Pro Evolution Soccer 2011 - Test, Sport, 360, NDS, iPhone, PC, 3DS, PSP, PlayStation2, Wii, PlayStation3
Die neue Freiheit
Ausdauer und Freistöße - ist das alles, was sich getan hat? Letztes Jahr war Pro Evolution Soccer 2010 nicht mehr als ein Update, das Konami auch gut als Download für einen Budgetpreis über den Wii-Shop hätte anbieten können.
Aber dieses Jahr wollen die Japaner mit einem frischen Spielgefühl punkten: Ähnlich wie auf PS3 und 360 soll es eine offenere Steuerung, eine bessere KI und mehr individuelle Klasse geben. Außerdem soll man noch mehr Komfort im Online-Modus finden sowie Laufwege für Standards bestimmen können. Das hört sich in der Theorie alles gut an. Zumal auf der Boxrückseite steht, dass Shingo "Seabass" Takatsuka das Ganze produziert hat. Müsste es nicht Akiyoshi '"Greyhound" Chosogabe heißen? Er hat diesen neuen Fußball schließlich konzipiert. Egal, vielleicht ist das auch nur eine Formalie.
Wichtig ist bekanntlich auf'm Platz. Und in der Praxis bemerkt man einige Änderungen gegenüber dem Vorgänger. Zu den offensichtlichen gehören Kleinigkeiten im Umfeld: Man kann bei Ecken die Kamera über den linken Analogstick schwenken und zoomen, um sich eine bessere Übersicht zu verschaffen. Außerdem lassen sich für Standards mehrere Laufwege für Spieler festlegen, so dass z.B. bei einem Freistoß vier, fünf Mann exakt nach Vorgabe in den Strafraum sprinten - ideal, um spezielle Anspiele einzustudieren. Diese Funktion, die es in etwas komplexerer Form seit FIFA 10 gibt, würde übrigens auch dem großen PES gut zu Gesicht stehen.
Zu den subtilen Änderungen gehört die etwas größere Spielintelligenz der Gegner, denn sie bauen cleverer auf und passen tödlicher in den Raum. Allerdings bleibt es bei einigen Totalaussetzern vor dem Tor, wenn einige Stürmer der KI einfach nicht abschließen wollen - immerhin ist das nur selten der Fall. Zum anderen läuft das Gerangel um den Ball etwas körperbetonter ab, weil massige Verteidiger schon mal einen leichten Flügelflitzer abdrängen, so dass neben der Ausdauer jetzt auch die Physis etwas wichtiger ist. Und man kann dank der neuen 360-Grad-Freiheit auch auf Wii etwas filigraner die Richtungen wechseln und dribbeln. Hab ich jetzt dreimal "etwas" gesagt? Ja, ganz bewusst.
Zu den subtilen Änderungen
Und natürlich gibt es erneut einen Online-Modus, der Spiele gegen registrierte Freunde oder anonyme Matches ermöglicht; darüber werden auch Statistiken geführt - schön ist, dass man nach Verbindungsqualität ordnen und Abbrecher auf eine schwarze Liste setzen kann, allerdings vermisst man immer noch eine Ligafunktion oder einen Sprach-Chat. Ein wichtiger Kritikpunkt des Vorjahres ist dafür passé: Endlich kann man sowohl offline als auch online mit verschiedenen Steuerungsbelegungen gegeneinander antreten - sehr schön! So lassen sich Duelle zwischen strategischen Pfeilmalern und Oldschoolkickern austragen.
Rasenschach wie gehabt
Natürlich liegt der Schwerpunkt hier auf der großen Strategie, aber in diesem zentralen Bereich der Pfeilmalerei auf dem Feld gibt es gegenüber der Premiere aus dem Jahr 2008 kaum Entwicklungen - und das ist Segen und Fluch zugleich. Man nutzt immer noch das intelligente und motivierende Grundprinzip, wenn man seine Laufwege direkt per Remote auf den Platz malt. Man kann nicht nur dem Ball führenden, sondern auch jedem anderen Spieler direkt Bewegungsanweisungen mit einem Ziel geben - in der Abwehr, im Angriff als auch bei Standards, wo man seine Stürmer schnell mit ein paar Pfeilen in den Strafraum schickt, bevor man das Leder gen Torwart schlenzt. Ist man in Tornähe, kann man immer noch entweder das Nunchuk für einen automatischen Schuss schütteln oder versuchen die Richtung zu bestimmen, indem man mit der Remote auf die betreffende Stelle des Tores zeigt und B drückt - wie gehabt mit allen Fehlern hinsichtlich der Genauigkeit, denn der Ball landet nicht immer da, wo man ihn haben wollte.
