Sengoku Basara: Samurai Heroes - Test, Action-Adventure, Wii, PlayStation3

Sengoku Basara: Samurai Heroes
14.10.2010, Mathias Oertel

Test: Sengoku Basara: Samurai Heroes

Wenn es um Kloppereien gegen riesige Gegnerscharen geht, redet man meist von Koeis Dynasty Warriors. Dabei geht unter, dass ab und an auch andere Titel versuchen, das Erfolgsrezept anzuwenden: Z.B. die Ninety-Nine Nights-Serie oder auch Capcoms Sangoku Basara-Reihe, von der es 2005 sogar der erste Teil unter dem Namen Devil Kings nach Europa geschafft hat. Können die Samurai-Krieger Koeis Kämpfern aus dem feudalen China gefährlich werden?

Die Tür geht auf. Ein Kollege lugt in den "Spielebunker", schaut auf den Bildschirm, dann auf mich, nimmt dann wieder den Bildschirm in Augenschein, schüttelnd bemitleidend den Kopf und schließt die Tür leise wieder. Das Mitleid kann er sich sparen und lieber Jörg spenden, der angesichts der 360-Version von Arcania verzweifelt. Denn ich könnte diese

Farbenfrohe Kloppereien mit Hunderten von Feinden gibt es nicht nur bei den Dynasty Warriors. Auch die Samurai Heroes verkloppen Klongegner im Dutzend.


Der Kloppmist und die stille Freude

Doch wie kann ein Titel, der visuell keine Bäume ausreißt und bei dem es wie in Koeis Dynasty Warriors-Serie mit ihren gefühlten drei Millionen Ablegern nur darum geht, sich mit einfach zugänglichen Kombos durch Hundertschaften von nur selten intelligent auf einen zustürmenden Feinden zu pflügen, derart unterhalten?

Gefühlsbekundung nur brauchen, wenn ich mich durch das Spiel zwingen müsste. Doch davon kann bei Sengoku Basara Samurai Heroes (SBSH) keine Rede sein. Ich habe Spaß - und das nicht zu knapp.

Das Rätsels Lösung liegt natürlich auch in einer gewissen Affinität. Wer mit den von den Dynasty Warriors definierten Massenschlachten nichts anfangen kann, wird auch hier auf verlorenem Posten stehen und das Pad vermutlich nach vier oder fünf Schlachten hinlegen, die Disk aus dem Laufwerk entfernen und nur noch selten anfassen.

Einfach. Solide. Unterhaltsam.

Wer allerdings ein Faible für diese Nische an (in Fernost) hocherfolgreichem Kloppmist hat, wird hier glücklicher werden als mit den letzten Koei-Titeln. Denn Capcom hat sich genau angeschaut, welche (stagnierende) Entwicklung die diversen Warriors-Reihen in den letzten Jahren genommen haben und größtenteils gute Design-Entscheidungen getroffen, um sich positiv davon abzusetzen.

Dabei hat man meist die Auswahl zwischen mehreren Gebieten, in denen man sich erst durch Dutzende bzw. Hunderte an Standard-Gegnern sowie einigen Zwischenbossen in verschiedenen Kategorien schnetzelt und dann schließlich in einem klassischen Duell gegen den lokalen Obermotz beweisen muss. Je nach Auswahl des Gebietes kann sich der zukünftige Schlachtverlauf ändern, wenngleich das meist nur die für das nächste Duell zur Verfügung stehenden Gegner und den Schauplatz betrifft.

Anfänglich stehen sechs Figuren zur Verfügung (die Riege wird im Lauf der Zeit mehr als verdoppelt), um das zerrissene feudale Japan zu einen. Wir erinnern uns: Die klassischen Dynasty Warriors versuchen dasselbe im mittelalterlichen China.

