmen. Anfangs sind die räumlichen Möglichkeiten noch recht begrenzt, später irrt man aber schon mal ahnungslos herum und stolpert eher zufällig über entsprechende Hinweise oder Schlüsselszenen. Auch eine Kartenfunktion in Dungeons wäre durchaus praktisch gewesen. Die Layouts sind zwar nicht allzu komplex, aber oft sind einzelne Stockwerke nicht nur durch mehrere Treppen, sondern auch Fallgruben miteinander verbunden, so dass man die Orientierung schon mal verlieren kann. Lediglich auf der Weltkarte kann man seinen Aufenthaltsort stets ablesen und mögliche Ziele direkt ansteuern, sofern keine unüberwindbaren Hindernisse im Weg sind, die erst später per Schwimm- oder Fluggerät passiert werden können - allzu groß ist die Welt allerdings nicht.    

Fazit

Hinter der gewöhnungsbedürftigen, aber doch irgendwie charmanten Cartoon-Fassade schlummert ein japanisches Rollenspiel alter Schule: Man reist über eine klassische Weltkarte von Ort zu Ort, durchkämmt ohne Kartenfunktion Türme und Verliese, bestreitet rundenbasierte Zufallskämpfe und jongliert mit seinem knapp bemessenen Inventar. Der Umfang ist ordentlich, auch wenn die Spielzeit durch viele Wiederholungen künstlich gestreckt wirkt. Der Schwierigkeitsgrad ist angenehm fordernd, obwohl vieles einfach auf nervigem Trial&Error basiert. Das flexible Klassensystem bietet viel Platz für Experimente, während man sich bei den Kämpfen von fragwürdigen Automatismen bemuttert fühlt. Man durchlebt quasi ein ständiges Auf und Ab zwischen Motivation und Frust, zwischen Retrocharme und Designkatastrophe. Das traditionelle Spielgerüst hat auch heute noch seine Reize, allerdings wirkt auch vieles lieblos hingeschludert wie die belanglose Story, die sinnlose Continue-Funktion oder der halbgare Mehrspielermodus. Als Fan der 8- und 16Bit-Ära drückt man natürlich gern das ein oder andere Auge zu, auch wenn sich Square Enix nicht einmal die Mühe gemacht hat, den Titel zu lokalisieren. Wenn man sich drauf einlässt, wird man auf befriedigendem Niveau unterhalten.

Pro

  • ordentlicher Umfang
  • flexibles Klassensystem
  • aufrüstbare Jobs & Ausrüstung
  • angenehm fordernder Schwierigkeitsgrad

Kontra

  • maue Story
  • nerviges Trial&Error
  • inhaltliches Recycling
  • keine manuelle Zielwahl
  • gelegentliche Orientierungsprobleme

Wertung

NDS

Charmantes Oldschool-RPG mit flexiblem Klassensystem, aber Schwächen bei Story und Spieldesign.