Bei der Bewegung und den Pässen bleibt alles beim guten und präzisen Alten: Mit der Remote auf einen Spieler zeigen, den A-Knopf gedrückt halten und den Pfeil ziehen oder einfach in den freien Raum klicken - schon spurtet Özil dorthin. Mit der Remote auf einen Punkt nahe der Außenlinie zielen, den B-Knopf drücken, damit der Pass nach vorne geschlagen wird und der Flügelflitzer bewegt sich automatisch dorthin, um den Ball anzunehmen - will man einen hohen Ball spielen, klickt man zweimal den B-Knopf oder lässt das automatisch regeln.
Zwischen Playmaker und Klassik
Aber wo sind die grafischen und akustischen Fortschritte? Ja, die Profis sehen auch als Miis richtig gut aus, weil die Gesichter von Khedira & Co überaus authentisch wirken. Und auch die Animationen auf dem Platz können sich vor allem in den Wiederholungen sehen lassen. Aber der Rest der Präsentation, vor allem Stadien, Fans, Kommentare und Gesänge, lassen immer noch zu wünschen übrig.
Fazit
Konami serviert hier immer noch den besten Kick auf Wii. Aber es ist der Fluch der kleinen Schritte, der dieses kreative Fußballspiel verfolgt. Denn zwei wichtige Dinge vermisst man seit dem Debüt im Jahr 2008: Echte Fortschritte im strategischen Spielgefühl und in der Präsentation. Im Gegensatz zu PES auf 360 und PS3, wo man hinsichtlich des Zweikampfverhaltens und des Aufbaus spürbar nachgebessert hat, sucht man derartige Qualitätssprünge hier vergebens. Man findet eher subtile Verbesserungen wie eine schwenkbare Kamera, ein paar weitere Finten, Laufwege bei Standards sowie etwas mehr Physis in den Zweikämpfen als ein wirklich frisches Spielgefühl - das werden Kenner des Vorgängers positiv bemerken, aber alle anderen werden mit PES 2008 genau so gut bedient, wenn es um Pfeilmaltaktik im Playmaker-Stil geht. Und genau das kann man weder von FIFA noch von PES auf den großen Plattformen sagen; da war 2008 eine andere Fußballwelt. Oder ist das Limit des Möglichen hier schon erreicht? Schade ist auch, dass es immer noch keine Online-Liga gibt und dass die für Wii-Verhältnisse gute Kulisse unter ähnlichen Schwächen leidet wie der große Bruder: Stadionumfeld, Fangesänge und Kommentare lassen zu wünschen übrig. Immerhin kostet diese Erweiterung nur 25 Euro, entwickelt sich deutlicher als der spartanisch ergänzte Vorgänger und ermöglicht endlich steuerungsübergreifende Spiele.
Pro
- kein Vollpreis (25 Euro)
- 360-Grad-Freiheit in Bewegung
- etwas effizientere Dribblings
- eigene Laufwege für Standards
- viele Spielstrategien möglich
- manuell aktivierbare Abseitsfalle
- situationsbezogenes Training
- Verteidiger können Pässe antizipieren
- starker Editor für individuelle Änderungen
- guter Netzcode & Rivalenliste
- kooperatives Spielen möglich
- mit Classic-Controller oder Remote spielbar
- verschiedene Steuerungen gegeneinander nutzbar
- drei Steuerungsvarianten
- realistische Spielergesichter
Kontra
- kaum Fortschritte in der Präsentation
- es fehlt immer noch Richtungspräzision im Abschluss
- Schuss & Pass auf dem B-Knopf führt zu Verwechslungen
- Doppelpässe nicht intuitiv genug
- Remote-Steuerung mit Schwächen
- kein WiiSpeak für Sprach-Chat
- keine Online-Liga möglich