Bis hierhin klingt alles noch wie ein uninspirierter Klon. Doch das ist auch nur der pure Kampagnenfortschritt. Denn auf dem Weg dorthin sowie im Umfeld passiert die "Magie", die SBSH von der dominanten Koei-Konkurrenz abhebt. Nehmen wir z.B. das Kampfsystem, das sich mit seinen zwei Angriffsknöpfen sowie daraus zugänglichen Kombos und dem aufzuladenden magischen Basara-Angriff (dem Gegenstück zur Musou-Attacke bei Koei) ähnlich präsentiert, aber noch eine Spur weiter geht: Zusätzlich gibt es noch die so genannte "Heldenzeit", die ebenfalls aufgeladen werden muss und die quasi die Bullet-

Visuelles Highlight sind die Zwischensequenzen, die die einzelnen Bosse vorstellen.


Warriors à la Tweak

Time im Sengoku-Universum darstellt - also eine Verlangsamung der Geschehnisse, in der der Held verteufelt viel Schaden anrichten kann. Nutzt man eine Kombination aus Heldenzeit und Basara, sollten sich alle in Acht nehmen, weswegen diese Fähigkeit vorrangig bei den Endbossen eingesetzt werden sollte, die zusätzlich zur Beherrschung der Kombos und Spezialbewegungen auch ein gewisses Maß an Taktik erfordern - zumindest in der Anfangsphase. Hat man seine Figur nach einigen Stufenaufstiegen erst einmal mit einem stattlichen Polster an Lebenspunkten ausgestattet, nimmt der Schwierigkeitsgrad leider unproportional ab, so dass die späteren Bossfights mit nur wenigen Ausnahmen nicht mehr so stark fordern wie zu Beginn.

Vor allem auch, da nach und nach neue Kampffähigkeiten sowie Begleiter freigeschaltet werden, die an der Seite des Helden ihre Katanas, Speere oder Streithämmer zücken. Jeder Begleiter hat eine andere Spezialisierung, die auf dem Weg zum finalen Kampf bedacht werden sollte. Nimmt man den Kumpan mit, der mit einem eigenen Blitzangriff die Feinde zermürbt oder vielleicht einen, der vor allem beim Kampf gegen Zwischengegner seine Stärken entfaltet? Da die Macht der zur Verfügung stehenden Verstärkung auch vom Vertrauen abhängt, das derjenige zum Helden hat und das nur gesteigert werden kann, wenn man eine Mission erfolgreich mit ihm beendet, erwarten einen weitere Entscheidungen. Im Rahmen der Ausgewogenheit kann man zwar mit keinem Begleiter wirklich falsch liegen, doch wenn man einen engen Vertrauten wählt, der die eigenen Fähigkeiten gut ergänzt, wird die anstehende Aufgabe deutlich leichter.

Hat man nach etwa acht bis zehn jeweils gut 20 bis 45 Minuten dauernden Auseinandersetzungen Japan geeint, kann man die Kampagne mit dem aufgewerteten Helden übrigens nochmal starten - mit neuen Standorten, bis dahin noch nicht gesehenen Gegnern und einem veränderten Storyverlauf. Somit ist der Wiederspielwert erstaunlich hoch, denn bis man alle Charaktere, die jeweiligen Waffen, Begleiter und Fähigkeiten freigeschaltet hat, ist man lannge beschäftigt.

Allerdings muss man sagen, dass trotz neuer Schauplätze und neuer Bosse spätestens mit dem dritten oder vierten Durchlauf eine gewisse Kampf-Normalität sowie Gewöhnung einkehren, da viele der bereits durchlaufenen Areale ohne

Auf Wii kann mit Remote-Nunchuk-Kombo oder Classic Controller gekämpft werden.


Türme, Märkte, Verbesserungen

Änderungen abgespult werden. Und obgleich es beim ersten Mal noch interessant ist, wenn man ein Kanonenboot vor der Zerstörung beschützen muss, indem man die Geschütztürme zerstört oder den Boss überrascht, weil man den Brückenposten erledigt hat und sich so quasi von hinten anschleichen konnte, wird man später nur noch selten aus der Reserve gelockt - es kommt zu einer gewissen Gleichförmigkeit. Zumal die strategische Einnahme von bestimmten Punkten für Dynasty Warriors-Veteranen auch nichts Neues ist. Allerdings muss man Capcom zu Gute halten, dass die Explosion, mit der die Übernahme des Turmes etc. signalisiert wird, kaum an Faszination verliert.

Gleiches gilt für die Belohnungen, die man sich während der Schlachten erspielen kann und die beinahe für eine Sammeltrieb-Motivation wie bei einem klassischen Action-Rollenspiel sorgen. Dazu gehören nicht nur Zennys, die spielinterne Währung, sondern vor allem auch Waffen und allerlei Krimskrams, den man auf dem Markt gegen mal mehr, mal weniger seltene Accessoires eintauschen kann, die wiederum in die Waffen eingearbeitet werden.  Diese wiederum sorgen z.B. dafür, dass die Gesundheitsleiste einen kleinen Boost bekommt, dass Angriffe während der Heldenzeit mehr Schaden anrichten oder dass man gegen Lähmung weniger anfällig ist. Doch so angenehm diese Erweiterungen der bekannten Mechaniken auch sind, können sie nicht darüber hinweg täuschen, dass die grundsätzliche mitunter durchaus stupide wirkende Button-Masherei sich nicht wesentlich seit Dynasty Warriors 2 entwickelt hat. Wenn man sie nicht mag, wird SBSH nur wenig Chancen haben, einen eines Besseren zu belehren. Wenn man sich im feudalen China wohl fühlt, ist zu erwarten, dass man Stunde um Stunde in der Welt von Sengoku Basara verbringt - zumal die verschiedenen Helden trotz nicht von der Hand zu weisender spielerischer Ähnlichkeiten dank ihrer Waffen und Sonderfähigkeiten genügend Unterscheidungs-Merkmale haben, um sie interessant zu machen.

Auch die Kulisse trägt dazu bei, einen in die Welt zu ziehen. Allerdings nicht etwa, weil sie die Speerspitze der gegenwärtigen Grafikgeneration darstellt. Dazu ist sie nicht aufwändig genug und scheint sich bei der Multiplattform-Entwicklung auf einen Kompromiss zwischen Wii- und PS3-Fähigkeiten eingelassen zu haben. Sondern vielmehr, weil die Ansätze für Design und Charakterzeichnung eher im Comicbereich zu finden sind und sehr stimmig zusammengefügt wurden - es kommt nicht von ungefähr, dass basierend auf den Sengoku Basara-Spielen eine Anime-Serie produziert wurde.

Zwei Systeme, eine Engine?

Viele kleine Ereignisse und die Bosse werden durch eine kleine Zwischensequenz eingeleitet, wobei vor allem die Macken der ach so hell strahlenden Helden immer wieder für ein Schmunzeln sorgen und sie sehr sympathisch machen. Natürlich ist es hochgradig albern und beinahe vorhersehbar, wenn ein mit seinen Schwertkünsten angebender Möchtegern-Herrscher

Effekte und Artdesign sind stimmig, der Rest der Kulisse ist vor allem auf PS3 selten mehr als zweckmäßig.

seine Fähigkeiten zeigt und im alles entscheidenden Moment die Klinge aus den Händen verliert. Aber innerhalb des Kontextes ist es sehr amüsant und hochgradig passend. SBSH nimmt sich selten ernst und quillt teilweise über vor typischem Pathos. Unfreiwillig komisch ist allerdings ein Satz der deutschen Textübersetzung: Jedes Mal, wenn man einen (Zwischen-)Boss besiegt hat, wird man durch eine Einblendung folgendermaßen darüber informiert: "Yukimura Sanada zernichtet.", wobei der Name immer wieder ausgetauscht wird, das "zernichtet"jedoch bleibt. Da man häufig gegen Bosse kämpft, ist die Nachhaltigkeit der Schlamperei, die hier bei der Übersetzung gezeigt wurde, deutlich höher als das Erinnern an die grundlegende Qualität, die beim Rest der Texte abgeliefert wurde. Auf eine lokalisierte Sprachausgabe wurde verzichtet, aber auch die guten englischen Sprachfetzen werden nur selten lippensynchron abgespult.

Was die Animationsqualität und Spezialeffekte betrifft, scheint man sich vorrangig auf die spielbaren Charaktere konzentriert zu haben. Die bewegen sich schnörkellos und lassen ihre Kombos mit größtenteils ballettgleicher Grazie vom Stapel. Die Klonfeinde hingegen hoppeln mit vergleichsweise wenigen Bewegungsphasen durch die Botanik.

Bei den Kulissen zeigen sich beide Versionen weitgehend auf einem Niveau - was natürlich nicht unbedingt für die PS3-Fassung spricht. Deren Texturen sind zwar insgesamt eine halbe Klasse knackiger als bei ihrer Wii-Schwester, aber ebenfalls nur  unterdurchschnittlich. Immerhin geht auf beiden Systemen beim kooperativen Splitscreen-Zweispieler-Modus die Bildrate nicht in die Knie.     

Fazit

Sengoku Basara Samurai Heroes ist ein Spiel der Gegensätze. Auf der einen Seite im Kern nicht mehr als ein weiterer Dynasty Warriors-Klon, gehen Kampfmechanik und Möglichkeiten mitunter angenehm über das hinaus, was Koei seit Jahren als Massenschlacht-Prügler anbietet. Die Story ist ebenso plakativ, pathetisch und uninteressant wie die größtenteils skurrilen Bosse mit ihren Macken unheimlich sympathisch sind, die von den gelungenen Zwischensequenzen gut in Szene gesetzt werden. Man bemerkt an allen Ecken und Enden die Unsicherheit des Teams, sich nicht zwischen konsequenter Weiterentwicklung und der Erwartung der Fans entscheiden zu können. Der Wiederspielwert ist vergleichsweise hoch, macht sich aber durch zunehmende Gleichförmigkeit immer wieder das Leben schwer. Und das alles wird mit einer Kulisse in Szene gesetzt, die zwar mit ihrem Comic-Ansatz unheimlich stimmig ist, aber technisch keine Bäume ausreißt und sich beim Ausreizen der Technik eher an durchschnittlicher Wii-Erwartung orientiert denn an PS3-Glanz-und-Gloria. Angesichts der Stunden, die ich mit den Samurai-Kriegern verbracht habe, würde ich sehr gerne eine gute Wertung vergeben. Doch auch das Wissen, dass ich noch viele weitere Stunden in die Sengoku Basara-Welt abtauchen werde, um mich zum Herrscher Japans zu metzeln und zu schnetzeln, kann mich letztlich nicht zu einer guten Einschätzung bringen. Dafür sind die Kleinigkeiten zu zahlreich, in denen man sich inkonsequent oder einfach nicht mutig genug zeigte, um das seit Jahren stagnierende Genre vorwärts zu bringen.

Pro

  • stimmige Kulisse mit Comic-Ansätzen...
  • einfaches Kampfsystem mit zahlreichen Fähigkeiten
  • gute Steuerung
  • Sammeltrieb wird angesprochen
  • hoher Wiederspielwert durch dynamische Kampagnen
  • unterhaltsame Zwischensequenzen bei Boss-Vorstellung

Kontra

  •  ... die technisch allerdings altbacken ist
  • Gleichförmigkeit der Kampagnen
  • mit späteren Charakterstufen kaum Herausforderung

Wertung

Wii

Unterhaltsamer Massenprügler à la Dynasty Warriors, der allerdings viel Potenzial verschenkt.

PlayStation3

Gelungene Massenprügler-Alternative zu den Dynasty Warriors, die technisch allerdings Luft nach oben hat.